Talon Karrde schrieb:
Es wurde in dem Lehrgang aber betont, dass der Mann deswegen angeklagt wurde, weil er sich gegen den Jungen entschieden hatte, als er im Gebäude stand und sich die Mädchen schnappte. Er war im Gebäude und gegenwärtig (!) drohte ihm eine Rauchvergiftung, daher ist er nicht verurteilt worden. (Also wäre er theorethisch auch nicht verurteilt worden, wenn er ohne die Mädchen raus gerannt wäre)
In Furias Beispiel sind ja zunächst auch beide Kinder noch am leben, bevor (!) der Retter sich entscheidet das eine zu retten. Das ist hier der Punkt, wo ich nicht verstehe, dass man ihm nicht fahrlässigen totschlag vorgeworfen hat. (Zumindest versucht; zu einem Schuldspruch wäre es hier m.E. auch nicht gekommen)
Ok, das hatte sich in deiner ersten Beschreibung anders angehört.
Wichtig an Furias Beispiel ist, sich klar zu machen, dass der Retter sich letzlich nicht strafbar macht.
Es handelt sich um einen klassischen Fall der "rechtfertigenden Plichtenkollision".
Hiernach handelt der Täter nicht rechtswidrig, wenn er bei gleichwertigen Plichten (2 Kinder sind zu retten) eine von beiden zu Lasten der anderen erfüllt.
Die "rechtfertigende Pflichtenkollision" ist eine Rechtfertigungsgrund.
Nun muß man das ganze der Reihe nach betrachten:
In der Tat wird gesagt, dass der Täter bevor er sich entschieden hat, eben auch die Möglichkeit hatte das jeweils andere Kind zu retten.
Daher kommt man für das nicht gerettete Kind in eine Prüfung wegen unterlassener Hilfeleistung.
Man beginnt nun seine Betrachtung beim Tatbestand und wird dort nach zutreffender herrschender Meinung auf das Merkmal der "Zumutbarkeit" stoßen.
In Furias Beispiel ist die Hilfeleistung zumutbar, aber in deinem Beispiel wurde die Zumutbarkeit aufgrund der Gefahr einer Rauchvergiftung verneint. An diesem Punkt ist die Person in deinem Beispiel dann auch schon draußen.
Bei Furia müssen wir noch weiter prüfen. Als nächstes kommt dann der Vorsatz und dann kommt der Punkt Rechtswidrigkeit.
Die "rechtfertigende Pflichtenkollison" ist ein Rechtfertigungsgrund und kommt hier zum Tragen. Hier ist die Prüfung für den Retter in Furias Beispiel beendet.
Der letzte regelmäßige Prüfungspunkt der Schuld ist für beide Beispiele nicht mehr von Belang.
Sowohl für den Retter in deinem Beispiel, als auch den Retter in Furias Beispiel ist das Ergebnis, dass sie sich nicht strafbar gemacht haben.
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Ansonsten würde mich noch interessieren was das für ein Lehrgang war, wer da gelehrt hat und was er/sie mit dem Beispiel beweisen wollte (evtl. per PN).