Atheismus & Religiosität

Inwieweit nimmt es den Reformdruck raus, wenn von theologischer Seite aus verstärkt darauf gedrängt wird, die Auslegung der heiligen Schriften zu modernisieren und die Praxis daran anzupassen?

Weil sehr religiöse Menschen diese Theologie nicht akzeptieren. Wenn sie gegen das eigene Weltbild geht, ist es sozusagen Elfenbeinturm-Wissenschaft. Die hat mit dem Glauben der Menschen aber nicht unbedingt was zu tun. Wer an die Unfehlbarkeit des Papstes glaubt, den interessiert meist nicht in welchem historischen Kontext das eine Maßnahme war und warum. Genauso wie sich Raucher meist nicht für die Verbindung zu Lungenkrebs interessieren und diese Information ausblenden. Jeder hat eben seinen Bias und der filtert unliebsame Argumente aus.

Und die Leute die das interessiert, sind reflektiert genug von vornherein kein gesellschaftliches Problem darzustellen.

Es existiert kein Kontext, in dem das in unserer heutigen Zeit in irgendeiner Weise zu rechtfertigen wäre, weshalb speziell diese Textstellen auch ihre bindende Wirkung verloren haben.

Bis auf den letzten Halbsatz war es korrekt. ;)

Ich kann dir das jetzt nur unterstellen, ich weiß es ja nicht: Aber das ist die Sichtweise von jemandem der nicht religiös ist, oder es nie war, würde ich mal behaupten. Ich bin in einer sehr religiösen Welt aufgewachsen, weswegen ich mit Sicherheit sagen kann: Für sehr viele Menschen haben diese Textstellen in keinster Weise ihre Bindung verloren. Und ich denke, dass diese Leute ein größeres Problem sind als die Omi, der die wöchentliche Messe einfach eine Stütze ist, der aber recht egal ist, was da die Feinheiten des Glaubens sind.

Das bedeutet aber nicht, dass man alles, was da drin steht, auch anwenden muss.

Es geht nicht unbedingt direkt darum, dass Leute wirklich ihre vögelnden Töchter steinigten. Das passiert in Europa, zum Glück, eher selten.
Aber für Leute, die in diesen Texten eine (göttliche) Autorität sehen, sind diese Aussagen trotzdem in irgendeiner Weise "wahr". Das ist so oder so ein Problem egal ob die Leute danach handeln oder nicht. Genauso wie jeder der an Rassismus glaubt ein Problem für die Gesellschaft darstellt, auch wenn er nie jemanden umbringt. Und die Idee, dass solche Ansagen in irgendeiner Weise, göttliche oder wie auch immer geartete Autorität haben existiert weiter. Und ich finde dagegen sollte man sich massivst aussprechen. Die historisch-kritische Forschung hat natürlich ihre Berechtigung, aber in gerade dieser Debatte erlaubt sie den Gläubigen eben es trotzdem auf eine Weise "wahr" bleiben zu lassen. Du benutzt halt einfach eine andere Auslegung und kommst drumrum. Deswegen glaube ich nicht, dass man jemanden mit Auslegungen irgendwie am Kragen packen kann.

Ich habe gerade Schwierigkeiten es in Worte zu fassen. Es gibt unter religiösen Menschen meiner Erfahrung nach einen Glaubensszustand, der kognitiver Dissonanz gleichkommt. Man glaubt A und B, aber dass A und B nicht zusammengehen, dass schafft man sehr geschickt auszublenden. So wie die Alien-Sekte, die nach der ausbleibenden Invasion nicht merkt, dass sie falsch lag, sondern denkt ihr Glaube habe die Invasion verhindert und weiter in ihm verhaftet. Für mich, und für andere Aussteiger auch, war die Zerschlagung dieser Dissonanz maßgeblich daran beteiligt den Absprung aus einem toxisch-religiösen Umfeld zu schaffen und mal ein normales Weltbild zu entwickeln.

Versteht du jetzt, worauf ich hinauswollte?

Ich denke ja. Aber ich denke, dass die Position, die du gerade vertrittst, der der Mehrheitsgesellschaft entspricht, die im Zweifelsfalle nie selbst in einem solchen Weltbild gesteckt hat, sondern höchstens bei Geburt, Taufe und Tod in der Kirche sitzt.

Ich bin nur nicht der Meinung, dass das eigentliche Übel die Schriften sind. Es ist die veraltete, teilweise auch zu wortwörtliche Auslegung, die wiederum die Glaubenspraxis bestimmt.

Ich denke es ist genau anders herum: Glaube bestimmt die Auslegung. Und da Glaube immun für Argumente ist, wird keine historisch-kritische Forschung jemals den überzeugen, der hundertprozentig an seine Sache glaubt. Daher ist die Zerschlagung seiner Nicht-Argumente hier die einzige Methode was zu bewegen.

Ich diskutiere hier unter der Annahme, dass die katholische Kirche auch zukünftig noch bestand haben soll, und nicht, ob oder warum es besser wäre, dass sie gar nicht (mehr) existiert. Mir scheint, bei dir trifft aber eher Letzteres zu. Das würde zumindest erklären, warum wir zuletzt ein bisschen aneinander vorbei geredet haben.

Tatsächlich. Erstmal finde ich sind die Kirchen gesellschaftliche Kräfte die forces of evil sind, keine forces of good und daher abgeschafft werden sollten. Zweitens geht ja mein Ansatz natürlich dahin den Glauben der Leute direkt anzugreifen und nicht ihre Auslegung. Glaube ist mit die unsinnigste Position, die man haben kann. Und wo kein Glaube mehr ist, braucht's natürlich auch keine Kirche mehr.

TLDR:
Aus den oben ausgeführten Gründen halte ich den Reformdruck durch Theologie neuer Auslegungen auf die Kirchen für zu schwach um die problematischen Strukturen und Inhalte anzupacken. Auch die dem Missbrauchsskandal und anderen Problem zu Grunde liegenden Ursachen lassen sich meiner Meinung nach nur dann wirklich lösen, wenn man an die Substanz des Glaubens geht und nicht nur seine Richtung beeinflussen zu versucht.
 
Doch, tut er. Teils sogar sehr erheblich. Und für mich ist mein katholischer Glaube nicht bloß meine Konfession, sondern als Deutschpole auch Teil meiner Identität. Im positiven wie auch im negativen Sinn.

Ok...dann habe ich mich mit dieser Aussage offensichtlich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Ich wollte aber keinem Katholiken in irgendeiner Weise auf den Schlips treten. Falls ich es doch getan habe, tut's mir leid.

Da ich bislang wohl eine falsche Vorstellungen von den Abweichungen zwischen diesen beiden Konfessionen hatte, würde mich sehr interessieren, was für dich als gläubiger Katholik die wesentlichsten Unterschiede ausmacht?
 
Im Bergleich mit den monotheistischen Religionen der Welt mit vergleichbar langer Historie ist die Katholische Kirche sogar eine der modernsten, die sich immer noch weiter bewegt.

Gerade die deutsche katholische Kirche arbeitet sehr eifrig am weiteren Reformationsprozess und ist ziemlich unglücklich darüber, dass Rom sehr zögerlich agiert.
 
Falls ich es doch getan habe, tut's mir leid.

Keine Sorge. ;) Die Unterschiede zwischen evangelischer und katholischer Kirche fangen schon im hierarchischen Aufbau an: die evangelische Kirche hat kein weltweites Oberhaupt, bei uns ist es der Papst. Evangeliken kennen nur zwei Sakramente, wir haben sieben. Ich bin aber auch kein Zelot. Ich gehe nicht mal regelmäßig zur Messe.
 
Doch, tut er. Teils sogar sehr erheblich. Und für mich ist mein katholischer Glaube nicht bloß meine Konfession, sondern als Deutschpole auch Teil meiner Identität. Im positiven wie auch im negativen Sinn.

Und gerade Du als Deutschpole,der immer sein polinisches Erbe erwähnt hat(das meine ich als Lob) weißt es sehr gut.
1.Polen hätte ohne seinen katholischen Glauben und die katholische Kirche niemals die vier Teilungen seines Gebietes und vor allem niemals die nationalsozialistische sowie die kommunistische Besetzung als Volk oder Staat überlebt.
2. Ohne die katholische Kirche,hier in Person des Papstes Johannes Paul II,welcher in Polen unter dem Namen Karol Wojtyla geboren wurde,unter deutscher Besatzung seine heimliche Ausbildung und und unter bolschewistischer Herrschaft seine heimliche Weihe zum Priester bekam,später der Bischoff non Krakau wurde,wäre das menschenverachtende und mordende System des Kommunismus in Ost und süd/ost Europa niemals in der Form zusammen gebrochen wie es geschah.
Man mag der katholischen Kirche viel Schlechtes vorwerfen können. Aber auch viel Gutes.
Ich persönlich,der ich zwar überzeugter Christ protestantischen Glaubens bin(aber katholisch getraut !!!!!!!!),werde den Anteil der katholischen Kirche am Niegergang des Sozialismus niemals geringschätzen.
Und Johannes Paul II werde ich persönlich immer als einen Mann der sich weder verbiegen lies,noch seine Ansicht des wahren Glaubens betreffende Ansicht verändern lies,und vorallem wegen seiner massgeblichen Hilfe zur Vernichtung des Kommunismus in Europa, immer als einen wahrlich großen Mann verehren.
 
Und auch was schon seit Monaten in Polen gestützt und befürwortet von der dortigen Katholischen Kirche passiert ist meiner Meinung nach Menschenverachtend (in Sachen Abtreibung und LGBTQ+ freie Zonen).

Ist es. Keine Frage. Es ist aber auch ein vergleichsweise junger Abschnitt der polnischen Geschichte. Die katholische Kirche Polens ist ein dekadenter, durchtriebener Haufen, aber er bei vielen Menschen mittleren bis höheren Alters und vor allem in den ländlichen Gegenden genießt sie immer noch genug Ansehen, um damit durchzukommen.
 
Ich diskutiere hier unter der Annahme, dass die katholische Kirche auch zukünftig noch Bestand haben soll, und nicht, ob oder warum es besser wäre, dass sie gar nicht (mehr) existiert. Mir scheint, bei dir trifft aber eher Letzteres zu. Das würde zumindest erklären, warum wir zuletzt ein bisschen aneinander vorbei geredet haben.

Es gibt bei vielen Menschen das Bedürfnis nach Spiritualität, aber selbst wenn die Kirchen ihre Interpretation des Christentums CSD-tauglich machen würden, denke ich nicht, dass das zu einer plötzlichen Umkehr der derzeitigen Entwicklung führt. Die Strenggläubigen werden sich anderen Strömungen anschließen und es ist ja nicht so, als warten Millionen Gläubige auf eine Reform, um endlich wieder in den Schoß der katholischen/evangelischen Kirche zurückkehren zu können.

Religion als Erklärung und Grundlage eines Wert- und Weltbildes sowie die spezifische Institutionalisierung in Form der beiden Konfessionen hat abseits von Skandalen an Attraktivität verloren. Die Untersuchungen von EKD und katholischer Kirche geben selbst an, dass sich die Überzeugungen vieler Menschen immer mehr von denen der Institutionen entfernen und Missbrauchsskandale sowie als überholt geltende Normen eher den konkreten Anlass darstellen als die Ursache. Sicher könnte man das bremsen, nur lässt sich eine grundsätzliche Problematik auch damit nicht lösen: Du begründest deinen Wertekanon mit Gott, was wissenschaftlich ein wenig ins Hintertreffen geraten ist ...und ob in einer sich hoffentlich weiter säkularisierenden Welt einer Institution wie der Kirche noch Attribute wie "gesellschaftliche Macht" zugeordnet werden sollten, halte ich für fraglich. Da, wo Religion heute stark ist, sehe ich vor allem soziale/politische Schieflagen und repressive, autoritäre Strukturen, die ich mir mitnichten wünsche.

Positiv angenommen wird die Arbeit der Kirchen doch vor allem da, wo sie sichtbar karitativ und weltoffen wirkt, also die praktizierte Religion und Religionszugehörigkeit in den Hintergrund tritt. Hier sehe ich für meinen Teil das größte Potential, legt aber auch gleichzeitig die vsl. Entwicklung offen: Religion an sich verliert an Bedeutung.
 
Ich kann dir das jetzt nur unterstellen, ich weiß es ja nicht: Aber das ist die Sichtweise von jemandem der nicht religiös ist, oder es nie war, würde ich mal behaupten. Ich bin in einer sehr religiösen Welt aufgewachsen, weswegen ich mit Sicherheit sagen kann: Für sehr viele Menschen haben diese Textstellen in keinster Weise ihre Bindung verloren. Und ich denke, dass diese Leute ein größeres Problem sind als die Omi, der die wöchentliche Messe einfach eine Stütze ist, der aber recht egal ist, was da die Feinheiten des Glaubens sind.

Du sprichst also von christlichen Fundamentalisten? Dann hast du vermutlich recht, dass selbst Reformationsbewegungen, die es irgendwann tatsächlich in die katholische Kirchenpraxis schaffen, kein Umdenken bei diesen Leuten bewirken wird. Denn sie klammern sich ja ganz bewusst an das, was geschrieben steht und legen es zumeist auch noch sehr kasuistisch aus.
Ich denke aber, dass die meisten religiösen Menschen, denen ihre Kirche aus verschiedenen Gründen am Herzen liegt, durchaus nicht so radikal unterwegs sind, wie du es in deiner Argumentation voraussetzt.
Mein ursprünglicher Beitrag zu dem Thema entstand ja vor dem Hintergrund, dass immer mehr Katholiken aus der Kirche austreten, weil sie dieser mangelnden Reformationswillen, oder generell zu wenig Entwicklungsbereitschaft vorwerfen. Anscheinend gibt es also sehr wohl religiöse Menschen, denen ihr Glaube zwar wichtig ist, dafür aber nicht bereit sind, eine mittlerweile komplett rückständige Weltsicht und -ordnung in Kauf nehmen zu müssen, von der sie sich als Menschen im Hier und Jetzt nicht mehr ausreichend angesprochen fühlen. Also treten sie aus. Aber nicht, weil sie ihren Glauben verloren haben, sondern weil sie von der kath. Kirche als Institution zunehmend enttäuscht sind.

Es geht nicht unbedingt direkt darum, dass Leute wirklich ihre vögelnden Töchter steinigten. Das passiert in Europa, zum Glück, eher selten.
Aber für Leute, die in diesen Texten eine (göttliche) Autorität sehen, sind diese Aussagen trotzdem in irgendeiner Weise "wahr". Das ist so oder so ein Problem egal ob die Leute danach handeln oder nicht. Genauso wie jeder der an Rassismus glaubt ein Problem für die Gesellschaft darstellt, auch wenn er nie jemanden umbringt. Und die Idee, dass solche Ansagen in irgendeiner Weise, göttliche oder wie auch immer geartete Autorität haben existiert weiter. Und ich finde dagegen sollte man sich massivst aussprechen. Die historisch-kritische Forschung hat natürlich ihre Berechtigung, aber in gerade dieser Debatte erlaubt sie den Gläubigen eben es trotzdem auf eine Weise "wahr" bleiben zu lassen. Du benutzt halt einfach eine andere Auslegung und kommst drumrum. Deswegen glaube ich nicht, dass man jemanden mit Auslegungen irgendwie am Kragen packen kann.


Du willst also, dass Menschen aufhören, zu glauben.
Vertrittst auf der anderen Seite aber die recht kulante Ansicht, dass jeder Mensch eine eigene Meinung nicht nur haben, sondern diese auch jederzeit und überall äußeren können muss, da dies andernfalls einer gefährlichen Einschränkung unserer Grundrechte gleichkäme. Das ist jetzt zwar Crossposting, da wir uns aber gerade erst gestern darüber unterhalten hatten, fällt es mir gerade schwer, das in der aktuellen Diskussion komplett auszublenden.
Wie steht es also um das Grundrecht auf Religionsfreiheit? Das darf man einschneiden, oder am besten komplett abschaffen? Eine Person jedoch, die rechtsradikale Thesen vertritt, muss in jedem Fall akzeptiert werden, weil das sonst eine fatale gesellschaftliche Entwicklung anstoßen würde?
Wer A sagt (Meinungsfreiheit), muss auch B sagen (unliebsame Positionen ertragen). So jedenfalls habe ich deinen Standpunkt zu dem Thema verstanden.

Warum gilt dieser Anspruch beim Thema "Religion und Glauben" für dich auf einmal nicht mehr? Ist das nicht ein bisschen...inkonsequent gedacht?

Ich habe gerade Schwierigkeiten es in Worte zu fassen. Es gibt unter religiösen Menschen meiner Erfahrung nach einen Glaubensszustand, der kognitiver Dissonanz gleichkommt. Man glaubt A und B, aber dass A und B nicht zusammengehen, dass schafft man sehr geschickt auszublenden. So wie die Alien-Sekte, die nach der ausbleibenden Invasion nicht merkt, dass sie falsch lag, sondern denkt ihr Glaube habe die Invasion verhindert und weiter in ihm verhaftet. Für mich, und für andere Aussteiger auch, war die Zerschlagung dieser Dissonanz maßgeblich daran beteiligt den Absprung aus einem toxisch-religiösen Umfeld zu schaffen und mal ein normales Weltbild zu entwickeln.

Ich glaube..(ups ^^), na ja, ich nehme an, dass du vielen religiösen Menschen Unrecht tust, wenn du sie mit Fundamentalisten und anderen Extremisten in einen Topf wirfst. Ich kann das in Anbetracht deines eigenen Hintergrundes zwar absolut nachvollziehen, aber du selbst hast darauf aufmerksam gemacht, dass wir alle einem Bias unterliegen, und davon kannst du dich selbst wohl schwerlich komplett freisprechen, oder? Auch du bist geprägt durch das, was du erlebt hast und bewertest entsprechende Themen unter dem Einfluss deiner persönlichen Erfahrungen, die gerade in diesem Fall wohl sehr negativ waren.
(Was mir übrigens sehr leid tut. Ich kann nur erahnen, wie schwer es gewesen sein muss, sich aus diesem toxischen Umfeld zu befreien. Dafür gebührt dir in jedem Fall mein Respekt. Ich hoffe daher, dass dich meine recht offenen Worte an dieser Stelle nicht kränken. )

Ich denke ja. Aber ich denke, dass die Position, die du gerade vertrittst, der der Mehrheitsgesellschaft entspricht, die im Zweifelsfalle nie selbst in einem solchen Weltbild gesteckt hat, sondern höchstens bei Geburt, Taufe und Tod in der Kirche sitzt.
Ich kann dir das jetzt nur unterstellen, ich weiß es ja nicht: Aber das ist die Sichtweise von jemandem der nicht religiös ist, oder es nie war, würde ich mal behaupten. Ich bin in einer sehr religiösen Welt aufgewachsen, weswegen ich mit Sicherheit sagen kann: Für sehr viele Menschen haben diese Textstellen in keinster Weise ihre Bindung verloren. Und ich denke, dass diese Leute ein größeres Problem sind als die Omi, der die wöchentliche Messe einfach eine Stütze ist, der aber recht egal ist, was da die Feinheiten des Glaubens sind.

Ich selbst war nie sonderlich religiös und wurde auch nicht getauft. Diese Entscheidung haben damals meine Eltern für mich getroffen, die sie beide ziemliche Religions- und insbesondere Kirchengegner sind. Als Kind habe ich auf eigenen Wunsch aber dennoch den Religionsunterricht meiner Schule besucht, obwohl mein Vater das überhaupt nicht gerne gesehen hat. Ich erinnere mich noch, wie uns die Religionslehrerin einen Kirchenpass mitgegeben hat (eine Art Stempelkarte für den Gottesdienst: hatte man fünf gesammelt, bekam man eine Belohnung) und ihm das so sehr gegen den Strich ging, dass er quer über den Pass in Großbuchstaben "IHR MISSIONSAUFTRAG IST HIER UNERWÜNSCHT!" draufgeschrieben hat. Meine Mutter war leicht entsetzt und meinte, das könne er doch nicht machen, ich war hauptsächlich deswegen enttäuscht, weil ich gerne die Belohnung für die Stempel eingeheimst hätte, und was meine Religionslehrerin gedacht hat, als ich ihr den Pass mit dieser Bemalung wieder aushändigte, kann ich nur vermuten. Ihr Blick war eine Mischung aus Befremdung und Mitleid ^^.

Es ist also gut möglich, dass ich durch diesen sehr ablehnenden Einfluss von zuhause das verstärkte Bedürfnis entwickelt habe, einen etwas gemäßigteren Zugang zu diesem Thema zu suchen, der sich weder in kompletter Ablehnung, noch blinder Verehrung äußert.
 
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Der muslimische Glauben wächst und wächst

Auch der christliche Glaube wächst, was in erster Linie am stetigen Anstieg der Weltbevölkerung liegt. Natürlich sind Religionen gerade dort besonders stark vertreten wo Armut und hohe Geburtenraten am höchsten sind.

In den meisten westlichen Industrienationen und Ländern wo eine starke Trennung zwischen Staat und Religion vorherrscht ist nämlich die größte Gruppe Konfessionslos und diese steigt auch stetig.

Religion an sich verliert an Bedeutung.

Ich würde korrigieren und sagen : Religion verliert dort an Bedeutung wo Wohlstand und ein ausgeprägtes (gerechtes) Justiz System vorherrscht.( Sonderstellung hat da vielleicht noch die USA)

@Vanillezucker In Sachen Fundamentalisten sind in der Minderheit lohnt sich immer ein Blick in die USA dort ist die Mehrheit der Gläubigen doch sehr Fundamentalistisch unterwegs. Was meiner Meinung nach einer falschen Toleranz gegenüber Religionen im allgemeinen zu Grunde liegt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du sprichst also von christlichen Fundamentalisten?

So prinzipiell finde ich ist das ein recht sinnentleerter Begriff über die Jahre nach 9/11 geworden, den ich deswegen auch hoffentlich nicht benutzt habe. Der Begriff hat inzwischen die Konnotation von Extremismus, obwohl er in seiner direkten Wortbedeutung genau das Gegenteil meint. Ich kann die Frage also nicht beantworten, ohne Gefahr zu laufen, dass wir im nächsten Satz aneinander vorbeireden. Definitionsvorschlag?

Ich denke aber, dass die meisten religiösen Menschen, denen ihre Kirche aus verschiedenen Gründen am Herzen liegt, durchaus nicht so radikal unterwegs sind, wie du es in deiner Argumentation voraussetzt.

Hab ja die Omi schon erwähnt, die den Glauben als Stütze benutzt. Trotzdem muss sich jeder der z.B. Angesichts des Missbrauchs nicht schon längst ausgetreten ist meiner Meinung nach die Frage gefallen lassen, warum er dieses System seinerseits mit Mitgliedschaft und Geld am Leben erhält. Ich finde im Gegensatz zum massenhaft verursachten Leid sind das verschwind geringe Gründe.

Mein ursprünglicher Beitrag zu dem Thema entstand ja vor dem Hintergrund, dass immer mehr Katholiken aus der Kirche austreten, weil sie dieser mangelnden Reformationswillen, oder generell zu wenig Entwicklungsbereitschaft vorwerfen.

War's so? Icebärs ursprünglich verlinkter Artikel klang doch eher so, dass die akute Welle vom Missbrauch kommt. Wenn das für dich auf's selbe rausläuft: Dann würde ich denen trotzdem die Fragen zum Inhalt stellen.

Also treten sie aus. Aber nicht, weil sie ihren Glauben verloren haben, sondern weil sie von der kath. Kirche als Institution zunehmend enttäuscht sind.

Hab ja schon dargelegt, dass in meinen Augen viele Probleme der Institution hausgemacht und in Glaubendsdingen begründet liegen.
Zu sagen, den Glauben behalt ich, aber die Institution mag ich nicht, ergibt für mich daher wenig Sinn.
"Mir gefällt nicht, dass wir im Dackelzüchterverein nur Dackel züchten und Pudel diskriminieren. Der Dackelzüchterverein soll sich reformieren und neu definieren, dass auch andere Tiere als Dackel gelten können. (= die Auslegungen reformieren)" Kann er machen, aber dann ist er kein Dackelzüchterverein mehr. Ich hoffe es wird klar was ich meine. Also ich glaube eine Reformbewegung hat nur so viel Spielraum in dem die Religion nicht in Gefahr läuft sich abzuschaffen, weswegen sie nie zu weit gehen darf und für mich ein falsch angesetzter, zu schwacher Hebel ist.

Du willst also, dass Menschen aufhören, zu glauben.
Vertrittst auf der anderen Seite aber die recht kulante Ansicht, dass jeder Mensch eine eigene Meinung nicht nur haben, sondern diese auch jederzeit und überall äußeren können muss, da dies andernfalls einer gefährlichen Einschränkung unserer Grundrechte gleichkäme.

Ich hätte gerne, dass die Menschen es schaffen schwachsinnige Überzeugungen zu überwinden. Ich hätte ebenfalls gerne, dass jeder seine schwachsinnigen Überzeugungen im Sinne der Redefreiheit mit der Welt teilen darf. Wo ist der Widerspruch?

Wie steht es also um das Grundrecht auf Religionsfreiheit? Das darf man einschneiden, oder am besten komplett abschaffen? Eine Person jedoch, die rechtsradikale Thesen vertritt, muss in jedem Fall akzeptiert werden, weil das sonst eine fatale gesellschaftliche Entwicklung anstoßen würde?
Wer A sagt (Meinungsfreiheit), muss auch B sagen (unliebsame Positionen ertragen). So jedenfalls habe ich deinen Standpunkt zu dem Thema verstanden.

Warum gilt dieser Anspruch beim Thema "Religion und Glauben" für dich auf einmal nicht mehr? Ist das nicht ein bisschen...inkonsequent gedacht?

(Siehe auch vorige Antwort.) Ich habe gesagt, ich würde mit Kritik nicht an den Auslegungen anfangen, sondern gleich an den Glaubensinhalten, weil meiner Meinung nach nur das wahre Veränderung bewirkt.
Wer "Gott ist groß!" in die Welt schreit, den muss ich auch anschreien dürfen "Gott existiert nicht!". Religionsfreiheit ist ja nicht nur die Freiheit zu sondern auch von einer Religion. Hab ich also einen Einschnitt der Religionsfreiheit gefordert?

Ich glaube..(ups ^^), na ja, ich nehme an, dass du vielen religiösen Menschen Unrecht tust, wenn du sie mit Fundamentalisten und anderen Extremisten in einen Topf wirfst.

Solange sie Mitglieder im selben Verein sind, werfen sie sich selbst in einen Topf.

Ich kann das in Anbetracht deines eigenen Hintergrundes zwar absolut nachvollziehen, aber du selbst hast darauf aufmerksam gemacht, dass wir alle einem Bias unterliegen, und davon kannst du dich selbst wohl schwerlich komplett freisprechen, oder? Auch du bist geprägt durch das, was du erlebt hast und bewertest entsprechende Themen unter dem Einfluss deiner persönlichen Erfahrungen, die gerade in diesem Fall wohl sehr negativ waren.
(Was mir übrigens sehr leid tut. Ich kann nur erahnen, wie schwer es gewesen sein muss, sich aus diesem toxischen Umfeld zu befreien. Dafür gebührt dir in jedem Fall mein Respekt. Ich hoffe daher, dass dich meine recht offenen Worte an dieser Stelle nicht kränken. )

Danke. Und ja, ich werde sicher nicht bestreiten, dass meine Abneigung auf Grund meiner Erfahrung schärfer ist, als bei den meisten. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass man als Aussteiger eben auch eventuell einen schärferen Blick auf die Denkmuster in der ehemaligen Gruppe hat, als jemand der nie drin war. Und da ich rausgekommen bin, glaube ich, weiß ich am besten was mein Vergangenheits-Ich am besten früher hätte hören müssen um schneller zu etwas gesundem Menschenverstand zu kommen.

ich war hauptsächlich deswegen enttäuscht, weil ich gerne die Belohnung für die Stempel eingeheimst hätte

Im Rückblick sollte das natürlich eine riesige, rote Warnflagge sein, die für Kinderaugen nur dummerweise wie Bonbons aussieht.

Und es zeigt schön, warum bekenntnisorientierter Religionsunterricht eben nichts in allgemeinen Schulen zu suchen hat.
 
So prinzipiell finde ich ist das ein recht sinnentleerter Begriff über die Jahre nach 9/11 geworden, den ich deswegen auch hoffentlich nicht benutzt habe. Der Begriff hat inzwischen die Konnotation von Extremismus, obwohl er in seiner direkten Wortbedeutung genau das Gegenteil meint. Ich kann die Frage also nicht beantworten, ohne Gefahr zu laufen, dass wir im nächsten Satz aneinander vorbeireden. Definitionsvorschlag?

Diesen Einwand verstehe ich jetzt nicht wirklich.
Ich hab's ja bereits definiert:

Vanillezucker schrieb:
Denn sie klammern sich ja ganz bewusst an das, was geschrieben steht und legen es zumeist auch noch sehr kasuistisch aus.

Ist das nicht die wortwörtliche Bedeutung dieser Begrifflichkeit?

War's so? Icebärs ursprünglich verlinkter Artikel klang doch eher so, dass die akute Welle vom Missbrauch kommt.

Weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr so genau ^^. Es ist für die gegenwärtige Diskussion aber auch nicht wirklich erheblich. Ich hab den Äußerungen der Personen im Artikel eine allgemeinere Unzufriedenheit mit der KK entnommen, und nicht nur eine Reaktion auf den Missbrauchsskandal, wenngleich der wohl der letzte Tropfen war, der das Fass für viele endgültig zum Überlaufen gebracht hat.

Hab ja schon dargelegt, dass in meinen Augen viele Probleme der Institution hausgemacht und in Glaubendsdingen begründet liegen.
Zu sagen, den Glauben behalt ich, aber die Institution mag ich nicht, ergibt für mich daher wenig Sinn...
Ich hoffe es wird klar was ich meine. Also ich glaube eine Reformbewegung hat nur so viel Spielraum in dem die Religion nicht in Gefahr läuft sich abzuschaffen, weswegen sie nie zu weit gehen darf und für mich ein falsch angesetzter, zu schwacher Hebel ist.

Wenn ich dich richtig verstehe, sprichst du der Religion also ganz grundsätzlich die Möglichkeit zur Entwicklung ab, weil sie sich dadurch zwangsläufig selbst abschaffen würde?

Kann es sein, dass du selbst der Meinung bist, dass ein Glaubensbekenntnis nur dann konsequent und ernst zunehmen ist, wenn es wirklich sämtliche Textstellen der kanonischen Werke in ihrer ursprünglichen Bedeutung umfasst?
Wenn nein, warum ist es dann so undenkbar für dich, dass eine Möglichkeit bestehen kann, die Bibel (und andere Schriften) auf eine weit moderner Weise zu lesen und religiös zu leben, als es in der Vergangenheit und auch heute noch der Fall ist?

Ich sehe keinen Grund, warum das nicht möglich sein sollte. Bei aller Rückständigkeit der kath Kirche kann man nämlich nicht verkennen, dass sie sich im Laufe der letzten Jahrhunderte bereits mehrmals „erneuert“ und modernisiert hat, ohne dadurch bei ihren Anhängern an Glaubwürdigkeit eingebüßt zu haben. Warum sollte das nicht auch weiterhin möglich sein?

Ich hätte gerne, dass die Menschen es schaffen schwachsinnige Überzeugungen zu überwinden. Ich hätte ebenfalls gerne, dass jeder seine schwachsinnigen Überzeugungen im Sinne der Redefreiheit mit der Welt teilen darf. Wo ist der Widerspruch?

Hm, ok, so wie du es jetzt formulierst, wirkt es nicht mehr wie ein Widerspruch. ^^
Zuvor hattest du aber noch recht deutlich davon gesprochen, dass du die Kirchen am liebsten zur Gänze abgeschafft sehen würdest, weil sie nur Schlechtes bewirken können.
Das ist schon eine Stufe schärfer als die bloße Meinung, Religion und Glauben seien Schwachsinn, den man aber so hinnimmt, weil das die Meinungs- und Religionsfreiheit nun mal gebieten.

(Siehe auch vorige Antwort.) Ich habe gesagt, ich würde mit Kritik nicht an den Auslegungen anfangen, sondern gleich an den Glaubensinhalten, weil meiner Meinung nach nur das wahre Veränderung bewirkt.
Wer "Gott ist groß!" in die Welt schreit, den muss ich auch anschreien dürfen "Gott existiert nicht!".

Oder auch: "Gott ist tot!" ;)

Religionsfreiheit ist ja nicht nur die Freiheit zu sondern auch von einer Religion. Hab ich also einen Einschnitt der Religionsfreiheit gefordert?

Wie gesagt, in deinem vorherigen Beitrag klang es ein bisschen so an. Aber wenn es doch nicht so ist, soll mir das auch recht sein (...is mir ehrlich gesagt sogar lieber so ^^)

Solange sie Mitglieder im selben Verein sind, werfen sie sich selbst in einen Topf.

Es ist aber nicht klar, wer die Mehrheit stellt. Und warum sollten sich viele gemäßigte Gläubige aus ihrem Verein vertreiben lassen, nur weil es ein paar schwarze Schafe unter ihnen gibt, die ins Extrem fallen? Wäre es dann im Gegenteil nicht umso wichtiger, dass sie die Kirche vor der zunehmenden Unterwanderung solcher Gesinnungen schützen, indem sie ihrerseits "die Stellung" halten, um ihr Mitspracherecht nicht vollständig zu verlieren?
Die Kirche ist ihrerseits nämlich ebenfalls darauf angewiesen, dass sie Anhänger vorfindet, die ihnen zuhört und das, was sie predigt, auch anerkennt.

Ich habe gesagt, ich würde mit Kritik nicht an den Auslegungen anfangen, sondern gleich an den Glaubensinhalten, weil meiner Meinung nach nur das wahre Veränderung bewirkt.

Das eine bedingt doch notwendigerweise das andere. Wenn ich einen Text nicht auslege, habe ich auch keine inhaltliche Substanz für meinen Glauben. Es sei denn, man nimmt es immer noch als zwingend notwendig an, am Wortwörtlichen kleben zu müssen. Das ist mittlerweile aber weder gängige Religionspraxis, noch war es jemals die theologische Herangehensweise an die Glaubensinhalte der Bibel.

Ich verstehe daher echt nicht, warum du so auf dieser überholten Sichtweise beharrst. :zuck:

Danke. Und ja, ich werde sicher nicht bestreiten, dass meine Abneigung auf Grund meiner Erfahrung schärfer ist, als bei den meisten. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass man als Aussteiger eben auch eventuell einen schärferen Blick auf die Denkmuster in der ehemaligen Gruppe hat, als jemand der nie drin war. Und da ich rausgekommen bin, glaube ich, weiß ich am besten was mein Vergangenheits-Ich am besten früher hätte hören müssen um schneller zu etwas gesundem Menschenverstand zu kommen.

Ich stelle gar nicht in Abrede, dass du mit Sicherheit deutlich mehr Erfahrung mit bestimmten Glaubensstrukturen und -denkmustern hast als ich. Und ich nehme deine Ansichten zu dem Thema auch durchaus sehr ernst.
Trotzdem sollte man sich davor hüten, aus den eigenen Erfahrungen allgemeine Gesetzmäßigkeiten ableiten zu wollen, die für alles und jeden in derselben Weise zu gelten haben.
Du hast zwar deine Erfahrungen gemacht, die lassen sich aber nicht unbedingt auf alle anderen gläubigen Menschen übertragen. Auch wenn du der Meinung bist, das sind alles dumme Schafe, denke ich schon, dass sie über individuelle Bewegründe verfügen können, an ihrer Religion festhalten zu wollen und dabei auch unterschiedliche Schwerpunkte für sich setzen können.

Und entschuldige die etwas provokativ anmutende Frage, aber warum ist es eigentlich an dir, darüber zu entscheiden, was Schwachsinn ist und von welchen Überzeugungen sich die Menschen lösen müssen?

Macht dich diese Form der Deutungshoheit (über andere) nicht auch zu einer Art Gott? ;)

Im Rückblick sollte das natürlich eine riesige, rote Warnflagge sein, die für Kinderaugen nur dummerweise wie Bonbons aussieht.

Ich durchschaue im Rückblick natürlich die gezielte Absicht hinter dieser Methode. Aber ist das wirklich so schlimm? Diese Art der Pädagogik (positive Bestärkung) ist ja nicht nur im Religionsunterricht üblich, sondern wird in vielen Bereichen kindlichen Lernens angewendet.
Eine negative Bestärkung hätte ich jedenfalls deutlich schlimmer gefunden: für jeden verpassten Gottesdienst setzt es fünf Hiebe mit dem Lineal, oder so...^^
Obwohl es vermutlich ein bisschen geschmacklos ist, so etwas im Spaß zu sagen, immerhin war das vor einigen Jahrzehnten wahrscheinlich wirklich noch die gängige Praxis :/

Und es zeigt schön, warum bekenntnisorientierter Religionsunterricht eben nichts in allgemeinen Schulen zu suchen hat.

Einen Gottesdienst zu besuchen, Bibelgeschichten zu hören, Lieder zu singen und bunte Bilder in ein Heft zu malen, macht ja noch lange keinen gläubigen Menschen aus mir. Da gehört schon mehr dazu, weshalb ich die Beeinflussung des Religionsunterrichts auf die spätere Glaubensüberzeugung der Schüler für sehr gering halte. Da dürften andere Einflussfaktoren, wie das familiäre Umfeld, immer noch den weit größeren Stellenwert einnehmen.

In den weiterführenden Schulen kann dieselbe Aufgabe wahrscheinlich auch von einem reinen Ethikunterricht erfüllt werden. Bei Grundschulkindern scheint mir der Religionsunterricht aber die zugänglichere Variante zu sein.

Ich hab den Unterricht jedenfalls als sehr schön in Erinnerung, weil er neben der Beschäftigung mit biblischen Themen vor allem das menschliche Miteinander zum Inhalt hatte und dabei Werte wie Mitgefühl, Nächstenliebe usw. im Vordergrund standen und Verbote nur insofern Raum einnahmen, wie sie zum Schutz ebendieser Werte notwendig sind.

Wobei ich manches Mal natürlich schon gemerkt habe, dass ich als OB-Kind eine Art Sonderrolle einnehme, oder anders gesagt: man hat der Lehrerin teilweise angemerkt, dass sie das als (echtes) Defizit wahrnimmt.
Aber im Vergleich zu früher, als Kinder ohne Bekenntnis gar nicht am Religionsunterricht teilnehmen durften, ist das schon als gewisser Fortschritt zu werten und auch Ausdruck von größerer Toleranz seitens der Kirche.
 
Mein erster Reflex war: verdammte Protestantenschwe*ne, aber dann konnte ich mich gerade nochmal beherrschen! :D

War er natürlich nicht.

Bei Oma hieß es immer Ketzerkirche :roflmao:

Aber wir als Familie sind ziemlich entspannt im miteinander. Meine Familienseite ist katholisch, die meines Mannes evangelisch. Er selber mittlerweile bekennender Atheist, die Kinder sind evangelisch getauft, weil hier im Norden eine katholische Diaspora ist. Die Paten sind evangelisch, katholisch und sowohl aus der evangelischen als auch der katholischen Kirche ausgetreten.

Wir besuchen hier evangelische Messen (aber eher weniger regelmäßig), wenn wir in meiner Heimat sind, katholische. Die Kinder finden den Ritus der katholischen Messen besser, weil beeindruckender (mehr Pomp und Co.), meinen Mann erinnern die Rosenkranzgebete an den Exorzisten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Diesen Einwand verstehe ich jetzt nicht wirklich.
Ich hab's ja bereits definiert:

Denn sie klammern sich ja ganz bewusst an das, was geschrieben steht und legen es zumeist auch noch sehr kasuistisch aus.

Ist das nicht die wortwörtliche Bedeutung dieser Begrifflichkeit?

Mit dieser wortwörtlichen Bedeutung ist der Begriff aber genau genommen nicht negativ belastet. Wir reden immerhin über eine Schriftreligion, die einen Text als Fundament des Glaubens hat. Das Christentum etwa gründet sich auf die biblischen Schriften über Jesus. Wer nicht an Jesus Christus glaubt, der ist per definition kein Christ. (Ich rede hier jetzt natürlich nicht über kulturelle Christen oder alle Kirchenmitglieder, sondern die, die über sich sagen sie seien (gläubige) Christen.) Ist deswegen aber jemand der an Jesus glaubt, wie er in der Bibel steht ein Fundamentalist, weil er sich "an das klammert, was geschrieben steht"? Ich denke so benutzt fast niemand den Begriff, sondern eher im Sinne von Extremismus, das ist aber eigentlich das was sich eher weit von den Fundamenten an den extremen Enden einer Ideologie findet. Wird klar was ich meine?

Wenn ich dich richtig verstehe, sprichst du der Religion also ganz grundsätzlich die Möglichkeit zur Entwicklung ab, weil sie sich dadurch zwangsläufig selbst abschaffen würde?

Ich denke, dass eine Reform, die über einen point of no return herausgeht, die Religion logischerweise abschaffen würde. Da dies nicht im Interesse der Reformer ist, werden die Reformen sich immer möglichst weit vor dem point of no return selbst begrenzen und das begrenzt leider auch ihre Kraft für Veränderung.

Zuvor hattest du aber noch recht deutlich davon gesprochen, dass du die Kirchen am liebsten zur Gänze abgeschafft sehen würdet, weil sie nur Schlechtes bewirken können.
Das ist schon eine Stufe schärfer als die bloße Meinung, Religion und Glauben seien Schwachsinn, den man aber so hinnimmt, weil das die Meinungs- und Religionsfreiheit nun mal gebieten.

Das ist vielleicht schärfer, aber es ist auch eine Meinung. Und auch die nimmt niemandem seine Religionsausübung.

Wäre es dann im Gegenteil nicht umso wichtiger, dass sie die Kirche vor der zunehmenden Unterwanderung solcher Gesinnungen schützen, indem sie ihrerseits "die Stellung" halten, um ihr Mitspracherecht nicht vollständig zu verlieren?

Da haben wir einfach eine andere Sicht. Das was du hier Unterwanderung oder Fundamentalismus nennst, sind für mich Probleme die einfach auf die Fundamente und Kerne der Religion zurückfallen.

Die Bibel lehnt Homosexualität ab. Es haben aber keine Schwulenfeinde die Kirche unterwandert gegen die die liberalen Mitglieder die Stellung halten müssten, sondern die Schwulenfeindlichkeit liegt in der Religion begründet und ist seit Jahrtausenden ein Teil von ihr. Klar kann man natürlich Reformen anstoßen und hoffen, dass das mit der historischen Einordnung als Praxis entfällt. Man kann aber auch merken, dass die Inhalte dieser Religion Schwachsinn sind, was mich zur nächsten Frage bringt.

Und entschuldige die etwas provokativ anmutende Frage, aber warum ist es eigentlich an dir, darüber zu entscheiden, was Schwachsinn ist und von welchen Überzeugungen sich die Menschen lösen müssen?

Erstmal sage ich ja nur meine Meinung. Ich finde etwas schwachsinnig und plädiere dafür das sein zu lassen. Aber ich kann ja niemandem was befehlen.

Und ob eine Idee Schwachsinn ist oder nicht, bestimme nicht ich, sondern die Fakten und Argumente die etwas stützen oder widerlegen.
Und für Glauben (faith) gibt es eigentlich keine Argumente, sonst würde man es nicht Glaube nennen, sondern Wissen o.Ä..

Es gibt erstmal keinen Grund anzunehmen, dass es einen Gott gibt. Und erst recht nicht, dass er uns vorschreibt mit wem wir Sex haben sollen, oder ob wir Schalentiere essen dürfen. Das sind Behauptungen, die Religionen seit Jahrhunderten aufstellen, ohne jemals Belege zu liefern. Und was ohne Belege behauptet wird, kann man auch ohne Belege ablehnen.
Man gibt sich Evidenzen für seine Ansichten, und dann kann man sich austauschen. So diskutieren wir hier ja auch.

Und der Mangel an Evidenz in Religion mag mir ja egal sein, wenn jemand einfach für sich an Aliens oder Jehova oder Zeus glaubt. Aber sobald es das Leben der anderen Leute betrifft, mit Geld, Gewalt oder hier Missbrauch, ist es eben nicht mehr egal.

Macht dich diese Form der Deutungshoheit (über andere) nicht auch zu einer Art Gott?

Ne. Die legst du mir ja gerade in den Mund, ich habe die nicht beansprucht. Wie gerade gesagt würde ich gerne die besseren Argumente entscheiden lassen. Es steht ja jedem frei meine Sicht hier zu torpedieren.
Sogar wenn mir jemand etwa die Existenz Gottes belegen könnte, dann müsste ich meine Meinung ändern und seine Existenz akzeptieren. Aber glauben werde ich nicht. (und ich würde jedem davon abraten.)


Bei Grundschulkindern scheint mir der Religionsunterricht aber die zugänglichere Variante zu sein.

Also bei uns war der Reliunterricht in den Unterstufen leider nur ein Lernen von biblischen Geschichten analog zur Sonntagsschule. Also religiöse Indoktrination.
In der Oberstufe und im Abi waren es dann tolle ethische und theologische Diskussionen, allerdings dann auch ohne Bekenntnisorientierung.
 
Spannend, dass ein Artikel über den Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche wieder mal eine Glaubensdebatte hervorruft. Ich denke, eine solche Debatte rückt das eigentliche Thema- den Missbrauch an Schutzbefohlenen - in den Hintergrund. Gäbe es so eine Diskussion auch, wenn es um einen Sportverein (oder Kinderchor, Kinderhort usw.) ginge?

In meinen Augen ist Kindesmissbrauch, in welcher Institution auch immer verächtlich und aufs härteste zu Bestrafen, Männer wie Frauen (die können das nämlich auch). Ich finde es ehrlich gesagt, recht schlimm, dass dieses Thema immer noch recht Tabu. Acuh finde ich es schlecht, dass ganze Institutionen verurteilt werden, es geht zuerst um den Täter, dass es Mitwisser in höheren Positionen gibt, welche nicht eingegriffen haben, ist eine andere Sache (was auch nicht weniger verwerflich ist).

Ich schlage vor, dass diese Diskussion wieder sachlich und ruhig weiterführen. Religion ist immer noch Interpretationssache und eine sehr persönliche dazu und man muss da schon aufpassen, dass man den Gesprächspartner mit seine Aussagen verletzt.
 
Ich schlage vor, dass diese Diskussion wieder sachlich und ruhig weiterführen. Religion ist immer noch Interpretationssache und eine sehr persönliche dazu und man muss da schon aufpassen, dass man den Gesprächspartner mit seine Aussagen verletzt.

Ich hatte eigentlich nicht das Gefühl, dass die Diskussion sonderlich aufgeregt geführt wurde. Trotz unserer recht unterschiedlichen Standpunkte empfand ich den bisherigen Austausch sogar als sehr interessant und durchaus sachlich.
An dieser Stelle auch ein ehrliches Kompliment an deinen Diskussionsstil @THX1138, den ich wirklich sehr angenehm finde. :)

Ich weiß nicht, ob man dasselbe auch über mich sagen kann, ich hab mich aber in jedem Fall bemüht, zumindest keine allzu heftigen Totalausfälle zu liefern ^^
Und wenn ich doch mal etwas persönlicher wurde, habe ich zuvor extra betont, dass es keineswegs böse gemeint ist.
Aus deinen bisherigen Reaktionen entnehme ich, dass du meine Fragen auch nicht so aufgefasst hast - jedenfalls hoffe ich das?

Hm...sollen wir das Gespräch jetzt also lieber nicht mehr hier weiterführen? Es liegt mir nämlich wirklich nicht dran, irgendjemandes (religiöse) Gefühle zu verletzen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich hatte eigentlich nicht das Gefühl, dass die Diskussion sonderlich aufgeregt geführt wurde.

Die Diskussion befindet sich noch im Rahmen, das ist wahr, aber meiner Bescheidenen Erfahrung nach, kann das schnell eskalieren, glaub mir.

Und natürlich kann man die Diskussion weiterführen, das habe ich ja nicht verboten, kann ich nicht, ich bin ja (noch) kein Gott. ;)
 
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