Ian Dice
Semiaktiv
Ja und nein, fürchte ich. Es gibt aus meiner Perspektive auch zahlreiche Menschen, die eine ultraautoritäre, intolerante Neigung haben und sich einem System, das dieser Neigung entgegenkommt, entgegensehnen. Freiheitlich-demokratische Systeme müssen solche Leute einfach schon aufgrund ihrer Existenz und Natur "enttäuschen". Ein Björn Höcke hat keine Diskriminierung erfahren, wurde nicht politisch verfolgt, eingesperrt, gedemütigt, von Berufen ausgeschlossen, etc. Der Mann ist nicht aufgrund irgendeiner wie auch immer unfairen Erfahrung ein Faschist geworden, sondern weil ihm der Faschismus gefällt und dessen Prinzipien ihn ansprechen.
Björn Höcke beschreibt seinen Vater als nationalkonservativ und antkommunistiscg. Dieser habe ihn geprägt. Weiter hat sein Vater eine antisemitische Zeitschrift abboniert.
Daher vermute ich mal, dass Björn Höcke schon ziemlich früh in seiner Kindheit geprägt wurde - und den Bullshit seiner Eltern nachgeredet hat.
Man könnte jetzt mutmaßen, dass ihm genau das gefällt, was er vielleicht mit der Muttermilch aufgesogen hat.
Was ich damit sagen will: Auch er hat seinen "Grund", weshalb er so ist, wie er ist und natürlich muss es keine Diskriminierungserfahrung sein. Das Umfeld beeinflusst auch. Kritisch wird es, nicht zu hinterfragen, wir könnten jetzt überlegen, ob er je aufbegehrt hat. Aber ich würde mal sagen, dass ein Höcke eine inzwischen unumstößliche Meinung hat.
Und hier haben wir ein paar weitere Punkte, die mich allesamt nerven, aber die beleuchtet werden sollten.Und wenn man mit offenen Augen und Ohren für Punkte wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Frauenhass, Neid, Engstirnigkeit, Größenwahn, Frustration, Intoleranz, etc. durch die Straßen geht, dann merkt man leider, dass er damit nicht alleine ist. Natürlich müssen sich der freiheitlich-demokratische Staat und Gesellschaft darum bemühen, möglichst viele Menschen abzuholen. Aber einige wollen schlicht nicht abgeholt werden. Für sie ist Demokratie bloß ein Zug, in dem sie mitfahren, bis sie ihr Ziel erreicht haben - dann steigen sie aus. Und das ist wohlgemerkt die Lage in einem Staat, der seit mittlerweile gut 74 Jahren (wieder) ein demokratischer Rechtsstaat ist.
Wenn ich mit bestimmten Dogmen aufwachse und mein Umfeld diese Dogmen teilt, wenn mir weiß gemacht wird, dass ein Glaube eine Identität ist und zu diesem Glauben antidemokratische Auffassungen gehören wird es schwierig.
Zum Thema Islamismus: Gerade die Leute, die sich erst spät und hier radikalisieren, sind vorher nicht radikal gewesen.
Bleibt also erneut die Frage, was sie dazu bringt.
Ich will hier niemanden verteidigen und schon gar keine Entschuldigungen suchen.
Prävention halte ich aber für wichtig- und die kann nur stattfinden, wenn man irgendwie versucht, zu verstehen, was Menschen dazu verleitet, extrem zu werden.
Ja, vielleicht gibt's manchmal auch eine einfache Antwort. Aber sicher nicht nur.