– Coruscant – City – Raumhafen –
Die lange Zeit des Fluges hatte sie sich mit Lesen vertrieben. Erste Wahl ihrer bevorzugten Lektüre war das Drehbuch des neuen Films gewesen, doch zwischendurch hatte sie ihre Nase auch immer wieder in einen Roman gesteckt, den sie zufällig in einem kleinen Buchladen entdeckt und dessen Inhaltsangabe sie sofort neugierig gemacht hatte. Nun war sie auf Coruscant angekommen, hatte das Passagierschiff verlassen, dass sie von Naboo aus hierher gebracht hatte und ließ sich mit der Menge treiben. Das erste, was ihr auffiel, war die Tatsache, dass es ihr sehr viel belebter und unruhiger zuging als in Theed. Es war laut und hektisch und die Luft stand ein wenig. Wie würde es sein, wenn sie den Raumhafen verlassen hatte? Bilder und Filme konnten die wahre Atmosphäre eines Planeten wie Coruscant sicherlich nicht vermitteln. Da sie kein Gepäck aufgegeben hatte konnte sie direkt aus dem Hangar in die Ankunftshalle gehen, ohne bei der Gepäckabgabe Halt machen zu müssen. Sie passierte eine Sicherheitsschleuse und einen kurzen Gang und dann sie ihn auch schon.
„Nathaniel!“
Wie vereinbart war er gekommen um sie abzuholen. Sie winkte ihm zu – es dauerte ein paar Sekunden, bis er sie unter all den Leuten ausgemacht hatte, doch dann sah auch er sie, winkte ebenfalls und wartete, bis sie sich zu ihm durchgeschlagen hatte. Gut gelaunt umarmte sie ihn.
„Hi, schön dich zu sehen!“
Er drückte sie kurz und hielt sie dann auf Armeslänge von sich.
„Na du, wie geht’s? Deine Haare sind wieder rot! Ich habe einen Schrecken gekriegt, als ich die Bilder mit den braunen Haaren von dir gesehen habe!“
Bemerkte er lachend.
„Schwarz-braun.“
Korrigierte sie ihn grinsend. Nathaniel winkte ab.
“Irgendetwas in der Richtung. Wie war der Flug? War das Essen okay?“
„Ja, alles bestens. Es gab keinen Orangensaft, aber ich hab’s überlebt.“
“Der Macht sei Dank! Komm, lass uns hier verschwinden, bevor uns noch jemand umrennt.“
Nathaniel führte sie aus der Halle hinaus und schlug mit ihr den Weg zu den Gleiterstellplätzen ein. Wenig später saßen sie in seinem Speeder und ließen den Raumhafen hinter sich. Coruscant erhob sich vor Akemi, größer und fantastischer als sie geglaubt hatte.
“Na, wie gefällt’s dir?“
Grinsend schaute Nathaniel zu ihr hinüber. Akemi schüttelte den Kopf.
„Ich weiß nicht… alles ist so… riesig, irgendwie einschüchternd.“
Lachend ordnete sich Nathaniel in eine andere Verkehrsschleife ein.
“Na ja, ein Unterschied zu Naboo ist es allemal.“
„Oh ja, ganz gewiss!“
Trotz Coruscants einschüchternder Wirkung konnte Akemi ihren Blick nicht von der imposanten Stadt und ihren Gebäuden wenden. Die ganze Fahrt über nahm sie jedes Detail gierig in sich auf. Dabei wurde ihr mehr und mehr schleierhaft, wie sich jemand auf diesem Planeten auch nur ansatzweise zurecht finden konnte.
„Ich brauche eine Karte.“
Sagte sie plötzlich zu Nathaniel. Lachend warf er ihr einen Seitenblick zu.
“Eine Karte? Wofür?“
„Ich werde mich verlaufen, Nathaniel!“
Rief sie lachend und boxte ihn in die Seite. Die Stadt war wunderbar. Alles war laut und stressig und unglaublich… und dennoch hing ein Zauber in der Luft, der sich nicht fassen ließ.
Wenige Minuten später erreichten sie Nathaniels Appartement. Seit fest stand, dass sie ihn besuchen würde, hatte Akemi sich schon einige Male gefragt, wie es bei Nathaniel zu Hause aussehen würde. Gespannt wartete sie, bis er die Wohnungstür geöffnet hatte und zur Seite trat um sie einzulassen.
„Ich hoffe, du hast aufgeräumt.“
Scherzte sie beim Eintreten und sah sich um. Ein mittelgroßer Flur mit hellen Wänden und einem dunklen Boden war der Ausgangspunkt des Appartements. Mehrere Türen gingen von ihm aus und nachdem Nathaniel die Wohnungstür hinter ihnen geschlossen hatte, wies er nach rechts.
“Wenn Madame gestatten: das Gästezimmer.“
Er öffnete eine Tür und Akemi betrat einen kleinen Raum, dessen Mittelpunkt ein großes Bett aus hellem Holz bildete. Zwei Wände waren in einem dunklen Rot gestrichen, die anderen beiden waren weiß. Es gab zwei kleine Schränke und eine riesige Grünpflanze, die fast bis unter die Decke reichte.
“Nun, Madame, meinen Sie, hier könnten Sie es aushalten?“
„Es ist fabelhaft, Nathaniel… das Bett, meine ich. Woher hast du das?“
“Auf einer Auktion ersteigert. Soll um die 200 Jahre alt sein. Ich habe es auf Vordermann bringen lassen und jetzt sieht es wieder aus wie neu ohne dass es etwas von seinem Charme eingebüßt hat.“
„Es gefällt mir. Ich glaube, hier lässt sich für eine Weile leben.“
Sie lachte und er fasste sich gespielt erleichtert ans Herz. Nun bemerkte Akemi außerdem, dass ihr Gepäck bereits in der Ecke hinter der Tür stand. Sie bedankte sich bei Nathaniel, dass er ihre Sache abgeholt hatte, doch dieser wehrte ab und führte sie weiter, um ihr den Rest seiner Wohnung zu zeigen. Das Badezimmer war ganz in schwarz-weiß gehalten. Es gab eine Eckdusche und eine riesige Badewanne mit Whirlpoolfunktion. Auf der Fensterbank stand ein Strauß frischer Blumen, die Ecile de Cinh ihrem Neffen mitgebracht hatte.
“Sie sagt, meine Wohnung braucht mehr Atmosphäre.“
Erklärte er und rollte mit den Augen. Akemi gefiel sein Appartement. Die Küche wirkte auf sie zwar etwas zu finster, aber dennoch fühlte sie sich sofort wohl. Schließlich – am Ende der Führung – zeigte er ihr den kleinen Salon, in dem er Besucher empfing. Die tiefen Sessel und ein dreieckiger Tisch fielen ihr sofort ins Auge. Hier gab es lediglich gedeckte Farben und keine Details, die in irgendeiner Weise aufdringlich wirkten. Doch dann, als sie sich Nathaniel zuwenden und ihm sagen wollte, wie gut es ihr bei ihm gefiel, fiel ihr Blick auf etwas, das sie nicht sofort wahr genommen hatte. Akemi erstarrte, trat einen Schritt zur Seite und schaute ungläubig auf das Porträt, das an der Wand hing. Ganz in schwarz-weiß war das Bild eines jungen Mädchens verewigt worden, die Haare gerade so lang, dass sie bis an ihr Kinn reichten, ihr Blick scheu und traurig, als fürchte sie den Verrat.
„Woher hast du das?“
Nathaniel schien die Luft angehalten zu haben, sie hörte ihn laut ausatmen.
“Bei einer Auktion erworben..“
Langsam drehte sich Akemi zu ihm herum.
„Hast du deine komplette Einrichtung von Versteigerungen?“
In ihrer Stimme lag ein Hauch von verletzter Ängstlichkeit. Nathaniel schüttelte den Kopf.
“Nein, natürlich nicht… ich bin ganz zufällig darauf gestoßen, Akemi.“
„Verstehe…“
Wieder betrachtete Akemi das Gemälde.
„Warum hast du mir nicht davon erzählt?“
“Ich wusste nicht, wie du reagieren würdest. Ich befürchtete, du könntest denken, ich hätte noch immer Gefühle, die…“
„Schon gut. Ich bin nicht böse.“
Sagte Akemi und meinte es auch so. Seufzend betrachtete sie das Bild. Miguel hatte es auf Corellia von ihr gemalt, aber sie hatte es nie zu Gesicht bekommen. Er hatte es sofort nach Fertigstellung verkauft.
„Es ist schön geworden.“
Sagte sie leiste. Nathaniel trat neben sie und legte ihr einen Arm um die Schultern.
“Wer hat es gemalt? Bei der Auktion kannte niemand den Künstler. Er muss ziemlich unbekannt gewesen sein.“
„Er war ein Freund von mir. Sein Name war Miguel. Ich war verliebt in ihn, aber für ihn war es nur ein Spiel.“
Akemi zuckte mit den Schultern und lächelte.
„Lange her. Es ist nicht wichtig.“
Schatten zogen über Nathaniels Gesicht.
“Hat er dich betrogen?“
Wollte er wissen. Akemi nickte.
„Ja... aber es ist wirklich nicht wichtig, Nathaniel. Ich bin längst darüber hinweg.“
“Und was ist mit Cris?“
Akemis Brust zog sich zusammen. Dies war ein empfindliches Thema. Nathaniel kannte alle Einzelheiten. Sie hatte ihm ihr Herz ausgeschüttet, als sie niemand anderen zum Reden gehabt hatte.
„Ich… weiß nicht. Es ist noch zu früh, um darüber hinweg zu sein, schätze ich.“
Sie versuchte sich an einem Lächeln, scheiterte jedoch kläglich. Nathaniel seufzte tief und nahm sie ihn den Arm.
“Dann müssen wir etwas dagegen tun.“
Sagte er weise. Akemi legte die Stirn in Falten und sah zu ihm auf.
„Und das wäre?“
Nathaniel grinste.
“Schokoladentorte und heißer Kakao, natürlich. Komm, das wird dir gut tun.“
– Coruscant – City – Nathaniels Appartement – Mit Nathaniel –