So prinzipiell finde ich ist das ein recht sinnentleerter Begriff über die Jahre nach 9/11 geworden, den ich deswegen auch hoffentlich nicht benutzt habe. Der Begriff hat inzwischen die Konnotation von Extremismus, obwohl er in seiner direkten Wortbedeutung genau das Gegenteil meint. Ich kann die Frage also nicht beantworten, ohne Gefahr zu laufen, dass wir im nächsten Satz aneinander vorbeireden. Definitionsvorschlag?
Diesen Einwand verstehe ich jetzt nicht wirklich.
Ich hab's ja bereits definiert:
Vanillezucker schrieb:
Denn sie klammern sich ja ganz bewusst an das, was geschrieben steht und legen es zumeist auch noch sehr kasuistisch aus.
Ist das nicht die wortwörtliche Bedeutung dieser Begrifflichkeit?
War's so? Icebärs ursprünglich verlinkter Artikel klang doch eher so, dass die akute Welle vom Missbrauch kommt.
Weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr so genau ^^. Es ist für die gegenwärtige Diskussion aber auch nicht wirklich erheblich. Ich hab den Äußerungen der Personen im Artikel eine allgemeinere Unzufriedenheit mit der KK entnommen, und nicht nur eine Reaktion auf den Missbrauchsskandal, wenngleich der wohl der letzte Tropfen war, der das Fass für viele endgültig zum Überlaufen gebracht hat.
Hab ja schon dargelegt, dass in meinen Augen viele Probleme der Institution hausgemacht und in Glaubendsdingen begründet liegen.
Zu sagen, den Glauben behalt ich, aber die Institution mag ich nicht, ergibt für mich daher wenig Sinn...
Ich hoffe es wird klar was ich meine. Also ich glaube eine Reformbewegung hat nur so viel Spielraum in dem die Religion nicht in Gefahr läuft sich abzuschaffen, weswegen sie nie zu weit gehen darf und für mich ein falsch angesetzter, zu schwacher Hebel ist.
Wenn ich dich richtig verstehe, sprichst du der Religion also ganz grundsätzlich die Möglichkeit zur Entwicklung ab, weil sie sich dadurch zwangsläufig selbst abschaffen würde?
Kann es sein, dass du selbst der Meinung bist, dass ein Glaubensbekenntnis nur dann konsequent und ernst zunehmen ist, wenn es wirklich sämtliche Textstellen der kanonischen Werke in ihrer ursprünglichen Bedeutung umfasst?
Wenn nein, warum ist es dann so undenkbar für dich, dass eine Möglichkeit bestehen kann, die Bibel (und andere Schriften) auf eine weit moderner Weise zu lesen und religiös zu leben, als es in der Vergangenheit und auch heute noch der Fall ist?
Ich sehe keinen Grund, warum das nicht möglich sein sollte. Bei aller Rückständigkeit der kath Kirche kann man nämlich nicht verkennen, dass sie sich im Laufe der letzten Jahrhunderte bereits mehrmals „erneuert“ und modernisiert hat, ohne dadurch bei ihren Anhängern an Glaubwürdigkeit eingebüßt zu haben. Warum sollte das nicht auch weiterhin möglich sein?
Ich hätte gerne, dass die Menschen es schaffen schwachsinnige Überzeugungen zu überwinden. Ich hätte ebenfalls gerne, dass jeder seine schwachsinnigen Überzeugungen im Sinne der Redefreiheit mit der Welt teilen darf. Wo ist der Widerspruch?
Hm, ok, so wie du es jetzt formulierst, wirkt es nicht mehr wie ein Widerspruch. ^^
Zuvor hattest du aber noch recht deutlich davon gesprochen, dass du die Kirchen am liebsten zur Gänze abgeschafft sehen würdest, weil sie nur Schlechtes bewirken können.
Das ist schon eine Stufe schärfer als die bloße Meinung, Religion und Glauben seien Schwachsinn, den man aber so hinnimmt, weil das die Meinungs- und Religionsfreiheit nun mal gebieten.
(Siehe auch vorige Antwort.) Ich habe gesagt, ich würde mit Kritik nicht an den Auslegungen anfangen, sondern gleich an den Glaubensinhalten, weil meiner Meinung nach nur das wahre Veränderung bewirkt.
Wer "Gott ist groß!" in die Welt schreit, den muss ich auch anschreien dürfen "Gott existiert nicht!".
Oder auch: "Gott ist tot!"
Religionsfreiheit ist ja nicht nur die Freiheit zu sondern auch von einer Religion. Hab ich also einen Einschnitt der Religionsfreiheit gefordert?
Wie gesagt, in deinem vorherigen Beitrag klang es ein bisschen so an. Aber wenn es doch nicht so ist, soll mir das auch recht sein (...is mir ehrlich gesagt sogar lieber so ^^)
Solange sie Mitglieder im selben Verein sind, werfen sie sich selbst in einen Topf.
Es ist aber nicht klar, wer die Mehrheit stellt. Und warum sollten sich viele gemäßigte Gläubige aus ihrem Verein vertreiben lassen, nur weil es ein paar schwarze Schafe unter ihnen gibt, die ins Extrem fallen? Wäre es dann im Gegenteil nicht umso wichtiger, dass sie die Kirche vor der zunehmenden Unterwanderung solcher Gesinnungen schützen, indem sie ihrerseits "die Stellung" halten, um ihr Mitspracherecht nicht vollständig zu verlieren?
Die Kirche ist ihrerseits nämlich ebenfalls darauf angewiesen, dass sie Anhänger vorfindet, die ihnen zuhört und das, was sie predigt, auch anerkennt.
Ich habe gesagt, ich würde mit Kritik nicht an den Auslegungen anfangen, sondern gleich an den Glaubensinhalten, weil meiner Meinung nach nur das wahre Veränderung bewirkt.
Das eine bedingt doch notwendigerweise das andere. Wenn ich einen Text nicht auslege, habe ich auch keine inhaltliche Substanz für meinen Glauben. Es sei denn, man nimmt es immer noch als zwingend notwendig an, am Wortwörtlichen kleben zu müssen. Das ist mittlerweile aber weder gängige Religionspraxis, noch war es jemals die theologische Herangehensweise an die Glaubensinhalte der Bibel.
Ich verstehe daher echt nicht, warum du so auf dieser überholten Sichtweise beharrst.
Danke. Und ja, ich werde sicher nicht bestreiten, dass meine Abneigung auf Grund meiner Erfahrung schärfer ist, als bei den meisten. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass man als Aussteiger eben auch eventuell einen schärferen Blick auf die Denkmuster in der ehemaligen Gruppe hat, als jemand der nie drin war. Und da ich rausgekommen bin, glaube ich, weiß ich am besten was mein Vergangenheits-Ich am besten früher hätte hören müssen um schneller zu etwas gesundem Menschenverstand zu kommen.
Ich stelle gar nicht in Abrede, dass du mit Sicherheit deutlich mehr Erfahrung mit bestimmten Glaubensstrukturen und -denkmustern hast als ich. Und ich nehme deine Ansichten zu dem Thema auch durchaus sehr ernst.
Trotzdem sollte man sich davor hüten, aus den eigenen Erfahrungen allgemeine Gesetzmäßigkeiten ableiten zu wollen, die für alles und jeden in derselben Weise zu gelten haben.
Du hast zwar deine Erfahrungen gemacht, die lassen sich aber nicht unbedingt auf alle anderen gläubigen Menschen übertragen. Auch wenn du der Meinung bist, das sind alles dumme Schafe, denke ich schon, dass sie über individuelle Bewegründe verfügen können, an ihrer Religion festhalten zu wollen und dabei auch unterschiedliche Schwerpunkte für sich setzen können.
Und entschuldige die etwas provokativ anmutende Frage, aber warum ist es eigentlich an dir, darüber zu entscheiden, was Schwachsinn ist und von welchen Überzeugungen sich die Menschen lösen müssen?
Macht dich diese Form der Deutungshoheit (über andere) nicht auch zu einer Art Gott?
Im Rückblick sollte das natürlich eine riesige, rote Warnflagge sein, die für Kinderaugen nur dummerweise wie Bonbons aussieht.
Ich durchschaue im Rückblick natürlich die gezielte Absicht hinter dieser Methode. Aber ist das wirklich so schlimm? Diese Art der Pädagogik (positive Bestärkung) ist ja nicht nur im Religionsunterricht üblich, sondern wird in vielen Bereichen kindlichen Lernens angewendet.
Eine negative Bestärkung hätte ich jedenfalls deutlich schlimmer gefunden: für jeden verpassten Gottesdienst setzt es fünf Hiebe mit dem Lineal, oder so...^^
Obwohl es vermutlich ein bisschen geschmacklos ist, so etwas im Spaß zu sagen, immerhin war das vor einigen Jahrzehnten wahrscheinlich wirklich noch die gängige Praxis :/
Und es zeigt schön, warum bekenntnisorientierter Religionsunterricht eben nichts in allgemeinen Schulen zu suchen hat.
Einen Gottesdienst zu besuchen, Bibelgeschichten zu hören, Lieder zu singen und bunte Bilder in ein Heft zu malen, macht ja noch lange keinen gläubigen Menschen aus mir. Da gehört schon mehr dazu, weshalb ich die Beeinflussung des Religionsunterrichts auf die spätere Glaubensüberzeugung der Schüler für sehr gering halte. Da dürften andere Einflussfaktoren, wie das familiäre Umfeld, immer noch den weit größeren Stellenwert einnehmen.
In den weiterführenden Schulen kann dieselbe Aufgabe wahrscheinlich auch von einem reinen Ethikunterricht erfüllt werden. Bei Grundschulkindern scheint mir der Religionsunterricht aber die zugänglichere Variante zu sein.
Ich hab den Unterricht jedenfalls als sehr schön in Erinnerung, weil er neben der Beschäftigung mit biblischen Themen vor allem das menschliche Miteinander zum Inhalt hatte und dabei Werte wie Mitgefühl, Nächstenliebe usw. im Vordergrund standen und Verbote nur insofern Raum einnahmen, wie sie zum Schutz ebendieser Werte notwendig sind.
Wobei ich manches Mal natürlich schon gemerkt habe, dass ich als OB-Kind eine Art Sonderrolle einnehme, oder anders gesagt: man hat der Lehrerin teilweise angemerkt, dass sie das als (echtes) Defizit wahrnimmt.
Aber im Vergleich zu früher, als Kinder ohne Bekenntnis gar nicht am Religionsunterricht teilnehmen durften, ist das schon als gewisser Fortschritt zu werten und auch Ausdruck von größerer Toleranz seitens der Kirche.