10. Dezember 2009 Heute startet in Deutschland der neue Disneyfilm. Es ist der neunundvierzigste, den das Studio seit „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ aus dem Jahr 1937 herausbringt, und als Vorlage hat auch er ein Märchen: den „Froschkönig“ der Brüder Grimm.
In Deutschland läuft der Film „Küss den Frosch“
einen Tag früher an als in den Vereinigten Staaten. Das gab es noch nie, und es zeigt die Bedeutung, die der europäische Markt im Allgemeinen und der deutsche im Speziellen mittlerweile für Disney hat.
Während in Amerika allein Oprah Winfrey als wirklich prominente Sprecherin in einer Nebenrolle zu hören ist – als Mutter der Prinzessin, die gar keine Prinzessin ist, sondern das im Gastronomiegewerbe hart arbeitende farbige Mädchen Tiana –, klotzt die deutsche Synchronfassung mit Prominenz aus der Musikwelt.
Die Soulsängerin Cassandra Steen leiht Tiana ihre Stimmen, ihr Kollege Roger Cicero lässt gleiches dem Frosch angedeihen, die Jazzlegende Bill Ramsey sorgt für einen authentisch amerikanischen Zungenschlag beim Alligator Louis, der für die überdreht-komischen Momente des Films zuständig ist, und besonders gelungen agiert die Schlagersängerin Marianne Rosenberg als Stimme der greisen Voodoozauberin Mama Odie, die mit Rat und Tat dafür sorgt, dass alles auch gut ausgeht.
Das war für Disney besonders wichtig, denn „Küss den Frosch“ ist aus zwei Gründen ein politisch höchst brisanter Film. Der eine war, als man 2005 die Arbeit daran begann, nicht absehbar: Barack Obamas Wahl zum ersten farbigen Präsidenten der Vereinigten Staaten. Tiana wiederum ist nun pünktlich im ersten Amtsjahr die erste schwarze Hauptfigur in einem Disneyfilm. Die andere politische Implikation dagegen ist bewusst gewählt: Konzipiert wurde „Küss den Frosch“ unmittelbar nach der Flutkatastrophe von New Orleans vom August 2005.
Das deutsche Märchen vom Froschkönig, das Disney schon seit Jahrzehnten im Auge hatte, wurde kurzerhand in die Glanzzeit der geschundenen Stadt verpflanzt: in die zwanziger Jahre, als der Jazz aus dem Mississippi-Delta die ganze Welt eroberte. Der gibt denn auch dem Film den Rhythmus vor, wird von dem grandiosen Komponisten Randy Newman mit Cajun und Soul verbunden, und natürlich ist der Alligator Louis, der so fabelhaft Trompete bläst, eine Hommage an Louis Armstrong.
Besonders hervorzuheben ist das Glühwürmchen Raymond, das sich unsterblich in den Abendstern verliebt hat, den er für ein weit entfernt fliegendes anderes Glühwürmchen hält. Aus diesem Gefühlsdrama entstehen die schönsten Szenen.
Ist „Küss den Frosch“ also etwas für Kinder? Nicht für die Allerkleinsten, aber für alle anderen und für Erwachsene. Disney hätte kein besseres Comeback im klassischen Zeichentrick feiern können. Dieser Film rührt zu Tränen, und er lässt Tränen lachen. Walt Disney wäre stolz auf ihn gewesen.
Im Kino: „Küss den Frosch“: Im Sternenglanz der Liebe - Kino - Feuilleton - FAZ.NET