Tagespolitik allgemein

König Maggus' Kabinett nimmt sich endlich Bayerns dringenden Problemen an. Wer jetzt denkt, dass es vielleicht um den völlig überhitzten Wohnungsmarkt in München oder anderen großen Städten oder um die Bekämpfung der bayrischen Schwurbler- und Reichsbürgerszene geht, liegt aber leider falsch. Bayerns größtes Problem ist selbstverständlich das Gendern:


Grüße,
Aiden
 
Genau! Wer kennt sie nicht, die Freiheit der Einschränkung! Wo Verbote zu mehr Entfaltung führen!

Das ist so hohl, da komme ich nicht mehr mit...

Da kommt niemand mit.

Aber soll der Mann der immer "Grüne Verbotsdiktatur" grölht jetzt die Kuh beim Namen nennen wenn es Dinge verbietet und anderen seine Weltanschauung aufoktroyiren möchte.

Selbe gilt doch schon mit diesen Kreuzen in jedem öffentlichen Gebäude.

Södi ist dann doch eher der autoritäre Typ.
 
Ein durchschaubares und gleichzeitig effektives politisches Manöver. Ein absolutes Randthema wird zur größten Herausforderung unserer Zeit gepusht und die simple Lösung gleich im Anschluss direkt mit präsentiert.
 
Wer kennt sie nicht, die Freiheit der Einschränkung! Wo Verbote zu mehr Entfaltung führen!

Gab es andersrum ja genauso. Ist halt die erwartbare Reaktion darauf, dass in einigen Unis , z.B. an der LMU 2021, zum Teil verboten wurde entsprechende Schreibweisen nicht zu benutzen und Zuwiderhandlungen mit Punktabzug äquivalent zu falscher Rechtschreibung oder Gliederung geahndet wurden. Korrekte Rechtschreibung genauso zu ahnden wie falsche Rechtschreibung ist dabei erstens komplett bescheuert und zweitens genauso eine Einschränkung der persönliche Freiheit des sprachlichen Ausdrucks, die wohl keineswegs die Erkenntnisse oder die Bildung der Studenten, egal welchen Fachs, in irgendeiner Weise fördert.

Die Dozentin und die LMU hatten sich damals aus der Verantwortung gedrückt und die Beschwerden wegen Ungleichbehandlung der Studenten ignoriert, obwohl im Namen reduzierter Diskriminierung nun aktiv diskriminiert wurde. Ist schon albern genug.
Der Witz an der Sache: Der damalige Leitfaden für gendergerechte Sprache kam von niemand anderem als Söder. :konfus:

Warum das Verbot trotzdem eine populistische Masche ist:

Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat im Juli (was den obigen Fall etwas relativiert, da noch keine Regel vorhanden war) entschieden, dass Schreibweisen mit *, _ oder : nicht legitim sind. Nach dem amtlichen Regelwerk haben sich alle Schulen und die öffentliche Verwaltung (also auch Hochschulen) zu richten, das heißt, zumindest theoretisch gab es die Vorgabe bereits seit Juli und auch welche sprachlichen Abweichungen einer schriftlichen Arbeit in der Uni Fehler darstellen (können) und welche nicht, ist damit klar.
 
Gab es andersrum ja genauso.

Sehe ich irgendwie ja anders. Die Sanktionen der Unis zielten ja sinngemäß darauf, dass die jahrzehntelange in die deutsche Sprache eingeflossene Exklusion von Frauen (und mittlerweile auch diversen Mitmenschen) nicht länger stillschweigend die Norm sein sollte.

Die Politik macht aber das exakte Gegenteil und sagt, dass alle nichtmännlichen Menschen sich gefälligst nicht so anstellen sollen. Wie man dadurch "Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offen halten" soll, erschließt sich mir überhaupt nicht.

Auf der einen Seite Progression.
Auf der anderen Seite Konservativismus.

Beide Seiten sind deutlich über das Ziel hinaus geschossen. Ich denke, dass ein Disclaimer in wissenschaftlichen Arbeiten, nämlich WER der Adressat ist, durchaus ausreichend sein sollte. Wenn man das generische Maskulinum verwenden will, einfach deklarieren. Wenn man Gendern will, einfach deklarieren, welche Schreibweise wen in welcher Weise anspricht. Das ist ein Dreizeiler. Und wenn jemand meint, dass er sich nur an Männer richten will, dann kann er das halt tun. Muss sich dann aber die Antwort darauf anhören.

Und ganz ehrlich: Wer Sprache korsettiert, der ist ein Loser. Wer zusätzlich dazu aber auch noch ganze Bevölkerungsteile rigoros ausschließt, weil man das schon immer so gemacht hat, der ist ein reaktionärer Loser.
 
jahrzehntelange in die deutsche Sprache eingeflossene Exklusion von Frauen (und mittlerweile auch diversen Mitmenschen) nicht länger stillschweigend die Norm sein sollte.

Die Politik macht aber das exakte Gegenteil und sagt, dass alle nichtmännlichen Menschen sich gefälligst nicht so anstellen sollen.

Dieser Dualismus ist leider eine harte Verkürzung der komplexeren Realität und sorgt halt mit dafür, dass solche Debatten so populistisch werden.

Klar ist die Sprache historisch durch eine männerdominierte Gesellschaft geprägt. Und klar ist das zu kritisieren. Trotzdem ist es eine sehr steile und unzureichende These zu behaupten, dass sich Frauen und andere 1.) durch die generische Form nicht angesprochen fühlen (vor allem da das impliziert immer so wäre und nicht vielleicht nur in manchen Kontexten, die man eher anpacken sollte) und 2.) das grammatische Ursachen hätte und nicht auch einem falschen Verständnis von Sprache und/oder Geschlecht zu Grunde liegen könnte.

Die progressive Linke, die Gendersprache fördern möchte ist z.B. sehr aufmerksam den Unterschied zwischen Geschlecht und Gender zu bemerken (und tut auch richtig daran), versteht aber überhaupt nicht, dass Geschlecht und Genus ebenso nicht viel miteinander zu tun haben.
Dabei ist der Gedankensprung gar nicht schwierig. Wer dem konservativen Opa erklären kann, das Geschlecht (Sex) Gender ist. Der sollte im Folgeschritt auch fähig sein zu verstehen, dass Gender ≠ Genus (und ≠ Sex). Da herrscht einfach eine selektive Wahrnehmung vor.
Die generische Form wird z.b. immer aus einer femininen und maskulinen Form gebildet, ersteres wird in der Kritik gerne mal unterschlagen. Wenn die Durchsage "Verehrte Fahrgäste unser Zug endet hier, bitte steigen sie aus", Frauen und diverse Mitmenschen tatsächlich exkludierte, müssten die ja eigentlich alle drinbleiben. Das Beispiel alleine zeigt, dass die generische Form im Alltag eben doch nicht als so exkludierend verstanden wird, wie gerne mal behauptet.

Klar kann man dann einwenden und sagen: Auch wenn es grammatisch korrekt ist, wäre eine erhöhte Sichtbarkeit schön. Kann man so sehen.
Dann kommt man aber im ersten Schritt automatisch zu der slippery slope, dass es immer noch jemanden gibt der nicht "sichtbar" ist. Sieht man am * schön. Das soll dann "alle anderen" zusätzlich zu männlich/weiblich repräsentieren. Und was ist, wenn ich mich durch den Stern auch nicht angesprochen fühle, sondern nur durch ein ° ? Kommt das dann zusätzlich rein? Es gibt hier einen infiniten regress, da jede Regelung, was wen repräsentiert, automatisch dazu führt, was wen nicht repräsentiert,. Grenzen- und Regellosigkeit ist also dieser Form der Nicht-Diskriminierung inhärent, und das ergibt im Kontext von Sprache eben keinen Sinn.

Das zweite Schritt ist, dass es schon sehr geschlechtszentriert ist. Warum muss ich sagen ich sei eine "Autorin"? Fragt z.B. Nele Pollatschek, die sich immer wieder dafür ausspricht auch als Frau "Autor" genannt zu werden, weil das eben ihr Beruf ist und sie "Autorin" eher als "Autor mit Vagina" versteht. Der Punkt ist auch nicht ganz falsch. Warum ist es überhaupt wichtig, was der Mensch zwischen den Beinen hat, wenn man über den Beruf redet? (Pollatschek schlägt meistens 100%ige Neutralität vor (Das Autor, Das Kanzler, Das Arzt usw.).
Man könnte ja auch ganz andere Kategorien "sichtbar" machen. Warum gibt es keine Endungen für Religion? Vielleicht ist es wichtig, ob ich jüdischer, muslimischer oder atheistischer Arzt bin? Oder Sternzeichen, Bundesländer, Haarfarbe? Auch hier gibt es endlose Möglichkeiten Gruppen sichtbar zu machen, die vorher hinter der Mehrheit verschwanden. Geschlecht ist wahrlich nicht der einzige Diskriminierungsfaktor.

Die Konzentration auf Geschlecht als DIE Kategorie ist bei dem Thema nur komischerweise sehr dominant, und das gerade aus der politische Richtung die eigentlich mal das Ziel hatte Geschlecht als Kategorie der Diskriminierung abzuschwächen, d.h. weniger sichtbar zu machen.
Anstatt also eine generische Form zu benutzen die alle anspricht, und alle Unterschiede gleich unsichtbar macht (meinetwegen in Pollatschecks Form), wird versucht eine Form zu finden, die jeden sichtbar macht. Das kann, rein logisch, nur scheitern und in neuen Diskrimierungen enden.
Hier lassen sich die Progressiven leider auch von den Konservativen gerne mal vor den Karren spannen.

Dass nämlich
ganze Bevölkerungsteile rigoros ausschließt, weil man das schon immer so gemacht hat
natürlich von rechts-außen die eigentliche Sinnstiftung der Debatte ist, steht ja außer Frage. Die fantasieren natürlich (wie immer) den Untergang des Abendlandes her, wenn man vollkommen richtigerweise, Minderheiten vor Diskriminierung schützen will.

Doch da gibt es auch Dinge, die viel wichtiger sind als komische, im wahrsten Sinne des *, Symbolpolitik. 2018 wurde ja z.B. der Geburtseintrag "divers" ermöglicht, der verhindern soll, das wie früher, einfach vermeintlich geschlechtsangleichende OP an Neugeborenen durchgeführt wurden, wo es nicht eindeutig zuordenbar war. Über die Maßnahme wurde, soweit ich weiß, nicht jahrelang diskutiert und politisiert wie beim Gendern. Sie verbessert das Leben dieser Kinder aber vermutlich viel nachhaltiger als es jedes * im Brief der Grundschullehrerin könnte. Das betrifft (glaub ich) so ca. 20 Geburten pro Jahr. Für 80 Millionen war diese Maßnahme also vollkommen irrelevant, bei den Menschen ändert sie aber im besten Fall das ganze Leben zum Besseren.
Und da hat außer dem ganz rechten Rand glaub ich auch niemand panisch geschrien.
Wenn man das generische Maskulinum verwenden will, einfach deklarieren. Wenn man Gendern will, einfach deklarieren, welche Schreibweise wen in welcher Weise anspricht. Das ist ein Dreizeiler. Und wenn jemand meint, dass er sich nur an Männer richten will, dann kann er das halt tun. Muss sich dann aber die Antwort darauf anhören.

Natürlich gibt es Kontexte wo gendern wichtig ist. "Ärztinnen verdienen weniger als Ärzte" z.B. im Gegensatz zu "Ärzte arbeiten im Gesundheitssystem" wo gendern nicht nötig wäre, weil klar ist, das alle gemeint sind. Aber sowas sollte eigentlich selbsterklärend sein.

Im Prinzip bin ich dafür. Lieber "die verwendete generische Form spricht alle Geschlechter an" voransetzen, als den ganzen Text mit seltsamer Interpunktion unleserlich machen.

Andererseits beweist diese Vorgehensweise auch genau was ich sage: Wenn ich die generische Form erklären muss, bedeutet das, dass sie nicht verstanden wird oder nicht verstanden werden will. Ersteres ist ein Problem der Schulbildung, zweiteres hat politische Sichtweisen als Ursache. An der Sprache selbst liegt das aber nicht. "Liebe Fahrgäste, bitte verlassen sie den Zug" weist grammatisch keinerlei Verständnisprobleme auf. Jeder weiß, wer da angesprochen wird und wer nicht.
 
Norbert G., ein Mitglied der militanten Reichsbürgervereinigung rund um den Prinzen Reuß, ist vor Prozessbeginn verstorben.

Unterdessen verssuchen seine blau-braunen Schwurbelkollegen G. zu einer Art deutschem Nawalny hochzustilisieren, da er angeblich in der seit mehr als 450 Tagen währenden U-Haft verstorben sei. Der Haken dabei: Er wurde aufgrund eben jener Erkrankung, der er jetzt erlegen ist aus der Haft entlassen, und hat zu Hause das Zeitliche gesegnet. :rolleyes:

C.
 
Dieser Dualismus ist leider eine harte Verkürzung der komplexeren Realität und sorgt halt mit dafür, dass solche Debatten so populistisch werden.

Nein, populistisch wird's vor allem deswegen, weil mir ein Politiker, der in diesem Kontext direkt involviert ist, ziemlich unverblümt erzählt, dass Verbote ja tatsächlich Freiheiten seien. Das ist einfach nur noch Neusprech. :crazy

Und das ist auch meine ganze eigentliche Kritik hier. Siehst du es nicht als grundlegend problematisch an, wenn jemand, der die Sprache von Schulen und Ämtern gesetzlich regelt, ganz beiläufig so eine ideologische Gedankenbombe in den Raum wirft?
 
Trotzdem ist es eine sehr steile und unzureichende These zu behaupten, dass sich Frauen und andere 1.) durch die generische Form nicht angesprochen fühlen (vor allem da das impliziert immer so wäre und nicht vielleicht nur in manchen Kontexten, die man eher anpacken sollte)

Ich weiß, dass es manchen Frauen anders geht (ich vermute zum Teil auch, weil sie es einfach gelernt haben), aber ich fühle mich tatsächlich in der Regel nicht mitgemeint und es fällt mir IMMER auf, wenn man mein Geschlecht nicht mitnennt. Ich finde das richtig scheiße und unangenehm.
Und auch meine Tochter fragt unsicher nach, falls ich mal aus versehen ein Geschlecht vergesse und nur "die ärzte" sage. Die fühlt sich da definitiv nicht mitgemeint.

Im übrigen werde ich nicht müde zu erwähnen, das schon in den Benjamin Blümchen Kassetten meiner Kindheit, die ich gerade wieder hören darf, problemlos eigentlich immer beide Geschlechter genannt werden, fiel mir sehr deutlich auf. War also schon in den 80ern eigentlich ganz normal, dass man nicht "mitmeint" sondern ausspricht.

Ich habe übrigens beschlossen, ab sofort generell das generische Femininum zu verwenden. Das sollte ja auch in Bayern immer noch erlaubt sein. Wann auch immer jemand drüber stolpert sollte klar sein, dass das generische Maskulinum eben nicht so simpel ist und schlicht Gewohnheit.
 
Ich habe auf die Schnelle zumindest eine aktuelle Studie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) gefunden:


Grüße,
Aiden
 
Ich habe auf die Schnelle zumindest eine aktuelle Studie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) gefunden:


Grüße,
Aiden
Ok, das ist aber eher so eine typische Reaktionsstudie. Mir ging es da eher um eine Umfrage unter den Betroffenen selbst. Aber danke trotzdem.
 
Ok, das ist aber eher so eine typische Reaktionsstudie. Mir ging es da eher um eine Umfrage unter den Betroffenen selbst. Aber danke trotzdem.

Es gab noch ein paar Links zu Studien aus den letzten Jahren (hauptsächlich 2018 und 2019), da war beim Überfliegen aber leider nicht richtig erkennbar, ob da nur Probandinnen und diverse Personen teilgenommen haben. Es kann also auch gut sein, dass so eine Studie noch nicht durchgeführt wurde.

Grüße,
Aiden
 
Naja, was sollen Studien und Umfragen denn bringen, wenn die Entscheider halt solche Klopper vom Stapel lassen, die wortwörtlich alle zukünftigen Entscheidungen des Rates für deutsche Rechtschreibung zu ignorieren gedenken, sollten ihnen diese nicht in den Kram passen und gleichzeitig auch noch die Mär vom "links-grün-versifften" Despotentum schüren:

"Für uns ist die klare Botschaft, Sprache muss klar und verständlich sein", sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU). Es gehe mit dem Verbot aber auch darum, die "Diskursräume in einer liberalen Gesellschaft offenzuhalten". Eine ideologisch geprägte Sprache etwa beim Gendern habe dagegen eine exkludierende Wirkung. In bestimmten gesellschaftlichen Milieus gebe es zudem viele missionarische Nutzer bei der Verwendung der Sprache, die nicht mit einer offenen Gesellschaft vereinbar sei.
Demnach sind mehrgeschlechtliche Schreibweisen durch Wortbinnenzeichen wie Gender-Gap, Genderstern, Doppelpunkt oder Mediopunkt ausdrücklich unzulässig. "Das gilt unabhängig von etwaigen künftigen Entscheidungen des Rates für deutsche Rechtschreibung zu der Frage der Verwendung von Sonderzeichen", teilte die Staatskanzlei weiter mit.

Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-03/markus-soeder-bayern-gendersprache-verbot

Kann mir keiner erzählen, dass das noch eine rationale, auf wissenschaftlichen Befunden basierende Kompromisslösung wäre...
 
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