Fresia (Fre'ji-System)

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Felsen - Mit Exodus –

Giselle fühlte sich fest umschlungen von der Umarmung des Sonnenuntergangs. Die Sonne hatte sie zum Abschied auf beide Wangen geküsst und ein Wiedersehen versprochen. Es würde nicht lange dauern, bis sie sich wieder begegnen würden. Die Beine noch immer angezogen legte Giselle für einen Moment ihren Kopf auf die Knie, während um sie herum noch immer die warmen Farben des eingeläuteten Abends leuchteten. Ein schmaler Streifen fast durchsichtiger Wolken hatte sich dunkel gefärbt vor einem pinkfarbenen Hintergrund und dort, wo die Sonne verschwunden war, schimmerte noch immer ihr goldener Nachhall, während Giselle ihren Geist durch ihre Erinnerungen wandern ließ und über Exodus' Frage nach dachte.

“Ich glaube, diese schönen Momente bewahrt sich jeder auf, wenn auch vielleicht nicht bewusst.“

Sagte sie.

“Wenn es jemandem schlecht geht, oder etwas nicht funktioniert, vielleicht wenn eine Beziehung zu Bruch geht, denkt man doch gerade an diese guten Zeiten, um weiter positiv denken zu können, oder aber um Hoffnung zu haben, dass es wieder besser wird.“

Giselle hob ihren Kopf wieder, behielt ihre Sitzhaltung jedoch bei, während sie versuchte bewusst heraus zu finden, welche Momente sie sich ins Gedächtnis rief, wenn sie eine Aufmunterung benötigte. Exodus dachte in solchen Zeiten an seine beiden Kinder und speziell an den Moment nach ihrer Geburt. Das musste ein ganz besonderes Erlebnis für ihn gewesen sein. Giselle lächelte verständnisvoll.

“Das ist eine sehr starke Erinnerung, die du da hast. Und wahrscheinlich eine sehr schöne.“

In ihrem Kopf bildeten sich die Umrisse ihr vertrauter Personen, die um ein loderndes Feuer herum saßen, doch es war nicht nur ein Bild, das sie sah, sondern mehrere, die ineinander griffen und die Realität leicht verschoben. Mal saß sie in der lauen Abenddämmerung zusamnen mit ihren liebgewonnenen Freunden, während ihrer Zeit beim Circus. Morten war an ihrer Seite und sie hatte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt. Dann wieder sah sie die Gesichter ihrer Familie und hörte das rythmische Schlagen der Trommeln im Hintergrund. Sie konnte auch jetzt noch den Duft von geräuchertem, scharf gewürztem Fleisch in der Nase riechen und fühlte die weiche Erde unter ihren Füßen, wenn sie zusammen mit den anderen um das Feuer getanzt war, um der Göttin ihren Tribut zu zollen. Die Gesichter der Männer waren bemalt und die Frauen hatten sich festlich geschmückt. Einige hatten ihre Haare zu festlichen Zöpfen über dem Kof aufgesteckt und trugen lange, schwere Halsketten, die zwischen ihren Brüsten baumelten. Giselles Haare waren streng zurück gekämmt, die Lippen korallenrot geschminkt und bei jedem Schritt den sie tanzte, bauschte sich der weite Rock ihres Kleides auf wie ein Segel, so als ob er sie fliegen lassen wollte. Als die Farben sich zu vermischen begangen und das Bild in ihrem Kopf erneut verschwamm, sah Giselle wieder Morten. Sie dachte gerne an ihn. Seit ihrem letzten Gespräch war viel Zeit vergangen, doch Giselle glaubte nicht, dass es ihr jemals schwer fallen würde, die Linien seines Gesichts in Gedanken nach zu zeichnen. Manche sagten, dass Gesichter mit der Zeit verblassten und es stimmte sogar, doch Mortens Züge würde sie niemals vergessen können, ganz egal wie lange sie ihn nicht gesehen hatte.

Die Farben und Bilder in Giselles Kopf verblassten und obwohl sie noch wage am Rand ihres Sichtfeldes flimmerten, nahm sie wieder die dunkler werdenden Umrisse der Felsen wahr, das allmählich schwindende Tageslicht – und Exodus. Seinem Blick begegnend schob Giselle ihre zuvor angezogenen Beine von sich und wechselte in einen Schneidersitz. Sie hatte das seltsame Gefühl, gerade von einer Reise zurück gekommen zu sein.


“Ich glaube, bei mir sind es die ruhigen Momente, die ich mir in schweren Zeiten zurück wünsche... die ruhigen, manchmal unscheinbaren Augenblicke in denen man gemeinsam um ein Feuer herum sitzt, redet, lacht, tanzt, Geschichten erzählt... zuhört. Daran denke ich.“

Giselles hob die Schultern. Diese Momente, die sie gerade beschrieb, hatte sie mit ihrer Familie geteilt, mit ihren Freunden und mit ihrem Mann und egal was geschehen war oder geschehen würde, diese Momente würden in ihrer Erinnerung weiter leben. Niemand konnte sie ihr mehr nehmen.

“Ich denke an Familie und Freunde.“

Das waren die Dinge, die sie immer am glücklichsten gemacht hatten und die sie am meisten vermisste. Familie, Freunde und Freiheit. Letzteres war das einzige, das ihr geblieben war.

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Felsen - Mit Exodus –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Felsen | bei Giselle ]

Die letzten Tropfen des goldenen Glanzes waren verschwunden und nur ein Schimmern blieb als Erinnerung am Himmel. Die Sonne war untergangen und obwohl Exodus wusste, was dies bedeutete, war er froh, diesen Moment miterlebt zu haben. Vor allem, weil er einen letzten Blick auf die von Sonnenlicht angestrahlte Giselle hatte werfen können. Er hatte die Beine weit von sich gestreckt und schielte jetzt auf seine Fußspitzen, während die Vahla im Schneidersitz saß.

„Ich habe einmal gehört, dass in unserer Erinnerung die schönen Dinge stärker sind, als die schlechten. Wir erinnern uns lieber an die guten Momente. Deshalb erscheinen uns zu Grunde gegangene Beziehungen rückblickend doch als ziemlich gut und wir wünschen uns den Partner wieder zurück. Oder unsere Kindheit. Wer hat nicht schon einmal gedacht: Früher war alles besser?“

Er wusste nicht, wie lange sie sich noch erlauben konnten, hier am Strand zu sitzen. Wie lange man wirklich mit dem Fest auf sie warten würde. Giselle hatte gesagt, sie wolle den Beginn der Feier nicht verpassen. Und trotz des Risikos wollte er die Zweisamkeit mit ihr noch nicht beenden. Also sprach er weiter.

„Manchmal spielt uns unser Geist dabei also einen Streich. Manchmal natürlich auch nicht. Manche Dinge waren früher wirklich besser.“

Mit einem Schulterzucken sah er zu ihr hinüber. Diese Gespräche waren es, die sie immer wieder näher zueinander führten. Manchmal waren es auch Sprünge von Klippen oder mitreißende Wasserfälle. Aber im Grunde hatten sie über die Gespräche am Strand oder im Dschungel zueinander gefunden und waren so etwas wie Freunde geworden. Sie hatten zu vielen Dinge ähnliche Meinungen oder hatten ähnliche Dinge durchgemacht. Exodus hatte das Gefühl, dass sie sich einfach gut verstanden. So empfand er nicht bei vielen Leuten.

„Aber sollte es mir zu denken geben, dass ich lieber hier bin, als in vielen meiner Erinnerungen? Die schönen, ruhigen Momente von denen du sprichst … die erlebe ich hier.“

Er lächelte sie an, in der Hoffnung, dass sie verstand, wie viel Anteil sie an dieser Tatsache hatte. Wenn sie ihre schönen Erinnerungen hervorholte, so dachte Giselle an Familie und Freunde. Und er? Die Geburt seiner Kinder war eine schöne und starke Erinnerung, genau wie sie gesagt hatte, doch es war eine der wenigen dieser Art. Ihm waren nicht viele Freunde geblieben und viele aus der Familie auch nicht. Sein Bruder war für einige gute Erlebnisse verantwortlich und sein Vater natürlich. Sicherlich hatte es auch mit Yuna gute Zeiten gegeben, die fröhlichen Momente mit seinen Kindern hingegen waren wirklich rar. Er war selten bei ihnen gewesen und irgendwann hatte es diese Distanz gegeben. Anfangs passiv, war sie später aktiv herausgekommen. Adrian hatte regelrecht gegen ihn rebelliert.

„Coruscant ist schnell und laut und erlaubt einem keine Auszeit. Fingers Mark, das fühlt sich an, als würde die Zeit für einen Moment stehen bleiben. Nicht nur, weil Tag und Nacht sich so viel Zeit mit ihrem Wechsel lassen.“

Seine Heimat war fern und weit weg. Nur manchmal überkreuzten sich sein Leben und die Wirklichkeit auf Fresia, so zum Beispiel als Adrian ihm eine Nachricht geschickt hatte.

„Ich komme ganz einfach dazu, über viele Dinge nachzudenken. Ich schätze, deshalb bin ich hier.“

Auf Rings Island hatte Giselle nach ihrer Auseinandersetzung abgelehnt darüber zu sprechen, weshalb sie eigentlich hier war, was genau sie nach Fingers Mark geführt hatte. Sie hatte ihn auf später vertröstet – und auch wenn er nicht gezielt darauf hingearbeitet hatte und sie nicht dazu drängen würde: Theoretisch bot sich für sie jetzt die Möglichkeit darüber zu sprechen. Er würde sich bemühen, sie nicht ein weiteres Mal zu verärgern – diesen Moment wollte er sich einfach nicht mehr nehmen lassen. Wenn er in Zukunft an diesen Sonnenuntergang zurückdachte, sollte es eine jener schönen und ruhigen Erinnerungen sein, von denen er so wenige besaß.

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Felsen | bei Giselle ]
 
- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Felsen - Mit Exodus –

“Ich weiß nicht, ob das immer so ist.“

Erwiderte Giselle und folgte mit ihrem Blick einem Schwarm Vögel – dunkle Punkte vor einem Himmel, der um die letzten Minuten Licht kämpfte, die ihm noch blieben, bevor er die Flugtiere in ewiger Nacht verschlucken würde.

“Ich habe Freunde gehabt, die sich durchaus an die negativen Seiten zerbrochener Beziehungen erinnern konnten und auch froh waren, dass es vorbei war. Immer wieder an einen Ort, zu einer Person, zurück zu wollen, die nicht gut für einen selbst ist, ist auf Dauer ungesund. Wenn man Realist genug ist, das zu erkennen, erinnert man sich auch an die negativen Dinge.“

Sagte sie und dachte an ihre eigenen zurück liegenden Beziehungen. Es waren nicht viele. Sie hatte Männer gekannt, hier und da, aber die meisten Begegnungen waren lose Affären gewesen, in denen sich keiner auf etwas hatte festlegen wollen. Mit Morten dagegen war es ernst gewesen. Mit ihm, so hatte Giselle gedacht, würde sie alt werden. Es war die perfekte Beziehung gewesen, die große Liebe, auch im Nachhinein. Das Ende war zu plötzlich gekommen, zu schnell und leider auch zu endgültig. Dies war tatsächlich eine jener Verbindungen, die man sich, wie Exodus gesagt hatte, zurück wünschte. Giselle lächelte stumm. Ja, sie war Realist genug um zu wissen, dass manche Dinge niemals wieder gut wurden.

Giselle Givenchy atmete tief durch. Die Dämmerung setzte ein und das Fest, das Exodus seinen Mitarbeitern versprochen hatte, würde in wenigen Minuten starten. Sie wandte ihren Blick zur Seite und betrachtete den Geschäftsmann aus dem lauten, schnellen Coruscant nachdenklich. Sollte er wirklich so viele schlechte Erinnerungen besitzen, dass er lieber hier war, als in der Vergangenheit? Er hatte eine Zuhause eine Familie und auch wenn seine Ehe die Jahre nicht überstanden hatte, musste es doch viele erfüllende Momente in seinem Leben gegeben hatte. In den Augen vieler musste sein Leben ein perfektes Bild sein: er war in guten finanziellen Verhältnissen aufgewachsen, war viel gereist, hatte zwei Kinder in die Welt gesetzt und den Firmenvorsitz bereits zu großen Teilen von seinem Vater genommen. Exodus Wingston war ein priviligierter Mann, gutaussehend, intelligent. Wie konnte es sein, dass ein Mann wie er glaubte, keine schönen Momente in seiner Vergangenheit zu finden?


“Du solltest intensiver suchen.“

Meinte Giselle, raffte ihren Rock und stand auf.

“Nach den ruhigen Momenten in deiner Vergangenheit. Vielleicht bist du nicht wie die anderen, die sich lieber an die schönen Dinge erinnern Vielleich denkst du zu oft an die negativen Erinnerungen und vergisst dabei, dass es auch Positives gegeben hat.“

Lächelnd machte sie einen großen Schritt auf einen etwas höher gelegenen Felsbrocken. Dort stand sie, über dem Strand und über dem Meer, während sich die Welt dem Abend ergab.

“Wir müssen zurück.“

Sagte sie und blickte den Strand hinunter, in Richtung des Camps, das zu weit entfernt war, als das man es hätte sehen können. Sie freute sich noch immer auf das Fest, die Musik und den Tanz. Das war etwas, das sie von früher kannte – dies waren Momente der Gegenwart, in denen Erinnerungen geboren wurden.

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Felsen - Mit Exodus –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand | bei Giselle ]

Vielleicht musste er sich mehr an die positiven Dinge erinnern, hatte Giselle angemerkt. Vielleicht fokussierte er sich zu sehr auf die negativen Erinnerungen aus seinem Leben. Exodus dachte darüber nach. War er, der nach außen hin gerne den charmanten und weltgewandten Sunnyboy gab, der stets ein Lächeln auf den Lippen hatte, wirklich ein ausgemachter Pessimist? Jemand, der sich immer nur selbst bemitleidete, statt an die schönen Dinge in seinem Leben zu denken? Er erhob sich von seiner Sitzposition auf den Steinen und folgte Giselles Blick dorthin, wo sie das Camp vermuteten. Zu seiner eigenen Enttäuschung wusste er keine Antwort auf diese Frage.

„Du hast Recht. Wir sollten zurück, sonst fangen sie doch noch ohne uns an.“

Exodus folgte Giselle über die Steine zurück bis zum Sand des Strandes. Jetzt wo es anfing zu dämmern, war es schwerer, nur die sicheren Stellen des Felsens zu betreten und die vom Wasser glitschigen Flächen auszulassen. Das verblassende Sonnenlicht geleitete sie noch unversehrt zurück, doch Exodus konnte sich ausmalen, wie schwierig es in der nächsten Zeit sein würde, den Dschungel zu durchqueren. Das dichte Blätterwerk hatte ohnehin schon viel vom Sonnenlicht geschluckt und man musste im tiefen Geäst sehr auf die eigenen Schritte achten. Sie würden Lichtquellen brauchen, wenn sie den Dschungel weitere Male durchqueren wollten. Und ein Sprung in die Tiefe, wie Giselle und er ihn schon gewagt hatten, würde unter diesen Bedingungen eine extra Portion Nervenkitzel bedeuten. Es wäre ein Sprung ins Ungewisse, ab in die Dunkelheit, die einen mit ihren kalten Armen empfangen würde.
Exodus schüttelte den Gedanken ab und sah zu Giselle. Er wollte sich doch auf die positiven Dinge konzentrieren. Wobei - erinnerte er sich selbst - der Sprung mit Giselle sogar zu diesen Ereignissen gehörte. Obwohl das Wasser sie beinahe nicht mehr aus dieser Umarmung entlassen hätte: Ihre Haut, dicht an seiner. Ihr Geruch, den er geatmet hatte. Diese Nähe …


„Vergiss nicht den Tanz.“

Er beschleunigte sein Tempo, um einen halben Schritt vor ihr zu laufen und die beleuchtete Seite ihres Gesichts sehen zu können.

„Den du mir versprochen … – ich meine, den du mit mir wegen dieser uralten Regeln der Geschäftsführer tanzen musst.“

Exodus grinste sie von der Seite an. Und selbst wenn: Er würde es nicht vergessen. Mit nackten Füßen lief er durch den Sand und ließ seine Zehen vom kälter werdenden Wasser umspülen. Das war eine Sache, die er sich von Giselle angewöhnt hatte: Barfuß laufen. Die ersten Tage hatte er es noch vermehrt mit Schuhen versucht, doch nachdem sie ihm abhanden gekommen waren und er nur noch ein Paar besaß, zog er sie seltener an. Fresia war in dieser Hinsicht gnädig. Der Sand streichelte seine Fußsohlen und Exodus fragte sie, wieso man überhaupt auf die Idee kommen konnte, mit Schuhen am Strand entlang zu laufen.

„Die Sonne geht und wir zünden ein Feuer an, um sie zu ersetzen. Eigentlich können wir dabei nur scheitern.“

Schmunzelnd zuckte er mit den Schultern.

„Es wird spannend sein, wie sich in der nächsten Zeit alle daran gewöhnen. Vielleicht finde ich dann ja sogar wieder zu mehr Schlaf.“

In der Ferne konnten sie jetzt die Umrisse des Camps ausmachen. Einige umherlaufenden Gestalten und auch ein großer aus Feuerholz aufgeschütteter Haufen waren zu sehen. Sie hatten das Camp fast erreicht und damit endete auch ihre Zweisamkeit wieder. Doch beim Tanz am Feuer würde es trotzdem sein, als gäbe es nur sie beide. Haut an Haut. Kein Jak und kein Fleetfire würden diesen Platz einnehmen. Diesen Tanz hatte sie nur ihm versprochen.

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand | bei Giselle ]
 
- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Mit Exodus –

Schon jetzt hatte Giselle das sichere Gefühl, dass dies einer dieser Abende werden würde, den man nicht vergaß. Zuvor noch hatte Exodus sie nach den wertvollen Erinnerungen des Glücks gefragt, die sie für sich aufbewahrte und in Zeiten hervor holte, in denen sie sie brauchte. Heute konnte ein weiterer dieser kostbaren Momente entstehen. Der Sonnenuntergang hatte eine leichte Melancholie herauf beschworen, die jedoch angenehm zu tragen war und sich nahtlos an die gelöste, fröhliche Stimmung im Camp anschloss, das sie nun wieder erreichten.

“Sorge du nur für die richtige musikalische Untermalung.“

Erwiderte Giselle gut gelaunt, als Exodus sie an den Tanz erinnerte, den er ihr aufgedrängt und den sie sich gerne hatte aufdrängen lassen.

“Ich habe noch nie nautolanische Musik gehört. Wenn du einen Tanz willst, solltest du sicher stellen, dass sie ihre Sache gut machen.“

Wie auch immer Exodus das anstellen sollte, ließ sie dabei offen. Der Wortwechsel zwischen ihnen war leicht, hatte auf den letzten Metern zurück zum Camp seine Schwere abgestreift. In dieser Rolle war Exodus Wingston besonders gut. Es war leicht, diese belanglosen, neckischen Gespräche mit ihm zu führen, manchmal zu leicht. Doch jetzt gerade war es genau richtig. Die Nautolaner hatten offenbar nur auf sie gewartet. Haiur und seinen Freund saßen etwas abseits und unterhielten sich.

“Sollen wir direkt starten?“

Fragte Giselle in Exodus' Richtung. Die Erwartungshaltung der Nautolaner war offensichtlich. Alle sahen in seine Richtig. Sie hatten sich alle versammelt, aber er war der Boss und so warteten sie nur auf sein Zeichen. Es war ein schönes Bild, dachte Giselle, wie sie alle in einem fast perfekten Kreis um das aufgetürmte Brennholz herum standen. Sogar die beiden Mon Calamari von Rings Island waren inzwischen näher gekommen. Um sie herum dämmerte es, Giselles nackten Füße fühlten den weichen Sand und in ihrem Rücken rauschte das Meer. Jetzt fehlte nur noch das Feuer. Mit einem entschlossenen Nicken in Richtung Da'nels, der direkt neben dem auf aufgeschichteten Berg aus Zweigen und Hölzern stand, gab Exodus Wingston schließlich das Startsignal und als der erste Funken erklomm und die erste Flamme zum Leben erweckte, wanderte Giselles Hand zu ihrem Herzen. Lautlos formten ihre Lippen eine Lobpreisung der Göttin. Dies war eines ihrer Wunder. Knisternde Flammen züngelten vor ihnen, arbeiteten sich nur langsam zur Spitze des Holzhaufens vor. Rauch stieg auf. Einige Nautolaner traten einen Schritt zurück. Die Hitze war schon jetzt spürbar. Ja, dies war einer dieser Momente.

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand - Camp– Mit Exodus und Nautolanern –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand - Camp | bei Giselle und der Wingston-Crew ]

Der Funke war entfacht und schon bald ging die kleine Flamme auf das sorgfältig aufgeschichtete Holz über, griff danach, ernährte sich von ihm, wurde größer und strahlender. Exodus sah mit vor der Brust verschränkten Armen zu seiner Crew, sah in die angeschienenen Gesichter – teilweise von dem jetzt endgültig schwindenden Sonnenlicht und teilweise von dem flackernden Feuer. Er hatte ihnen eine Feier versprochen, nachdem sie einen großen Erfolg beim Abbau erzielt hatten, und sie würden eine Feier bekommen. Es war alles vorbereitet und Exodus war zuversichtlich, dass sie diesen Abend alle genießen würden. Doch es lag noch eine Spannung in der Luft, die nur er in der Lage war aufzulösen. Exodus sah noch einmal in die Gesichter seiner Mitarbeiter und blieb zuletzt an Giselle hängen. Das offizielle Startsignal, die Ansprache vom Chef fehlte noch. Er lächelte, während er die Stimme über das Knistern des Feuers erhob.

„Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal für die bisherigen Erfolge unseres Projekts hier auf Fingers Mark bedanken. Das ganze Team hat hervorragende Arbeit geleistet und ich bin sehr zuversichtlich, dass es so weitergehen kann und wird. Aber jetzt …“

Mit einer auslandenden Geste zeigte er in Richtung des Feuers und des einige Meter entfernt aufgebauten Buffets.

„… ist nicht die Zeit für Arbeit. Jetzt ist Zeit zum Feiern! Genießt den Abend, genießt die Nacht – ihr habt es euch verdient.“

Mit einem zufriedenen Nicken ließ er die Arme wieder sinken. Die Nautolaner erhoben sich von ihren Bänken, fingen an zu tuscheln und zu reden, manche laut und manche leise. Sie freuten sich, das spürte Exodus, und diese Vorfreude hatte mittlerweile auch ihn voll erfasst. Zwischen Giselle und ihm lief es jetzt endlich wieder rund, auch wenn das aufflammende Feuer ihn wieder an die leise Stimme in seinem Hinterkopf erinnerte, die er so erfolgreich verdrängen konnte. Er würde sich an ihr verbrennen, sagte die Stimme, so schön und anmutig sie auch sein mochte. Mit großen, aber betont gemächlichen Schritten, schloss er zu seiner Assistentin auf, die Stimme erneut ignorierend. Er spielte nunmal gerne mit dem Feuer.

„Na.“

Während er kurz ihr Gesicht musterte, glitt sein Blick weiter zu den Nautolanern. Einige von ihnen packten Trommeln aus, zwei weitere hielten große muschelartige Instrumente in ihren Händen. An Musik würde es ihnen heute nicht schaden, auch wenn Exodus das Wasservolk bisher noch wenig hatte musizieren hören. Die Trommeln waren gelegentlich beim abendlichen Zusammensitzen zum Einsatz gekommen, aber die Muscheln waren neu. Vermutlich machten sie größtenteils den Charakter und die Stimmung nautolanischer Musik aus.

„Hoffen wir mal, dass die Jungs damit tanzbare Musik für uns zaubern.“

Irgendwie würde es schon gehen müssen, denn um seinen Tanz wollte er sich nicht bringen lassen. Haut an Haut, so war es geplant, so lautete das unausgesprochene Versprechen. Der erste Trommler fing an, mit bloßen Händen auf das Fell seines Instruments zu klopfen. Erst ein leiser Takt, dann wurde er lauter, der Rhythmus komplexer, bis ein zweiter Nautolaner mit einstieg und dann ein dritter. Es war ein stampfender Rhythmus, den die drei Trommler entwickelten und vor Exodus‘ innerem Auge hüpfte eine gesichtslose Gestalt zu diesem Takt um ein Feuer. Das würde ein körperlicher Tanz werden, kein geschmeidiger, nicht so wie er es in der Tanzschule in Coruscants Upper Class gelernt hatte. Man musste sich von dem Rhythmus tragen lassen, sich darauf einlassen, dann würde es funktionieren.
Schließlich drangen die Klänge der Muschelinstrumente an sein Ohr. Einer der beiden spielte tiefe Basstöne und ließ Exodus‘ Nackenhärchen aufstehen. Es klang, als kämen die Noten direkt aus der Tiefe des Meeres und ein Lächeln überkam ihn. Der zweite Nautolaner spielte in höheren Tönen eine Melodie, die sich an den stampfenden Rhythmus der Trommler anpasste. Sein Blick wanderte zu Giselle und einige Sekunden lang betrachtete sie eindringlich.


„Das sollte funktionieren, oder nicht?“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand - Camp | bei Giselle und der Wingston-Crew ]
 
- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus und Wingston Crew–

Gerade erst hatte der Abend begonnen. Die Menge hatte sich noch nicht ganz von dem Anblick des entzündeten Feuers gelöst, als bereits die ersten Instrumente ausgepackt wurden. Das leise, ryhtmische Schlagen von Trommeln fand seinen Weg in Giselles Gehör.

”Ja, ich denke das wird funktionieren.”

Sie lächelte Exodus an. Er schien wirklich unbedingt mit ihr tanzen zu wollen. Warum er nur immer so undurchschaubar? Mal war er aufmerksamer Zuhörer, mal seriöser Geschäftsmann, mal wortgewandter Charmeur. Giselle mochte alle diese Seiten an ihm, doch es gelang ihr nicht, sie zu einem großen Ganzen zusammen zu setzen und hinter die Fassade dieses Mannes zu blicken, der offenbar alles sein konnte. War er an ihr interessiert und wenn ja, was genau wollte er? War sie nur eine Assistentin, eine von vielen? Er flirtete oft mit ihr und er es gelang ihm immer wieder, sie wie zufällig zu berühren. Zu Beginn war es Giselle nicht sofort aufgefallen, doch irgendwann war es offensichtlich geworden. Sie wusste selbst nicht mehr, wann genau das gewesen war. Er suchte oft ihre Nähe, doch sie konnte nicht sicher sein, warum. Vielleicht war es, weil er sich einfach nur gerne mit ihr unterhielt, vielleicht aber auch, weil er mehr wollte. Wie viel mehr?

“Wir werden sehen, wie gut du als Tänzer bist.“

Sagte sie. Die meisten Männer mochten Herausforderungen.

“Wir sehen uns später.“

So nahm am Feuer zu stehen war angenehm, sofern es draußen kalt war. Giselle kannte die wohlige Wärme, die von den Flammen ausging, wenn kalter Wind die Äste der Bäume schwanken ließ und eine Decke nicht mehr ausreichte um die Nacht über schlafen zu können. Hier auf Fresia existierte eine solche Kälte nicht. Es würde während der Dunkelphase zwar deutlich abkühlen doch noch war es zu warm um länger als ein paar Minuten so dicht vor dem Feuer zu stehen. Sie wandte sich ab, lächelte Exodus Wingston zu und sparzierte hinüber auf die andere Seite des Camps, wo das Buffet aufgebaut worden war und sich die Ersten bereits daran bedienten. Giselle war nur geringfügig hungrig und würde später ewtas essen. Zera dagegen hatte sich bereits eine ganze Schale voller Köstlichkeiten voll geladen.

“Hi Giselle, na, zurück vom Sparziergang?“

Die Nautolanerin zwinkerte ihr zu und blieb neben ihr stehen. Ihre schlanken Finger angelten sich einen Algenspieß aus der hölzernen Schale, die sie in der linken Hand balancierte. Giselle ignorierte die Anspielung bewusst. Sou und Zera tuschelten hinter Giselles Rücken, doch sie sprachen sie nur selten direkt auf die Gerüchte an, die scheinbar weiterhin im Umlauf waren und vor denen Jak sie bereits vor Tagen gewarnt hatte. Offenbar dachte man im Camp noch immer, vermutlich mit steigender Intensität, dass zwischen Exodus und Giselle etwas lief. Ihre gemeinsame Wanderung nach Ringers Island hatte diese Vermutungen jedenfalls ganz bestimmt nicht entschärft.

“Wie du siehst. Wo ist Sou?“

Suchend schaute Giselle sich um. Normalerweise waren die beiden Frauen immer im Doppelpack unterwegs.

“Sou? Oh, sie ist irgendwo unterwegs. Sie kommt bestimmt gleich wieder.“

Antwortete Zera. Giselle ließ diese Worte einen kurzen Augenblick stehen, ehe sie fragend die Augenbrauen hob. Man mochte ihr und Exodus eine Affäre andichten, doch scheinbar gab es andere, die selbst schon einen Schritt weiter waren.

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Zera und Wingston Crew –
 
Zuletzt bearbeitet:
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Camp ]

Für einen kurzen Moment hatte sich Exodus gefragt, ob Giselle bereit wäre, den Tanz mit ihm zu eröffnen – dann wusste er, dass sie es nicht war. Sie stimmte ihm zu, die Musik war tanzbar, aber jetzt direkt damit loslegen? Das war offenbar nicht in ihrem Sinn. Exodus runzelte die Stirn, als sie sich umdrehte und ihn am Feuer stehen ließ. Vermutlich wäre es ohnehin übertrieben gewesen, sich jetzt sofort vor die Flammen zu stellen und zu tanzen. Die Stimmung musste sich lockern, der Abend voranschreiten und weitere Tänzer dazu kommen. Nur der Geschäftsführer und seine Assistentin, eng umschlungen vor dem Feuer? Das würde nicht funktionieren.
Unsicher sah Exodus sich um. Als Projektleiter sollte er nicht alleine hier herumstehen, er sollte sich unter das Volk mischen, mit den Mitarbeitern reden, sollte lachen und scherzen, sollte Mittelpunkt der Veranstaltung sein. Das Problem dabei war: Für ihn war der Mittelpunkt jemand ganz anderes – und um diesen Punkt würde er kreisen, bis er ans Ziel gekommen war. Nur einige Meter von ihm entfernt stand eine weitere stämmige Gestalt, ebenfalls still ins Feuer blickend. Es war Dan’el. Exodus ging mit großen Schritten auf ihn zu.


„Dan’el!“

Der Mensch sah zu ihm herüber, nickte und begrüßte ihn pflichtbewusst.

„Sir?“

„Ich habe vorhin die aktuellen Ergebnisse der CoreMasters gesehen.“

Kurz bevor er unter die Dusche gesprungen war, hatte er einen Blick auf die aktuelle Tabelle werfen können. Dan’el und er hatten während Exodus‘ Abwesenheit vom Camp nicht darüber diskutieren können, doch jetzt schien ihm ein angemessener Zeitpunkt ihre Debatte über den besten Grav-Ball-Spieler fortzusetzen.

„So?“

Dan’el zeigte sich unwissend, doch sein Schmunzeln verriet ihn. Auch er hatte die Ergebnisse gesehen. Exodus grinste ihn siegesgewiss an.

„Sieht ja so aus, als hätte ich Recht behalten. Ruellis ist der Spieler des Turniers – er führt sein Team zum Sieg.“

Der Geschäftsführer baute sich neben dem größeren Piloten auf und blickte vom Feuer zu dessen kaum verzogener Miene. Viele der Nautolaner um sie herum pilgerten zu den langen Buffet-Tischen. Exodus hingegen war noch nicht nach Essen.

„Ich weiß nicht, Sir. Noch ist das Turnier nicht zuende und Garoon hat weiterhin gute Chancen. Er führt die Scorerliste an.“

Dan’els Respekt vor seinem Vorgesetzten war zu groß, um ihm vehement zu widersprechen, doch Exodus merkte schnell, dass sie wieder einmal gänzlich unterschiedlicher Meinung waren. Selbst der Siegeszug von Ruellis‘ Team überzeugte ihn nicht!

„Ich habe es doch schon einmal gesagt.“

erklärte Exodus und grinste seinen Piloten nach wie vor breit an.

„Es kommt nicht nur auf die Tore an. Garoon erzielt zwar viele Tore, das stimmt – aber er lässt das restliche Team dabei im Stich. Er arbeitet nicht für das Team und deshalb wird spätestens im Halbfinale Schluss sein. Ruellis macht seine Mitspieler besser, er verteilt die Bälle gut, hat die Fäden in der Hand.“

Der Pilot wog den Kopf unschlüssig hin und her. Immer noch: Kein Konsens zwischen den beiden Menschen. Vermutlich würden sie ihn auch nicht mehr erreichen – so war das eben bei Sportanhängern. Selbst wenn Ruellis gewinnen und Garoon als Verlierer das Grav-Ball-Feld verlassen würde: Dan’el würde eine Begründung dafür finden, wieso Garoon nach wie vor der bessere Spieler sein musste. Er und tausend andere Fans des trandoshanischen Grav-Ball-Stars.

„Ich denke, wenn ein Spieler Tore erzielt – dann hilft er der Mannschaft am meisten. Denn auf Tore kommt es im Endeffekt an. Mit Toren gewinnt man Spiele.“

Jetzt war es an Exodus mit den Schultern zu zucken. Gegen solche Weisheiten konnte auch er nicht viel sagen. Nur mit Toren gewann man Spiele, das stimmte. Und trotzdem blieb er der Meinung, dass Ruellis dafür sorgen würde, dass sein Team mehr Punkte erzielen würde als Garoon.

„Wir können wohl nur abwarten, wer am Ende als Sieger das Feld verlassen wird.“

„Ganz richtig, Sir.“

Exodus nickte und hörte ihm doch an, dass er sich nach wie vor sicher über den Ausgang des Turniers war. Nun, er würde schon sehen: Garoon würde untergehen, früher oder später.

„Wollen wir etwas trinken?“

Dan’el nickte und gemeinsam liefen sie nun auch zu den Buffet-Tischen. Er mochte den Piloten. Auch wenn es vielleicht etwas egoistisch war, aber ihm gefiel, dass er ebenfalls nicht die stärkste Bindung in die Crew hatte und sich daher oft als Gesprächspartner anbot. Sie waren auf einer Wellenlänge, etwa im gleichen Alter, kamen vom selben Planeten, wenn auch nicht aus derselben Schicht. Und eine gute Diskussion über Sport, so festgefahren sie auch war, konnte nie schaden.

Exodus griff nach zwei Flaschen Gizer-Bier und drückte eine davon Dan’el in die Hand, während er für sich selbst die andere Flasche öffnete. Sein Blick glitt am Buffet-Tisch entlang und erspähte – wie zufällig – Giselle. Sie war mit einer ihrer Zeltnachbarinnen im Gespräch: Sou oder Zera, in der Dämmerung konnte Exodus die beiden noch viel weniger auseinander halten. Exodus blickte in ihre Richtung und hob mit einem Lächeln die Stimme.


„Vielleicht könnten die Damen uns bei einer wichtigen Diskussion behilflich sein?“

Sie sahen auf und Dan’el und er bewegten sich zu ihnen hinüber. Der Pilot verzog wieder keine Miene und Exodus konnte nicht sagen, ob er das hier für eine gute Idee hielt. Manche Männer waren der Ansicht, unwissende Frauen sollte man nicht in solche Diskussionen mit hineinziehen. Andere nutzten Gespräche mit dem weiblichen Geschlecht zur Profilierung und um mit ihrem großen Fachwissen anzugeben. Exodus verfolgte keines der beiden Ziele. Er interessierte sich tatsächlich zuerst einmal dafür, ob Giselle – und auch ihre Mitbewohnerin – einen Sinn für Sport hatten.

„Dan’el und ich sind beide große Grav-Ball-Fans und stecken seit Tagen in dieser Diskussion fest: Wer ist der bessere Spieler? Bic Garoon, der Trandoshaner, der bisher die meisten Tore in den CoreMasters erzielt hat – oder Darius Ruellis, der Chiss, der wenig Tore erzielt, sein Team dafür lenken und leiten kann?“

Exodus nahm einen Schluck von seinem kühlen Bier. Bevor das Gespräch sofort wieder beendet war, weil beide Frauen bekundeten, gar kein Interesse an dem Sport zu haben, schob er noch die allgemeine Frage nach:

„Was ist wohl die bessere, die wichtigere Eigenschaft?“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Camp | bei Giselle, Sou und Dan’el ]
 
- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Dan’el, Zera und Wingston Crew–

Grav-Ball. Giselles Blick glich einem weißen, unbeschriebenen Blatt Papier. Grav-Ball war eine Sportart, doch worum ging es genau? Sie hatte schon einmal irgendwo davon gehört, vermutlich bei der Flotte, doch sie konnte sich nur noch schwach daran erinnern. Sie selbst hatte noch nie ein solches Spiel gesehen, obwohl es, wenn Exodus und Dan’el darüber diskutierten, nicht unpopulär zu sein schien. Giselle aber hatte noch nie Gelegenheit dazu gehabt, sich diesen Sport anzusehen. Aufgewachsen bei ihrem Clan, der nicht viel übrig hatte für die galaxisweiten Traditionen fremder Kulturen, hatte Giselle nur die Sportarten und Spiele ihres eigenen Volkes kennen gelernt. Später, während ihrer Zeit auf Alderaan hätte sie mit solchen Dingen in Verbindung kommen können, doch die Freizeit der Mädchen an der Theatherhochschule war äußerst begrenzt gewesen. Ein Grav-Ball Spiel anzusehen hatte sich nie ergeben, weder dort noch danach, als sie mit Morten und ihrer neuen Familie beim Circus durch die Lande gezogen war. Entschuldigend hob Giselle die Schultern. Von den Spielern, deren Namen Exodus gerade genannt hatte, hatte sie noch nie im Leben gehört.

”Grav-Ball?”

In Zeras Stimme war bereits deutlich die von ihr empfundene Abneigung zu hören.

”Total überbewertet. Da bin ich bisher noch jedes Mal bei eingeschlafen.”

Sie zuckte mit den Schultern. Das war offenbar kein Thema, mit dem man sie begeistertn konnte.

”Darius Ruellis ist allerdings nicht schlecht. Eigentlich der einzige Grund, warum man das überhaupt gucken sollte. Wenn überhaupt.”

Sagte sie und ließ ein Grinsen erkennen, das eindeutig die noch ungestellte Frage beantwortete, was genau sie an diesem Spieler so besonders gut fand. Giselle schmunzelte. Wenn dieser Darius Ruellis ein Chiss war, so wie Exodus gesagt hatte, konnte sie sich einen gut gebauten, kräftigen jungen Mann vorstellen, der Zeras Sinne vernebelte.

“Ich muss leider passen.“

Antwortete sie selbst schließlich.

“Ich habe noch nie ein Grav-Ball Spiel gesehen.“

Und nicht nur das. Auch die Regeln waren ihr vollkommen fremd.

“Aber wenn es um die Fähigkeiten geht, die ein guter Sportler haben sollte, dann denke ich, kommt es auf die Position an, in der ein Spieler spielt. In den meisten Teamsportarten haben die Spieler doch verschiedene Aufgaben, oder nicht?“

Etwas unsicher sah Giselle fragend in Exodus’ und Da’nels Richtung.

“Um ein Team erfolgreich zu machen, sollte man den richtigen Mann an den richtigen Platz stellen. Jeder muss gut sein in dem, was er tut und sich auf den Rest der Mannschaft verlassen können und ich denke, dass man auf verschiedene Weise gut sein kann.“

Zera fischte einen weiteren Algenspiel aus ihrer Schale, hielt ihn hoch in die Luft und zog die Alge genüsslich mit den Lippen ab. Das dabei entstehende, leicht schlürfende Geräusch, ließ Giselle in ihre Richtung schauen. Giselle hob die Schultern.

“Wenn beide Herangehensweisen funktionieren, die von Ruellis, als auch die des Trandoshaners, dann gibt es vielleicht gar kein besser oder schlechter.“

”Und trotzdem ist Ruellis heißer.”

Warf Zera ein. Giselle lächelte.

”Von mir aus. Ich habe absolut keine Ahnung.”

Gab sie offen zu lachte. Gespielt missbilligend schüttelte Zera den Kopf.

”Du solltest unbedingt MEHR Grav-Ball schauen.”

”Ja, ich glaube auch. Offenbar verpasse ich ja eine ganze Menge, wenn es nach dir geht.”

Die beiden Frauen lachten. Es war nicht das erste Mal, das Zera von einem bestimmten Mann schwärmte. Ihre Gespräche mit Sou, von denen Giselle ganz automatisch viel mitbekam, wenn sie zusammen in ihrem Zelt waren, drehten sich fast um nichts anderes. Amüsiert schüttelte die Vahla den Kopf und begegnete dabei Exodus’ Blick. Es war eine neue Situation, dass sie zu viert beieinander standen und eine Unterhaltung über belanglose Dinge führten, die nichts mit dem Geschäft zu tun hatte. Die Umstände erinnerten an eine Szene aus einem Holofilm: zwei Frauen, die abends gemeinsam unterwegs waren und zwei nette Männer kennen lernten, sich mit ihnen unterhielten und den Abend zusammen verbrachten. Ganz so weit entfernt war die Realität davon nicht, doch während in einem Film bereits vorher bestimmt war, was geschehen würde, sobald der Abend und die Nacht vorbei waren, wusste Giselle noch immer nicht, was sich zwischen ihr und Exodus entwickeln würde und was genau er von ihr wollte.

”Wissen Sie Mr. Wingston, Sie sollten mal mit uns zusammen Wasserball spielen.”

Zeras Vorschlag kam vollkommen aus dem Blauen heraus.

”Ich würde gerne sehen, ob Sie mehr ein Bic Garoon oder ein Darius Ruellis sind.”

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Dan’el, Zera und Wingston Crew–
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand - Camp | bei Giselle, Zera und Dan’el ]

Und plötzlich ergab sich eine ganz neue Situation. Nicht Giselle war es, die den Flirt mit Exodus eröffnete, sondern die Nautolanerin. Sie wollte ihn beim Wasserball sehen – und ob er eher ein Bic Garoon oder Darius Ruellis war, wie sie es ausdrückte. Ihrem Blick nach, wollte sie ihren Chef vor allem nur in Badeshorts durch das Wasser springen sehen. Exodus sah von der Nautolanerin, über deren Namen er sich immer noch nicht sicher war, zu Giselle, um eine Reaktion von ihr aufzufangen.

„Tjaaa …“

Ein Schmunzeln fuhr über sein Gesicht und er sah zwischen den drei Anwesenden hin und her. Ein Gespräch über Grav-Ball war nicht die allerbeste Idee gewesen. Dan’el hatte sich vornehm zurückgehalten, die Nautolanerin hatte von Ruellis‘ tollem Aussehen geschwärmt und Giselle hatte zunächst zugeben müssen, noch nie ein Grav-Ball-Spiel gesehen zu haben. Doch ihre Worte waren, trotz ihrer Unwissenheit zu dem Sport, sehr treffend gewesen: Ruellis und Garoon spielten andere Positionen, also wurden andere Dinge von ihnen verlangt. Jeder konnte auf seine Art zum Erfolg der Mannschaft beitragen. Für einen Moment überlegte Exodus, wie stark ein Team mit den beiden Spielern wäre – und dass er dies mit Dan’el würde diskutieren müssen. Doch sein Gedanken blieben noch bei Giselles Worten. In einem Team bekleidete jeder eine andere Position – genau so war es hier auch. Dan’el war eine stille Autorität, einer der nicht aus sich heraus kam, der pflichtbewusst war und sich selbst nicht allzu viel Freizeit gönnte. Exodus hingegen war der Projektleiter und von ihm wurde verlangt, dass er offener auf die Leute zuging als Dan’el. Er musste Ansagen machen, Kommandos geben, Entscheidungen treffen. Nur wie sehr durfte er privates und Arbeit miteinander vermischen? Seine Avancen gegenüber Giselle waren der Crew nicht verborgen geblieben. Dass darüber geredet wurde, gefiel ihm nicht, denn er hatte stets das Gefühl, dass ihm damit der Respekt abhanden kam. Aber vielleicht konnte mit dieser Situation auch viel offensiver umgehen. Die Nautolanerin wollte ihn beim Wasserball sehen: Spontan hätte er gesagt, dies käme überhaupt nicht in Frage. Das Wasserball-Spiel war eine Aktivität der Crew: Es ging um geselliges Miteinander, aber auch um körperbetonten Wettkampf. Als Chef konnte er sich eigentlich nicht vorstellen, bei so etwas mitzuwirken. Aber vielleicht war das der Schlüssel. Wenn er sich offensiver mit den anderen Mitarbeitern beschäftigte – möglicherweise würde seine Zeit mit Giselle dann weniger kritisch betrachtet.

„Wieso eigentlich nicht? Ich bin zwar kein erfahrener Wasserball-Spieler, aber ich würde mich doch als sportlich bezeichnen.“

Er hob die Augenbrauen und zwang sich, seinen funkelnden Blick auf der Nautolanerin ruhen zu lassen. Ein Seitenblick zu Giselle hätte seine wahren Beweggründe nur zu leicht verraten.

„Der Abend ist noch jung.“

sagte er schließlich, als die Idee, die ihm eben schon gekommen war, in seinem Kopf konkretere Gestalt annahm.

„Wir könnten auch jetzt noch ins Wasser gehen und ein bisschen spielen – wir vier Grav-Ball-Experten.“

Er zwinkerte vergnügt in die Runde und musste bei Dan’els verdutztem Gesichtsausdruck grinsen. Die Nautolanerin schien durchaus überrascht, Giselle hingegen vermied er noch anzusehen. Wasserball war ein Spiel mit viel Körperkontakt – natürlich ging es bei seinem Vorschlag vor allem um die Vahla. Natürlich war es ein Manöver, dass ihm Zeit mit ihr einbringen sollte. Er konnte nicht anders, er musste jede Gelegenheit dazu nutzen. Wenn er sich dabei noch weitere Sympathien im Team erarbeiten konnte – umso besser.

„Also – wie siehts aus? Eine kleine Runde am Strand?“

Die Kühnheit blitzte aus seinen Augen. Die leise Stimme in seinem Kopf flüsterte ihm zu, wie dumm das war. Der rational denkende Exodus Wingston, für den das Geschäft und die Professionalität im Vordergrund standen, hätte niemals einen solchen Vorschlag gemacht, sagte sie. Er hätte auch niemals einen Weg finden müssen, um überhaupt von seiner Beziehung zu Giselle ablenken müssen. Und doch tat er es.
Jetzt endlich sah er auch wieder zu der Vahla hinüber. Ihre Antwort war entscheidend – mit der Nautolanerin alleine wollte er sich nicht im Wasser vergnügen.


[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand - Camp | bei Giselle, Zera und Dan’el ]
 
- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Dan’el, Zera und Wingston Crew–

Er überraschte sie immer wieder. Von dem Projekter Exodus Wingston war in diesem Moment nicht viel zu sehen. Wer war er jetzt? Giselle hätte ihn als einen von ihnen bezeichnet, hätte sie es nicht besser gewusst. Ob Zeras Vorschlag, dass er sich ihnen zum Wasserball anschloss, so ernst gemeint gewesen war, bezweifelte sie. Wahrscheinlicher war, dass Zera dies einfach nur so dahin gesagt hatte, natürlich in der Annahme, Exodus würde niemals zusagen. Doch genau das hatte er jetzt getan und der Nautolanerin war ihre – durchaus positive – Überraschung deutlich anzusehen.

“Was, jetzt sofort?“

Zera sah von einem zum anderen.

“Ja, warum nicht! Eine gute Idee!“

Rief sie aus und hatte die Holzschale mit ihrem Abendessen auch schon einem der anderen Nautolaner in die Hand gedrückt, der gerade an ihnen vorbei gegangen war.

“Halt das bitte kurz für mich. Danke.“

Sagte sie energisch und hatte schon nach Giselles Hand gegriffen.

“Komm, Giselle, wir ziehen uns um.“

Doch Giselle zögerte. Ihr war nicht wirklich nach einem ausgelassenen Ballspiel. Sie mochte die abendliche Stimmung, das knisternde Feuer und die Musik der Nautolaner. Zudem hatte sie gesehen, dass Haiur sich den Trommlern angeschlossen hatte. Wenn ihm das Musizieren gefiel, holte er vielleicht seine Flöte hervor. Giselle hatte ihn schon früher spielen hören. Die selbst geschnitzten Flöten der Mon Calamari klangen wie das Lachen von Engeln. Giselle entwandt Zera ihre Hand.

“Ich glaube nicht, dass ich Lust habe. Aber geht ihr ruhig.“

Sagte sie ehrlich.

“Ich schaue euch lieber zu.“

Für einen kurzen Moment sah Zera sie an, offensichtlich abwägend, ob es wohl lohnte, zu versuchen Giselle zu überreden. Ihre Entschiedung fiel dagegen.

“Na schön, du kannst uns anschließend Handtücher bringen.“

Schlug sie vor und ihr auffordernder Blick wanderte eine Spur zu auffällig in Exodus’ Richtung.

“Hey, Taku! Wir spielen eine Runde Wasserball, hast du Lust? Wir können noch ein paar Leute gebrauchen. Mr. Wingston spielt auch mit!“

Zeras laute Stimme schallte quer durch das Camp und sämtliche Blicke wandten sich in ihre Richtung. Damit war zumindest für Exodus kein Rückzug mehr möglich. Das Interesse war auf seiner Seite. Zera entschwand im Laufschritt in Richtung ihres Zeltes. Zurück blieben Da’nel, Exodus und Giselle. Giselle wandte sich an den Piloten.

“Sie sollten ihm den Rücken stärken.“

Riet sie ihm in Anspielung auf Exodus, bevor Da’nel es ihr gleich tat und sich ebenfalls aus der nun nicht mehr aufzuhaltenden Partie heraus hielt. Taku war bereits gelaufen um den Ball zu holen. Lächelnd schickte Giselle sich an zurück zum Lagerfeuer zu gehen.

“Ich drücke euch die Daumen.“

Sagte sie zu den beiden Menschen, deren Chancen gegen die erfahrenen und gut trainierten Nautolaner nicht all zu gut standen. Sie machte zwei Schritte an Da’nel vorbei, stand nun auf Exodus freier Seite und blendete den Piloten aus ihrem Bewusstsein aus, während sie Exodus ansah.

“Viel Erfolg.“

Wünschte sie ihm leise.

“Ich bringe dir dein Handtuch, wenn du gewinnst.“

Hinter ihr wurden Stimmen lauter. Spieler und Zuschauer waren gleichermaßen voller Vorfreude auf das bevorstehende Match. Giselle drehte sich um und sah Zera wieder aus ihrem Zelt heraus kommen. Sie selbst setzte ihren Weg zum Lagerfeuer fort.

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Dan’el, Zera und Wingston Crew–
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Camp | bei Giselle, Zera und Dan’el ]

Wenn man einen Plan schmiedete, bestand immer die Möglichkeit, dass er gelang – oder dass er grandios scheiterte. Natürlich hoffte man immer auf ersteres, ein Erfolg war immer das gewünschte Ergebnis eines Plans. Exodus‘ Plan Giselle bei einem Wasserballspiel näher zu kommen, ging hingegen völlig in die Hose. Die Vahla hatte schlicht keine Lust auf eine Partie Ballsport. Aber was noch schlimmer war: Er würde trotzdem Wasserball spielen müssen, denn seine Zusage stand im Raum und wurde von Sou oder Zera, der Nautolanerin jedenfalls, durch das ganze Camp weitergetragen. Exodus unterdrückte es, eine Grimasse zu ziehen. Wäre er doch geduldig geblieben! Seinen Tanz hätte er bekommen, er hätte nur etwas warten müssen. Eine Stunde vielleicht, oder zwei. Jetzt war er an das Meer gebunden, während Giselle vom Strand aus zugucken würde – wenn sie das Spiel überhaupt interessierte. Wahrscheinlicher war, dass sich Jak zu ihr gesellte und sie innig miteinander plauderten.
Gleichzeitig standen ihre Chancen gegen die Nautolaner nicht allzu gut. Exodus war kein schlechter Schwimmer, aber die Nautolaner waren ein Wasservolk. Das Meer war ihr natürliches Terrain – wohingegen Exodus und Dan’el Fremdkörper im Wasser waren. Ihre physischen Voraussetzungen benachteiligten sie eindeutig und damit wären sie ein Handicap für ihr Team. Zwar hatte Exodus einen mächtigen Verbündeten auf seiner Seite – die Macht – nur ob er sie hier wirklich einsetzen sollte? Wenn Giselle zusah, wollte er eine gute Figur machen, aber andererseits würde jeder hier erwarten, dass sie untergingen. Und damit wäre eine Niederlage kaum eine wirkliche Schmach. Oder doch?
Giselle wünschte ihm viel Glück, immerhin das, und erklärte, sie würde ihm nach dem Spiel ein Handtuch bringen, wenn er denn gewänne. Damit erhöhte sie den Einsatz. Er schluckte, zwang sich allerdings zu einem Lächeln. Giselle begab sich zum Lagefeuer und ließ die beiden Menschen zurück. Exodus kratzte sich unschlüssig am Hinterkopf und sah zu dem schweigsamen Dan’el.


„Ich glaube wir sollten uns umziehen. Und … entschuldigung.“

Dan’el schien seufzen zu wollen.

„Ihnen ist schon klar, dass die Nautolaner uns eindeutig überlegen sind?“

Exodus presste die Lippen aufeinander und zog die Schultern hoch, um sie dann wieder fallen zu lassen.

„Oh jaa.“

Gemeinsam liefen sie zurück um sich umzuziehen, während auch andere Nautolaner zu ihren Zelten zurückliefen, um sich in Badekleidung zu werfen. Das hier würde ein richtiges Event werden, ein großes Spektakel. Der Chef spielte mit! Na das konnte ja was werden. Auf dem Weg zu seiner Hütte ärgerte sich Exodus sehr über seinen Leichtsinn und auf dem Rückweg zum Strand verhöhnte ihn die Stimme in seinem Hinterkopf dafür. Er war es selbst Schuld. Dass er auch immer Giselle nachjagen musste!

Etwa zehn Minuten später startete das Spiel. Das Meer war nicht besonders warm, doch das war noch das geringste Übel. Exodus stand breitbeinig und nur in Shorts im niedrigen Wasser und sah sich um. Sie spielten acht gegen acht, er war mit Dan’el im Team. Zera – Taku hatte sie vorhin endlich bei ihrem Namen angesprochen! – hatte merkwürdigerweise darauf bestanden im gegnerischen Team zu spielen. Ob sie ihn am Ende des Tages doch nicht so sehr mochte, wie er eben angenommen hatte? Sein Blick wanderte zum Strand. Das Lagerfeuer bildete mittlerweile ihre stärkste Lichtquelle und beleuchtete die glänzenden Gesichter seiner Mitspieler nur schwach. Hier hatte er die Macht auf seiner Seite. Er spürte ihre Auren und wusste dadurch jederzeit, wo sich wer befand. Das war ein Vorteil, aber nur ein geringer. Unter Wasser waren die Nautolaner einfach schneller und geübter als er. Er war trainiert, aber das waren sie auch. Wenn er seine Bewegungen durch die Macht verstärken würde, wäre das auffällig. Fragen konnte er nicht gebrauchen.


„Alle startklar?!“

rief einer der Nautolaner im gegnerischen Team und Exodus hätte am liebsten protestiert. Es half nichts, er musste jetzt das Beste aus seiner Situation machen. Nur wo war Giselle? Er konnte die Vahla bei den sitzenden Gestalten am Lagerfeuer kaum ausmachen. Nur die Musik drang deutlich zu ihnen herüber, untermalt vom Rauschen des Meeres. Plötzlich setzten sich alle um ihn herum in Bewegung: Es ging los.

Es dauerte nicht lange, bis Exodus klar wurde, dass das Spiel miserabel lief. Jedes Team besaß ein kreisrundes Tor, das auf der Wasseroberfläche schwamm und mit Hilfe eines Seiles am Meeresboden verankert war – andere Abgrenzungen gab es nicht. Doch während es ihnen noch gar nicht gelungen war, das gegnerische Tor zu erreichen, hatten die anderen schon drei Bälle bei ihnen versenkt. Was hatte Zera noch bemerkt? Sie wollte sehen, welchem Spielertyp er glich, Ruellis oder Garoon? Er selbst mochte Ruellis lieber und der natürlichen Rolle hier im Camp nach, wäre es die Rolle des Chiss‘, die er auszufüllen hatte. Exodus Wingston war ein Anführertyp, in jeder Lebenslage, auch in einer Sportart, die er bisher noch nie gespielt hatte!


„Hier!“

rief er plötzlich, als sein Team in Ballbesitz war und forderte damit zum ersten Mal selbst den Ball selbst. Bisher war das Spiel mehr oder weniger an ihm vorbei gelaufen. Einer der Nautolaner beförderte den Ball mit einem harten Wurf zu ihm und Exodus musste zwei Mal zupacken, ehe er die glitschige Kugel unter Kontrolle gebracht hatte. Er zögerte, sondierte die Lage und spürte dann über die Macht, dass sich einer seiner Mitspieler von einem Bewacher gelöst und unter der Meeresoberfläche auf das gegnerische Tor zuschwamm. Mit einem weiten Wurf beförderte er den Ball in dessen Richtung, ehe er auf dem Wasser aufschlug und nur einen Moment später vor seinem auftauchenden Teamkollegen geschnappt wurde. Die gegnerische Verteidigung war wie angewurzelt – sie mussten sich ebenfalls an die schlechten Lichtverhältnisse gewöhnen und hatten den Angriff nicht kommen sehen. Diesen Moment nutzte ihr Spieler, um das erste Tor zu erzielen. Exodus stimmte in den Jubel seiner Kameraden mit ein, ehe plötzlich Zera vor ihm auftauchte.

„Gar nicht übel, Mr. Wingston.“

„Danke.“

„Ich glaube, sie brauchen einen Sonderbewacher.“

Er zog skeptisch die Augenbrauen hoch. Bis eben hatte er den Ball kaum in den Händen gehalten und schon brauchte er eine Manndeckung? Er sagte nichts, sondern grinste Zera nur unverbindlich an.

Was die Nautolanerin unter Manndeckung verstand, wurde ihm nur allzu bald deutlich. Sobald er erneut einen Ball anforderte und versuchte, sich nicht auf ein Schwimmduell mit den gegnerischen Nautolanern einzulassen, sondern die Macht dazu nutzen wollte, einen weiteren geschickten Pass zu spielen, hing sie an ihm dran. Wortwörtlich. Sie packte ihn bei den Schultern, versuchte ihn nieder zu ringen und ihm so den Ball zu entwenden. Zera lachte dabei, vor allem wenn es ihr gelang, ihm die Kugel zu entreißen und Exodus konnte nicht anders, als an Giselle zu denken. Sie hätte hier stehen sollen, und sich Haut an Haut mit ihm um einen Ball balgen sollen. Sie hätte es sein sollen und nicht Zera! Das war von vorneherein der Plan gewesen. Und jetzt saß sie am Feuer und flirtete mit Jak! Er konnte Zeras Freude nur geringfügig teilen.

Das Spiel endete 10 zu 5 für die Gegner. Dan’el hatte es dank seiner Statur geschafft, einen wichtigen Ball zu erobern und den entscheidenen Pass zu einem Tor zu spielen, hatte ansonsten aber so wenig zum Spiel beitragen können wie Exodus, dessen einzig gute Aktion der Pass zum drei zu eins geblieben war. Dafür schien er mit Zera eine Art neue Freundin gefunden zu haben. Die Nautolanerin wich ihm auch nicht von der Seite, als sie das Spiel beendet hatten und den Strand überquerten. Dabei legte sie eine Hand auf seine Schulter und lobte ihn für das Spiel.


„Sie sind eindeutig der Typ Ruellis.“

Bemerkte sie fachmännisch. Er schmunzelte. Seine Spielmacher-Fertigkeiten hatte sie im Keim erstickt. Ob sie sich dann auf seine Attraktivität bezog? Das war eben jene „Fähigkeit“, die sie zuvor bei Ruellis so hervorgehoben hatte.

„Ich denke, da ist noch Luft nach oben.“

sagte Exodus vage und versuchte sich unauffällig von ihr zu lösen. Seine Augen suchten nach Giselle, wie schon das ganze Spiel über. Wie lange hatte das jetzt gedauert? Bestimmt eine halbe Stunde. Doch sie saß noch dort am Lagerfeuer, bei den Musikern, zu denen sich jetzt auch noch die Mon Calamari gesellt hatten. Barfuß und mit nacktem Oberkörper schloss er zu ihr auf, während Zera mit den anderen am Feuer vorbei und zurück zu den Zelten lief. Zu seinem Glück saß Giselle am Ende einer der Bänke. Die Wassertropfen rannen seinen Körper hinunter und er war froh, so nah am Feuer zu stehen. Andernfalls wäre es schnell kalt geworden.

„Wir haben verloren.“

bekundete er gegenüber Giselle, die ihn offenkundig interessiert ansah. Wieviel sie wohl vom Spiel mitbekommen hatte? Die lauten Rufe hatten trotz der Musik zum Feuer hinüber schallen müssen. Aber ob sie wirklich etwas von seiner Leistung mitbekommen hatte?

„Ich schätze, ich muss mir dann selbst ein Handtuch holen?“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Camp | bei Giselle ]
 
- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Haiur und Wingston Crew –

Musik und Gelächter bildeten gemeinsam eine fröhliche Kulisse vor dem dunkler werdenden Abendhimmel. Giselle hatte sich auf eine der Bänke am Feuer gesetzt. Neben ihr saß Haiur, der die Flöte spielte. Daneben saßen in einem Halbkreis die Nautolaner mit ihren Muscheln und Trommeln. Einige von ihnen sangen. Es waren monotone, tiefe Töne in einer Sprache, die Giselle nicht verstand. Vom Rauschen des Meeres untermalt hechteten zwölf dunkle Schatten, die sich im schwächer werdenden Licht kaum voneinander unterschieden, durch die Wellen. Das Wasserballspiel war in vollem Gange und Giselle hörte an dem Gelächter und den begeisterten Rufen, dass es offensichtlich großen Spaß machte. Trotzdem war sie vollkommen zufrieden damit, bei den Musikern zu sitzen und ihrer Kreativität zu lauschen. Es hatte etwas idyllisches, einfach nur da zu sitzen, ohne zu reden oder nachzudenken, und sich von dem Geschehen um sie herum tragen zu lassen. Sie konnte sehen, wie Exodus im Wasser dem Ball nachjagte, denn obgleich sie keine Gesichter erkennen konnte, waren er und Da’nel durch ihre menschliche Gestalt eindeutig von den Nautolanern zu unterscheiden. Dann stürzte sich ein Gegenspieler auf Exodus und im Gerangel von Armen und der über ihnen einbrechenden Welle verlor Giselle den Geschäftsmann aus den Augen. Einzig der Ball flog weiter durch die Luft und das Chaos brach an anderer Stelle im Wasser aus. Es war der perfekte Abend. Momente wie diese vermisste Giselle Givenchy von früher.

“Wo führen deine Gedanken dich heute Abend hin, Giselle?“

Haiurs Frage kam wie aus dem Nichts und veranlasste Giselle zu einem unerwarteten Lächeln.

“Ich weiß nicht.“

Antwortete sie, die Szenerie um sich herum weiter aufnehmend.

“Gerade dachte ich daran, was für ein schöner Abend es ist.“

“Es ist sehr idyllisch hier.“

Stimmte Haiur ihr zu.

“Wir werden morgen früh aufbrechen und unsere Stammesbrüder suchen.”

Informierte er sie.

“Wir gehen sehr früh, du brauchst uns nicht zu begleiten. Es ist besser, wenn wir dies alleine tun.“

Trotz aller Festlichkeiten hatte Haiur den Grund seines Hierseins nicht aus den Augen verloren. Dankbar drückte Giselle ihm die Hand.

“Hat deinem Freund die Flöte gefallen?“

Wollte Haiur wissen und Giselle lächelte abermals.

“Du meinst Jem? Ja. Ja, das hat sie. Er hat sich sehr gefreut. Ich möchte dir noch einmal dafür danken. Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, werde ich ihm etwas Sand mitbringen, hier von diesem Strand, gerade so viel, dass er seine Füße hinein stecken kann.“

Zur Demonstration bohrte Giselle ihre eigenen Füße tief in den Sand. Als sie zum ersten Mal auf Rings Island gewesen und Haiur kennen gelernt hatte, hatte er eine Flöte aus Holz für ihren Freund aus Hill City geschnitzt. Es war nett von ihm, dass er sich jetzt danach erkundigte. Gleichzeitig erinnerte er sie damit daran, dass sie Jem schreiben könnte, sobald sie die Ruhe dazu fand. Sie könnte ihm erzählen, wie ihr ihre Arbeit gefiel und wie es war, tief im Meer nach Lumiumvorräten zu tauchen. Unweit von ihnen entfernt fand das Spiel im Meer sein Ende. Einer nach dem anderen kamen die triefend nassen Nautolaner und die beiden Menschen aus dem Wasser heraus. Bis zu diesem Moment hatte Giselle keine Ahnung, welches Team gewonnen hatte. Alleine auszumachen, wer zu welchem Team gehörte, war schier unmöglich gewesen. Erst als Exodus auf sie zukam und ihr mit seiner Bemerkung, er würde sich sein Handtuch wohl selbst holen müssen, verriet, wie das Spiel ausgegangen war, wusste Giselle Bescheid.

“Hättest du nichts gesagt, hättest du mir sogar verkaufen können, dass du der beste Spieler dort draußen gewesen bist.“

Antwortete sie, zog ihre Füße aus dem Sand, rückte ein Stück in Haiurs Richtung und klopfte auf den freien Platz auf der Bank neben sich, zu ihrer Linken.

“Setz dich. Ich wette, hier am Feuer dauert es nicht lange, bis du trocken bist. Dann brauchst nicht mal ein Handtuch.“

Ein Stück weiter den Strand hinauf, dort wo das Buffet aufgebaut worden war, brauch ein kleiner Tumult los. Lautes Rufen und Lachen signalisierte, dass sich das Gewinnerteam über seinen Sieg durchaus zu freuen wusste. Vermutlich hatte dieser Sieg für sie sogar eine größere Bedeutung als normalerweise. Heute hatten sie ihren Chef geschlagen, so etwas feierte man gerne.

“Sieht so aus, als würden sich die anderen wie hungrige Netzweber auf das Essen stürzen.“

Schmunzelte sie.

“Was ist mit dir, Exodus? Bist du hungrig? Ich hole dir etwas, wenn du möchtest.“

Bot Giselle an und war bereits aufgestanden. Sie selbst konnte ebenfalls eine Kleinigkeit vertragen. Danach wollte sie weiter die Musik und die Atmosphäre am Lagerfeuer genießen und zusehen, wie die Welt um sie herum immer tiefer im Griff der Dunkelheit versank.

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Haiur und Wingston Crew –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Camp | bei Giselle und Haiur ]

Zwar würde Giselle ihm nicht sein Handtuch bringen, doch er selbst musste es auch nicht holen: Sie bot ihm einen Platz neben ihr an, direkt am Feuer. Exodus spürte die Wärme der Flammen zu ihm herüberreichen: Die Tropfen auf seiner Haut würden bald verdampfen. Für Giselle hatte dies den – hoffentlich – angenehmen Nebeneffekt, ihren Chef und Freund eine ganze Weile mit nacktem Oberkörper neben sich sitzen zu haben. Vielleicht war das sogar insgeheim ihr Plan gewesen, dachte er in sich hinein lächelnd, auch wenn die Tatsache, dass sie nichts vom Spiel mitbekomen hatte, ein klein wenig enttäuschte. Andererseits musste das auch nicht ihre Schuld gewesen sein. Sie hatten im Meer schließlich selbst kaum ihre Mitspieler und Gegner ausmachen können. Schließlich setzte er sich neben die Vahla auf die Bank – die sich jedoch kurz darauf schon wieder erhob.

„Oh, ja. Wieso nicht – ein kleiner Snack wäre mir gerade Recht.“

antwortete er auf ihre Frage, ob sie ihm etwas zu Essen bringen sollte. Kein Handtuch, aber ein Platz an ihrer Seite und etwas zu essen. Die Tendenz zeigte klar nach oben.

„Vielen Dank.“

fügte er, sich seiner Manieren im letzten Moment wieder erinnernd, noch hinzu. Giselle verschwand mit einem Lächeln in Richtung des Buffets und reihte sich bei den hungrigen Nautolanern ein, die eine kurze Schlange vor den Tischen gebildet hatten. Das Wasserballspiel würde am heutigen Abend vermutlich noch einige Male zum Gesprächsthema werden. Exodus fragte sich, ob das vor oder hinter seinem Rücken passieren würde. Hatte er sich mit seinem Engagement stärker in das Gruppengefüge eingebunden – oder würde er nach wie vor der unnahbare Chef bleiben, der sich heute einmal eine Ausnahme erlaubt hatte?

„Die Musik der Mon Calamari und der Nautolaner passen gut zusammen.“

Exodus richtete seinen Blick auf Haiur, der an Giselles Seite gesessen und mit seiner Flöte das Spiel der Nautolaner begleitet hatte. Die Instrumente ergänzten sich gut, das war Exodus schon aufgefallen, als er den Strand zum Feuer hin passiert hatte. Außerdem hatte er sich bisher fast noch gar nicht mit ihren Gästen von Rings Island beschäftigt und es war ihm fast peinlich, diese Gelegenheit erst jetzt zu nutzen. So musste es ein kleiner Small-Talk sein.

„Ja, ich denke auch. Vielen Dank.“

Der Geschäftsführer nickte und sah zurück ins Feuer. Es kam ihm merkwürdig vor, eine Art offizielles Gespräch nur in Badeshorts zu führen, aber für Haiur war dies vermutlich weniger ungewöhnlich. Er kam von einem kleinen Eingeborenenstamm – maßgeschneiderte Designeranzüge waren den Einwohnern dort fremd.

„Der Sonnenuntergang war atemberaubend.“

versuchte Exodus es ein zweites Mal, da ihm keine Erwiderung auf Haiurs Dank einfallen wollte.

„Ich habe schon zu Giselle gesagt: Auf Coruscant, meinem Heimatplaneten, wird es nie wirklich dunkel. Es gibt immer Millionen von Lichtern, die die Stadt von innen heraus erhellen und viele Raumschiffe, die auch nachts den Himmel erleuchten. Das nimmt den Sonnenuntergängen etwas von ihrer Kraft. Ich bin froh, dieses Ereignis hier miterlebt zu haben.“

Haiur schien darüber nachzudenken, auch wenn Exodus der Meinung war, dass Mon Calamari eigentlich grundsätzlich nachdenklich wirkten.

„Interessant. Für uns ist es etwas so besonders, weil die Tage und Nächte sehr lang sind.“

erklärte Haiur und wiederum war es an Exodus zu nicken. Tja, nun …
In seinem Rücken spürte er Giselle zu ihnen zurückkommen. Er rutschte auf der Bank herum, um sie anzusehen, klopfte dann auf den Platz neben ihm, so wie sie es eben getan hatte und zwinkerte.


„Was ich ganz vergessen hatte zu erwähnen: Ich war übrigens der beste Spieler dort draußen.“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Camp | bei Giselle und Haiur ]
 
- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Haiur und Wingston-Crew –

Da sie keine Hand frei hatte konnte Giselle ihr lautes Lachen mit keiner Hand auffangen und unterdrücken. Exodus‘ typische Selbstsicherheit und sein dazu passender, unverwechselbarer Humor, hatten sie mal wieder eiskalt überrascht. In der rechten Hand hielt sie einen Teller für ihn, gefüllt mit Backfisch, Hirseklößen und buntem Kohl. In der linken Hand trug sie eine kleine Schale mit einer dünnen Gemüsebrühe und einem kleinen Algenspieß für sich selbst. Es war kein festliches Mahl, das sie für sich selbst zusammen gestellt hatte, doch Giselle brauchte nicht viel. Sie war nie eine große Esserin gewesen.

“Dann müssen deine Teamkameraden ja ziemlich schlecht gewesen sein.“

Antwortete sie und setzte sich wieder auf ihren Platz, in die freie Lücke zwischen Exodus und dem Mon Calamari.

“…Wenn du so gut warst und ihr trotzdem verloren habt.“

Sie tauchte ihren Algenspieß in die Gemüsebrühe und biss dann, mit den Schneidezähnen voran, davon ab. Die Algen ließen sich nur schwer auseinander reißen, schmeckten jedoch köstlich. Neben ihr spielte Haiur auf der Flöte und Giselle mochte die klaren, hellen Klänge.

“Hi, Giselle!“

Erschrocken fuhr die Vahla herum. Jost Fleetfire hatte sich quasi an sie heran geschlichen. Breit grinsend, wie die Unschuld in Person, schaute er sie an.

“Hast ja einen guten Platz erwischt. Wenn dein Essen nicht durch ist, kannst du’s noch mal direkt ins Feuer halten.“

Teilte er seine Weisheit mit ihr. Giselle sah ihn einen Moment lang schief an und grinste dann.

“Stimmt.“

Erwiderte sie.

“Wenn man es gut durch, schön schwarz und außerdem vollständig verkohlt mag.“

Laut lachend hielt sich Fleetfire den Bauch über dem sackartigen, bunt gemustertem Shirt, das er trug. Er war eine witzige Gestalt und es fiel Giselle schwer, ihn ernst zu nehmen. Im Gegensatz zu Exodus konnte sie über seine Scherze jedoch durchaus lachen.

“Mr. Wingston, Sir, ich hoffe es schmeckt Ihnen. Die beste Sitznachbarin haben Sie ja. Oh, eine tolle Vorstellung beim Wasserball, übrigens. Ha, man hätte fast meinen können, Sie spielen zum ersten Mal, Sir! Wirklich gut!“

Selbstbewusst, aber noch immer so, als könne ihn kein Wässerchen drüben, grinste der Pilot von einem zum anderen. Eigentlich fehlte nur noch, dachte Giselle, dass er Exodus vertrauensvoll auf die Schulter klopfte, doch diese Geste blieb aus. Dann trottete er wieder davon. Giselle versuchte, den Spaß aus ihrem Gesicht zu verbannen.

“Hat er gerade gesagt, du hättest ausgesehen, als spieltest du zum ersten Mal?“

Erkundigte sie sich, um Ernst bemüht und löffelte von ihrer Suppe.

“Wirklich, wie unerhört…“

Giselles Lippen kräuselten sich. In Wahrheit glaubte sie nicht, dass irgendjemand, der vom Strand aus zugeschaut hatte, wirklich ernsthaft eine Analyse der Spieler abgeben konnte. Ein paar Nautolaner hatten direkt unten am Wasser gestanden, doch Jost Fleetfire war nicht dabei gewesen, da war sie sich sehr sicher. In aller Ruhe löffelte Giselle ihre Suppe aus und stellte den Teller zu ihren Füßen in den Sand.

“Mal im Ernst: hat es denn Spaß gemacht?“

Wollte sie wissen.

“Denn danach hat es zumindest ausgesehen.“

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Haiur und Wingston-Crew –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Camp | bei Giselle und Haiur ]

Immer dieser Fleetfire! Es kostete Exodus einige Beherrschung den schlaksigen Piloten nicht gleich hochkant aus der Crew zu werfen und ihm die Kündigung unter sein dämliches Grinsen zu halten. Im normalen Berufsleben hätte er so etwas nicht geduldet. Aber sie konnten nicht auf den zweiten Piloten verzichten und das war das Problem an der Sache. Deshalb musste er sich als Chef dämliche Kommentare von dieser Witzfigur gefallen lassen. Ärgerlich. Eine disziplinarische Maßnahme wäre trotzdem angebracht, befand Exodus im Stillen. Die Furche, die sich vor Verärgerung zwischen seinen Augenbrauen gebildet hatte, löste sich nur langsam wieder, als Fleetfire verschwand. Der Pilot hatte immerhin in einem Recht: Exodus hatte tatsächlich die beste Sitznachbarin – im Gegensatz zu Fleetfire, der sich jetzt wieder verziehen musste, nachdem er Giselle noch geraten hatte, ihr Abendessen zum Garen komplett ins Feuer zu halten. Tolle Idee! Exodus verdrehte die Augen, als er darüber nachdachte und sein Blick in der Dunkelheit der langen Gestalt Fleetfires folgte. Er hatte es gewagt, sich über Exodus‘ Wasserballspiel lustig zu machen – obwohl er vermutlich ohnehin nichts hatte erkennen können. Das war einfach nur dreist. Und dämlich. Aber vermutlich war Exodus‘ Ärger und Beschämung in Gegenwart von Giselle genau das, was er hatte erreichen wollen. Idiot.

„Hat er gesagt, ja.“

grummelte Exodus zur Bestätigung auf Giselles ungläubige Wiederholung von Fleetfires Worten. Sie schien amüsiert und Exodus fragte sich, ob sie eher über ihn oder über den Piloten lächelte.

„Stimmt ja auch. Ich habe das tatsächlich noch nicht so häufig gemacht. Und gegen die Nautolaner als geborene Wasserballer sieht vermutlich jeder schlecht aus.“

Er zuckte mit den Schultern, um Lässigkeit bemüht. Eine kleine Rechtfertigung konnte er sich dann eben doch nicht verkneifen, auch wenn er wusste, dass er damit nur unterstrich und zeigte, wie sehr ihn Fleetfires Worte ärgerten. Immerhin: Giselle gelang es, wie so häufig, Exodus‘ Verstimmung zu lösen. Sie fragte, ob es ihm Spaß gemacht habe – denn danach hätte es ausgesehen. Also hatte sie doch zugesehen? Er hob die Augenbrauen und ein kleines Lächeln brach endlich wieder durch die aufeinander gepressten Lippen.

„Es hat gut getan, sich körperlich zu betätigen. Und Ballsportarten sind ohnehin mein Ding.“

gab er zu und war sich bewusst, dass er den Teller mit Backfisch, Hirseklößen und Kohl, den Giselle ihm gebracht hatte, mit etwas zu stark angespannten Oberarmen über den Knien hielt. Jetzt wo er sein Shirt schonmal ausgezogen hatte, sollte sie ruhig etwas davon haben.

„Danke übrigens.“

sagte er noch, hob den Teller ein paar Centimeter an, um darauf zu deuten und spannte erneut den Bizeps an. Vielleicht fiel es in der Dunkelheit auch gar nicht auf.

„Ich war auch gar nicht soo schlecht – einen guten Spielzug hatte ich am Anfang, danach wurde ich vom gegnerischen Team aus dem Spiel genommen und kontinuierlich gedeckt.“

Wieder hob er die Achseln, schmunzelte diesmal aber dabei. Dass es Zera gewesen war, die ihn kaum noch hatte loslassen wollen, ließ er unter den Tisch fallen. Es war ja auch nicht die wichtigste Information. Statdessen sagte er vage:

„Die Gegner haben mich also wohl als sehr stark eingeschätzt.“

Dann fiel sein Blick wieder auf die Musikanten, bei denen Giselle die ganze Zeit gesessen und zu denen sich auch Haiur gesellt hatte. Um das Gespräch nicht nur um sich selbst drehen zu lassen, fragte er:

„Und, gefällt dir die Musik?“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Camp | bei Giselle und Haiur ]
 
- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Haiur und Wingston Crew–

Exodus
musste sich weder mit seiner Leistung beim Wasserball verstecken, noch hatte er es nötig seine Leistungen in übertrieben guter Form darzustellen. Er sagte einfach, wie es war: er war den Nautolanern bei ihrem gewohnten Spiel unterlegen gewesen, aber immer noch gut genug, als dass sie ihn als einen ernsten Gegner akzeptiert hatten. Giselle fand es richtig, dass er Nähe bewiesen und sich mit ihnen auf eine Stufe gestellt hatte. Das würde dem Verhältnis zu seinen Mitarbeitern sicherlich gut tun.

“Das nächste Mal spiele ich vielleicht mit. Dann kannst du mir zeigen, wie es geht.“

Sagte sie, obwohl sie noch bezweifelte, ob es eine Wiederholung eines solchen Spiels geben würde, wenn drum herum die festliche Atmosphäre fehlte, um die Stimmung zu lockern. Die Nautolaner spielten regelmäßig und tobten jeden Tag im Wasser, doch wenn der Alltag erst einmal weiter ging, war es fraglich, ob Exodus noch einmal so schnell sein Hemd ausziehen und mitmachen würde.

“Die Musik ist schön.“

Ihr Blick huschte kurz zu Haiur hinüber.

“Sie ist anders als die Musik, die ich kenne. Ich habe Haiur schon früher die Flöte spielen hören. Die Mon Calamari schnitzen sie selbst. Ich weiß nicht, wie es funktioniert, doch jede Flöte beherrscht unterschiedliche Tonlagen. Mit mehreren Flötenspielern können sie einen ganzen Chor bilden. Das klingt wunderschön.“

Giselle neigte den Kopf und lauschte auf die hohen Töne, die Haiur mit seinem Instrument erzeugte und die zwischen dem dumpfen Schlagen der Trommeln und den tiefen Gesängen der Nautolaner deutlich heraus zu hören waren. Wie von selbst begann ihre Hand den Takt der Musik auf ihren Knie zu schlagen. Dass es Giselle nur selten auf ihrem Platz hielt, wenn von irgendwoher Musik gespielt wurde, war kein Geheimnis. Das Gefühl für Rhythmus war ihr in die Wiege gelegt worden und früher hatte man ihr sogar erzählt, dass sie als Kind begonnen hatte zu tanzen, kaum dass sie das Laufen gelernt hatte. Ob dies wirklich oder lediglich eine schöne Geschichte war, die die Alten ausgeschmückt hatten, wusste sie nicht. Was indes den Tatsachen entsprach war, dass man sie von klein auf gefördert hatte. Giselle war in ihrem Clan zu einer Tänzerin erzogen worden, einer jener Beschwörerinnen, die der Göttin Vahl dienten, die ihr näher standen als alle anderen – unter ihrem persönlichen Schutz, verfolgt von ihren wachsamen Augen. Später hatte sie eine professionelle Tanzausbildung genossen.

In einer fließenden Bewegung stand Giselle auf und bewegte sich zum Feuer hinüber. Es war unmöglich, steif auf der Bank zu sitzen und nicht zu tanzen. Ihre Arme breiteten sich aus, schwebten dem Himmel entgegen und fanden über ihrem Kopf zusammen. Tanzen war etwas, bei dem Giselle nicht denken musste. Wie von selbst fanden ihre Füße die Schritte im samtigen Sand, während sich ihre schmalen, bei ihrer dünnen Gestalt kaum vorhandenen Hüften kreisförmig bewegten. Das Feuer war heiß. Giselle fühlte die Hitze in ihrem Nacken und auf ihrer Brust. Flammen leckten gen Himmel. Es war fast wie früher. Klirrend schlugen ihre Armreifen gegeneinander, das Spiel der Trommeln stimmungsvoll ergänzend. Der Blick der Vahla war im Feuer gefangen. Es existierte nichts außer der Musik, den Flammen und ihr selbst. Dort wo die Musiker saßen, war es eng, als sie das Feuer umrundete, doch sie nahm nichts davon wahr. Wie von selbst fanden ihre Füße den Weg. Einmal, zweimal, dreimal. Grazil sprang Giselle in die Höhe, sich um sich selbst drehend, den Körper angespannt. Es gab nichts, für das sie so geschaffen war, wie dies hier. Ihr langer Rock flatterte leicht, doch er behinderte sie. Unvermittelte blieb die Vahla stehen und war sich wieder ihrer Umgebung bewusst. Sie stand genau dort, wo sie ihren Tanz begonnen hatte, unmittelbar neben Exodus.


“Hier.“

Sagte sie, bückte sich, griff nach dem Saum ihres Rockes und drückte ihn Exodus in die Hand.

“Reiß den Stoff für mich ein, bitte. Ich brauche mehr Freiheit.“

Hörte sie sich selbst sagen und hatte noch das Gefühl, dass es wie aus weiter Ferne klang.

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Haiur und Wingston Crew –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle, Haiur und Wingston Crew ]

Freiheit. Mehr Freiheit. Exodus ließ sich von Giselle den Saum ihres Rockes in die Hand legen. Seine zweite glitt wie selbstverständlich ebenfalls zu dem Stoff und packte fest zu. Sie fühlte sich eingeengt und er war es, der ihr Freiheit schaffen sollte. Mehr Freiheit. Alles um ihn herum blieb plötzlich stehen, als er Giselle noch einmal von oben bis unten betrachtete. Nur er und sie waren hier und ein Rock, der sie von der Freiheit trennte. Kein Gedanke an Geschäftsführer und Assistentinnen, an Mon Calamari Vertreter und Nautolaner, an grinsende Piloten oder tratschende Mitarbeiter. Kein Gedanke, nur Giselle, die vor ihm stand und erwartungsvoll abwartete. Mehr Freiheit.
Begleitet von einem lauten „Ratsch“ riss er den Stoff kraftvoll entzwei. Seine Hände griffen nach dem Stoff, als wüssten sie selbst, was zu tun war, als hätten sie immer schon Röcke von schönen Frauen zerrissen. Ein weiteres Mal packte er zu und zog. Ratsch! Seine Hände tasteten nach Giselles Hüfte und drehten sie auf der Stelle im Kreis. Er musste auch an die andere Seite. Sie bewegte sich mit ihm, ließ ihn auch hinten noch einmal zupacken und die letzte Verbindung des Stoffes kappen. Ratsch! Exodus‘ Hände hielten den Stoffrest in den Händen, der vor dreißig Sekunden noch Giselles Rock gewesen war. Er hatte kaum richtig darauf geachtet, wie sich der Riss durch den Stoff fortgesetzt hatte. Ihr Hintern war noch bedeckt und auch ein Teil ihrer Oberschenkel, aber im Vergleich zu dem vorherigen bodenlangen Rock hatte er ihr nicht viel gelassen. Unfreiwillig musste er grinsen, während er sein Werk mit prüfendem Blick besah. Mit einem Mal erhob auch er sich und sah Giselle auf gleicher Höhe in die Augen. Er ahnte, dass man ihnen vermutlich gerade zusah, doch er zwang sich, nicht hinzusehen. Mit ihrem Tanz hatte sie ihn wieder einmal bezaubert. Seit sie aufgestanden war, getrieben von der Musik, hatte er ihr hinterher sehen müssen. Nur ihr.


„Genug Freiheit?“

hauchte er, immer noch grinsend und hob fragend die Augenbrauen. Giselle beherrschte ihn. Die Vahla rief und er konnte nicht anders, als ihr die Wünsche von den Lippen abzulesen. Er war ein mieserabler Chef, in dieser Hinsicht, das wusste er. Und doch konnte er nicht anders. Wenn Giselle ihm jetzt nicht eine Ohrfeige für seine Schneiderarbeit verpasste, hatte es sich immerhin gelohnt. Der Anblick ihrer langen braungebrannten Beine war schlicht unbezahlbar.

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle, Haiur und Wingston Crew ]
 
Zuletzt bearbeitet:
- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Haiur und Wingston Crew–

Ob es genug war, wollte er wissen. Ja, es war genug – und wieder nicht. Genug Freiheit, zu wenig Exodus. Giselle spürte, wie sich ihr eigener Brustkorb hob und senkte. Exodus hatte ihren Rock entzwei gerissen. Sie hatte einen Schlitz gewollt, damit der Stoff besser flog und er hatte den Großteil des Rockes einfach entfernt. Sie sah an sich herunter. So konnte man es auch machen. Seinen Blick auffangend ließ sich Giselle zu einem Lächeln hinreißen.

“Genau richtig.“

Antwortete sie und griff nach seiner Hand. Sie fühlte sich leicht wie eine Feder.

“War da nicht noch was mit einem Tanz?“

Sie zog ihn mit sich zum Feuer. Hinter ihr hörte sie das Knacken von Holz, das die Flammen auffraßen.

“Uraltes Geschäftsführergesetz und so...“

Ohne lange darüber nachzudenken begann Giselle, sich wieder zur Musik zu bewegen. Exodus’ Hand hielt sie dabei noch immer. Die Musiker spielten einen schnellen Rhythmus und sie bewegte sich tänzelnd vor und zurück, näherte sich Exodus und entfernte sich wieder. Nur flüchtig berührte ihre Körpermitte die seine. Sein bloß gelegter Oberkörper wirkte golden im Schein des Feuers. Hier waren sie, Mann und Frau, die so wenig und doch so viel übereinander wussten. Es war noch nicht lange her, dass sie Fremde gewesen waren. Ein einziger Abend, so schien es Giselle, hatte alles verändert. Hätte sie Exodus nicht kennen gelernt, wäre sie vielleicht niemals wieder nach Fingers Mark zurück gekommen und diesen Abend, den sie heute gemeinsam lebten, hätte es niemals gegeben. So vieles hing von kleinen Momenten ab und es war oft erst rückblickend, dass man die wichtigen Augenblicke erkennen konnte. Giselle ließ Exodus’ Hand los und drehte sich, warf den Rücken zurück und bog ihn durch. Trommeln klangen in ihren Ohren, als verkündeten sie eine Botschaft. Wenn Trommeln erklangen, drohte Gefahr. Wenn Trommeln erklangen, geschah etwas Außergewöhnliches. Mit einer langsamen Bewegung streckte Giselle ihren Arm nach Exodus aus. Wie konnte sie die Gefahr fürchten, mit einem Mann wie ihm an ihrer Seite?

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Haiur und Wingston Crew –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle, Haiur und Wingston Crew ]

Exodus ließ sich von Giselle auf die provisorische Tanzfläche ziehen und es fühlte sich an, als hätte sie seit ihrer ersten Begegnung in der Red Square Bar nichts anderes gemacht. Sie tanzte und er lief hinterher, konnte seine Blicke und Hände nicht von ihr lassen. Doch jetzt war sie es, die seine Hand ergriffen hatte. Er grinste, als sie seinen Scherz des Geschäftsführergesetztes aufgriff und konnte seinen Blick kaum noch von ihr abwenden. Er konnte nicht sagen, ob er ihr hinterher gestolpert oder galant am Feuer vorbei gelaufen war – so wenig nahm er von seiner Umwelt war. Da war das Feuer, die Dunkelheit am Himmel und Giselle vor ihm, an seiner Hand, in seinem Kopf. Die Musik passte sich an – oder waren sie es, die sich der Musik anpassten? Die Vahla begann ihren Körper rhythmisch zu bewegen, Arme, Beine und Hüfte ganz natürlich in perfekter Choreographie. Und er selbst? Begann sich mit ihr zu bewegen. Vor und zurück, zur Seite, immer dem Takt folgend. Exodus hatte Taktgefühl und Exodus hatte gelernt zu tanzen – auf den Bällen der coruscantischen Upper-Class. Standardtänze waren sein Metier. Dort wusste er, wie er eine Frau führen und sie über das Parkett führen konnte. Hier gab es weder ein Parkett noch eine klassische Tanzhaltung, bei der er Giselle hätte führen können. Ihre Führung war nur die Musik der Nautolaner, begleitet von Haiurs Flötenspiel. Exodus versuchte sich dieser Musik zu öffnen, ähnlich wie er es tat, wenn er im Strom der Macht schwamm. Es war nicht so, dass er als Jugendlicher nie in Clubs getanzt hatte. Aber die Musik dort war noch anders als hier. Eines aber hatte er auch in der heißen Atmosphäre coruscantischer Discotheken gelernt: Wie man Frauen antanzte. Mit rhythmisch stampfenden Bewegungen bewegte er sich auf Giselle zu, die vor ihm eine Pirouette drehte und ihre Haare dabei durch die Luft wirbeln ließen. Für einen winzigen Moment blitzte an ihrem Nacken unter den Haaren ein kleines Symbol hervor – ihre Tätowierung! Das Schriftzeichen in fremder Sprache, das Exodus schon im Verwaltungszelt entdeckt hatte. Er hatte dort davon abgesehen, sie danach zu fragen – zu unterkühlt war die Stimmung nach ihrem Besuch auf Rings Island noch gewesen. Und danach … hatte er es schlicht vergessen. Doch jetzt war die Stimmung eine andere, jetzt lag etwas in der Luft, dass ihm das Gefühl gab, heute Nacht konnte alles passieren. Er näherte sich Giselle, legte seine Hände auf ihre Hüften, sah ihr in die Augen und drehte sie dann herum. Sie vollführte eine kunstvolle Drehung, ohne sich von seinen Händen zu lösen und ging dann mit dem Rhythmus in die Knie. Exodus tat es ihr gleich, ließ seine Hände ohne weitere Berührung an ihren Seiten entlang wandern, malte ihre Kurven nach. Ihre wilde Mähne flog in tausend Strähnen vor seinem Gesicht hin und her, ehe er beschloss sie zu bändigen. Mit einem schnellen aber losen Griff, schob er ihre Haare zur Seite, auf die linke Schulter und legte ihren Nacken frei. Er ließ einige Sekunden verstreichen, sog den Moment in sich ein und genoss die Wärme von Giselles Körper so nah an seinem. Dann beugte er sich so weit zu ihr herüber, dass er ihr ins Ohr flüstern konnte. Seine Haut berührte ihre. Am Nacken, am Rücken, an den Beinen, an den Armen – Haut an Haut, so wie er es gewollt hatte.

„Was bedeutet das Symbol in deinem Nacken?“

flüsterte er ihr unverblümt ins Ohr. Ihr Geruch stieg ihm in die Nase und er fühlte, wie seine Knie für einen kurzen Moment weich wurden. Diese Frau beherrschte ihn – und trotzdem wusste er, dass sie ihm die Frage beantworten wurde. In diesem Moment konnte einfach nichts mehr schief gehen. Haut an Haut würde auch sie ihm nicht widerstehen können.

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle, Haiur und Wingston Crew ]
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben