Coruscant

[ Coruscant – City – Empfang von Alateen Engines | Exodus und Giselle mit vielen Gästen ]

Der Kuss, den Giselle ihm auf die Wange drückte, war für Exodus wie eine Art Bestätigung und Ermutigung – dass sie den Tag bisher gelungen fand und es ihr auch hier gefiel. Ein Kuss in der Öffentlichkeit, und war es auch ein noch so kleiner, bedeutete immer etwas, zumindest bei ihm. Er fragte sich, wie Giselle dazu stand. Ihre Kultur ging viele Dinge anders an als er es gewohnt war. Vielleicht machte es für sie keinen Unterschied, ob sie ihn hier unter all den Menschen küsste oder bei ihm im Schlafzimmer. Allerdings war auch jetzt nicht der richtige Moment um sich bei ihr über die Handhabung von Küssen bei den Vahla zu erkundigen. Zuerst musste er ihre Fragen beantworten. Das Grinsen, das sie mit ihrem Kuss auf seine Lippen gezaubert hatte, würde noch eine ganze Weile anhalten.

„Der Gastgeber – der Mann mit der interessanten Haarfarbe – ist Cedon Alateen, genau.“

Interessant war eigentlich nicht das, was Exodus über Alateens blaue Haare dachte – aber hier waren überall neugierige Ohren und so musste Exodus die Beschreibung bei dieser vagen Andeutung belassen. In Wahrheit fand er es ziemlich albern, aber das war die Mode der coruscantischen Upper Class leider häufig. Ständig musste man sich neu erfinden, Hauptsache anders als alle anderen. Und auch wenn er sich an langweiligen Abenden durchaus damit beschäftigte, sich innerlich über die übertriebenen Outfits mancher Gäste zu belustigen, gab es heute für ihn wesentlich interessanteres – und so wandte er sich wieder Giselle zu.

„Was als nächstes geschieht?“

Exodus straffte die Schultern und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Mit einem wissenden Lächeln legte er den Kopf schief.

„Es läuft üblicherweise wie er gesagt hat: Man macht es sich gemütlich, bestellt einen Drink, irgendwann treffen sich die Geschäftspartner wie zufällig an der Bar und beginnen unverfänglichen Smalltalk. Nach ein paar Minuten, vielleicht auch nach einer halben Stunde oder noch länger, kommt einer von beiden dann zum Punkt. Der Ton verändert sich nicht großartig, aber der Inhalt schon.“

Er zuckte mit den Schultern. So liefen diese Dinge und wenn Giselle nicht hier wäre, würde auch Exodus heute Abend diesem Drehbuch folgen.

„Die meisten sind sehr geschickt in diesen Dingen. Der Übergang ist fließend, hin und wieder zurück. Wenn man einen Deal eingefädelt hat, sitzt man schon passend und bestellt einen weiteren Drink um darauf anzustoßen.“

Exodus löste die Hände aus ihrer Verschränkung und legte seine linke sachte auf Giselles Rücken, um sie langsam aus dem Eingangsbereich herauszuschieben.

„Aber so wie ich das sehe, ist unser Gastgeber noch eine ganze Weile mit der Begrüßung seiner Gäste beschäftigt. Also können wir tun, was auch immer wir wollen.“

Mit sanftem Druck schob er seine Begleiterin noch weiter aus der Menge hinaus, die von Alateen in Empfang genommen wurde, hinein in die Menge, die sich schon im größten der Räume befand. Von irgendwoher drang leise Musik an Exodus‘ Ohr. Das war sein Zeichen.

„Und ich würde sagen, das heißt: Wir tanzen.“

Exodus grinste bübisch und reichte ihr die rechte Hand. Die Tanzfläche lag gleich vor ihnen, er musste Giselle nur noch dort hinüber führen. Es war zwar noch kein anderes Paar auf dem Parkett und die Musik spielte eigentlich noch viel zu leise … aber das spielte heute Abend nur eine untergeordnete Rolle. Für die Möglichkeit mit Giselle Givenchy zu tanzen, nahm der Vizepräsident auch solche Widrigkeiten in Kauf. Das Lächeln war seit ihrem Kuss nie mehr ganz von seinen Lippen verschwunden.

„Wenn du mir die Ehre erweist?“

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Es war schon seltsam, Giselle wollte mit Exodus tanzen, sie wollte mit ihm zusammen sein, doch als er ihr die Hand entgegen streckte, zögerte sie. Es war nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte und für einen Moment wusste sie nicht, warum. Es frustrierte sie sogar selbst, dass ihr die Situation plötzlich nicht mehr gefiel, obwohl sie sich hätte freuen sollen. Seit sie an diesem Morgen aufgewacht war, war der Tag perfekt gewesen. Es hatte nichts gegeben, worüber sie mit Exodus einander geraten wäre, nichts das ihr nicht gefallen hatte. Das Gegenteil war der Fall, sie wusste sogar, dass ihr alles zu gut gefallen hatte: das gemeinsame Aufwachen mit Exodus, das langgezogene, gemütliche Frühstück, die Nähe zu ihm, die Berührungen seiner warmen Hände auf ihrer entblößten Haut, jetzt ebenso wie Stunden zuvor in seinem Schlafzimmer, als sie beschlossen hatte, dass sie ihn so lange genießen musste, wie sie Gelegenheit dazu hatte…

Doch etwas gefiel ihr nicht und noch während Giselle zögerte, ihre Hand in seine ausgestreckte Hand zu legen, wurde ihr bewusst, was es war. Wenn Exodus Wingston sich einen Plan zurecht gelegt oder wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab es für ihn davon kein Abweichen. Ein Mann wie er war gewohnt zu bekommen, was er wollte und obwohl Giselle diese Art der Zielstrebigkeit einerseits an ihm bewunderte, wurde sie ihr zu viel, wenn es um ihre Person ging. Sie war keine
Sache. Er konnte nicht mit ihr tun, was er wollte. Die Tatsache, dass er sie dazu dirigierte, ihm auf die Tanzfläche zu folgen, bewies aber mal wieder eben genau dies. Er hatte es bereits gestern Abend versucht, als er auf der Dachterrasse des „Victorias“ unbedingt mit ihr hatte tanzen wollen, und weil sie dort abgelehnt hatte, versuchte er es jetzt erneut. Ein Vorhaben als gescheitert hinzunehmen schien für ihn nicht in Frage zu kommen. Exodus wollte gewinnen. Er wollte derjenige sein, der die Strippen zog.

“Mir ist nicht danach.“

Giselle ließ ihre Hände dort, wo sie waren, die eine strich ihr eine lockere Haarsträhne aus dem Gesicht, die andere lag locker in den Falten ihres langen Kleides, dessen glänzende Seide in einem satten Grünton schimmerte, eine Farbe die so kräftig war wie die saftigsten Wiesen auf Fresia, frisch genährt nach einem der stürmischen Monsunregen. Das Schlimme war, sie wollte eigentlich mit ihm tanzen. Sie wollte, dass er seine Hand auf ihre Hüfte legte und sie über das Parkett führte, dass er sie an sich zog und die Erinnerung daran weckte, wie sich sein Körper anfühlte, wenn er sich dicht an sie schmiegte. Sie wollte sich an ihn lehnen. Gleichzeitig aber musste sie sich ihre Freiheit behalten. Es war der gleiche Drang nach Freiheit, der sie als junges Mädchen dazu bewogen hatte, jene Regeln zu brechen, die die Tradition ihr als Beschwörerin der Vahl auferlegt hatte. Damals hatte sich Giselle nicht in eine Form pressen lassen wollen und sie wollte es heute genau so wenig. Sie wies ohne jemand bestimmtes zu meinen auf die Leute um sie herum, die sich unterhielten, sich begrüßten oder vielleicht bereits hier und da über die Geschäfte sprachen, so wie Exodus es erwähnt hatte.

“Es tanzt noch niemand.“

Das natürlich hatte Exodus auch zuvor schon gesehen und dass er es trotzdem tun wollte, überraschte Giselle sogar ein bisschen. Hätte sie das Gefühl gehabt, dass er lediglich ihr eine Freude machen wollte, so hätte sie sich auch gefreut. Da sie keinen Streit wollte, beschloss sie, das Thema zu wechseln. An einem anderen Ort hätte sie Exodus mit seinem Verhalten konfrontiert, hätte ihm gesagt was ihr missfiel, doch nicht heute. Es war ein geschäftlicher Abend für ihn und sie wollte nicht für schlechte Stimmung sorgen, schon gar nicht nach einem solchen Tag.

“Hast du schon jemanden gesehen, den du kennst?“

Fragte sie und sah sich um, als ob auch einer ihrer Bekannten plötzlich aus der Menge hätte heraus treten können, so absurd dies auch war.

“Ich finde, wir sollten uns unter die Leute mischen.“

Sie deutete mit ihrem Kopf in Richtung einer Bar. Man konnte sich dort einen Drink ordern und sich sicher auch einer der vielen Grüppchen anschließen, die sich auf Festen wie diesem automatisch bildeten. Wenn man niemanden kannte, lernte man eben jemanden kennen. Das war für Giselle noch nie eine Hürde gewesen.

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Sie hatte nicht Nein gesagt, zumindest nicht das Wort selbst, aber ihre Ablehnung war dennoch eindeutig. Ihr war im Moment nicht nach tanzen – es tanzte ja sonst noch niemand, erklärte Giselle – und sie wollte sich stattdessen lieber unter die Leute mischen. Exodus sah sie für einen langen Augenblick an, ausdruckslos und prüfend, ehe er nickte und ein künstliches Lächeln auf seinen Lippen erschien.

„Na klar. Wir mischen uns unter die Leute, kein Problem.“

Sie hatte seine angebotene Hand nicht ergriffen und Exodus machte keine Anstalten ihr diese Möglichkeit erneut zu geben. Stattdessen drehte er sich auf dem Absatz herum und sprach zu Giselle, während sie sich in seinem Rücken befand und ihn so vermutlich noch schlechter verstehen konnte, als es beim steigenden Geräuschpegel um sie herum ohnehin schon der Fall gewesen war.

„Ich kenne hier natürlich einige Leute.“

Mit zielstrebigen Schritten hielt er auf die Bar zu und entdeckte dabei tatsächlich ein vertrautes Gesicht: Vania Edo, Inhaberin einer großen coruscantischen Werbeagentur, die mit Vorliebe auf Events wie diesem Ausschau nach neuer Kundschaft hielt, saß mit überkreuzten Beinen auf einem der Barhocker und ließ ihren Blick über die Menge schweifen, während sie genüßlich an ihrem ersten Cockteil nippte. Ihr langes blondes Haar fiel ihr wie ein Wasserfall über die Schulter und der Hosenanzug, den sie trug, vermittelte eine Mischung aus Geschäftigkeit und Eleganz. Exodus fand sie schon seit jeher sehr attraktiv und flirtete an langweiligen Abenden gerne mit ihr – aber ansonsten war zwischen ihnen noch nie etwas gelaufen.

„Vania!“

begrüßte er sie mit einem freudigen Strahlen und klatschte in die Hände. Dann ließ er sich auf einen freien Hocker neben ihr gleiten und grinste sie an.

„Sieh an, Exodus Wingston!“

Die Blondine stellte ihren Drink auf der Bar ab und warf mit einer geschichten Bewegung ihre Mähne über die Schulter. Ihre Mundwinkel zuckten vergnügt und Exodus erkannte ein Blitzen in ihren Augen.

„Schön dich zu sehen.“

Erst jetzt drehte er sich wieder zu Giselle, die ihm bis zur Bar gefolgt war. Er klopfte lässig auf den Barhocker zu seiner Seite und bedeutete ihr damit, sich doch zu setzen.

„Das ist Giselle.“

erklärte er Vania knapp und überlegte kurz, ob er ihr noch irgendeine weitere Beschreibung verpassen sollte. Seine ehemalige Angestellte? Seine Begleitung? Nein, beschloss er kurzum, er beließ es jetzt bei dieser offenen Vorstellung. Vania würde sich ohnehin ihren Teil denken. Er drehte den Kopf wieder zu der Vahla herum:

„Giselle, das ist Vania Edo, eine alte Freundin.“

Und bevor Giselle sich selbst vorstellen oder erklären konnte, warf er noch ein:

„Sie ist zum ersten Mal auf Coruscant.“

Vania zog die Augenbrauen hoch und bedachte Giselle mit einem prüfenden Blick.

„Freut mich, Giselle. Gefällt es Ihnen auf Coruscant?“

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- Coruscant – City - Empfang von Alateen Engines – Mit Exodus und Vania Edo –

Es brauchte schon einiges an Gutmütigkeit um nicht anzunehmen, dass Exodus Giselle eifersüchtig machen wollte. Er war ihrem Vorschlag gefolgt, hatte nach jemandem Ausschau gehalten den er kannte und sein Blick war auf eine Frau gefallen, die jede andere Frau als potenzielle Konkurrenz eingestuft hätte. Giselle war nicht der eifersüchtige Typ und sie hatte keinen Grund, unfreundlich zu Exodus‘ blonder Bekannten zu sein, doch sie hegte stark den Verdacht, dass er ein genau solches Verhalten aus ihr heraus kitzeln wollte und das ärgerte sie ungemein. Warum, fragte sie sich. Warum musste es immer nach seiner Nase gehen? Wenn er nicht bekam, was er wollte, wurde Exodus unbequem. Wenn einer seiner Pläne nicht aufging, ließ er es andere spüren. Genau das tat er jetzt. Jede Nähe zwischen ihnen schien wieder wie ausgelöscht. Was war das da zwischen ihnen, das immer an und aus ging wie eine defekte Lampe?

“Guten Abend. Ja, ich bin wirklich zum ersten Mal auf Coruscant.“

Giselle hatte Vanias Hand zur Begrüßung ergriffen. Vania war ein sehr schöner Name, er hatte einen warmen, weiblichen Klang an sich, und sie stellte die Frage, die zu erwarten gewesen war, eine die so einfach sein konnte um ein Gespräch zu eröffnen.

“Das Wetter könnte besser sein.“

Erwiderte Giselle scherzhaft.

“Bisher zeigt sich Coruscant sehr windig. Und verregnet. Daran könnte man noch arbeiten.“

Es fiel ihr schwer zu lächeln, nicht wegen der Frau vor ihr, sondern wegen dem Mann neben ihr. Sie hatte sich nicht auf den freien Hocker gesetzt, wie Exodus ihr angeboten hatte. Zu ihrem eigenen Ärger verspürte Giselle den Drang gehen zu müssen, statt sich nieder zu lassen.

“Wisst ihr was, ich werde mich kurz frisch machen gehen.“

Sagte sie kurz entschlossen. Plötzlich hatte sie nicht mehr den Nerv, noch länger neben Exodus zu stehen. Mit ihm war alles ein Hin und Her. Alles. Sie verbrachten einen wunderschönen Tag miteinander und schafften es, die Stimmung am Ende doch zu kippen. Sie sagte ihm, dass sie nicht wieder mit ihm schlafen würde und er behandelte sie nur noch von oben herab, als wäre nie etwas anderes zwischen ihnen gewesen als ein reines Arbeitsverhältnis. Exodus war alles, nur nicht konstant. Sie hatte es so satt. Sie bahnte sich ihren Weg zu den sanitären Räumlichkeiten, ging einen viel zu großen Bogen, weil sie sie erst suchen musste, und stand schließlich vor einem der tief in die Wand eingelassenen Spiegel, wo sie zwei Haare zurecht zupfte und sonst eigentlich gar nichts zu tun hatte, außer ihre Gedanken zum Stillstand zu zwingen, weil sie in ihrem Kopf rasten wie die Piloten eines Pod-Rennens. Eine fremde Frau rempelte sie versehentlich an, als sie sich vom Waschbecken weg drehte. Man lächelte sich kurz zu, entschuldigend. Schon gut, nichts passiert. Die, die ihr aus dem Spiegel entgegen starrte, betrachtete Giselle mit einem mitleidigen Blick. Was tat sie hier eigentlich? Sie hielt krampfhaft an einem Mann fest, der ihre Gefühle nicht erwiderte, der sie lediglich benutzte. Exodus mochte ihr freundschaftlich zugeneigt sein. Die Gespräche, die sie auf Fresia geführt hatten, der schöne Tag heute, das alles war echt gewesen, aber es reichte nicht aus. Warum konnte sie sich nicht einfach umdrehen, akzeptieren was nicht sein würde und weiter nach der Bestimmung in ihrem Leben suchen, nach einem Ziel, nach einem Zuhause? Hier auf Coruscant war sie nicht sie selbst. In erster Linie war sie wegen Exodus hierher gekommen, obwohl sie alles an diesem Planeten hasste, und wurde dabei selbst zu einer Fremden.

Als sie wieder zurück unter die anderen Gäste trat, war ihr, als hätte sich etwas in ihr verändert oder als hätte sie einen Entschluss gefasst. Obwohl sie nicht explizit darüber nachgedacht hatte, wusste Giselle, dass ihre Zeit mit Exodus vorbei war. Es wurde Zeit, dass sie weiter zog. Sie konnte ihn aus der Entfernung noch immer an der Bar sitzen sehen, Vania direkt neben ihm. Vielleicht glaubte er, sie würde die gesittete Geliebte spielen, die an seiner Seite saß und ihn mit ihren optischen Reizen schmückte, die den Mund hielt wenn er sich unterhielt und hinter ihm stand und ihm den Nacken massierte, wenn er beim Sabacc um hohe Beträge spielte. Wenn er Giselle auch nur ein bisschen kannte wusste er, dass sie nichts davon tun würde. Nicht mehr. Sie drehte sich um, inspiriert von ihren Gedanken, und ging um einen der Spieltische zu suchen. Welches Spiel war ihr egal, hauptsache es bot Unterhaltung und Ablenkung. Eine Viertelstunde später saß sie in einem von Tabakgeruch getränktem Raum, eine Zigarette zwischen den schlanken Fingern, links und rechts von ihr Männer, die sie an unbeschwerte Stunden des Freizeitausgleichs auf den Schiffen der republikanischen Flotte erinnerten. Diese Männer hier waren nur nicht so rau, nicht so derb. Sie waren alle reich und gut gekleidet und vielleicht hielten sich manche von ihnen deshalb für etwas besseres. In diesem Moment war das Giselle jedoch egal. Im Augenblick war ihr jede Gesellschaft lieber als die von Exodus Wingston.


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[ Coruscant – City – Empfang von Alateen Engines – an der Bar | Exodus und Vania Edo mit vielen Gästen ]

Obwohl sie gerade erst angekommen waren, verabschiedete sich Giselle schon um sich frisch zu machen. Die Vahla beantwortete zwar höflich Vanias Fragen, doch niederlassen wollte sie sich nicht. Stattdessen ließ sie Exodus und seine alte Bekanntschaft alleine an der Bar sitzen. Der Geschäftsmann zuckte schmunzelnd mit den Schultern, als wollte er Vania sagen: Du weißt ja wie Frauen sind. Aber eigentlich wusste die Blondine nichts darüber, wie es zwischen Exodus und Giselle war. Trotz einem schlechten Gefühl bei der Sache versuchte er sich nicht davon vereinnahmen zu lassen und führte den Smalltalk mit Vania locker weiter. Sie sprachen über alte Zeiten, über Zukunftspläne, Exodus erzählte ein wenig von Fresia und Vania von aktuellen Werbekampagnen, die sie organisierte. Er gab ihr seine Meinung dazu und sie erläuterte, wo sie an der kleinen Wingston Y10-Klasse, die sie selbst besaß, noch Verbesserungsbedarf empfand.
Dass etwas schief gelaufen war, sein Plan mit Giselle nicht funktioniert hatte, wurde Exodus erst wirklich klar, als Vania sich irritiert über die Tatsache äußerte, dass seine Begleiterin nicht wieder aufgekreuzt war. Und das stimmte: Sie war wirklich schon ungewöhnlich lange fort. Wenn sie nach ihrem Tanz für längere Zeit im Bad verschwunden wäre, hätte er das ja noch verstehen können. Aber bis jetzt hatte sie kaum etwas Anstrengendes getan, das ein so intensives Frischmachen rechtfertigte …
Exodus unterdrückte ein Seufzen und stellte sein Glas auf der Bar ab. Er war kein Typ, der Frauen hinterher lief, nein, wirklich nicht. Dieses Unterwürfige, das war einfach nicht sein Ding. Außerdem standen die meisten Frauen da ganz und gar nicht drauf. Auch Giselle nicht, da war er sich ziemlich sicher. Aber vielleicht hatte er es trotzdem etwas übertrieben mit seiner trotzigen Reaktion und vielleicht war Vania einen Ticken zu hübsch – und zu weiblich – gewesen. Ein männlicher Bekannter hätte womöglich eine andere Reaktion bei der Vahla hervorgerufen. Aber es half nichts. Es war nicht so, dass es ihm unbedingt Leid tat – er hatte gleiches nur mit gleichem vergolten – aber es wäre Zeitverschwendung den ganzen Abend trotzig mit einer anderen Frau als Giselle an der Bar zu sitzen. Also entschuldigte er sich knapp bei Vania und machte sich auf die Suche nach seiner Begleiterin …

Es dauerte eine ganze Weile ehe er die Vahla schließlich fand. Sie saß in einem kleineren Raum, etwas abseits vom eigentlichen Empfang und trotzdem mitten im Geschehen – an einem von Menschen umringten Spieltisch und, als wäre sie plötzlich zu einer völlig anderen Person mutiert, mit einer Zigarre in der Hand. Exodus zog überrascht die Augenbrauen hoch, als er sie dort sitzen sah, machte aber ansonsten nicht direkt auf sich aufmerksam. Stattdessen schob er sich zwischen den Schaulustigen hindurch, um einen Blick auf den Tisch zu erhaschen. Ein glatzköpfiger Croupier verteilte Sabacc-Karten an die Männer, die um den Tisch herum Platz genommen hatten - und an Giselle, die ebenfalls an dem Spiel teilnahm. Sie hatte ihn an der Bar sitzen lassen, um hier mit irgendwelchen Fremden eine Runde Karten zu spielen. Klasse.
Einen Moment lang dachte er darüber nach wieder zu verschwinden und Giselle hier ihr Ding durchziehen zu lassen. Aber andererseits: Er mochte Sabacc. Natürlich musste man dabei eine glückliche Hand bekommen, aber es verlangte auch Können, anders als die meisten anderen typischen Casino-Spiele. Exodus hatte gerne das Gefühl von Kontrolle, im Spiel wie im echten Leben.


„Ich würde gerne auch einsteigen.“

Mit einer fließenden Bewegung hatte sich Exodus an den Rand des Tisches herangeschoben und sich auf den letzten freien Platz gesetzt. Augenblicklich erschien eine kleine Projektion von Spielchip-Stapeln vor ihm auf der Tischplatte. Einen Moment später teilte der Croupier ihm Sabacc-Karten aus.

„Sehr gerne. Wir begrüßen einen weiteren Gentleman in unserer Runde.“

Der Croupier sah in die Runde und Exodus war versucht seinem Blick zu folgen, der mit Sicherheit auch die attraktive Vahla streifen würde, die zwischen den Geschäftsleuten am Tisch saß und an ihrer Zigarre zog. Doch Exodus sah nur lächelnd auf seine Karten und den Stapel virtueller Credits davor. Giselle sollte wissen, dass er hier war – aber den Eindruck, dass er sie gesucht hatte, dass er ihr hinterhergelaufen war, wollte er vermeiden. Denn so etwas tat Exodus Wingston nicht.

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Sie schaffte es, sich für ein paar Minuten völlig abzukapseln und den Abend zu genießen. Vielleicht war es eine Viertelstunde, vielleicht eine halbe. Dann war er wieder da. Er zog sich so selbstverständlich einen Stuhl unter dem Tisch hervor, wie es nur wenige Männer getan hätten. Giselle würdigte er dabei keines Blickes. Ja, sie war vor ihm davon gelaufen, vor der Anziehung, die er auf sie ausübte und vor der Entscheidung, ihn nach diesem Abend endgültig hinter sich zu lassen. Aber konnte man vor einem Mann wie Exodus Wingston überhaupt davon laufen? Fast hätte Giselle auflachen müssen. Man konnte es nicht, nicht wenn es sein Spielfeld war, auf dem man sich aufhielt.

"Giselle?"

Der Mann rechts von ihr hatte sie angesprochen. Sein Name war Zineor. Er hatte sie eingeladen in die Partie einzusteigen und ihr großzügig ein Startguthaben in Form dieser virtuellen Chips geliehen, die auf den Tischen vor jedem Spieler aufleuchteten. Sie war an der Reihe, stellte sie fest und suchte über den Tisch hinweg Exodus' Blick. Es war klar, dass er wegen ihr hier war, und es war genau so klar, dass er nicht verstehen würde, warum sie hier war. Warum sie nicht zurück zu ihm an die Bar gekommen war. Für einen Moment erwog Giselle, mit ihm darüber zu reden und ihn zu fragen, ob sie hinaus gehen wollten, doch es würde nichts bringen, nur mehr Streit und neue Vorwürfe. Der schmale Stengel der Zigarette wippte zwischen ihren Fingern auf und ab und die Glut in ihrer Spitze glomm rot auf, als Giselle am anderen Ende zog und anschließend ihren Spielzug tat. Die Runde hatte begonnen und sie vermied es, mit Exodus zu agieren. Er sagte auch nichts zu ihr. Danach spielten sie eine weitere Runde. Giselle hatte ein bisschen Gewinn gemacht - nicht viel, aber genug um Zineor zurück zu zahlen was sie ihm schuldig war und ein paar Credits übrig zu behalten. An diesem Punkt entschied sie, auszusteigen. Man sollte sein Glück nicht überstrapazieren, hatte ihr mal jemand gesagt, und sie war es ohnehin Leid, in angespanntem Schweigen die gleiche Luft zu atmen wie Exodus.

"Haben Sie noch eine Zigarette für mich?"

Fragte sie Zineor, in dem Gefühl, dass sie sie nachher noch würde brauchen können. Sie kannte den Menschen nicht, so wie sie niemanden hier kannte, aber das machte nichts. Es war ihr immer leicht gefallen, mit Fremden zu sprechen und er bestätigte ihr Talent, indem er ihr seine versilberte Schachtel hinhielt und sie wählen ließ.

"Und noch eine für den Weg."

Forderte er sie auf, sich sogar zwei zu nehmen. Giselle lächelte dankbar.

"Gute Idee. Danke."

Erwiderte sie und sah, wie Zireon sie betrachtete und dabei nachdenklich die Lippen schürzte.

"Ich glaube, ich steige auch aus."

Verkündete er, während er die silberne Zigarettendose wieder in seine Rocktasche steckte und sich - unter Protestrufen seiner Freunde - sein virtuelles Guthaben auf seinen sehr realen Credit-Stick übertragen ließ.

"Sie gehen doch noch nicht nach Hause, Giselle, oder?"

Wollte er von ihr wissen. Sie hatten sich noch keinen Millimeter von dem Kartentisch weg bewegt und Giselle spürte Exodus' Blick auf sich brennen wie Feuer. Sie zwang sich, nicht zu ihm zu sehen.

"Nein, noch nicht."

"Gut. Tanzen Sie?"

Sie zögerte. Sie konnte Exodus ein weiteres Mal entfliehen, wieder vor ihm davon laufen. Sie wollte ja gar nicht, dass er sie einfing. Nicht mehr. Ihr Verstand hatte endlich eingesetzt und begriffen, wie zwecklos es war, zu hoffen. Wenn sie nicht von selbst ging, würde er sie eines Tages los werden, sobald er ihrer überdrüssig war. Diese Demütigung wollte sich Giselle ersparen. Sie war eine freie Frau, frei zu tun was sie wollte. Sie lächelte Zireon weit an.

"Ja, ich tanze."

Antwortete sie ihm und nahm seine dargebotene Hand. Als sie gingen hatte sie das Gefühl, dass sich Exodus' Augen in ihren Rücken bohrten: zwei leuchtende, ungeschliffene Saphire, die die Dunkelheit selbst waren.

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[ Coruscant – City – Empfang von Alateen Engines – Spielzimmer | Exodus und Giselle mit vielen Gästen ]

Die Sabacc-Partien wurden für Exodus zur Nervenprobe. Ein Teil von ihm wollte das Gespräch mit Giselle aufgreifen, wollte ihr Spielzüge kommentieren, wollte ihre Nähe suchen. Aber ein anderer Teil von ihm war trotzig – und das hieß: Kein Wort, kein Blick, keine Aufmerksamkeit für die Vahla. Und sie schien es ähnlich zu halten. Sie saßen am Tisch als würden sie sich nicht kennen, ja, als würden sie sich nicht einmal sonderlich mögen. Sie beide demonstrierten Gleichgültigkeit. Doch wer genau hinsah, bemerkte wie sich Exodus‘ Augen leicht verengten, als Giselle ihren Ausstieg aus der Partie verkündete – und gleich darauf ihr geselliger Nachbar nachzog. Sein Blick blieb gegen seinen Willen an ihr kleben, als sie sich von ihrem neuen Freund eine Zigarette spendieren ließ und er schließlich fragte: Tanzen Sie?
Exodus zog unbewusst scharf die von Rauch, Schweiß und teuren Parfüms getränkte Luft ein. Der Griff um seine Karten verkrampfte – es war, als lauschte der ganze Tisch dem Gespräch zwischen der unbekannten Schönheit und ihrem neuen Verehrer. Ja, sagte sie, ja, sie tanzte. Und dann stand sie auf und ergriff die angebotene Hand von diesem Typen, dem Exodus zu seinem eigenen Ärger, nicht mal einen Namen zuordnen konnte. Irgendein Niemand, irgendein verdammter Verlierer – niemand, der sich mit ihm messen konnte, nicht mit ihm, mit Exodus Wingston. Wie von unsichtbaren Fäden geführt, zog Exodus einer Marionette gleich seinen Creditstick vom Tisch-Scanner erhob sich ebenfalls. Irgendwer am Tisch fragte höflich, ob er aussteigen wolle, doch Exodus hatte dem Spieltisch schon den Rücken zugewandt.


„Giselle.“

Seine Stimme enthielt eine merkwürdige Mischung aus Freundlichkeit und schlecht unterdrücktem Zorn. Mit wenigen Schritten hatte er zu ihr aufgeschlossen, legte ihr seine Hand auf die Schulter und zog sie mit sanftem Druck in seine Richtung. Er konnte nicht anders. Ihre Berührung würde immer wieder dieses wohlige Prickeln auslösen, sie war die Droge, von der er niemals loskommen würde. Dieser Niemand durfte nicht mit Giselle tanzen, nicht nachdem sie ihn die ganze Zeit über hingehalten hatte. Vermutlich hatte sie nie vorgehabt mit ihrem ehemaligen Chef zu tanzen. Aber sie würde – es stand ihm ganz einfach zu.

„Du hattest doch mir den ersten Tanz versprochen.“

Exodus versuchte es mit seinem charmanten unbedarften Lächeln, das ihm in Kombination mit seinem Geldbeutel stets alle Türen öffnete. Doch es lag auch etwas Drohendes in seiner Stimme. Es hieß: Wage es ja nicht …

[ Coruscant – City – Empfang von Alateen Engines – Spielzimmer | Exodus, Giselle und Zireon mit vielen Gästen ]
 
- Coruscant – City - Empfang von Alateen Engines – Mit Zireon und Exodus –

Nur wenige Schritte später hatte Exodus sie eingeholt. Giselle hörte ihn zuerst ihren Namen sagen und nur einen Herzschlag später spürte sie seine Hand auf ihre Schulter. Er musste sie wieder berühren, natürlich, musste seinen Besitz markieren. Warum nur? Warum war das nur so zwischen ihnen und was hätte Giselle tun können, damit es anders lief? Neben ihr murmelte Zireon Exodus‘ Namen und Erstaunen lag in seiner Stimme. Natürlich kannte er Exodus Wingston. Jeder hier kannte ihn.

“Ich habe dir nichts versprochen.“

Sagte sie, langsam und deutlich. Sie mochte sich nicht so fühlen, doch ihre Worte klangen klar. Sie selbst hätte sich am liebsten in einen dunklen Brunnen hinunter gestürzt, hinab in die Tiefe, nur um das Bewusstsein zu verlieren und damit den Schmerz zu betäuben. Gefühle waren ein gefährliches Pflaster. Liebe war immer ungewiss. Giselle wusste das, doch sie suchte danach, sehnte sich danach und würde es riskieren, immer und immer wieder. Was blieb ihr auch anderes übrig? Sie war schon zu lange allein. Zu Exodus hatte sie diese Verbindung gespürt. Sie hatte sich mit ihm zusammen sehen können, für immer. Doch Giselle wollte zwei Dinge, die er ihr nicht geben konnte: sie wollte, dass er sie liebte, ehrlich und bedingungslos, und sie wollte, dass er sie als gleichwertig betrachtete, als die Frau an seiner Seite und nicht als die Frau, die einen Schritt hinter ihm ging.

“So wie du mir auch nichts versprochen hast.“

Ohne dass sie es beabsichtigte, hob sie ihr Kinn ein wenig, rechte es fast trotzig in die Luft.

“So ist es doch, oder nicht?“

Giselle sah Exodus an und ihr Inneres wünschte sich, dass er ihr widersprach, dass er ihr sagte, dass es nicht so war. Allerdings wusste sie, dass er es nicht tun würde. Sie hob eine Hand und pellte seine Finger langsam von sich, dort wo die Träger ihres Kleids endeten und er ihre bloße Haut berührte.

“Und ich will nicht, dass du mich anfasst.“

Die Worten zischten aus ihr heraus wie Kohlensäure haltige Flüssigkeit aus einer Flasche, die zu lange verschlossen gewesen war und dem Druck nicht mehr Stand hielt. Neben sich spürte sie, wie sich Zireon aufzuplustern begann und wieder in ihr Blickfeld rückte.

„Sie haben die Lady gehört, Wingston.“

Sprach er wichtigtuerisch mit seiner tiefen Bass-Stimme und wedelte Exodus mit der Hand davon, bevor er nach Giselles kalten Fingern griff und sie in seine Armbeuge legte.

„Sie werden hier nicht länger gebraucht.“

Er tätschelte Giselles Handrücken und auch ohne ihn anzusehen hätte Giselle schwören können, dass er ihr vertrauensvoll zulächelte. Alles was sie jedoch sah, waren Exodus‘ Gesicht und die Umrisse zweier Gestalten, die schweigend bei den Felsen am Strand saßen.

- Coruscant – City - Empfang von Alateen Engines – Mit Zireon und Exodus –
 
[ Coruscant – City – Empfang von Alateen Engines – Spielzimmer | Exodus, Giselle und Zireon mit vielen Gästen ]

Sie hatte ihm nichts versprochen, behauptete Giselle – und er ihr nichts. Schwachsinn! Die letzte Nacht und der letzte Tag, das waren verdammte Versprechen gewesen! Ihr ganzer Aufenthalt auf Coruscant war ein Versprechen! Wieso sonst hätte sie mitkommen sollen, wenn nicht in der Aussicht, länger bei ihm zu bleiben? Die Vahla bekam von ihm, was sie begehrte – Schuhe, Kleider, all das schöne Zeug, das sie sich bisher nie hatte leisten können – und dafür bekam Exodus, was er begehrte: Giselle. Das war der Deal und sie hätten nach diesem perfekten Tag wunderbar weiter damit leben können. Warum bei der Macht musste diese Frau jetzt wieder alles zerstören?! Exodus reckte sein Kinn, ebenso wie sie ihres und gab keine Antwort.

„Giselle …“

setzte er an, um zu retten, was noch zu retten war. Doch bevor er sich die richtigen Worte zurecht legen konnte, beging die Vahla einen fatalen, einen unentschuldbaren Fehler: Sie entzog ihm nicht nur, was er am meisten besitzen wollte – sie verhöhnte ihn auch noch vor allen den Leuten, sie wollte ihn zum Gespött in den hohen Kreisen Coruscants machen. Exodus spürte ihre Worte wie eine schallende Ohrfeige: Sie wollte nicht, dass er sie berührte, als wäre er etwas abstoßendes, eine ätzende Säure. Seine Finger, die eben noch auf ihrer Schulter geruht hatten, kribbelten von ihrer wegschiebenden Berührung. Für einen Herzschlag sah er sie einfach nur an und es schlich sich eine Spur Traurigkeit in seinen Blick. Dann aber ballte er die Hand zur Faust und seine Lippen formten ein zweites Mal ihren Namen – dieses Mal ohne jede Versöhnlichkeit. Es glich einem Spucken.

„Giselle.“

Um sie herum war es erstaunlich still geworden. Man sah ihnen zu, man saugte jedes ihrer Worte auf. Typisch Coruscant. Typisch Oberschicht. Die luxuriöse Langeweile ließ sich doch immer noch am besten mit ein bisschen Klatsch vertreiben – eine Auseinandersetzung von Exodus Wingston und seiner mysteriösen Begleiterin durfte sich da niemand entgehen lassen. Giselle hatte vorgelegt. Er stand unter Zugzwang.

„Was soll der Unsinn?!“

Er sah sie abschätzig an, musterte sie demonstrativ von oben bis unten, ehe er einen Schritt auf sie zu machte und sein Gesicht so dicht vor ihres schob, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren musste. Er sprach lauter als er es angesichts dieser kurzen Distanz hätte tun müssen. Sein Gesicht war von einem bissigen Grinsen geziert.

„Letzte Nacht wolltest du meine Berührungen noch. Bin ich dir jetzt nicht mehr gut genug?

Er breitete die Arme in gespielter Ratlosigkeit aus und zuckte mit den Schultern. Dann ging er wieder auf Distanz zu ihr, seine Augen blitzten zu dem Mann an ihrer Seite.

„Lässt du dir jetzt von einem anderen die teuren Kleider und Schuhe kaufen und steigst danach mit ihm ins Bett?“

Seine Worte waren Gift und ein Teil von ihm wusste nur zu gut, dass sie nicht verdiente, was er sagte. Aber sie hatte seinen Stolz verletzt. Es sollte ihr eine Lehre sein dies nie wieder zu tun – nicht einmal darüber nachzudenken. Theatralisch mit dem Kopf schüttelnd nahm er sie wieder in den Fokus.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du so eine bist. Aber andererseits … ich habe dich damals schließlich auch kennengelernt als du in einer Bar zum Tanz aufgetreten bist.“

Ein freudloses Grinsen ließ seine Mundwinkel zucken. Er meinte irgendwo ein Lachen zu hören, aber vielleicht spielte sich das auch nur in seinem Kopf ab.

„Wer sind Sie überhaupt?“

Mit einem bewusst irritierten Blick sah Exodus zu Zireon herüber, dessen Worte er bisher vollkommen ignoriert hatte.

„Besser Sie verschwinden von hier. Das ist nicht Ihre Angelegenheit, verstanden?!“

Exodus hob drohend den rechten Zeigefinger. Es hatte eine Zeit gegeben, kurz nachdem er seinen Posten bei den Sith niedergelegt hatte und nach Coruscant zurückgekehrt war, da waren Exodus‘ Geschäftspartner häufig ängstlich ihm gegenüber aufgetreten. Man wollte sie nicht mit dem Sith-Lord anlegen, mit dem mächtigen Menschen, der angeblich so viele Leben auf dem Gewissen hatte, der keine Skrupel hegte und dessen Wort man besser Folge leistete. Dieser aufgeplusterte Niemand, der so dreist war, Giselle an seine Seite zu nehmen, schien davon noch nichts gehört zu haben. Armer Irrer. Die Vahla gehörte ihm und ihm allein. Exodus duldete nicht, dass sich jemand zwischen sie stellte. Auch wenn er sie in den Augen der Öffentlichkeit gerade zu einer Nutte degradiert hatte.

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Manchmal wünschte man sich, die Zeit zurück drehen zu können, Dinge zurück zu nehmen, die man gesagt oder getan hatte. Giselle wünschte in diesem Augenblick, zurück zu jenem Moment gehen zu können, an dem ihre Beziehung zu Exodus zu diesem seltsamen Machtspiel verkommen war. Doch wann war das wirklich geschehen? War es ungerecht von ihr zu glauben, dass es von Anfang an so gewesen sein könnte? Und doch hatte sie genau dieses Gefühl. Vielleicht hatte sie es am Anfang nur nicht so sehr gemerkt, weil sie zu geblendet war von seinem Charisma, von dem was sie wollte, das er für sie war. Dabei hatte sie zwischendurch immer wieder Zweifel gehabt, doch er hatte es immer wieder geschafft, sie um seinen Finger zu wickeln. Bis jetzt. Bis heute. Denn heute zeigte er sein wahres Gesicht.

Ihr Blick verriet Enttäuschung. Sie wagte nicht, an sich herunter zu sehen, aus Angst, ein Messer in ihrer Brust zu finden. Exodus‘ Worte waren schärfer gewesen als jede Klinge, die sie je in Händen gehalten hatte. Die Krieger ihres Stammes schärften ihre Waffen, bevor sie auf die Jagd gingen. Giselle hatte ihnen oft dabei zugesehen, wie sie den glänzenden Stahl mit speziellen Steinen bearbeiteten, doch sie töteten nur, was sie zum Überleben brauchten. Sie jagten nicht aus Vergnügen, oder zum Sport und sie verletzten die Tiere nicht, weil sie es konnten, sondern weil sie es mussten. Warum tat Exodus es? Warum verletzte er sie? War es, weil er ein Krieger war und kein Jäger? War das der feine Unterschied? Sie spürte die Blicke der Umstehenden auf sich, als seine Worte in der darauffolgenden Stille verhallten und realisierte, dass sie niemand war, hier in dieser Gesellschaft. Exodus konnte sich alles erlauben. Er war der Mann.


„Mr. Wingston, ich muss doch sehr bitten…“

An ihrer Seite unternahm Zireon einen schwachen Versuch, seine Würde zu bewahren, doch seine Worte verpufften in Exodus‘ Schatten und Giselle verstand sehr gut, warum das so war. Jeder einzelne der hier Anwesenden fürchtete sich davor, sich mit ihm anzulegen. Wahrscheinlich wussten sie alle darüber Bescheid, wer Exodus einmal gewesen war, nicht so wie Giselle, die lange Zeit keine Ahnung gehabt hatte. Und selbst wenn nicht, er war der Vizepräsident der Wingston Corporation. Allein das musste ausreichen, um seine Autorität zu unterstreichen. Wer wollte es sich schon mit ihm verscherzen?

“Nennst du mich eine H'ure?“

Giselles Stimme klang beherrscht. Vielleicht war sie die Einzige hier, doch sie hatte keine Angst vor Exodus, hatte nie Angst vor ihm gehabt, selbst als er ihr sein dunkelstes Geheimnis anvertraut hatte, nicht. Herausfordernd machte sie einen Schritt auf ihn zu.

“Warum traust du dich nicht, es direkt auszusprechen?“

Sie sah sich um. Jeder schien ihnen zuzusehen, sie waren das Highlight des Abends geworden. Giselle aber war egal, herzlich egal, was die Leute dachten. Sie war doch immer alleine gewesen, nie lange an einem Ort geblieben. In ihrem Leben war ihr bisher nur die Meinung von wenigen wichtig gewesen und einer davon war Exodus gewesen. Scharfer Wind pfiff und wendete das Blatt, ehe sie Unterschlupf suchen konnten und Giselle fühlte sich alleine zurück gelassen im Sturm. Die Zeit, in der Exodus sie rettete und schützend seinen Arm um sie legte, war eindeutig vorbei. Er hatte nicht bekommen was er wollte, wieder einmal, und dafür bestrafte er sie. Auch das hatte er schon einmal getan.

“Aber weisst du was? Es ist die Wahrheit. Traurig, nicht wahr?“

Giselle Givenchy zuckte mit den Schultern, ihre Stimme zitternd im Aufkeimen der Tränen. Nein, sie durfte nicht weinen, nicht vor ihm. Es geschah nur sehr selten, dass sie sich verlor, dass ihre Emotionen sie überwältigten und sie sich hinreißen ließ Dinge zu sagen, die ihr Verstand ihr unter normalen Umständen verboten hätte. Meistens hatte sie sich unter Kontrolle. Streitereien mochte sie nicht. Von Zeit zu Zeit jedoch war selbst sie machtlos. Wenn der Schmerz zu groß war, ging es nur darum, ihn zu lindern und wenn es nur für kurz war. Entschlossen biss sich Giselle auf die Lippen. Das Einschneiden ihrer Zähne schmerzte, doch sie weigerte sich, vor ihm zusammen zu brechen und unter seinen Augen zu weinen. Sie wusste nicht, was schlimmer war, die Kaltherzigkeit in seinem Blick, oder die Leere in ihrem Inneren.

“Gut, dass du dafür gesorgt hast, dass es jetzt jeder hier weiss. Jeder. Und morgen früh wird ganz Coruscant wissen, dass Exodus Wingston sich eine schmutzige, verdammte H'ure ins Bett geholt hat, weil das der einzige Weg ist, wie er eine Frau langfristig an sich binden kann: mit seinem Geld!"

Unter der Wucht ihrer Worte glitzerte es verräterisch in Giselles Augen. Jemand schnappte hörbar nach Luft und sie trat wieder einen Schritt zurück. Halb blind vor Wut und verletzten Gefühlen sah sie sich nach dem Mann um, der mit ihr hatte tanzen wollen, Zireon, ihr vierleicht einziger Rettungsanker in einem Meer fremder Gesichter, die alle mit dem Strom der Wingstons schwammen.

"Ich gehe jetzt mit ihm."

Zischte sie in Exodus' Richtung, obwohl sie den Mann, dessen Arm sie jetzt umklammerte, nicht im entferntesten kannte. Sie wusste nicht, ob er verheiratet war, Familie hatte oder sogar mit einer anderen Frau hier war. Es war ihr aber auch egal. Für das, was sie als nächstes sagen würde, spielte es keine Rolle. Es ging nur noch darum Exodus genau dort zu treffen wo er sie getroffen hatte. Damit er wusste, wie sich das anfühlte. Damit ihr eigener Schmerz für ein paar Minuten verschwand, überlagert durch Genugtuung, dass sie vielleicht ihm weh getan hatte.

"Zireon nimmt mich mit zu sich nach Hause, mit in sein Bett, und weisst du was? Ich werde mit ihm schlafen, die ganze verdammte Nacht lang."

Ob er wollte oder nicht, inzwischen war Zireon zu einer der Hauptfiguren in Exodus' und Giselles Konfrontation geworden. Alle Augen schienen auf ihm zu ruhen und Giselle fühlte seinen steifen Arm unter ihrer Hand. Sie war hier fertig - fast.

"So lange, bis ich mich nicht mal mehr daran erinnere, wie du dich in mir angefühlt hast."

Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wusste er jetzt, wie sie sich fühlte? Er hatte ihr Herz gebrochen, sie erniedrigt und gedemütigt. Für ein paar Sekunden zwang Giselle sich, seinem Blick stand zu halten. Dann wollte sie sich abwenden, denn hier gab es endgültig nichts mehr für sie.

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Jahrelang hatte Exodus die Stimme ignoriert, versucht sie zu überhören und in die tiefsten Winkel seines Hinterkopfes zu verbannen. Ganz gegangen war sie nie und würde es vermutlich auch nicht mehr. Zu lange hatte er auf sie gehört und sich von ihr führen lassen und zum Dank hatte sie ihn zu einem mächtigen Mann gemacht. Bis er eines Tages beschlossen hatte, dass es damit vorbei war. Seit er Bastion verlassen und Coruscant betreten hatte, herrschte ein Kampf in seinem Inneren und es war kein leichter Kampf – doch er hatte gut gekämpft. Die Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, ein Hauchen, das zwar versuchte ihn zu umgarnen, aber keine Kraft mehr über ihn hatte.
Bis zu diesem Moment.

Jedes Wort von Giselle war ein Messerstich und jeder Stich ließ die Stimme lauter und Exodus‘ Abwehr schwächer werden. Es war Jahre her, dass er sie so kräftig und so deutlich gehört hatte. Und dass er auf sie hörte. Doch irgendwo in seinem Kopf brannte eine Sicherung durch, die seine Barrieren lahmlegte. Und es war Giselles Schuld. Ganz allein ihre Schuld. Er wusste es, denn er spürte den Impuls ihr eine gerechte und maßregelnde Ohrfeige zu verpassen. Sie war zu weit gegangen. Seine rechte Hand ballte sich zur Faust und sein Körper spannte sich an – aber die Stimme sagte ihm, dass er warten musste. Dass er dieses Spiel langsam spielen musste. Exodus bewegte sich mit gespenstischer Ruhe auf Giselle zu, die sich an ihren neu auserkorenen Bettgefährten klammerte. Zireons, so war sein Name. Exodus schenkte ihm weiterhin keine Beachtung, sondern hob stattdessen seinen linken Zeigefinger. Mit einer Berührung, die unter anderen Umständen zärtlich hätte wirken können, strich er über Giselles Kinn und schob es dann langsam hoch, sodass sie ihm besser in die Augen sehen konnte. Sie wollte mit Zireon schlafen, hatte sie gesagt – die ganze Nacht, so lange bis sie Exodus vergessen hatte. Bis sie vergessen hatte, wie er sich anfühlte.


„So, wirst du das?“

fragte er mit harter Stimme und legte den Kopf schief, während er gedankenverloren über die zarte Haut ihres Kinns strich.

„Du wirst mit ihm schlafen, die ganze Nacht durch, bis du mich vergessen hast?“

Sein Finger löste sich von ihrem Kinn und selbst in diesem Moment kam ein Teil von ihm nicht umhin, das angenehme Prickeln zu bemerken, dass die Berührung bei ihm hinterließ. Langsam schwenkte sein Blick von Giselle zu Zireon, der sich so heldenhaft neben ihr aufgebaut hatte und der jetzt versuchte Exodus‘ kaltem Augenpaar Stand zu halten. Dieser Mann würde also mit seiner Giselle schlafen? Dieser Mann glaubte, er konnte ihm diese Frau einfach so wegnehmen?! Exodus hatte sich Giselle verdient – sie gehörte ihm. Und nur ihm.

„Bist du dir sicher, dass du das tun wirst?“

Seine Stimme glich dem Zischen einer Schlange, als er noch einmal zu der Vahla hinübersah. Mit der Linken packte er plötzlich Zireons Kragen und zerrte ihn mit einem heftigen Ruck von Giselle weg. Dann schlug er zu. Und die Stimme in seinem Kopf frohlockte.
Zireons Nase brach mit einem unschönen Knacken fast augenblicklich und tränkte seinen Aufschrei in eine große, sich über sein ganzes Gesicht ergießende Blut-Fontäne. Die Beine versagten ihm den Dienst, doch Exodus erlaubte nicht, dass sich dieser Abschaum von einem Mann auf den Boden begab. Immer noch fixierte er Giselle und seine Nüstern blähten sich wütend auf.


„Mit diesem Mann willst du also schlafen? Vielleicht ist er dazu ja gar nicht mehr in der Lage!

Wieder schlug er zu. Das Blut aus Zireons gebrochener Nase spritzte Exodus entgegen und benetzte den Kragen seines weißes Hemds mit feinen roten Flecken.

„Vielleicht hast du dir alles etwas zu einfach vorgestellt?!“

Irgendwo hörte Exodus jemanden nach der Security rufen. Manche der Umherstehenden hatten angefangen zu schreien und wild umher zu laufen, anderen sahen wie versteinert zu. Exodus beachtete sie nicht und senkte die Stimme:

„Du gehörst zu mir Giselle.“

„EXODUS WINGSTON!“

schallte es ihm plötzlich entgegen und drei Männer in schicken Uniformen erschienen in seinem Blickfeld. Sie richteten Blaster auf ihn. Der größte und älteste von ihnen hatte anscheinend gerufen und sah ihn grimmig an.

„Sie verschwinden jetzt besser von hier!“

brachte er heraus, ohne sich jedoch auf sein Gegenüber zuzubewegen. Sie alle wussten, wer Exodus Wingston früher einmal gewesen war – und dass ihn offenbar ein Teil davon immer noch beherrschte, vielleicht auf ewig beherrschen würde. Der Angesprochene hob kaum merklich den Kopf und ließ dann Zireons Kragen los, sodass dieser wie ein nasser Sack zu Boden fiel. Exodus vernahm ein leises Wimmern zu seinen Füßen.

„Ich wollte sowieso nicht länger bleiben.“

erklärte Exodus und schnaubte. Cedon Alateen war erschienen, mit diesen lächerlich blauen Haaren und sah seinen Gast wortlos und mit einer Mischung aus Abscheu und Angst an. Der geplante Deal war dann wohl gelaufen. Das war der Preis dafür, dass man eine Party ruinierte. Mit einem großen Schritt stieg Exodus über den am Boden liegenden Zireon hinweg und ging auf die drei Sicherheitsmänner zu, die ihre Blaster erhoben hielten, aber langsam vor ihm zurückwichen. Exodus ließ sich von ihnen flankieren und ging einige Meter durch die sich teilende Menge. Plötzlich blieb er stehen und drehte sich auf dem Absatz herum.

„Giselle!“

Er sah zu der Vahla zurück und musterte sie – doch in Wahrheit sah er durch sie hindurch, konnte sie gar nicht in ihrem eigentlichen Wesen erfassen. Nicht in diesem Moment. Nicht mehr.

„Kommst du?“

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- Coruscant – City - Empfang von Alateen Engines – Mit Zireon und Exodus –

Um sie herum begann alles zu schreien. Die angespannte Stille war einem plötzlichen Aufruhr gewichen und Giselle war, als befände sie sich inmitten einer Schlangengrube. Sie wusste nicht mehr, wo der Ausgang war und wo sie die Luft zum Atmen her nehmen sollte. Überall waren Menschen, Körper an Körper, einer nicht vom anderen zu unterscheiden. Wer war Freund und wer Feind? In der Aufregung, die die Gäste erfasst hatte, wurde Giselle leicht zur Seite gedrängt. Sie stand wie eine unbewegliche Statue, ihr Blick fixiert auf den Mann, der das Chaos verursacht hatte. Exodus Wingston stand etwa zwanzig Schritte entfernt von ihr und es war noch zu nah. Die Security wartete noch immer darauf, dass er den Saal verließ, doch er wartete darauf, dass Giselle ihm folgte. Wie konnte er annehmen, nach allem was er gerade getan hatte, dass sie das tun würde? So etwas wie Abscheu kroch in Giselles Blick, dann drehte sie sich abrupt um und sah zu Zireon. Er lag in seinem eigenen Blut auf dem Boden. Sie spürte, wie ihr Atem schnell ging. Am liebsten wäre sie auf und davon gerannt. Wäre sie doch nie nach Coruscant gekommen. Es sah schlimmer aus, als es wahrscheinlich war. Um Zireon herum hatte sich eine neugierige und sicherlich auch besorgte Traube von Menschen gebildet. Langsam ging Giselle neben ihm zu Boden, als er sich gerade hoch kämpfte.

"Zireon, geht es einigermaßen?"

Ihre Stimme war viel leiser, als sie beabsichtigt hatte. Sie klang zurückhaltend, und schuldig.

"Vielleicht wartest du mit dem Aufstehen, bis die Ambulanz mit einem Medi-Droiden da ist."

Trotz dass ihr Vorschlag behutsam kam, funkelte Zireon sie wütend an. In Blut und Schweiss getränkt klebten ihm seine Haare in der Stirn. Er hatte plötzlich etwas Bedrohliches an sich, etwas Gefährliches und Giselle wich instinktiv vor ihm zurück.

"Du billiges Flittchen..."

Sprach er sie an. Es war eine Anklage.

"Komm mir nie, nie wieder unter die Augen."

Wahrscheinlich hatte er jedes Recht, sie zu hassen. Giselle begriff, dass er genau das tat. Er hätte als Sieger aus dem Streit hervor gehen können, als der Mann, der Exodus Wingston seine Frau abgeluchst hatte und wenn es nur eine H'ure war. Das aber hatte Exodus nicht zugelassen und stattdessen aus dem Nebendarsteller einen Verlierer gemacht. Zireon war der Mann, dem Exodus Wingston die Nase gebrochen hatte. Warum sollte er noch etwas von Giselle wollen? Wäre sie nicht gewesen, wäre das alles nie passiert.

"Es tut mir Leid."

Sagte sie aufrichtig. Sie wusste, dass es ihre Schuld war. Es war immer ihre Schuld. Weil Giselle die Gesetze der Ältesten gebrochen hatte, hatte eine alte Frau sterben müssen und Ke'taki hatte sein Augenlicht verloren. Dass sie mit einem Mann geschlafen hatte, der ihr Leben gerettet hatte, hatte ihre Ehe mit Morten zerstört. Sie hatte dem Mann, den sie liebte die Stirn geboten und er hatte einen anderen Mann dafür geschlagen. Es war immer Giselles Schuld. Jedes Mal.

"Hau ab!"

Zireon spuckte ihr Blut entgegen. Er wollte sie nicht länger um sich haben. Das konnte sie verstehen. Sie spürte die vielen feindseligen Blicke auf sich. Es war Zeit für sie zu gehen. In einer Gesellschaft, in der Giselle ein Niemand war, ohne einen mächtigen Namen, ohne Geld oder Ruhm und ohne das Blut, das sie menschlich und damit zu einer von ihnen machte, würde sie niemals willkommen sein. Sie entfernte sich langsam, erst zögerlich, dann schneller. Klackernd bewegte sie sich in den Schuhen, die Exodus ihr geschenkt hatte, quer über das Tanzparkett und durch den Saal hindurch nach draußen. An der Garderobe holte sie ihre wärmende Stola ab, ebenfalls ein Geschenk von Exodus, doch sie zog sie nicht an. Sie trug sie mit sich nach draussen in die kühle, feuchte Nacht Coruscants, wo der kalte Wind ihre nackten Arme peitschte wie ein Strafmaß das sie erdulden musste. Ea gab keinen Ort, an den Giselle gehen, keinen Wald, in den sie sich flüchten konnte. Der Großstadtdschungel war ihr fremd. Sie atmete die Nachtluft ein, schmutzig und schwer von Gasen, doch nichtsdestotrotz erfrischend, und ließ ihren Blick sinken, bis sie ihn sah. Exodus war noch dort, stand neben dem Gleiter, mit dem sie gekommen waren. Er sah aus, als hätte er nur auf sie gewartet. Langsam bewegte sich Giselle auf ihn zu, jeder Schritt eine mühsame Entscheidung.

"Das hättest du nicht tun sollen."

Sagte sie leise, als sie direkt vor ihm stand.

"Er hatte dir nichts getan."

Wortlos öffnete Exodus die Tür für sie und Giselle stieg ein.

- Coruscant – City - Gleiter - Mit Exodus –
 
[ Coruscant – City – Empfang von Alateen Engines – vor dem Gebäude | Exodus und Giselle ]

Es war klar gewesen, dass sie kam, denn es gab keinen Ort an den sie ansonsten hätten gehen können – also hatte Exodus bei seinem Chauffeur gewartet. Die Security-Leute waren wirklich emsig damit gewesen, ihn aus dem Gebäude zu vertreiben und so hatte er nur noch sehen können, wie Giselle mit dem am Boden liegenden Zireon einige Worte gewechselt hatte. Letzterer hatte seiner vorher noch so bravourös gespielten Beschützerrolle wohl doch nicht mehr gerecht werden können – oder wollen. Keine Überraschung für Exodus. Diese Männer der Upper Class waren häufig so. Sie scherten sich nicht um die Frauen, mit denen sie das Bett teilten. Exodus war da anders. Wäre er wie Zireon, hätte er sich gleich auf den Weg zum Wingston Tower gemacht und sich nicht darum gekümmert, wo Giselle in der Nacht unterkommen würde. Aber die Vahla konnte nirgendwo hin, sie kannte niemanden und sie besaß kein Geld. Er konnte sie nicht hier zurücklassen, so ganz allein – er war schließlich kein Unmensch. Nichtsdestotrotz hielt sie es für angebracht ihn zu maßregeln, als sie schließlich nach draußen trat. Exodus erwiderte nichts. Die Stimme in seinem Hinterkopf schwieg in seliger Befriedigung und ein Teil von ihm wusste, dass er ihr niemals hätte nachgeben dürfen. Doch das hieß noch lange nicht, dass er ihr gegenüber eine Schuld eingestehen würde. Stattdessen öffnete er seiner Begleiterin wortlos die Tür zum Speeder und ließ sie auf die bequeme Rückbank rutschen, ehe er ebenfalls einstieg.

„Nach Hause bitte.“

wies er den Piloten knapp an und kurz darauf setzten sich in Bewegung. Exodus sah aus seinem Fenster und auf das pompöse Gebäude, das sie hinter sich ließen. Irgendwer hatte die Story mit Sicherheit schon an einen guten Kontakt bei der Klatschpresse weitergegeben und morgen würden sie alle darüber im Holonet lesen können. Vermutlich mit bewegten Bildern der Security-Kameras. Ein schöner Schlamassel. Sein Vater würde davon ganz und gar nicht begeistert sein, von aktuellen und potentiellen Geschäftspartnern einmal abgesehen. Exodus unterdrückte ein verärgertes Seufzen und schüttelte unmerklich den Kopf. Es wäre so leicht zu vermeiden gewesen. So leicht!

„Warum hast du nicht einfach mit mir getanzt?“

In seiner Stimme mischten sich Bedauern und Ärger. Er hatte auch nicht gewollt, dass es so weit kam. Aber Giselle hatte ihn dazu gezwungen. Sie war manchmal so egoistisch! Sie dachte nicht daran, wie viel es ihm bedeutet hätte mit ihr zu tanzen, wie sehr er sich diesen schönen Abend gewünscht hatte. Er hatte ihr die Welt zu Füßen gelegt – doch sie hatte beschlossen, dass sie diese Welt nicht wollte. Nachdenklich rückte er sich den blutbespritzten Kragen zurecht und löste dann seinen Blick von den Leuchtreklamen, Werbetafeln und Speeder-Scheinwerfern, die Coruscants Nächte ruhelos beleuchteten um zu Giselle zu sehen.

„Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass dich ein anderer Mann haben soll, weißt du.“

Seine Stimme klang weicher als vorher und wie zur Versöhnung schob er seine Hand über das glatte Leder der Rückbank zu ihr hinüber, jedoch ohne Giselle direkt zu berühren. Sie brauchte die angebotene Hand nur zu ergreifen und er würde vergessen, was heute geschehen war. Morgen konnten sie einen zweiten Anlauf zum perfekten Abend starten.

[ Coruscant – City – Gleiter | Exodus und Giselle ]
 
- Coruscant – City - Gleiter - Mit Exodus –

In manchen Situationen verspürte man den Drang, Dinge zu tun, die man nicht konnte: Zurück in ein brennendes Haus zu laufen, weil noch eine Familie in den Flammen ums Überleben kämpfte, eine andauernde Besprechung zu verlassen, weil das Thema zu Tode langweilte, oder aus einem fahrenden Gleiter hinaus zu springen, weil man zu dicht neben dem Mann saß, mit dem man nicht mehr zusammen sein wollte. Am liebsten wäre Giselle gewesen, Exodus hätte gar nichts gesagt. Sie wollte nicht mit ihm sprechen oder sich seine Version der Geschehnisse anhören. Sie waren beide dort gewesen, er hatte den Mann geschlagen, weil er wütend gewesen war, weil Giselle nicht getan hatte, was er von ihr verlangt hatte. Was gab es da noch zu reden? Sie verzog das Gesicht, als er sie direkt fragte, warum sie nicht mit ihm getanzt hatte - und damit indirekt zugab, dass genau das der Auslöser von allem gewesen war - und schob, als sie nicht direkt antwortete, hinterher, er könne den Gedanken nicht ertragen, dass sie mit einem anderen Mann zusammen sein könnte. Es war wie ein Hieb vor die Brust, wie ein dumpfer Schlag seiner Faust, jedoch nicht die selbe, die Zireon die Nase gebrochen hatte. Im gleichen Moment bewegte sich seine Hand über das dunkle Leder des Sitzes hinweg auf sie zu. Giselle zog ihre weg.

"Du kannst es nicht ertragen?"

Fragte sie zurück und seine Worte gruben neue, tiefe Gräben durch die Berge aus Lehm und Erde, die zwischen ihnen waren. Was also war das Problem gewesen, der nicht statt gefundene Tanz oder Zireon, oder beides? Vermutlich beides. Exodus war eifersüchtig gewesen.

"Und weil du es nicht ertragen konntest, mich mit Zireon zu sehen, hast du mich vor allen Leuten eine Frau genannt, die für Geld mit Männern schläft und den Mann, der zufällig bei mir war, zusammen geschlagen?"

Sie schüttelte den Kopf. Die Ereignisse schienen fast nicht real, doch es bedurfte nur eines kurzen Blickes auf Exodus' blutbeflecktes Hemd um zu wissen, dass es tatsächlich geschehen war.

"War das deiner Meinung nach eine angemessene Reaktion?"

Obwohl seine Antwort sie ehrlich interessiert hätte, war ihre Frage zu Teilen rhetorisch. Exodus sah sich im Recht. Täte er das nicht, hätte er sich schon längst entschuldigt. Er wirkte nicht wie jemand, mit dem die Taun-Tauns durchgegangen waren und der seine Überreaktion bald darauf bereute. Nein, Exodus hatte die ganze Zeit fast teuflisch kontrolliert gewirkt. Er wusste genau, was er tat.

"Ich habe nicht mir dir getanzt, weil es genau das war, was du wolltest. Weil du immer alles haben musst was du willst und nie akzeptierst, wenn jemand Nein sagst. Genau so war es doch vorhin."

Giselles Stimme zitterte leicht, getränkt in allen Emotionen der vergangenen Stunde. Der Exodus, der neben ihr saß, wie konnte der der gleiche Mann sein wie der Exodus, der sie auf Fresia aus den Fluten gerettet und sie über den Strand getragen hatte? Lag es an diesem vermaledeiten Planeten, an Coruscant? Es wäre tröstlich gewesen, die Schuld dorthin zu schieben und eine Erklärung zu haben, doch Giselle wusste, dass es eine Lüge gewesen wäre. Er war auch auf Palm Island schon so gewesen, an dem Morgen als sie ihm gesagt hatte, sie wolle kein zweites Mal mit ihm schlafen. Jener Tag war ein Vorgeschmack dessen gewesen, was unter seiner Oberfläche lauerte.

- Coruscant – City - Gleiter - Mit Exodus –
 
[ Coruscant – City – Gleiter | Exodus und Giselle ]

Exodus musste sich zwingen tief durchzuatmen um Ruhe zu bewahren. Es brachte nichts hier im Gleiter eine Szene zu machen, nur weil Giselle sich so uneinsichtig aufführte. Ihre Darstellung irritierte ihn und auch, dass sie ihre Hand von ihm wegzog. Es war nur eine winzige Bewegung, aber sie entging ihm nicht. Das Friedensangebot war sie nicht bereit anzunehmen – kindisch und dumm, aber typisch für sie. Giselle mochte den Konfrontationskurs. Vielleicht lag es in den Genen der Vahla oder es gefiel ihr schlichtweg ihren eigenen Kopf durchzusetzen. Er wusste es nicht.

„So war es nicht.“

korrigierte er sie. Exodus ließ seine Hand noch immer zwischen ihnen liegen und trommelte jetzt ungeduldig mit den Fingern auf dem weichen Leder der Rückbank.

„Du bist weggelaufen, obwohl ich getan habe, was du von mir verlangt hast – du wolltest nicht tanzen, sondern dich unter die Leute mischen. Das habe ich akzeptiert.“

Er sah sie nicht an, weil er es leid war die Ablehnung in ihrem Gesicht zu lesen. Stattdessen fixierte er wieder die leuchtenden Punkte draußen in der Dunkelheit.

„Dann hast du dich dem Sabacc-Spiel mit den Männern angeschlossen. Ich habe ewig gebraucht, bis ich dich gefunden habe. Denn, ja, ich habe dich gesucht!“

Exodus stieß ein Seufzen aus. Eigentlich hatte er ihr nicht den Eindruck vermitteln wollen ihr hinterher zu laufen, es hatte etwas unterwürfiges, das Exodus um jeden Preis vermeiden wollte – aber wenn sie es wagte von unangemessenen Reaktionen zu sprechen, dann kam er nicht umhin genauer darauf einzugehen, was sie sich heute Abend alles geleistet hatte.

„Von dort bist du geflüchtet, nachdem ich dazu kam. Und nicht nur das: Du hast mich bewusst provoziert. Du wolltest nicht mit mir tanzen, aber diesem Niemand hast du den ersten Tanz sofort zugesagt. Du wusstest, dass ich es höre. Dass ich höre, wie du ihm verliebt ins Ohr säuselst!“

Sein Kopf ruckte zu ihr herum und er blinzelte sie finster an.

„Ich habe versucht deine Aufmerksamkeit zu erlangen und das Problem zu klären, aber du hast mich vor allen Leuten blamiert. Fass mich nicht an, hast du gesagt. Als wäre ich irgendein Abschaum! Das war wie ein schallende Ohrfeige.“

Exodus sah sie einen Augenblick lang einfach nur an und schüttelte schließlich den Kopf.

„Denkst du dabei eigentlich irgendwann mal daran, wie ich mich damit fühle?!“

Seine Stimme war unbewusst lauter geworden und seine rechte Hand ballte sich zur wütenden Faust.

„Ich tue alles für dich, Giselle. Alles!“

Er stieß ein wütendes Schnauben aus und ließ seine Hand wieder auf das weiche Leder sinken.

„Aber ich bekomme nichts zurück.“

Langsam schwenkte sein Blick wieder hinaus in die Dunkelheit und Exodus schürzte unzufrieden die Lippen. Seine Stimme war wieder leiser geworden, sodass man glauben konnte eine Spur Traurigkeit darin zu erkennen.

„Und deshalb war das Maß einfach voll.“

[ Coruscant – City – Gleiter | Exodus und Giselle ]
 
- Coruscant – City – Gleiter – Mit Exodus –

Sie wünschte, er hätte nichts gesagt. Exodus hatte ihr dargelegt, in seiner abstrusen Sicht der Dinge, wie sich der Abend aus seiner Perspektive entwickelt hatte. Natürlich war Giselle darin die Schuldige, natürlich hatte sie alles falsch gemacht. Sie fragte sich, ob er das, was er ihr erzählte, eigentlich wirklich glaubte, oder ob er es nur für sie so formulierte. Sie vermutete Letzteres, glaubte, dass er sie bestrafen wollte, zum einen dafür, dass sie nicht gemacht hatte was er wollte und zum anderen, dass sie es mit einem anderen Mann gegangen war. Warum störte ihn das so? Warum war er auf einmal so besitzergreifend? Zwischen ihnen gab es keine Verständigung. Sie waren kein Paar und würden niemals eines sein. Giselle verstand das jetzt mehr denn je zuvor.

“Tut es dir überhaupt in irgendeiner Form Leid?“

Wollte sie wissen, denn er hatte die Gewalt gegenüber Zireon nicht mit einer Silbe erwähnt. In Giselles Stamm, dort von wo sie verbannt war, war es nicht ungewöhnlich für Männer, ihre Auseinandersetzungen im Kampf beizulegen, doch solche Begegnungen erfolgten nach vorheriger Vereinbarung, unter Bedingungen auf die man sich geeinigt hatte und die für beide Beteiligten akzeptabel waren. Wich jemand von dieseln Regeln ab, konnte das bedeutende Konsequenzen haben. Die Ältesten verboten jede Art unfairer Gewalt untereinander. Jeder Clan war eine Einheit und funktionierte nur als Ganzes und es ging gegen die Ehre, jemanden anzugreifen, der nicht darauf vorbereitet war. So etwas wie Exodus getan hatte, aus blinder Wut einen anderen Mann anzugreifen, wäre dort undenkbar. Jemand wie er wäre bestraft worden, mit dem Verlust seiner Hand oder seines Augenlichts. Mit etwas Glück hätte er zwischen beidem wählen dürfen. Es war nicht das erste Mal, dass Giselle dachte, dass ihre Welten zu verschieden waren. Was wusste sie schon über Coruscant? Man hatte Exodus zwar der Veranstaltung verwiesen, doch Giselle war nicht sicher, ob ihm noch weitere Konsequenzen drohen würden.

“Wahrscheinlich nicht.“

Gab sie die Antwort selbst. Sie wandte den Blick ab, so wie er es getan hatte und schaute aus dem Fenster des Gleiters hinaus auf die andere Seite, jene Seite die er nicht sehen konnte. Sie wollte nicht noch mehr hören und sie war des Streitens müde, auch wenn es viele Dinge gab, die sie ihm gerne gesagt hätte. Ein Teil von ihr, wach und lebendig, wollte auf die Vorwürfe reagieren, die er ihr machte, wollte ihm sagen, dass er sie verletzt hatte und ihm klar machen, dass er sie nicht zu maßregeln hatte. Doch dieser Teil in ihr, der gerne mit ihm um Recht und Wahrheit gerungen hätte, war nur sehr klein. Viel größer war ihr Wunsch nach Frieden, nach Ruhe und nach einem Ende dieser anstrengenden Was-auch-immer-es-war mit Exodus – denn es war keine Beziehung und auch keine Freundschaft mehr.

“Weißt du was?“

Sprach sie ihn stattdessen an und ihre Stimme war beherrscht. Captain Fay, der Kommandant der War Blade, hatte einmal zu ihr gesagt, ihre unübertroffene Ruhe wäre ihr wertvollste Eigenschaft. Vielleicht war daran tatsächlich etwas Wahres. Vielleicht sparte sich Giselle ihre Kraft auf, indem sie sie nicht für sinnlose Streitereien verschwendete.

“Denk, was du möchtest. Ich habe gehört, was du zu sagen hattest. Jeder hat es gehört. Aber ich möchte nicht weiter darüber sprechen... und ich muss mich auch nicht vor dir rechtfertigen."

Giselles Stimme verklang in der Dunkelheit, als Coruscant vor ihrem Fenster verschwand und sie überrascht wahr nahm, dass sie den Wingston Tower bereits erreicht hatten und in die Tiefgarage gefahren waren, von wo aus sie gleich den Turbolift zum Penthouse nehmen würden. Noch ein kleines Stück weiter und der Gleiter kam zum Stehen. Ohne zu warten, öffnete Giselle die Türe auf ihrer Seite und stieg aus.

- Coruscant – City – Wingston Tower – Garage – Mit Exodus –
 
[ Coruscant – City – Wingston Corp. – Tiefgarage | Exodus und Giselle ]

Sie wollte nicht weiter darüber sprechen. Gut. Exodus war ebenso wenig daran gelegen, das Thema noch weiter auszubreiten, denn es sorgte nur für schlechte Stimmung. Und dass Giselle nichts weiter erwiderte und eine Rechtfertigung sogar bewusst ablehnte, bedeutete außerdem, dass sie wusste, keine gute Paroli mehr bieten zu können. Er hatte sie entlarvt und das war ihr nur allzu bewusst. Sie musste doch selbst einsehen, wie egoistisch sie sich verhalten hatte – aber ihr Stolz verhinderte nun das zuzugeben. Exodus zog die Augenbrauen hoch, als sie als erste den Gleiter verließ, doch er folgte ihr ansonsten reaktionslos. Dieses Mal wartete kein großes Empfangskomitee und so konnten die beiden wortlos und unbeachtet das Gebäude betreten. Während sie der Turbolift in die Spitze des Wingston Towers brachte, dachte Exodus darüber nach, wie der Abend im Penthouse weiter verlaufen konnte. Eine große Aussprache erwartete er nicht mehr. Sie beide hatten ihren Standpunkt klar gemacht und Giselle hatte sich danach geschlagen gegeben. Vielleicht entschuldigte sie sich noch bei ihm, vielleicht auch nicht. Am besten war es vermutlich die Sache einfach nicht weiter zu erwähnen, sondern das Beste aus diesem gebrauchten Abend zu machen. Irgendetwas nettes, einen Holo-Film schauen zum Beispiel, war sicherlich noch möglich.

„Da wären wir.“

murmelte Exodus überflüssigerweise, als der Turbolift anhielt und sich die Türen zum Penthouse öffneten. Die Wohnung war verlassen, was Exodus zwar wunderte, aber gleichzeitig sehr begrüßte. Fragen seines Vaters oder seiner Halbschwester zum Verlauf des Abends würden jetzt nicht unbedingt helfen die Stimmung zu lockern. Giselles Schuhe klackerten auf dem Parkett, als sie das Wohnzimmer betraten. Exodus zog sich das Jackett aus und warf es lässig über die Lehne des Sofas, griff dann nach der Fernbedienung für das Holovision, aktivierte es kurzerhand und verschwand dann in Richtung der Küche.

„Möchtest du etwas trinken?“

rief er Giselle über die Schulter zu, während er bereits das Weinregal ansteuerte und eine Flasche herauszog. Dazu beförderte er zwei Weingläsern aus den Schränken, obwohl – oder vielleicht gerade weil – er noch sehr gut wusste, was die Vahla beim letzten Mal damit angestellt hatte. Mit der Flasche und den beiden Gläsern in den Händen trat er seinen Rückweg an. Das Bild des Holovision flimmerte mittlerweile gegenüber der Couch an der Wand, doch Exodus konnte es nicht sofort sehen, als er den Raum betrat. Er sah Giselle flüchtig an, deren Blick sich offenbar an die bewegten Bilder des Holo-Senders geheftet hatten. Exodus stutzte und trat weiter in den Raum hinein, um sehen zu können, was dort gezeigt wurde. Ein bekanntes Lifestyle-Magazin, mit den neusten Nachrichten aus der Welt der Promis …

„Skandalöses ereignete sich heute Abend auf einem privaten Empfang von Cedon Alateen: Exodus Wingston, Vizepräsident der namhaften Wingston Corporation, ist völlig ausgerastet und hat eine Schlägerei angefangen!“

Die aufregte Stimme der Sprecherin wurde untermalt von Bildern des Abends. Natürlich boten die Überwachungskameras einen idealen Blick auf die Szenerie. Exodus, wie er dem Paar, das sich eben vom Tisch entfernte, folgte und nach Giselle langte – ein kurzes Wortgefecht und schließlich sein Schlag in Zireons Gesicht. Und dann der zweite Schlag. Verdammt, da spritzte echt viel Blut – so schlimm war es doch gar nicht gewesen!

„Hmm.“

machte Exodus nachdenklich und kratzte sich am Hinterkopf. Der Sender spulte die Szenerie zurück und zeigte den Schlag noch einmal, diesmal heran gezoomt und in Zeitlupe. Wie er Zireon packte und zuschlug, packte und zuschlug, wieder packte und noch einmal zuschlug. Immer wieder spritzte das Blut und man konnte anhand dieser Bilder fast glauben, er hätte diesen Typen, der sich so dreist an Giselle herangeschmissen hatte, beinahe umgebracht. Die absolute Übertreibung! Hatten die nichts anderes zu berichten?!

„Augenzeugen berichten, dass es bei der Auseinandersetzung der beiden Männer um die mysteriöse Frau ging, die noch mit Wingston die Party betreten hatte. War hier etwa Eifersucht im Spiel?!

Die schrille Stimme der Sprecherin überschlug sich beinahe, während die Aufnahmen auf Giselle zoomten. Ungeduldig grunzend langte Exodus nach der Fernbedienung und beendete die Übertragung. Sich so etwas anzusehen war reine Zeitverschwendung. Mit einem Knistern deaktivierte sich der Projektor wieder und hinterließ Stille im Wohnzimmer.

„Also … was willst du noch machen?“

Mit fragendem Gesichtsausdruck hob er die Weinflasche und die beiden Gläser hoch, um Giselles Aufmerksamkeit darauf zu ziehen. Nach so einem turbulenten Abend konnte sie wohl kaum einen versöhnlichen Tropfen Alkohol ablehnen. Was diese Medien berichteten ... darauf legte sie hoffentlich keinen allzu großen Wert.

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Es hätte sie nicht überraschen dürfen, dass Exodus versuchte, den Abend fortzuführen als wäre nichts gewesen, und doch war es das Letzte, womit Giselle gerechnet hätte. Er hatte eine Weinflasche geholt und klimperte mit den Gläsern, nachdem sie das Penthouse erreicht hatten, doch die flimmernden Bilder des Holo-Projektors, die die Realität eingefangen hatten, holten ihn genau dorthin zurück. Giselle begann sich zu fragen, was mit ihm nicht stimmte. Schon wieder lächelte er sie an als sei nichts gewesen. Verspürte er denn gar keine Reue, nicht einmal nachdem er seinen eigenen Wutausbruch in den Nachrichten gesehen hatte? Nein. Sie hatte Exodus' Gesicht beobachtet, als er sich selbst den anderen Mann hatte schlagen sehen. Sein Gesicht hatte nur einmal kurz gezuckt, zu wenig um von dem Anblick berührt zu sein. Er fühlte sich im Recht und er würde es auch morgen früh noch tun.

"Welchen Illusionen gibst du dich hin?"

Fragte Giselle, ohne ernsthaft eine Antwort zu erwarten. Alles was sie von Exodus zu hören bekam waren nur Versionen der Wahrheit, Versionen die ihm gefielen.

"Der Abend ist vorbei. Das mit uns, Exodus, was auch immer es war, ist vorbei."

Sie starrte ihn an. Die Schwierigkeit, die sie erwartet hatte, wenn sie die Worte aussprach, blieb aus. Sie war verschwunden mit jedem von Exodus' Schlägen gegen Zireon und mit jedem seiner Worte, mit denen er Giselle zum Schmutz unter seinen Füßen erklärt hatte. Sie ging ein Stück auf ihm zu.

"Wir hatten eine gute Zeit, auf Fresia."

Sagte sie, hob ihr linkes Bein und begann, die Schnallen ihres Schuhs zu öffnen. Die selbe Prozedur wiederholte sie an ihrem rechten Fuß.

"Hier auf Coruscant hast du leider dein wahres Gesicht gezeigt."

Ihre Worte klangen theatralisch, obwohl das nicht ihre Absicht war, und sie bedeuteten, dass Giselle sich in eine Maske verliebt hatte, in das Bild eines Mannes, das nicht echt war. Exodus war wirklich überzeugend gewesen in seiner Rolle. Kurios war, dass sie sich einerseits wünschte, ihn früher durchschaut zu haben, während sie andererseits dankbar war, es nicht getan zu haben. So blieben ihr wenigstens diese schönen Erinnerungen, auch wenn sie nur noch halb so viel wert waren. Die edlen Sandalen baumelten in ihrer Hand. Giselle hielt sie an den goldbestickten Schlaufen fest, die die Fersen hielten. Exodus hatte ihr die Schuhe gekauft, doch sie waren kein aufrichtiges Geschenk gewesen. Er hatte sie nur benutzt, um ihr später vorzuhalten, was er für sie getan hatte. Trotzdem, dachte sie mit einem letzten sehnsüchtigen Blick, sie waren wunderschön gewesen.

"Hältst du mal?"

Sie drückten ihm die Schuhe in die Hand und mit dem Überraschungsmoment auf ihrer Seite hatte Exodus keine Gelegenheit abzulehnen. Unterdessen griff Giselle mit ihrer rechten Hand in ihren Rücken, tastete nach dem Reißverschluss ihres Kleides und zog ihn in einer fließenden Bewegung nach unten.

"Es gibt nur zwei Dinge, die ich noch tun muss."

Sagte sie betont langsam und ließ ihre Schultern nach unten sinken. Die entspannende Geste lockerte den Stoff um ihren Körper und in einer kurzen, fließenden Bewegung glitt das Kleid von ihrer Haut, wie Wasser, das einen Berghang hinunter floss. Es landete zu ihren Füßen. Barbusig schaute Giselle auf das winzige Bündel hinunter. Sie war sich Exodus' Blick bewusst, doch er machte ihr nichts aus. Sie war wieder dabei, sie selbst zu werden. Dann bückte sie sich und hob das Kleid auf.

"Dir zurück geben, was dir gehört, und meine Sachen packen. - Hier!"

Sie war ihm das Kleid zu.

"Wie du siehst, will ich deine teuren Geschenke nicht. Gib sie einer anderen. Oder verbrenne sie. Ich brauche sie nicht mehr."

Es waren Worte, die oft mehr schmerzten als alles andere. Worte waren wie Waffen. Sie schnitten kein Fleisch und zertrümmerten keine Knochen, doch sie brachen den Geist und zerstörten Vertrauen. Giselle drehte sich um, den kühlen Boden unter ihren nackten Fußballen. Ob seine Freunde und Bekannten dachten, sie sei eine Prostituierte, interessierte sie nicht. Was die Medien sagten, interessierte sie nicht. Doch was Exodus Wingston sagte und ob er glaubte, ihre Zuneigung sei käuflich, das machte ihr etwas aus, denn es war nicht die Wahrheit und es waren seine Worte, die die Macht besaßen, sie zu verletzen.

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Exodus war hin- und hergerissen die Augen argwöhnisch zusammen zu kneifen oder sie weit aufzureißen, um keinen Moment dessen zu verpassen, was Giselle ihm hier bot. Ihre Vorstellung verwirrte und erregte ihn. Zuerst redete sie irgendetwas davon, dass der Abend vorbei sei und er ihr sein wahres Gesicht gezeigt hätte, obwohl er sie gerade zu einem netten Glas Wein hatte einladen wollen – dann aber drückte sie ihm die teuren Schuhe in die Hand und streifte sich das Kleid vom Körper. Sie wollte seine teuren Geschenke nicht, behauptete sie, doch Exodus glaubte das nicht. Wenn sie sie nicht hatte haben wollen, wieso hatte sie das Kleid und die Schuhe dann angenommen? Das ergab keinen Sinn. Sinn ergab nur, dass sie nackt vor ihm stand und er sie wollte.

„Was soll das?“

fragte er, nach Sekunden endlich seiner Verwirrung Ausdruck verleihend. Das passte nicht zusammen. Was sie sagte und was sie tat. Sie hatte schon gestern Abend seinen Versuch Wein zu servieren sehr harsch beantwortet, indem sie ihm das Tablett aus der Hand geschlagen hatte. Und danach waren sie im Bett gelandet. Sollte das hier wieder so eine Nummer werden?

„Willst du mich etwa verführen?“

Behutsam stellte er die Weingläser, die Flasche und schließlich ihre Schuhe ab, während das Kleid über seiner Armbeuge lag. Als seine Hände frei waren, hob er den Stoff unter die Nase, musterte Giselles nackten Körper darüber hinweg und sog dann einen tiefen Atemzug ihres Geruchs ein. Die Härchen auf seinen Armen stellten sich unwillkürlich auf, während er in den Stoff hinein atmete. Diese Frau raubte ihm den Verstand. Mit ihrem Spielchen und mit ihrem Körper. Ihre Worte drangen nur langsam zu seinem Verstand durch, ergaben für ihn aber kaum Sinn. Wieso sollte er das Kleid verbrennen? Es war ein schönes Kleid. Sie sollte es weiter für ihn tragen. Wieso sollte er das Kleid einer anderen geben? Er wollte doch gar keine andere! Wieso sagte sie immer wieder solche Sachen? Wollte sie ihn bloß reizen? Nur sagte man dann doch nicht so etwas, wie, dass es vorbei war. Der Abend war nicht vorbei, wenn sie miteinander schliefen.
Sein Blick klebte an ihr, als sie sich anschickte, den Raum zu verlassen. Damit er ihr folgte, nahm ein Teil von ihm an – oder tatsächlich, fragte eine zweite Stimme in seinem Kopf, um zu packen? Das war doch Irrsinn. Exodus versuchte zu ihr aufzuschließen und seine Gedanken zu sortieren, doch bei ihrem Anblick war das fast unmöglich. Die Anziehungskraft, die sie auf ihn ausstrahlte, drohte ihn fast zu übermannen. Diese Frau …


„Warte doch mal.“

bat er nun dringlicher und blieb etwa einen Meter von ihr entfernt stehen. So nah, dass es ihn körperlich anstrengte, ihren schmalen Körper nicht einfach zu sich heranzuziehen und sie hier und jetzt zu nehmen. Sie hatte ihn einmal kosten lassen, dann ein zweites Mal und wenn er diese süße Frucht nicht besitzen konnte, würde er den Verstand verlieren, dessen war er sich sicher.

„Du kannst nicht gehen.“

erklärte er schließlich. Sein Blick drückte Verständnislosigkeit aus und der rationale Teil seines Hirns gewann für einen Moment die Vormachtstellung. Er hatte sie doch bewusst in diese Abhängigkeit gedrängt. Es war sein Plan gewesen, um Sicherheit zu bekommen – damit sie eben nicht einfach so verschwinden konnte. Und jetzt tat sie es doch?

„Du kannst doch nirgendwohin. Du hast kein Geld.“

Exodus schüttelte den Kopf und spürte, wie ihm ihr Anblick langsam Schweißperlen auf die Stirn trieben. Es fiel ihm schwer, sich auf ihr Gesicht zu konzentrieren. Bei der Macht, dieser Körper …

„Du kennst hier niemanden.“

Er zwang sich, seinen Atem zu kontrollieren.

„Du hast nur mich.“

Welchen Illusionen er sich hingab, hatte sie eben noch von ihm wissen wollen. Dabei musste sie sich die Frage viel eher selbst stellen. Giselle war allein und Coruscant nicht gerade der Ort, an dem man viel Mitgefühl oder Hilfe in einer misslichen Lage erwarten konnte. Wenn sie tatsächlich gehen würde, war sie verloren. Da konnte die Alternative hier zu bleiben, doch gar nicht so schlecht sein.

[ Coruscant – City – Wingston Corp. – Penthouse | Exodus und Giselle ]
 
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Irgendwie verstand er es nicht, oder wollte es nicht verstehen. Und Giselle verstand ihn nicht. Eben noch hatten sie sich intensiv gestritten, laut und für jedermann hörbar. Er hatte sie eine **** genannt, sie hatte ihm verboten, sie anzufassen und ihm Grunde hatten sie sich gegenseitig verhöhnt. Aber das alles schien für Exodus längst nicht mehr wichtig zu sein. Sein Name war in den Nachrichten zu hören gewesen und das nicht aufgrund positiver Neuigkeiten, doch er wollte trotzdem, dass sie blieb. Warum? Hätte er nicht froh sein müssen, wenn sie verschwand? Wenn sie weg war, hatte er ein Problem weniger und konnte sich um die Schadensbegrenzung mit den Medien kümmern.

“Ich kann gehen, wann immer ich will.“

Stellte Giselle seine Worte richtig. Sie war nicht seine Gefangene und sie hatte ihm zurück gegeben, was ihm gehörte. Ohne stehen zu bleiben, öffnete sie die Tür zu seinem privaten Wohnbereich und bog ab in das Gästezimmer, in dem sich ihre Sachen befanden. Exodus blieb direkt hinter ihr.

“Coruscant hat eine Population von 1 Trillion Lebewesen, genug um den ein oder anderen kennen zu lernen.“

Sie sah ihn nicht an, als sie sprach, hatte ihm den Rücken zugewandt und ihre große Tasche auf das Bett gehoben. Der Koffer stand noch ungeöffnet auf dem Boden. Sie hatte ihn bisher nicht ausgeräumt und war jetzt sehr froh darum. Es stimmte, dass sie kaum Geld besaß. Giselle war nicht gut darin, zu sparen. Doch spielte das eine Rolle? Sie war bisher immer über die Runden gekommen, hatte immer eine Lösung gefunden. Auf Fresia hatte sie Jem kennen gelernt und er hatte ihr einen Job besorgt, und das obwohl Hill City ein verhältnismäßig kleiner Ort gewesen war. Coruscant besaß mehr Möglichkeiten. Warum sollte sie hier nichts finden? Giselle hatte keine Angst. Es war nicht das erste Mal, dass sie neu anfing.

“Und im Übrigen,“ ,fuhr sie fort, während sie wahllos Kleidung aus ihrer Tasche heraus holte, sich ein dünnes Unterhemd über den Kopf zog und in eine Hose mit weit ausgestellten Beinen schlüpfte, “Geld ist auch nicht alles. Oder hast du die Dinge, die dir wirklich etwas bedeuten, jemals erkaufen können?“

Sie dachte an die distanzierte Beziehung zu seinen Kindern, an die Trennung von seiner Frau. Er mochte ein mächtiger, reicher Mann sein, doch das hatte ihm nicht geholfen, seine Familie zusammen zu halten. Seltsamerweise fühlte sich Giselle plötzlich sehr angriffslustig, oder sie wollte einfach diese letzte Gelegenheit nutzen, ihm deutlich zu sagen, was sie dachte. Von neuer Energie gepackt funkelte Giselle Exodus an, doch was sie sah, überraschte sie. Sie hatte erwartet, Arroganz in seinen Augen zu sehen, die gleiche Distanz in seinem Blick wie eine Stunde zuvor auf dem Empfang oder noch vor wenigen Minuten im Gleiter, doch beides fehlte.

“Ich komme schon zurecht.“

Sagte sie, ihre Stimme gestreckt.

“Keine Sorge. Ich bin auch klar gekommen, bevor ich dich kannte.“

Wollte er wirklich, dass sie blieb, um ihrer selbst Willen? Sie konnte es sich kaum vorstellen, aber dennoch… nein, egal was es war, es spielte keine Rolle mehr. Die Vahla betrat die angrenzende Erfrischungszelle. Sie hatte einige wenige Utensilien dort auf dem Sims über dem Spülbecken, die sie noch einpacken musste. Ohne viel Zeit zu verschwenden, sammelte sie ihre persönlichen Sachen ein und verstaute diese in ihrer Tasche. Aus dem Penthouse, dem Wingston Tower, zu verschwinden, fiel ihr nicht schwer. Die Wohnung war zu groß, zu kalt für Giselles Geschmack und es mangelte ihr an persönlichen Verbindungen zu den luxuriös ausgestatteten Räumlichkeiten. Da war nur Exodus. Ihn zu verlassen war etwas anderes. Sie wollte es, auf der einen Seite, und sie wusste sie musste es tun, doch es tat weh, das war nicht zu leugnen.

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