Anchorhead – Jaupas Palast
Für einen Beobachter mochte es wohl so aussehen, als wäre die junge Sith durch das Neuralhalsband völlig willenlos und somit außer Stande etwas zu tun. Doch dieser Zustand entsprach nur einer kurzen Zeit der Wahrheit. Kyandra arbeitete fieberhaft daran den Einfluss des Bandes zurückzudrängen. Es erwies sich als gar nicht so schwer. Vermutlich hätte es überhaupt keinen Einfluss auf sie ausgeübt, wäre sie nicht überrascht worden. Ein Fehler, der sich nicht wiederholen würde.
Kyandra wahrte weiterhin den Schein der willenlosen Sklavin, während ihre Gedanken sich einzig und allein um Flucht und Rache für die Demütigung drehten. Dieses Vorhaben wurde ihr dadurch erleichtert, dass gut die Hälfte von Jaupas Leuten bereits geflohen war, als Tomm seine Drohung ausgesprochen hatte.
Nachdem ihr Plan geschmiedet war, ging alles sehr schnell. Sie griff mit der Macht hinaus und zündete zwei der Splittergranaten, die eine der Wachen am Gürtel trug, fast zeitgleich drückte sie sich vom Boden ab und schlug einen Salto über Jaupas schleimigen Körper. Kaum war sie gelandet, rannte sie den Gang entlang zurück zu dem Zimmer, in das die Wachen sie vorhin geführt hatten.
Langsam verklangen die Schmerzensschreie, während sie in den Raum stürmte, in ihre Stiefel und Robe schlüpfte, den Rest ihrer Kleidung zu einem Knäuel zusammenknotete und sich um den Bauch band.
Schnell war sie wieder auf den Gang hinausgetreten. Sie konnte Schritte hören, die sich ihr vom Thronsaal aus näherten. Kyandra ging ihnen entgegen, allerdings nur bis zur übernächsten Tür. Sie erinnerte sich, dass sie einen kurzen Blick in den Raum hatte werfen können, als sie Wachen sie vorhin zurück zu Jaupa gebracht hatten.
Sie betrat das Zimmer und verschaffte sich schnell einen Überblick. Es hatte ganz den Anschein, dass sie sich in der Waffenkammer des Palastes befand. Als ihr Blick auf das fiel, weswegen sie hergekommen war, spielte ein triumphierendes Lächeln um ihre Lippen.
Auf einem Tisch lagen zwei Blaster und ebenso zwei metallene Zylinder, die Waffen, die man ihnen abgenommen hatte. Eilig steckte Kyandra ihren und Ulics Blaster ein und nahm ihr Lichtschwert zur Hand. Als sie Tomms ergriff, fühlte es sich nicht so an, wie sie erwartet hätte. Der Waffe haftete die Aura seines früheren Besitzers und Erbauers an, jedoch war diese nicht Tomms… sondern Phollows, ihres Meisters. Doch fühlte sie sich nicht so an wie Kyandra sie kennen gelernt hatte. Nicht so dunkel, sondern eher hell… Der Sith wurde klar, dass es sich um die Waffe ihres Meisters handeln musste, die er als Jedi geführt und gebaut hatte…
Allerdings konnte sie sich nicht weiter damit befassen, da ihre Aufmerksamkeit jäh im Hier und Jetzt gefordert wurde. An den Schritten konnte sie hören, dass die Wachen die Waffenkammer erreicht hatten…
An die nachfolgenden Kämpfe konnte sie sich hinterher nicht mehr im Einzelnen erinnern. Es war, als wäre sie völlig im Wahn gewesen. Sie hatte die Macht in ihr mit ihrem Zorn genährt und sich ihr hingegeben. Sie hatte mit beiden Schwertern gekämpft, jedoch nicht immer beide gleichzeitig mit der Hand geführt, manchmal hatte sie Phols Waffe geworfen, um ihre Feinde niederzustrecken oder sie hatte sie mit Hilfe der Macht schnell um ihren Körper kreiseln lassen, um sich so nach allen Seiten gegen Blasterfeuer oder Angreifer abzusichern. Daneben hatte sie sich ihre Feinde immer wieder durch Machtstöße vom Leibe gehalten…
Ihre Erinnerung setzte erst wieder richtig ein, als sie vor dem Palast stand. Das Blut in ihren Adern schien noch vor Wut zu kochen und ihr Atem ging schwer, ob vor Anstrengung oder vor Zorn war nicht mit Sicherheit zu sagen. Das einzige, das sie von dem Kampf noch sicher wusste, war, dass sie sich in ihrem Leben wohl noch nie so mächtig gefühlt hatte.
In der Nähe des Eingangs sah sie einige Speederbikes stehen. Sie erkannte den, den sie sich von Drell geliehen hatte und schwang sich in dessen Sattel. Da erst fiel ihr auf, dass sie nichts über den Verbleib von ihrem ehemaligen Meister und Ulic wusste, als der Palast von einer Explosion erschüttert wurde. Ein Loch klaffte in einem der Seitenwände. Als schließlich ein blau-anthraziter X-Wing Kurs auf den Palast nahm und später in Richtung Mos Eisley zurückflog, machte sich Kyandra ebenfalls auf den Weg dorthin. Allerdings war ihr dabei nicht aufgefallen, dass der Jedi und sein Padawan nicht an Bord des Jägers gewesen waren.
Als sie bei Tomms Werkstatt ankam, aber kein Zeichen von den Jedi entdecken konnte, zuckte sie nur mit den Schultern. Sie war sich sicher, dass sie früher oder später schon hier auftauchen würden. Die Wartezeit vertrieb sie sich damit als allererstes in die Nasszelle auf ihrem Frachter zu steigen, um sich den Schmutz und den Gestank des Hutten von Körper zu waschen. Dann kleidete sie sich wieder in ihre schwarze Tunika und die ebenso schwarze Hose. So fühlte sie sich gleich um einiges wohler.
Kyandra verließ den Frachter und lehnte sich im Schatten der Werkstatt an die Wand, während sie auf die Ankunft der Jedi wartete. Allzu lange wurde ihre Geduld nicht auf die Probe gestellt. Kaum war ihr ehemaliger Meister zurück, begann er damit seine Sachen zusammen zu packen und sicherte schließlich seine Werkstatt. Während dieser Zeit hatte Kyandra ihren Platz nicht verlassen. Nun drückte sie sich jedoch von der Wand ab und ging zu den drei Jedi hinüber.
Bevor ich es vergesse, meinte sie schlicht, dann warf sie Ulic seinen Blaster und Tomm Phols Lichtschwert zu. Sie verlor allerdings kein weiters Wort über die Erlebnisse in Jaupas Palast.
Wohin wollt ihr nun? wandte sie sich stattdessen an ihren ehemaligen Meister. Euch ist sicher bewusst, dass euer Weg auch der meine sein wird. Eindringlich sah sie ihn an, bevor ein schiefes Lächeln sich auf ihre Lippen legte. Immerhin seid ihr mir noch einige Antworten schuldig. Damit spielte sie auf die Fragen an, die Tomm ihr von sich aus gewährt hatte, als Gegenleistung für ihr Verhalten und sicher, so spekulierte sie, würde er ihr noch mehr zugestehen für ihre Hilfe in der Arena von Jaupas Palast.
Mos Eisley – Tomms Werkstatt mit Tomm, Ulic und Andi