Bastion – Bastion-Center – Straßen, auf dem Weg zum Raumhafen – Niphira, Bailee und Brianna alias Vin
Obwohl sie mit der Idee der Sith-Version des Agricorps nicht landen konnte, blieb Bailee dabei. Ihre Hartnäckigkeit ließ Brianna schmunzeln – da konnte frau leicht vergessen, in welcher heiklen Lage sie sich befanden. Aber so kannte sie ihre Padawan: aufgeben existierte nicht in ihrem Wortschatz und das war eine ihrer großen Stärken. Neben Loyalität, Humor und etlichen anderen, verstand sich. Die Sith Makhaira war da ein ganz anderer Typ. Sie offenbarte nicht, weshalb sie ihren Orden nicht verlassen konnte und ‚nie aufgeben‘ wäre in ihrer Situation wohl nicht der ideale Charakterzug. Vermutlich wäre es besser, sie würde die Sith eher aufgeben. Allerdings musste die Frau über eine bemerkenswerte innere Stärke verfügen, es dort so weit gebracht zu haben, ohne ein von der Dunkelheit korrumpiertes seelisches und moralisches Wrack zu werden. Sie schien sich ihre Menschlichkeit bewahrt zu haben, dachte Brianna, der es in Basic an einem weniger speziesistischen Begriff für das Wort fehlte. Sie wünschte der Menschenfrau, das so durchzuhalten, bis sie endlich bereit war, die Sith hinter sich zu lassen.
„Guter Plan! Ich für meinen Teil gedenke Bastion heute auf Nimmerwiedersehen zu verlassen,“
Verkündete Brianna im Wissen, dass eine Rückkehr für alle Zeiten ausgeschlossen war, selbst wenn sie es wollte. Vermutlich konnte sie von Glück reden, dass das Imperium ein Faible für groß inszenierte Schauprozesse hatte und sie nicht einfach tot sehen wollte. Auch so durfte sie sich wohl nirgendwo im imperialen Raum mehr blicken lassen. Einen Vorteil, den Makhaira hatte war, dass der Sith-Orden kein stramm militärisch organisiertes Regime war. Dafür gab es dort zu viele charakterstarke Individuen, die alle glaubten, sie wären die nächste Imperatorin, wusste die Echani. Frau konnte schon versuchen, da eine straffe Organisation überzustülpen, aber die scheiterte in der Praxis am chaotischen Wesen der Sith. Eine Schwäche, die die kleinwüchsige Dunkelhaarige offenbar mit Erfolg ausnutzte, sich selbst treu zu bleiben. Offenkundig war ihre Begleiterin (Marlis) eine Gefangene der Sith, der sie durch ihre kreative Interpretation von Anweisungen das Leben gerettet hatte.
„Das Mädchen, das Ihr zum Medikamente holen geschickt habt, sie ist eine Jedi?“
Fragte Brianna nach Bestätigung. Genau genommen hatte Niphira das ja nicht gesagt, aber eigentlich war es klar. Die Frau meinte über sich selbst, es wäre vielleicht ihre Art, den Sith-Orden weniger sadistisch zu machen.
„Viel Glück dabei! Ich habe nur das Gefühl, einige andere eures Ranges versuchen das exakte Gegenteil. Dafür musste ich nur sehen, wie meine Freundin und ihr Padawan zugerichtet waren. Grundlose Grausamkeit, das sind die Sith die ich kennengelernt habe. Es freut mich, dass es Ausnahmen wie euch gibt, aber ich frage mich, wie viele es da überhaupt gibt,“
Mutmaßte sie und folgte der Sith durch die Gassen der Hauptstadt. Brianna kannte diese durch ihren Aufenthalt auf Bastion ganz gut, aber die Schwarzhaarige hatte ihr da noch einiges voraus. Sie führte sie durch versteckte, schlecht einsehbare Wege, die sie größtenteils nicht kannte. Ihr Sinn für Richtungen und die dräuende Präsenz des Sith-Tempels als Kompassnadel sagten der Echani jedoch, dass die Andere sie in die richtige Richtung führte. Während Brianna und Bailee ihr folgten taten die beiden, was sie am besten konnten – sich kabbeln – und weil die Nautolanerin es auf das Wettrennen ankommen ließ, konnte die Jedi-Ritterin nicht mehr zurück. Sie sah sich schnell um, ob sie beobachtet wurden, schließlich war eine blutende Mirialan in Sith-Kleidung, die wie eine Gestörte durch die Gassen hetzte, ein guter Weg, um unerwünschte Aufmerksamkeit zu erregen. So früh am Morgen schien es in diesen verstecken Winkeln von Bastion Center aber noch sehr ruhig zu sein.
Also legte Brianna einen explosiven Start hin, dem aufgrund ihrer übermenschlichen Beinkraft niemand folgen konnte. Im Vollsprint setzte sie über diverse Müllcontainer und Hinterhoftreppen hinweg, nur weil sie es konnte, stoppte aber an der nächste Straßenkreuzung. Schließlich wollte sie aus bekannten Gründen keine Beobachterinnen. Während sie innehielt und auf Bailee und Makhaira wartete, wurde der 28jährigen klar, dass Sprinten eine blöde Idee gewesen war. Sie spürte, wie frisches Blut über ihren Rücken lief und die Seite von Sedros' Schnitt fühlte sich ebenfalls bescheiden an. Nach Lage der Dinge musste sie Bailee wohl doch gewinnen lassen und ihr im Schleichtempo zum Schiff folgen.
Die sportliche Betätigung machte obendrein hungrig (nicht dass Brianna das nicht ständig war). Ihre Padawan nahm das Algencracker-Angebot gerne an, wunderte sich dabei aber.
„Die Welt, auf der ihr geboren wurde, besteht praktisch nur aus Meeren, Bergen und Küstenstädten,“
Erklärte Brianna und vermied dabei gezielt den Namen ‚Eshan‘. Bei Bailee weckte der salzige Snack aber ebenfalls Erinnerung.
„Du auch? Meine Mutter machte großartigen scharfen Algensalat mit reichlich Knoblauch. Ich würde was dafür geben, den nochmal essen zu können.“
Alsbald erreichten sie unbehelligt den Raumhafen. Brianna staunte, mit wie wenig Federlesen Makhairas Sith-Identität die Türen zum Raumhafen öffnete. Damit war ein großer Schritt zur Flucht von Bastion bereits geschafft. Den Schiffstyp erkannte Brianna nicht, nur dass es wohl im Moment noch nicht flugbereit war. Bailee erkannte es dagegen als republikanisches Modell, was weitere Fragen aufwarf.
Ohne lange Umstände führte Makhaira sie in ihr Schiff hinein und tatsächlich sah es so aus, als bereitete sich da jemand auf eine längere Reise vor. Es schien ziemlich vollständig ausgestattet mit allem, was frau zum Leben brauchte und vor allem einer ganze Menge an Vorräten. Sogar eine Medistation gab es, die Sith wollte wohl wirklich in der Lage sein, für längere Zeit ohne Unterstützung von außen auszukommen.
In diesem Raum blieben sie und warteten auf Marlis, die Padawan. Brianna setzte sich gegenüber von Niphira auf die Kante einer Liege, dann erzählte sie Schiffseignerin von ihrer Vergangenheit, von ihrer Mutter, die Dunkelheit in ihr gespürt hätte.
„Wie eine Vision oder Vorahnung?“
Fragte Brianna zwischen, denn wie viel Dunkelheit konnte denn schon in einem unschuldigen Kind stecken? Wenn es nicht eine Vision oder ein Bruchpunkt wäre, fragte sich die Echani, was eine Mutter sonst zu so einem Schritt bewegen konnte. Bei der Erwähnung des Löschens von Erinnerungen spürte sie den fragenden Blick ihrer Padawan auf sich ruhen.
„Das geht, eine ziemlich fortgeschrittene Technik.“
Nichts, was die Jedi-Ritterin jemals beherrschen würde, der die geistigen Techniken so gar nicht lagen. Falls Bailee Interesse an so Kram hätte, müsste sie wohl wieder mal eine Padawan zu einer Aushilfslehrerin senden, die den Part übernahm. Aber Niphira… Brianna schnaubte. Eine Jedi-Mutter und ein Sith-Vater, was für ein Gespann. Die eine fügte kurzerhand dem Verstand ihres Kindes Schaden zu, der andere wollte sie gleich ganz töten.
„Irgendwas Verbotenes habt Ihr also als Kind miterlebt, ein Geheimnis, für das ein Vater seine eigene Tochter töten wurde. Das sind ja vielleicht Rabeneltern. Dafür habt Ihr Euch ja ganz gut geschlagen, denke ich. Aber ich nehme an, so wirklich beantwortet wurden die Fragen bei den Sith nicht?“
Schließlich wollte Niphira genau von dem Ort weg, an dem ihr Sith-Vater sie haben wollte. Das warf eine weitere Frage auf:
„Zu eurer Mutter bei den Jedi wollt Ihr aber auch nicht zurück?“
Makhaira befand, dass sie bei den Sith wohl an dem Ort war, an dem sie sein sollte, wie eine Art von Schicksal, das sie zu denjenigen führte, die die Hilfe einer Sith brauchten. Dabei berief sie sich auf ihre Version des Sith-Ordens, den frau durchaus so interpretieren konnte, fand auch die Echani:
„Ja gut, wenn man ‚kein Frieden‘ als die Erkenntnis versteht, dass Gewaltlosigkeit in einer realen Galaxis nicht funktioniert… ‚Leidenschaft‘ ist in meinen Augen nicht per se schlecht und der Rest… da geht es ja um das Erlangen der eigenen Freiheit, was mit allen anderen geschehen soll wird nicht erwähnt. Das ist vielleicht etwas egoistisch, aber von Mord und Brutalität steht da in der Tat nichts.“
Im Gegenzug wollte Niphira nun Dinge von ihnen wissen. Brianna zögerte, überlegte und musterte ihr viel kleineres Gegenüber. Bailee überbrückte die Pause mit dem ironischen Kommentar, dass sie zum Survivaltraining hier waren, was die Mundwinkel ihrer Meisterin kurz zucken ließ. Gut, sie hatte versprochen, auf dem Schiff alle Fragen zu beantworten… vielleicht verließ sollte sie sich wirklich ganz auf ihr Echani-Gespür, das keine Unaufrichtigkeit in der Frau spüren konnte. Die Bruchpunkte schienen sie ebenfalls nicht zu warnen, dann hieß das wohl, dass keine Gefahr bestand, einen gravierenden Fehler zu machen, oder?
„Survival-Training trifft es ganz gut. Ich werde vom Imperium gesucht, nicht weil ich Jedi bin, sondern als Person, wegen eines Mordes, den ich nicht begangen habe,“
Sagte Brianna die Wahrheit, von einem gewissen Standpunkt aus. Sie mochte ihrem Gegenüber vertrauen, aber der Umgebung musste sie das nicht unbedingt. Die Arbeiterinnen, die das Schiff aufmotzten, könnten die Räume verwanzt haben oder ähnliches.
„Ich kann mich nirgendwo im Imperium sehen lassen, deshalb die Maskerade. Ohne Lord Sturn hätte ich wohl niemals einen Fuß auf diese Welt der Dunkelheit gesetzt…“
Das stimmte wohl für ihre beiden Besuche auf Bastion…
„Ich weiß nicht, ob Ihr ihn kennt. Er ist vielleicht einer der moderateren Sith, der nicht so sehr zu sinnloser Brutalität neigt. Das hat ihn dennoch nicht davon abgehalten, meine Freundin und ihre Begleiterinnen in den Sith-Tempel zu entführen und seinen Untergeben zum Spaß zu überlassen. Eine Padawan ist wohl tot, jemand anderes spurlos verschwunden. Wir sind dort grauenhaften Monstrositäten begegnet, die einst fühlende Wesen waren und befürchten, dass ihm dasselbe Schicksal wiederfahren ist. Eines von denen hat mir die Verletzung auf meinem Rücken zugefügt.“
Brianna atmete tief durch um sich zu beruhigen. Es war nicht schön, daran denken zu müssen und weit weg von Kestrel und Q'Tahem zu sein machte es nicht besser. Solange sie bei ihnen war hatte sie gewusst, dass es ihnen gemessen an den Umständen gut ging. Jetzt konnte sie nur vermuten und hoffen. Sie prüfte das Chrono ihres iKoms.
„Sie müssten Bastion bereits verlassen haben, sind also in Sicherheit. Damit haben sie aber unsere Fluchtoption verbraucht, was bedeutet, dass meine Padawan und ich einen anderen Weg von dieser Welt herunterfinden müssen. Das ist aber alles müßig, solange unsere Verletzungen nicht behandelt sind, brauchen wir es gar nicht erst versuchen.“
Die Schülerin, Marlis, war inzwischen eingetroffen, weshalb die Echani diese ansah. Sie wollte mit ihr anfangen, obwohl Brianna es lieber gehabt hätte, sie würde sich stattdessen Bailee zur Brust nehmen. Schließlich war sie die Starke, die durchhalten konnte. Dass die Behandlerin sie für dringender hielt… schmerzte.
„Bailee?“
Fragte Brianna und hoffte, dass diese ein Zeichen gab, dass sie zuerst versorgt werden wollte. Das blieb jedoch aus, weshalb diese begann, die Wunden der verkleideten Mirialan zu reinigen. Die Desinfektion brannte, doch da musste sie durch. Dass Marlis so klang, als kannte sie sich aus, war ein gutes Zeichen.
„Nein danke, schließlich bin ich keine verweichlichte Mirialan,“
Betonte sie. Betäubung brauchte sie nicht, pah! Durch Machtheilung konnte sie alle Verletzungen wegheilen, ohne dass etwas zurückblieb, doch das hieß nicht, dass sie nicht schon jede Menge eingesteckt hatte in ihrem Leben. Eine Wundbehandlung hielt Brianna allemal aus. Während Marlis mit der Arbeit anfing fragte sie, ob sie und Bailee wirklich Jedi waren.
„Ja – sie ist meine Padawan,“
Dabei deutete sie auf die Nautlolanerin.
„Eure Meisterin hat erzählt, Ihr wärt ebenfalls eine, Marlis. Ebenfalls eine Gefangene der Sith, oder sollte ich sagen ‚ehemalige‘? Ihr seid inzwischen aus freien Stücken bei ihr?“
Unter den Sith hätte es die Ex-Padawan sicherlich weit schlimmer erwischen können, aber ein gefährliches Pflaster war Bastion ja trotzdem. Brianna wusste selbst, dass die meisten Sith sie während ihrer Undercover-Zeit nie als Nicht-Mehr-Jedi akzeptiert hatten und das hatte nicht daran gelegen, dass sie so leicht zu durchschauen gewesen war. Freilich konnte sie Marlis in Niphiras Gegenwart schlecht fragen, ob sie nicht lieber mit ihnen kommen wollte.
Bastion – Raumhafen – Niphiras Schiff, Krankenstation – Niphira, Marlis, Bailee und Brianna alias Vin