"Schulden" können verschiedenste Formen annehmen. Ja, den nachfolgende Generationen keine Staatshaushalte aufzubürden, die zum Großteil nur noch daraus bestehen, Verzinsungen und Garantien zu stemmen (und diese Garantien müssen auch gelingen, denn sonst verliert ein Staat sämtliche finanzielle Glaubwürdigkeit), ist ein grundsätzlich sehr vernünftiges Anliegen. Wenn dadurch jedoch dringend notwendige Investitionen ausbleiben, die Infrastruktur, Bildung, Gesundheit, innere und äußere Sicherheit, Klimaschutz, Digitalisierung, leiden und der soziale Zusammenhalt bröckelt, dann schneidet man nicht überschüssiges Fett ab, sondern sich tief ins eigene Fleisch und schadet nicht zuletzt der wirtschaftlichen Entwicklung, die eng mit all diesen Faktoren verbunden ist.
Welches Unternehmen zieht oder hält es in ein Land mit maroder Infrastruktur? Welcher Arbeitsmigrant interessiert sich für ein Land, in dem seine Kinder in den Schulen nicht für Zukunft vorbereitet werden? Wie soll zwischenstaatlicher Handel funktionieren, wenn Handelswege nicht geschützt sind und staatliche Souveränität durch Invasionen bedroht ist? Wer kann und möchte in einem Land arbeiten, das von Wetterextremen gepeinigt wird und dessen Gesundheitssystem damit nicht zurecht kommt? Natürlich, die Jahresendabrechnung kommt zuverlässig, aber auch die für fünf, zehn, zwanzig oder fünfzig Jahre.
Schon in den letzten Jahrzehnten konnte man beobachten, welche Folgen der Klimawandel mit sich brachte: Mehr Extremwetterlagen, mehr Überschwemmungen, Stürme, Hitzeperioden, steigende Meeresspiegel, etc., resultierten in der Verbreitung von Krankheiten und Schädlingen, erhöhter Mortalität, gestiegenen Versicherungsprämien, Produktionsausfälle, unterbrochene Lieferketten, soziale Verwerfungen, Massenmigration (primär innerhalb der betroffenen Regionen).
Covid-19 hat aufgezeigt, wie anfällig moderne, vernetzte Gesellschaften für Pandemien sind, und dabei sehr deutlich gemacht, dass das Gesundheitswesen in vielen Bereichen auf dem Zahnfleisch geht. Die russische Invasion in der Ukraine hat deutlich gemacht, wie wichtig es ist, konventionelle Sicherheitspolitik nicht zu vernachlässigen. Die Erfolge des Populismus haben deutlich gemacht, wie wichtig umsichtiges und energisches Handeln ist, um den sozialen Frieden zu wahren.
Nicht alle Aufgaben kann und muss ein allmächtiger Vater Staat bewältigen. Wir haben unseren Wohlstand nicht zuletzt der Kreativität, Innovation, Wettbewerb und Flexibilität der sozialen Markwirtschaft in Verbindung mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und dem Respekt vor den Rechten und dem Eigentum des Einzelnen zu verdanken. Staaten wie die VR China oder die Russische Föderation sind da abschreckende Beispiele (oder auch das ökologische Vermächtnis der Sowjetunion, das mit "katastrophal" noch milde umschrieben ist).
Aber dringend, und zwar nicht erst morgen oder übermorgen, muss sich der deutsche Staat wieder aufstellen, seine Kernaufgaben erfüllen und über die nächste Wahlperiode und bequeme Vorstellungen hinaus Weitsicht zeigen. Das lustlose Wursteln von 16 Jahren Merkel, in denen Untätigkeit und Schlampigkeit als Ruhe und Souveränität verkaufen wurden, hat schon mehr als genug Zeit gekostet.