Bias-Vorbemerkung: Ich habe den Blickwinkel, dass ich mit dem Prä-Disney-EU ("Legends") "fan-sozialisiert" wurde und das immer noch etwas ist, dass für meine Sichtweise auf Star Wars weit mehr bedeutet als die Filme die unter Disney entstanden sind. Das beeinflusst unter Umständen meine Gedanken zu dem Thema.
Ich glaube was ein gutes "düstereres" Star Wars bräuchte wäre, wenn mehr davon zu sehen wäre, was all die Kriege und all die Politik für die einfache Bevölkerung bedeutet. In RotS wird die Demokratie gestürzt und ein Sith erhebt sich per Ermächtigungsgesetz zum Imperator. An einigen Stellen in wird immer wieder angedeutet, wie abgrundtief böse dieses Imperium ist (Rassismus, Sklaverei, Folter, Verhaftung und/oder Exekution politischer Oppositioneller). Aber im Prinzip kriegen wir das nie zu sehen. RotS wäre deutlich düsterer gewesen, wenn mal kurz gezeigt worden wäre, was nach Palpatines Machtübernahme passiert ist. Willkürliche Gewalt gegen Nichtmenschen auf den Straßen Corruscants, die oberen Ebenen werden von "Aliens" "gesäubert". Senatoren die die "Petition der Zweitausend" unterzeichnet haben werden in Nacht und Nebel-Aktionen verhaftet (im Roman zum Film deutet Palpatine zumindest an dass er das vor hat und in Sekundärquellen die teilweise sogar noch kanonisch sind wird explizit erwähnt, dass es diese Verhaftungen gab, im Film fällt die Petition völlig weg). Republikanische Planeten die bisher selber für ihre Verteidigung gesorgt haben, bekommen imperiale Militärstützpunkte, ob sie wollen oder nicht. Demonstrationen werden niedergeschossen. Sowas halt. Dadurch hätte das Ende von RotS auf mich eine viel stärkere Wirkung gehabt. Ich meine, es gibt genug historische Beispiele für diese Art der Machtergreifung, da hätte man sich dran orientieren können.
In AnH das gleiche. Es ist gesetzt, dass das Imperium böse ist, Luke hasst es. Aber das Alltagsleben auf Tattooine scheint vom Imperium völlig unbeeinflusst zu sein. Wo Lukes Hass auf das Imperium her kommt ist völlig unklar, die Grausamkeiten des Imperiums werden nicht gezeigt. In Rouge One gab es erneut die Chance, endlich mal zu zeigen, warum eigentlich so viele Leute bereit sind, gegen die Herrschaft des Imperiums zur Waffe zu greifen, werden hier immerhin die Anfänge der Rebellenallianz thematisiert. Ich hab dem Film trotz meiner Abneigung gegen das, was Disney bis dahin fabriziert hatte, hauptsächlich eine Chance gegeben, weil ich genau darauf gehofft habe, auch weil der Film eben als sehr ernst und düster angekündigt war. Aber auch hier ist kaum zu sehen, was das Imperium eigentlich so böse macht.
Ein anderer Punkt wäre, dass die unteren Ränge der Führungsetagen der "bösen" gar nicht beleuchtet werden. Stichwort "Banalität des Bösen".
Beispiel RotJ. Der Imperator ist tot und es gibt Feier und Feuerwerke überall? Keine imperialen Regionalverwalter die das unterbinden? Sämtliche Moffs, Generäle, Admiräle, Gouveneure, Schreibtischtäter... wurden nur vom Imperator gezwungen zu tun was sie tun, der Imperator ist tot, alles ist gut, alle haben sich lieb, bitte was? Das Ende fand ich unglaublich unbefriedigend, dabei ist das eigentlich einer meiner liebsten Filme.
Alles in allem hat man den Eindruck, dass die Original-Trilogie versucht, eine Art von Faschismus darzustellen und die Prequells wie es dazu kommen konnte, aber beidem eine unglaublich naive Faschismus-Analyse zugrunde liegt.
Ein anderer Punkt ist, dass es kaum eine einfache Bevölkerung zu geben scheint. Alle sind entweder Jedi, Senatoren oder Soldaten, entweder Rebellen, Imperiale oder Kriminelle. Eine kritische Thematisierung von der Praktik der Jedi nicht-einwilligungsfähige Kinder aus ihren Familien zu reißen, wäre auch ein schöner Grauzeichner gewesen. Oder eine Thematisierung davon, was Han Solo eigentlich so schmuggelt. Vielleicht Drogen? Vielleicht sogar welche, die Existenzen zerstören und Leute in Abhängigkeiten gegenüber Gestalten wie Jabba treiben?
Was hätte es gebraucht?
Es hätte denke ich geholfen, wenn in den Filmen hin und wieder mal Medienberichte zu sehen gewesen wären, was denn der Normalbevölkerung so über die Kriege erzählt wird. Vielleicht eine Demonstration für/gegen das Mobilmachungsgesetz vor dem Senat in AotC, oder in RotS eine gegen den Krieg (der ja formell von der Republik und nicht von den Separatisten begonnen wurde) vor dem Jedi-Tempel. Wie schon erwähnt am Ende von RotS Verhaftungen, Erschießungskommandos und Gewalt gegen Nichtmenschen. Am Anfang von AnH imperiale Sondersteuerentreiber, die bei Owen und Lars auftauchen und brutal Geld für den Kampf gegen die Rebellion eintreiben. Am Anfang von tEsb eine Szene in der die wichtigsten Rebellenführer auf Hoth imperiale Propaganda analysieren und über Agitation nachdenken. Am Anfang von RotJ ein Sklave von Jabba, der sich aufgrund seiner Abhängigkeit nach auch von Han geschmuggelten Drogen selber an Jabba verkaufen musste. Am Ende von RotJ statt Feiern Mobs die, ermutigt von Palpatines Tod und der Zerstörung des Todesstern, vielleicht sogar von Rebellen in zivil agitiert, mit Steinen und Molotowcocktails imperiale Gouveneurspaläste stürmen, dabei von Sturmtruppen niedergeschossen werden, vielleicht sogar ein paar Sturmtruppen die die Helme abnehmen und die Seiten wechseln, mit der Botschaft "es ist noch nicht ganz vorbei, aber es gibt jetzt echte Hoffnung und es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Imperium gestürzt ist". Keine dieser Szenen hätte länger als wenige Minuten gebraucht.
Soviel zu "wie sähe ein düstereres Star Wars bei mir aus".
Einige Ansätze zu den meisten dieser Punkte gab es in Legends ja schon. Das ist tatsächlich der Hauptgrund, warum ich die Romane so schätze, unter Disney ist soweit ich weiß nichts erschienen, dass in eine ähnliche Richtung geht (ich freue mich sehr, wenn ich eines besseren belehrt werde).