- Kessel - Mine - Deck 7 -
Sie hatte keine Zeit, sich auszuruhen, auch wenn sie gerne kurz tief durchgeatmete hätte, erleichtert darüber, dem Sergeant und seinen Männern für's erste entkommen zu sein. Ob die Imperialen ihre Geschichte geglaubt hatten? Wahrscheinlich nicht. Wenn sie sich selbst begegnen würde, würde sie auch nicht darauf herein fallen. Aber wie auch immer, diese Lüge hatte ihr das bisschen an Zeit gegeben, die sie gebraucht hatte, um sich eine Fluchtmöglichkeit zu überlegen und um eine Ablenkung durch ein Geräusch auf der unteren Eben herauf zu beschwören. Zumindest dies hatte funktioniert und sie konnte jetzt nach dem Mann suchen, zu dem sie unterwegs war.
"Zentralbereich, Deck 7 - irgendwo in der Nähe des Aufzuges. Den erreichen wir, wenn wir ein Stück weit in die Mine kommen, noch vor den Tibaana-Gas-Feldern."
Bru-Ths Stimme klang in ihrem Gedächtnis wider. Zentralbereich. Chesara wandte sich nach rechts. In der Tat sah es hier etwas lebendiger aus, etwas zivilisierter. Es war nicht mehr eine bloße Mine. Die Jedi hielt sich an der Wand und schlich leise vorwärts. In einem der an den Gang grenzenden Räume konnte sie zwei Präsenzen spüren, die im Moment aber keine Gefahr darstellten. Ihre Geister waren gelöst und entspannt. Wahrscheinlich waren sie in ein Kartenspiel vertieft. Vorsichtig tastete sie sich weiter vorwärts. Schritte erklangen, kamen näher, wurden wieder leiser. Chesara ging weiter und tastete die nähere Umgebung mit der Macht ab, bis sie schließlich fand, wonach sie gesucht hatte. Eine Aura, stärker als die der anderen, selbstsicher und zufrieden, aber zugleich auch etwas verzehrt. Ihr Instinkt sagte ihr, dass dies Taac Re'sura war und als sie das Schild an der Tür las, wusste sie sich bestätigt. Es war sein Büro. Sie war goldrichtig. Sie griff nach ihrem Lichtschwert und lauschte. Von innen war eine gedämpfte Stimme zu hören, aber nur eine Person befand sich im Raum. Er sprach über Funk mit jemandem, also würde sie warten müssen, bis er geendet hatte, damit nicht irgendwo jemand alamiert wurde. Es dauerte eine Weile und Chesara blieb dicht an der Wand gedrückt, direkt neben der Tür stehen. Ein Licht flackerte an der Decke des Ganges, verlosch, flackerte wieder auf. Dann plötzlich, verklang die Stimme in dem Raum hinter ihr und sie hörte, wie ein Schrank geöffnet wurde. Jetzt oder nie. Sie betätigte den Türöffner und die Tür fuhr zischend auf. Mit einem einzigen Satz sprang sie in das Zimmer - ihr Lichtschwert zündete im gleichen Moment - und ließ die Tür mit Hilfe der Macht wieder zu schnellen!
Vor ihr stand ein großer, breitschultriger Mann. Er war wirklich ein Gefängniswärter, wie man sich ihn vorstellte. Alle Klischees trafen hier zu. Sein Brustkorb schien so breit zu sein wie die eines Rancors. Er trug einen Vollbart und unter seinem rechten Auge prankte eine Narbe. In seinem Blick lagen Überraschung und Spott. Keine Spur von Angst. Chesara fixierte ihn mit eisigem Blick.
Wagen Sie es nicht, um Hilfe zu rufen.
Sagte sie und beförderte den auf einem Schrank neben seinem Schreibtisch liegenden Blaster zu sich, in dem sie in mit der Macht ortete und zu sich hinüber schweben ließ. Der Mann vor ihr zuckte noch nicht einmal mit der Wimper.
Legen sie die Hände hinter ihren Kopf.
Befahl sie und wiederholte die Worte etwas lauter, als er nicht reagierte. Ein schwammiges Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
"Kaum zu glauben. Ich bin noch nie einer richtigen Jedi begegnet. Es ist mir eine wahre Freude."
Seine Stimme hatte etwas klebriges. Langsam nahm er die Hände hoch und legte sie hinter seinen Kopf. Ohne auf seine Bemerkung einzugehen, wies Chesara mit einem Nicken auf einen Besucherstuhl an der Wand.
Setzen Sie sich dort hin.
Forderte sie und zu ihrem Erstaunen tat er, wie geheißen. Er machte es sich beinahe bequem und versuchte sie glauben zu machen, die Situation zu genießen. "Alles Fassade." Entschied Chesara und ließ sich nicht beirren. Taac Re'sura musterte sie mit beinahe lüsternem Blick. Natürlich, sie hatte die Tatsache, dass es auf Kessel wohl nur wenige amüsante Ablenkungen und Freizeitvergnügungen gab, vorhin noch zu ihrem eigenen Vorteil genutzt. Einen Moment überlegte sie, wie sie am besten vorgehen sollte. Frontalangriff, alles andere war nur Zeitverschwendung.
Ich werde Ihnen jetzt einige Fragen stellen.
Sie hob eine Augenbraue.
Und Sie werden sie mir beantworten. Wahrheitsgemäß.
Taac Re'sura ließ ein kehliges Lachen erklingen.
"Na hör sich das einer an! Gib's auf Mädchen, so etwas..."
Er unterbrach sich aprubt und verzog sein Gesicht. Chesara hatte ihn über eine Distanz von fast drei Metern am Arm gepackt und ihn leicht verdreht. Der Griff der Macht ließ sich nicht abschütteln.
Sie werden meine Fragen beantworten und sonst nichts. Dann wird ihnen auch nichts geschehen. Aber an Ihrer Stelle würde ich mich nicht auf die Probe stellen.
Sie ließ seinen Arm los und er rieb sich die schmerzende Stelle. Endlich mischte sich ein mulmiges Gefühl in seine Aura. Zufrieden ließ sich Chesara auf der Kante seines Schreibtisches nieder und deaktivierte ihr Lichtschwert.
Es gibt auf diesem Planeten eine imperiale Basis - eine geheime, imperiale Basis. Wo?
Der Mann schwieg. Chesara ließ ihn nicht aus den Augen. Hinter seiner Stirn arbeitete es heftig. Er versuchte, seine Gedanken zu verbergen und war gar nicht mal schlecht darin.
Ahh, Sie wissen also davon. Wunderbar, dann bin ich ja nicht umsonst hergekommen.
Ihr Lächeln erreichte ihre Augen nicht. Entweder war er überaus loyal oder einfach überdurchschnittlich viel von sich eingenommen. Sie tippte auf letzteres. Die Macht war um sie herum wie die Luft, die sie einatmete, wenn es im Raum auch ein wenig stickig war. Chesara sammelte einen Energiestoß und berührte wieder den Arm des Aufsehers. Er zuckte zusammen.
Wir können das Spiel gerne wiederholen.
Bot sie an. Im gleichen Moment sprang er auf! Die leuchtende Klinge ihres Lichtschwertes erhellte das Zimmer, als er sich auf sie stürzte und schwang in seine Richtung. Seine Gesichtszüge verrieten Entsetzen und Schmerz. Innerhalb der nächsten Sekunde lag er bereits am Boden, sein linker Unterarm nur einen halben Meter von ihm entfernt. Er hatte vor Schmerz geschrien, doch Chesara hatte seinen Schrei gedämpft und er war ihm selben Moment verklungen, als der Schall außerhalb des Raumes dringen wollte. Keiner würde etwas mitbekommen haben. Taac Re'sura krümmte sich zusammen, seine Augen zusammen gekniffen. Chesara kniete sich neben ihm.
In Ordnung.
Fuhr sie fort
Jetzt werden Sie mir erzählen, was Sie wissen.
Seine Augen öffneten sich, glasig und ungläubig. Dann hob er umständlich die Hand und deutete auf einen Schrank an der Wand.
"In der obersten Schublade... in einer blauen Mappe..."
Ohne ihm zu antworten suchte Chesara die Mappe heraus und schlug sie auf. Auf das Deckblatt war eine Skizze gezeichnet, die eine Basis darstellte. Chesara blätterte die Akte durch und nickte. Koordinaten und Grundrisspläne waren vorhanden, sowie eine Aufstellung aller dort anwesenden Soldaten. Sie legte die Mappe auf dem Schreibtisch ab und kniete sich wieder neben den Verwundeten. Er zuckte zusammen und versuchte, sich von ihr fort zu bewegen.
Halten Sie still!
Chesara hob seinen Oberarm an und besah sich die Wunde. Es war ein sauberer Schnitt, der beinahe von selbst verheilen würde. Medizinische Mittel standen ihr momentan ohnehin nicht zur Verfügung. Sie legte die Stirn in Falten. Taac Re'sura zischte ihr etwas unverständliches zu. Mit dem Zeigefinger berührte sie die Stelle, wo sein Unterarm abgetrennt worden war und sammelte erneut die Macht um sich herum. Sie hatte so etwas zuvor noch nie getan, sich immer auf Kräuter, Umschläge und medizinische Vorrichtungen verlassen, aber diesmal war es anders. Im Grunde konnte dieser Mann nichts dafür, dass sie ihn so zugerichtet hatte. Sein Fehler war seine Selbstüberschätzung und seine Arroganz gewesen. Außerdem hätte er freiwillig sowieso nicht geredet. Nun, vielleicht würde er nun den Dienst quittieren und sein weiteres Leben etwas anderem widmen als der Macht des Imperiums. So gesehen hatte sie gar nichts schlechtes getan. Ihr Finger begann zu leuchten, Wärme durchströmte ihren Körper und konzentrierte sich auf den Punkt, den sie berührte. Nichts geschah. Chesara schürzte die Lippen und versuchte es mit der flachen Hand, die die Öffnung seines Armes legte. Konzentriert schloss sie die Augen. Fast unmerklich schloss sich die Haut unter ihrer Hand. Eine dünne Schicht überzog die offene Wunde. Die Jedi erhob sich und riss ein Stück Stoff aus dem Rock ihres Kleides heraus.
Sie sollten sich die nächsten Tage nicht unnötig bewegen. Wenn Sie sich schonen, verheilt die Wunde von ganz alleine.
Er kam nicht zu einer Antwort, da sie ihm den Stoff über den Mund legte und an seinem Hinterkopf festband. Schließlich zog sie noch ein Seil aus ihrer Tasche, das sie für Notfälle immer dabei hatte zerrte ihn nach oben.
Stehen Sie auf!
Forderte sie, nun wieder etwas rauher und zog ihn nach oben. Widerstandslos folgte er ihr zum Fenster und sie band seine rechte, noch vorhandene Hand an das Gitter des Fensters. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass der Knoten halten würde, griff sie nach der Mappe, die noch immer auf dem Schreibtisch lag und verließ das Zimmer. Taac Re'sura lehnte müde an der Wand. Sein Blick war auf den Arm gerichtet, der noch immer am Boden lag, dort, wo er ihn zurück gelassen hatte.
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