Cadomai

[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, VSD II Collateral, Brücke]- Nereus, Captain Donos, Besatzung

Es war ein denkbar knapper Funkspruch, der als Reaktion auf Nereus‘ Gegenvorschlag von der Steady Profit ausgestrahlt wurde, doch er bewies, dass der namenlose Piratenanführer sich seiner Sache wohl nicht so sicher war wie er es durch seine markigen Worte zu transportieren versucht hatte. Er musste verhandeln – und vermutlich war ihm diese Aussicht ebenso zuwider wie Nereus selbst, der sich daran erinnern musste, dass er vor kurzer Zeit noch in einer republikanischen Hochsicherheitszelle befunden hatte.

„Der Kreuzer löst sich von der Steady Profit.“

Donos hatte sich über die Schulter ihres Sensoroffiziers gebeugt und studierte anscheinend die Manöver des Gegners.

„Wie es aussieht, hält er sich an Ihre Bedingungen, Sir.“

„Behalten Sie den Kreuzer im Auge“, erwiderte Nereus, dessen Misstrauen trotz des vielversprechenden Anfangs nicht verschwunden war.

„Sollte sich vor meiner Rückkehr irgendetwas tun, haben unsere Schiffe und alle Jäger Feuererlaubnis.“

Die falschen Droidenaugen des Commodore Trayn richteten sich auf Donos.

„Sie begleiten mich auf die Steady Profit. Ihr erster Offizier soll übernehmen.“

Seine Flaggkommandantin nickte knapp.

„Sehr wohl.“

Die beiden Offiziere begaben sich zum Haupthangar der Collateral, wo sie ein startklares Shuttle der Theta-Klasse erwartete, der Vorgänger der Lambda-Shuttle, wie sie Nereus aus seiner Zeit bei der imperialen Flotte kannte und ein weiterer Beweis für den technischen Nachholbedarf der Flotte der CSA. Zum aktuellen Anlass spielte das natürlich kaum eine Rolle – es war sehr zweifelhaft, dass einem dahergelaufenen Piraten die Unterschiede zwischen den verschiedenen Shuttletypen überhaupt auffielen.

Relevanter waren da schon die zehn Sicherheitspolizisten, die sich als Eskorte eingefunden haben, jeder von ihnen in Schutzrüstung und neben Blasterpistolen und Schockstäben als Sekundärbewaffnung mit ihren BlasTech 500-Gewehren bewaffnet. Als Nereus und Donos sich näherten, trat einer der Espos hervor und reichte ihm einen Waffengürtel, in dessen Holster eine schwere Blasterpistole verstaut war. Ein näherer Blick ließ Nereus die Waffe als eine BlasTech T-6 „Thunderer“ identifizieren.

„Sir.“

Nachdem er dem Soldaten ein knappes Nicken hatte zukommen lassen, schnallte Nereus sich den Gürtel um und gestattete sich ein leichtes Kopfschütteln. So hoffnungslos veraltet die Technologie der CSA-Flotte auch sein mochte – die Espos selbst waren mit dem neuesten Stand der Technik ausgerüstet.

„Bleiben Sie wachsam. Ich bin überzeugt, dass dieser Pirat einen jeden Fehler versuchen wird auszunutzen, der ihm auffällt.“

Die Gruppe Uniformierter betrat das Shuttle.

„Wir sollten ihm also keinen Grund geben.“

Ungefähr zehn Standardminuten später befand das Shuttle der Collateral sich in den letzten Zügen eines Andockmanövers an eine der Luftschleusen der wartenden Steady Profit. Während des finalen Anflugs ertastete Nereus den Knauf seiner Pistole. Commodore Trayns Akte hatte nicht viel darüber verraten, ob der verstorbene imperiale Offizier ein sonderlich begabter Kämpfer gewesen war… doch Nereus wusste, dass er selbst – sollte es zum Äußersten kommen – sich voll und ganz auf seine Espo-Eskorte verlassen musste…


[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Shuttle der Theta-Klasse, Andockmanöver an die Steady Profit]- Nereus, Captain Donos, Espos
 
[Apara Sektor | Cardomai-System | vom Sprungpunkt wegfliegend | Steady Profit | Brücke] Ad'ika Ga'lor, Severina, Magna Guards, Söldner


Dass er sich selbst hinab zum kleinen Beiboothangar der angeschossenen Sternengaleone begab, war rein pragmatischen Gründen geschuldet, denn um der Wahrheit Genüge zu tun, traute er der tumben Söldnerschar nicht zu mit Problemen fertig zu werden, welche die grobe Anwendung von Gewalt überstiegen. Wieder musste er einer heruntergestürzten Verstrebung ausweichen, die sich beim vergangenen Raumgefecht unsanft in den Boden gebohrt hatte und ihr Vorankommen weiter verzögerte. Er hatte Joggdal mit vier weiteren Bechesmy auf der Brücke der Steady Profit zurückgelassen, um ihm regelmäßig Bericht zu erstatten, falls der Commodore doch verschlagener war, als sein bisheriges Handeln vermuten ließ. Als in gut zwanzig Metern Entfernung die Druckluke des Beiboothangars, von einer Vielzahl von Schmauchspuren angesengt, in Jarts Sichtbereich erschien, hielt er unvermittelt an, um Severina noch einmal ins Gebet zu nehmen:

"Sie überlassen das Reden mir, verstanden? Es reicht vollkommen, dass Sie die Augen und Ohren offen halten und nicht dümmlich im Weg herum stehen. Ihr Spielzeug will ich Ihnen als Vertrauensbeweis lassen",

erklärte er großzügig, doch war es gelogen. Er traute ihr nach wie vor keinen Meter. Ihm war entgangen, wie die schwarzhaarige Frau sich ihres alten Blasters wieder bemächtigt hatte und nur durch eine kleine Unachtsamkeit auf dem Weg hierher, war ihm aufgefallen, dass da mehr unter der Weste sitzen musste, als Severina zugab. "Ganz schön ausgebufft, die Kleine", schnaubte Jart innerlich, doch ihm fehlte schlichtweg die Zeit, um sich mir ihr nun eingehender zu beschäftigen. Sie waren spät.

"Das gilt für alle", knurrte er die bunte Söldnerchar an, bestehend aus einigen Menschen in zerschlissenen Panzerwesten, einem großen und hageren Gran mit einem Scharfschützengewehr, zwei Bothanern mit Repetierblastern sowie einem schneeweißen Talz, der unter keinen Umständen auf Blaster angewiesen war, um gefährlich zu sein. Eine Reihe von Thermaldetonatoren hing aufgereiht an einem Schultergürtel und da waren schließlich noch diese Klauen. Zumindest von diesem, für Details wie den Namen hatte Jart keine Zeit, erwartete er leidenschaftliche Opferbereitschaft. Ein Grinsen hielt er mühelos zurück.

"Niemand tut etwas Dummes oder greift ohne meinen Befehl an. Tut er es doch und besitzt zudem das unverschämte Glück, diesen Scheisshaufen auch noch zu überleben, dann wird er sich alsbald wünschen, er hätte ihn doch nicht überlebt."

Das hingegen war ein Versprechen. Nachdem sich der ehemalige Konteradmiral und K'thri-Veteran davon überzeugt hatte, dass alle dieses Versprechen auch als solches aufgefasst hatten, hieß er den Talz und zwei anderen Männern die Tür zum Hangar aufzustemmen. Jart schob sich als erstes hindurch, getrieben von der Aussicht, seinen Widersacher als erstes zu Gesicht zu bekommen. Vorfreude mischte sich mit dem Bedürfnis, Herr einer Situation zu werden, die zu kontrollieren äußerst schwierig sein würde. Doch zunächst wurde seine Aufmerksamkeit von dem Chaos zerstreut, das hier im Beiboothangar herrschte. Landegestelle waren umgestürzt, die Beleuchtung flackerte hektisch und hüllte die gesamte Hangargallerie in ein diffuses Licht, das nur von den blendend hellen Landescheinwerfern der Fähre durchdrungen wurde, die gerade landete. Überall auf dem Boden lagen Trümmerteile herum, darunter Reste der Wandverkleidungen, die Wracks mehrerer Bodenfahrzeuge und auch Leichen, die wie arglos weggeworfener Unrat in unmenschlichen Posen verharrten. An zwei Stellen brannte und schwelte es auch leicht, sodass ein feiner Rauchschleier die Situation noch undurchsichtiger erschienen ließ.

Rasch befahl Jart seinen Männern, sich taktisch günstige Positionen zu suchen, bis schließlich nur noch der Talz, Severina und die beiden Magnawächter im Zentrum des Hangars standen, der gerade dabei war, sein Leben auszuhauchen. Der Qualm biss in den Augen, doch Jart starrte entschlossen nach vorn. Er war angespannt, seine Sinne waren fokussiert, und als er Personen die Landerampe der Fähre hinter kommen sah, Theta-Modell, beschlich den grünhäutigen Twi'lek ein ungutes Gefühl, ohne dass er es genauer hätte fassen können. Um sich selbst zu beruhigen, griff er nach seinem linken Lekku und ließ ihn bedächtig durch seine Hand gleiten.

"Seien Sie meine Gäste",

rief er jovial den ihm entgegen kommenden Personen, darunter wohl etliche Espos, zu, ohne schon einen genaueren Blick darauf erhaschen zu können. Sein gehässiges Grinsen hätte einem Hutten zur Ehre gereicht, nur seine Augen waren wie Stahl und taten Kunde von dem mordlüsternden Geist, der sich dahinter verbarg.


[Apara Sektor | Cardomai-System | fünzig Klicks vom Sprungpunkt entfernt | Steady Profit | Hangar] Ad'ika Ga'lor, Severina, Commodore Trayn, Magna Guards, Söldner, Espos
 
[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Shuttle der Theta-Klasse, Andockmanöver an die Steady Profit]- Nereus, Captain Donos, Espos

Kaum dass Nereus die Theta-Fähre über die dafür vorgesehene Rampe verließ und den Hangar der Sternengaleone betrat, war er aus mehr als einem Grund dankbar für seine Verkleidung. Im inneren des Handelsschiffes herrschte Chaos – allem Anschein nach hatten die Piraten es zum Teil noch nicht einmal fertiggebracht, kleine Brände unter Kontrolle zu bringen, sodass die gesamte Szenerie durch den sich entwickelnden Rauch dominiert wurde und die kostbaren Sauerstoffreserven der Steady Profit sich langsam verminderten. Nereus‘ Maske bot ihm Schutz und auch die Espos äußerlich unbeeindruckt blieben, entglitt Donos ein gequältes Husten, während die Kommandantin der Collateral versuchte, sich möglichst in Nereus‘ Nähe zu halten. Ihm war nicht entgangen, dass sie darauf verzichtet hatte, sich selbst mit einer Waffe auszurüsten. Womöglich war es um ihre Schießkünste noch schlechter bestellt als um seine eigenen.

Der Rauch legte sich ein wenig und erlaubte es dem ehemaligen Großadmiral, einen ersten Blick auf ihr Empfangskomitee zu werfen – zumindest den sichtbaren Teil davon. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass ihr „Gastgeber“ es sich nicht hatten nehmen lassen, die eine oder andere Überraschung für sie parat zu halten, und auch die schwer bewaffneten Sicherheitspolizisten blieben zu Nereus‘ Zufriedenheit wachsam. Die im Zentrum stehende Gruppe rechtfertigte dieses Maß an Aufmerksamkeit im Grunde bereits alleine – besonders ins Auge fielen die beiden Droiden, die Nereus keiner ihm geläufigen Modellreihe zuordnen konnte, bei denen es sich allerdings um eine Art Leibwache handeln musste, da sie eine weitere Gestalt – einen Twi’lek – flankierten. Diesen überragte allerdings ein gewaltiger Talz, dessen Anwesenheit hier nichts Gutes verheißen konnte. Nach den wenigen Informationen, die Nereus über diese Spezies abrufen konnte, waren die Talz für gewöhnlich friedfertig und beschränkten sich auf ihren eigenen Planeten. Dass sie hier indes einen antrafen, der Teil einer Piratengruppe war, konnte nur bedeuten, dass es sich bei diesem Individuum um so etwas wie einen Psychopathen handeln musste. In Reichweite der gigantischen Klauen dieser Kreatur wollte er sich lieber nicht aufhalten. Dagegen wirkte die menschliche Frau, die das Trio komplettierte, ungeachtet ihrer unbestreitbaren Attraktivität und, selbst im Stehen, Eleganz, regelrecht unauffällig. Aber vielleicht war das auch genauso arrangiert worden – und vielleicht würde der erste Schlag, sollten die Dinge sich anders entwickeln als erhofft, aus ihrer Richtung kommen.

Es war erwartungsgemäß der Twi’lek, der das Wort ergriff, doch als er das tat, gefror Nereus‘ Mimik ganz entgegen aller Erwartungen unter seiner Maske, da er die Stimme seines Widersachers nun zum ersten Mal ungefiltert und im Einklang mit dem dazugehörigen Gesicht zu hören bekam. Er kannte diese Stimme. Er kannte dieses Gesicht. Sie beide hatten ihn in einigen der bittersten Stunden seins Lebens gepeinigt, immer wieder provoziert, mit Hohn und Spott überzogen. Für den Bruchteil einer Sekunde zuckte seine Rechte, als er den Impuls niederrang, dem Nichtmenschen mit seiner „Thunderer“ ein sauberes Loch zwischen die verschlagenen Augen zu stanzen.

Ga’lor. Jart Ga’lor.

Nereus‘ Gedanken rasten. Er selbst war unter einer Maske verborgen – Ga’lor würde ihn kaum erkennen können. Was aber, wenn er preisgab, was er von der Identität des anderen wusste, auch, um ihn im Zuge der „Verhandlungen“ unter Druck zu setzen? Wie viel konnte ein jeder halbwegs gut informierter imperialer Offizier – denn ein solcher war Commodore Trayn – über den Verräter wissen und wie viel nur Nereus? Eines stand fest: Jart Ga’lor hatte sich auf Ewigkeiten in die Annalen der Feinde des Imperiums eingeschrieben. Es gab wenig schlimmeres als den Verrat, den er begangen hatte, womöglich abgesehen von der Tatsache, dass er nun weder dem Imperium, noch der Republik, sondern augenscheinlich einer Piratengruppe – vielleicht auch der Black Sun? – diente. In Wahrheit hatte er natürlich von Beginn an nur sich selbst gedient. Dieser widerwärtige Opportunismus war für Nereus schwer zu fassen. Konnte ein Wesen tatsächlich so beliebig sein, sich mit dem Abschaum der Galaxis zu verbrüdern?

Für den Moment ließ Nereus seine Hand dort, wo sie war – in bequemer Reichweite seines Holsters, wenn auch so entspannt, dass von ihr keine unmittelbare Bedrohung ausging. Wie schwer es war, sich angesichts des anmaßenden Grinsens dieser Kreatur zu beherrschen… er durfte sich zu nichts hinreißen lassen.

„Was von Ihrer Gastfreundschaft zu halten ist, sehe ich.“

Die elektronisch verzerrte Stimme „Commodore Trayns“ übertönte mühelos die Umgebungsgeräusche des halben Wracks, als er mit vager Geste in Richtung der Trümmer um sie herum deutete.

„Nicht, dass ich mehr erwartet hätte… nicht von einem Piratenlord und erst recht nicht jetzt, da ich erkenne, wem wir diese ganze Situation zu verdanken haben.“

Sofort spürte er Donos‘ fragenden Blick auf sich. Obwohl sie ebenfalls eine ehemalige Offizierin des Imperium gewesen war, kannte sie die Geschichte des Verräters Ga’lor offenbar nicht. Oder sie hatte ihn einfach nicht erkannt – schließlich sah ein Twi’lek so aus wie jeder andere, abseits zumindest von der Hautfarbe, die aber bestimmt kosmetisch beliebig veränderbar war.

„Äußerst… dreist von Ihnen, so dicht am Korporationssektor auf Beutefang zu gehen. Viele Offiziere der Sektorflotte haben einst im Imperium gedient, wissen Sie? Und ein paar von denen erinnern sich.“

Nereus hoffte, dass das unheilvolle Glühen seiner gefälschten Droidenaugen seine Wirkung nicht verfehlte.

„Erinnern sich an Jart Ga’lor… Verräter am Imperium. Und jetzt auch an der Republik, wie es mir scheint.“

Jetzt erst erkannte Nereus den Schnitt, den Ga’lor seiner ledernen Piratenkluft gegeben hatte – in Anmaßung kaum zu übertreffen ähnelte sie jenen Uniformen, die er einst selbst – voller Stolz – getragen hatte. Es fehlte nicht viel, und er hätte dem Twi’lek vor die Füße gespuckt, doch nicht nur seine Atemmaske hinderte ihn daran.

„Sagen Sie mir… wie soll ich mich auf Verhandlungen mit einem Wechselbalg verlassen können, das bereits zweimal abgründigsten Verrat begangen hat?“

[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Hangar der Steady Profit]- Jart, Severina, Nereus, Captain Donos, Espos, Magna Guards, Söldner
 
[Apara Sektor | Cardomai-System | fünzig Klicks vom Sprungpunkt entfernt | Steady Profit | Hangar] Ad'ika Ga'lor, Severina, Commodore Trayn, Magna Guards, Söldner, Espos


Der Anblick des CSA Commodores hätte selbst dem geschmacklosesten Individuum entlang des Corellian Run noch ein abfälliges Schnauben entlockt, dachte Jart angewidert, als er jene halb kybernetische Gestalt mit den merkwürdig vertraut funkelnden roten Augen die Rampe der Theta-Fähre hinunter kommen sah, im Geleit einen ordentlichen Schwung Espos. Für die schwer bewaffneten Sicherheitsleute, als viel mehr konnte man sie seiner Meinung nach wohl nicht bezeichnen, hatte Jart jedoch keine Aufmerksamkeit übrig, sie waren nur Beifang, um den sich andere zu kümmern hatten.

Das Gefühl, dass irgendetwas an Commodore Trayn nicht stimmte, sich falsch anfühlte, sorgte bei Jart für einen erhöhten Grad an Vorsicht und ließ sein joviales Grinsen schlagartig zu Eis gefrieren und dann zerspringen. Die anklagenden Worte selbst, gedüngt mit Gift und Verachtung, die wohl nur ein Grenzer in dem Maße gegenüber etwas so trivialem wie Piraterie aufbringen konnte, hätten ihn vermutlich treffen sollen, doch waren es letztlich nur Worte und diese waren kein Maßstab für einen Jart Ga'lor. In diesem Fall stimmte es jedoch nicht vollends, denn den ehrlichen Hasstiraden von Trayn haftete etwas irritierend Vertrautes an, das Jart zwar wahrnahm, es jedoch nicht einordnen konnte. Es war, als wäre das, was er sah und hörte falsch und richtig zugleich.

Der drahtige Twi'lek in der abgewandelten Uniform eines imperialen Admirals benötigte einen Moment, um seine innere Zerrissenheit abzustreifen und sich eine schlagkräftige Erwiderung zu überlegen:

"Sie haben sich zu lange hier draußen herumgetrieben, Commodore. Ich muss Sie enttäuschen, aber ihre Neuigkeiten sind leider keine mehr, schon eine ganze Zeit nicht mehr. ... Es ist Jahre her, seit ich der Republik ... zur Verfügung stand",

schmetterte Jart dem rotäugigen Krüppel hart entgegen, doch woher bei den fauligen Knochen des Imperators wusste ausgerechnet dieser Hinterweltler wer er war? Es musste mittlerweile mehr als acht Jahre her sein, seit er das Imperium - aus persönlichen Gründen - zu seinem Feind erklärt hatte und wenigstens fünf Jahre, seit die Republik mit ihren verdrehten moralischen Vorstellungen ihn nicht mehr ausgefüllt, ihm nicht mehr gereicht hatte. Die Entscheidung zum Warlord zu werden, hatte Jart nie bereut, denn letztlich war er schon immer seinen eigenen Zielen gefolgt, nur dass ein Flaggoffizier im äußeren Rand der Galaxis, der mit der Jagd nach Piraten beauftragt war, so gut über seine Vita informiert war, machte ihn mehr als nur stutzig. "Und vergiss nicht, dass irgendwas an diesem da dran ist", mahnte eine unheilvolle Stimme Jart eindringlich, doch die Zweifel hatten ihn schon zu lange in Beschlag genommen, sodass er diese Stimme barsch zum Schweigen brachte. Er lachte gekünstelt auf.

"Verrat ist so ein hartes Wort, Commodore ... ich bevorzuge da ehr 'Gelegenheit'. Sie scheinen sich aber sehr für meine unbedeutende Geschichte", in Wahrheit sah Jart dies natürlich ganz anders und ein gewisser Teil von ihm fühlte sich sogar geschmeichelt, "zu interessieren, da bin ich Ihnen gegenüber wohl im Nachteil, denn ich interessiere mich für Sie überhaupt nicht."

Jart tat einen kleinen Schritt zurück und vollführte eine ins lächerliche gezogene Geste, die wohl am ehesten einer Art höfischem Knicks gleich kam.

"Warum Sie sich auf Verhandlungen einlassen sollen? ... Weil Sie trotz Ihrer braven Schoßhunde da hinten und Ihrer betont freundlichen Art keine Wahl haben. Das Ihre Verhandlungsposition trotz der überwältigenden Übermacht so schlecht ist, muss Sie doch wurmen oder? Aber, aber ... Commodore", und Jart betonte den Rang seines Gegenübers besonders, "hat Ihnen Ihre Mutti nie gesagt, dass Sie mit den großen Jungs nicht spielen sollten?

Nun blickte er seinerseits verächtlich, ganz wieder der Jart Ga'lor, der sich von nichts und niemandem einschüchtern ließ, auch wenn die Stimme in seinem Hinterkopf noch immer nicht aufgegeben hatte.

"Also schön, wollen Sie und ich nun hier weiter herum stehen und uns weiter Nettigkeiten und alte Anekdoten an die Köpfe werfen oder wollen wir das Wagnis eingehen? Gewiss werden Sie feststellen, wenn Sie mich erst einmal besser kennen, dass ich gar nicht so ein schlimmer Finger bin, wie der, für den Sie mich halten."

Seine eigenen Worte wurden ihm zunehmend selbst fremd, dachte Jart, während er einladend auf den Turbolift wies. Ob der saloppe Sprachduktus bei der Black Sun langsam auf ihn abfärbte? Mal beißend ablässig, mal einlullend freundlich, als könne er sich nicht entscheiden, wie er dieser merkwürdigen Gestalt gegenüber auftreten sollte. Mit einer knappen Handbewegung beorderte er die Magna-Guards zur Seite, sodass der Weg für den Commodore frei war. Lediglich den Talz und Severina hielt er an seiner Seite.


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[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Hangar der Steady Profit]- Jart, Severina, Nereus, Captain Donos, Espos, Magna Guards, Söldner

Es überraschte Nereus nicht, mit welcher Gleichgültigkeit Ga’lor seinen doppelten Verrat abtat und es bestätigte ihn nur in seiner Ansicht, dass der Twi’lek wohl eines der opportunistischsten Individuen sein musste, die dem ehemaligen Großadmiral je unter die Augen gekommen waren. Selbst der verkommenste ISB-Spitzel, der seine eigene Großmütter verkaufen würde für einen Millimeter Vorwärtskommen innerhalb der COMPNOR, verfügte wohl über mehr Integrität als jene Kreatur, mit der Nereus nun gezwungen war, zu verhandeln.

Gleichsam prallten die Beleidigungen und Provokationen des Anderen an Nereus ab, was wohl kaum Ga’lors Absicht entsprach. Natürlich konnte er nicht wissen, dass es Nereus ganz und gar gelegen kam, dass der gefallene Pirat sich nicht im Geringsten für den verkrüppelten CSA-Commodore interessierte, mit dem er hier parlierte, doch alleine die Anspielung auf „die großen Jungs“, mit denen er nicht zu spielen hatte, brachte ihn dazu, unter seiner grotesken Maske von außen gänzlich unsichtbar zu Lächeln. Ga’lor kannte die Sphären der Macht nicht, in denen Nereus sich bewegt hatte, konnte sich keine Vorstellung von seinen Feinden machen, von seinen Verbündeten, von den Wesen, die bloße Schachfiguren für ihn gewesen waren – mit welchem Widerwillen und Ekel er sie auch genutzt haben mochte. Und genau das würde diesem Twi’lek zum Verhängnis werden, wenn er ernsthaft glaubte, hier einen einfältigen Provinzoffizier über den Tisch ziehen zu können.

„Wenn mich die erstaunliche Flexibilität, mit der Sie… „Gelegenheiten“ ergreifen, irgendetwas lehren sollte, Ga’lor, dann höchstens, Ihnen keinerlei solche Gelegenheiten zu bieten.“

Die elektronische Filterung seiner Stimme unterstrich die Schroffheit dieser Worte auf recht annehmbare Weise.

„Und Sie werden feststellen, dass man das, was jetzt kommt, als vieles bezeichnen kann… doch gewiss nicht als eines Ihrer Spiele.“

Dennoch folgte er der Aufforderung des Piratenlords und bewegte sich weiter in Richtung des Turbolifts, der hoffentlich in einem besseren Zustand als der Rest des bedauernswerten Schiffes, wo Ga’lor nur noch von seiner menschlicher Begleiterin – hielt er sich womöglich um dem Bild des unzivilisierten Piraten in Gänze zu entsprechen einen Harem? – und dem potentiell instabilen Talz flankiert wurde, zwei Personen, mit denen Nereus nicht zwingend die Enge einer Turboliftkabine teilen wollte.

„Die bleiben hier“, stellte er mehr fest, als dass er forderte, und fügte mit Blick auf Donos, die ihm zögernd gefolgt war, hinzu:

„Sie und die Männer auch, Captain. Behalten Sie die Situation hier im Auge… und wenn ich in einer halben Standardstunde nicht zurück bin, töten Sie alle und signalisieren Sie der Collateral, wie für diesen Fall vorgesehen fortzufahren.“

Die Augen der blonden Kommandantin weiteten sich leicht, während ihr Blick kurz zwischen Nereus und seinem nichtmenschlichen Gastgeber hin und her huschte.

„Sind Sie sicher, Sir?“

„Ich bin mir sicher, dass Mister Ga’lor hier nicht erst das Imperium und dann die Republik verraten hat, um schließlich von der CSA in einem drittklassigen System auf molekularer Ebene im Raum verteilt zu werden. Und daher wird er auch keine Dummheiten anstellen.“

Spöttisch nickte er in Richtung des Twi’lek, auch wenn seine ungeschlachte Verkleidung dieser Bewegung ein wenig von ihrer herablassenden Eleganz nahm.

„Wollen wir…?“

[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Hangar der Steady Profit]- Jart, Severina, Nereus, Captain Donos, Espos, Magna Guards, Söldner
 
[Äußerer Rand, Cadomai-System, Sternengaleone „Steady Profit“, Hangar]- Jart, Commodore Trayn, Severina, Magna Guards, Söldner, Espos

Severina wandte sich ab, als die beiden ungleichen Verhandlungspartner, von deren Unterredung wohl die nächsten Ereignisse – und nicht zuletzt das Ausmaß des Blutvergießens – abhängen würde, und brachte ein wenig Distanz zwischen sich und den Talz aus Ga’lors bunter Söldnertruppe, bevor sie an einem halbhohen Frachtkanister halb lehnend, halb sitzend zur Ruhe kam, den Blick wachsam auf die Gruppe schwer bewaffneter Sicherheitspolizisten und ihre erstaunlicherweise unbewaffnete Vorgesetzte gerichtet. Das Blondchen war nicht wirklich begeistert gewesen von den Befehlen, die der unheimliche Cyborg ihr gegeben hatte, und Severina konnte sich ungefähr vorstellen, warum…

Sie musste zugeben, dass Commodore Trayn sie überraschte. Zwar wusste sie kaum etwas über den Korporationssektor und seine Sicherheitskräfte, doch genug, um einschätzen zu können, dass eine rein auf Profit ausgerichtete Entität am Rande der Galaxis wohl kaum über so professionelle Streitkräfte verfügte wie das Imperium oder vielleicht noch die Republik. Und dennoch waren es die imperialen Offiziere, die sie auf Coruscant kennen gelernt hatte, an die sie dieser Commodore mit seinem Gebaren erinnerte: selbstsicher, fast ein wenig arrogant, autoritär und ungeachtet der Situation, in die der Twi’lek seine Widersacher manövriert hatte, anscheinend bedingungslos siegessicher. Nun war das alleine wohl nicht unbedingt eine Überraschung – Trayn hatte angedeutet, dass er selbst dereinst die Uniform des Imperiums getragen hatte, doch welches Ereignis seinen Dienst dort auch immer beendet und seinen Körper so sehr zerstört hatte, dass er auf die Hilfe elektronischer und mechanischer Komponenten angewiesen war, die meisten Männer hätte es wohl auch psychisch gebrochen. Vielleicht war es das, was sie so an diesem mysteriösen Espo-Offizier störte. Sein Auftreten hatte nichts von einem Krüppel, der sein fortwährendes Überleben alleine dem aktuellen Stand der Technologie zu verdanken hatte, der im Grunde bereits tot war und der vermutlich nichts mehr fürchten musste als eine wohlplatzierte Ionengranate (mit denen Severina bedauerlicherweise nicht dienen konnte). Und trotzdem hatte er eine geradezu… groteske Vitalität ausgestrahlt. eine Vitalität, die sich nicht zuletzt in seiner überraschenden Verachtung, seinem Hass Jart Ga’lor gegenüber ausgedrückt hatte.

Severinas rechte Hand ruhte lässig auf dem Knauf ihrer erbeuteten Blasterpistole, ein herausforderndes Lächeln in Richtung der blonden Espo-Schlampe auf den Lippen, die sich zu ihrer Genugtuung sichtlich angewidert abwandte, bevor sie mit ihrer Linken in der Tasche ihrer Denymjacke nach dem zweiten Beutestück suchte, das sie Itoklos Leichnam entnommen hatte. Ihre schlanken Finger fanden das verchromte Etui und zauberten es aus ihrem Versteck hervor, bevor sie die Espos für einen Moment Espos sein ließ und es ein erstes Mal genauer in Augenschein nach, ohne dass das Adrenalin ihre Adern durchströmte, das ihre Wahrnehmung kurz nach Itoklos gewaltsamem Ableben bestimmt hatte. In den Deckel des Behälters war tatsächlich etwas eingraviert, das auf Severina wie die stilisierte Form des Wappens der CSA deutete. Ungeachtet seiner Bezeichnung als „Agent“ war der blauhäutige Nichtmensch offenbar nicht übermäßig darauf bedacht gewesen, seinen Arbeitgeber zu verschleiern. Zumindest nicht, nachdem er an Bord der Steady Profit Coruscant und somit den Zugriff der Republik hinter sich gelassen hatte.

Der Deckel des Etuis klappte auf und erlaubte es ihr, eine der letzten vier Cigarras aus ihrer Halterung zu entwenden, davon überzeugt, Iktoklos letztes – und erstaunlich geschmackvolles – Vermächtnis in vollen Zügen zu genießen, bevor sie sich selbst um Nachschub bemühen musste. Direkt nach ihrem überleben. Itoklos ehemaliges Feuerzeug – weit weniger bemerkenswert als das Etui –flackerte kurz auf und kurz darauf blies Severina mit einem zufriedenen Seufzen eine kleine Rauchwolke in die ohnehin dunstgeschwängerte Atmosphäre des demolierten Hangars. Schon mit ihrem zweiten Zug beschäftigt, ließ sie ihren Blick zurück zur verschlossenen Tür des Turboliftschachts schweifen.

Ga’lor. Ga’lor war gefährlich. Wenn sie diese Feststellung nicht schon vorher gemacht hätte, so wäre spätestens die kleine Auseinandersetzung mit dem Espo-Commodore Beleg genug dafür gewesen. Er hatte nicht einmal abgestritten, dereinst sowohl für das Imperium, als auch die Republik gedient zu haben, und alleine die Vorstellung, dass er sich den Rang, mit dem sie ihn zuletzt zu provozieren versucht hatte, womöglich tatsächlich in einer der beiden Flotten verdient hatte, jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. Der Twi’lek würde sich ihrer entledigen, kaum dass er keinerlei Nutzen mehr in ihrer Präsenz auf seinen Schiffen sah, und sie bezweifelte stark, dass er empfänglich sein würde für eine… intimere Art der Überzeugung. Abgesehen davon hätte sie diese Option einiges an Überwindung gekostet – anders (seltsamerweise) als weibliche Twi’lek waren die männlichen Tentakelköpfe hässlich wie die Nacht und Ga’lor zu allem Überfluss kein sonderlich leuchtendes Beispiel seiner Spezies. Nein… ihr einziger verbleibender Trumpf war das Glitzerstim, mit dem sich die junge Mirialanerin Teela irgendwo im Bauch der Steady Profit versteckte. Vermutlich war Ga’lor nicht selbst süchtig – dafür hatte er sich einfach zu sehr unter Kontrolle – aber mit Sicherheit wusste er, alleine durch seine Verbindungen zur Black Sun, wie man die Droge schnell zu Geld machen konnte.

Severina schloss die Augen, lehnte ihren Kopf leicht zurück und inhalierte genüsslich den süßlichen Rauch der Cigarra. Wenn die Espos sich dazu entschlossen, sie alle hier und jetzt zu töten, wären alle diese Eventualitäten ohnehin bedeutungslos…

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Der Ton des Commodores gefiel Jart nicht, allem voran die arrogante Haltung und die abfällige Wortwahl, die so gar nicht zu einem Commodore der CSA passten und seinem eigenen Gebaren ähnlicher war, als er zugeben wollte. Ein Anflug von Zorn umschmeichelte sein Innerstes, wie ein Crayt-Hund, der gnädig darum bettelte von der Leine gelassen zu werden, doch Jart widerstand dem Drang und lächelte weiter, auch wenn das Lächeln zusehends zu einer unbeweglichen Fratze degenerierte.

"Sie alle töten, Commodore? ... Das wäre höchst unschön für alle Beteiligten, doch ich mag Ihren Optimismus, ... und zwar ganz besonders, weil ihm jede Grundlage fehlt."

Für Jart stand fest, dass im Falle eines Feuergefechts beide Boarding-Teams wohl abgeschrieben werden konnten, dafür waren zu viele zu stark motivierte Schießgesellen an einem Ort versammelt. Fast unweigerlich rutschte sein Blick empor zu dem ihn weit überragenden Talz, der mit seinem pelzigem Äußeren entfernt an einen Wookiee erinnerte, nur fehlte diesem hier all der störende ethisch-moralische Ballast. Welch Schande! Das schrille Flöten dieses haarigen Ungetüms verriet dessen Verwirrung und offenbar hatten die Worte des Commodores ihre Wirkung nicht verfehlt. Jarts durchdringender Blick, gepaart mit einem seitlichen Kopfnicken entband die Kreatur von ihren Pflichten.

"Achte auf Miss Severina", intonierte Jart gerade so laut, dass seine Worte die schwarzhaarige Schönheit erreichten. Sie war ein kluges Mädchen und würde die Doppeldeutigkeit dieser Anweisung sicher rasch begreifen, wusste Jart. Während er mit hinter dem Rücken verschränkten Armen dem kybernetisch CSA Offizier gemessenen Schrittes folgte, hielt Jart noch einmal inne und warf über die Schulter einen Blick auf Severina, nur zur Kontrolle. Er grunzte leise, denn was er sah, gefiel ihm. Die betont unbekümmerte Art, mit der sie der ebenso arrogant-aufgeblasenen Art der weiblichen Kommandeurin der Espos begegnete, imponierte ihm. "Gut so, Mädchen", dachte er und lehnte sich vermutlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn er dieser Schlampe eine steile Karriere bei der Schwarzen Sonne prognostizierte. Aufstieg und Fall lagen jedoch gewohnheitsgemäß dicht beieinander. Ob dieses Espos-Weibchen das schon realisiert hatte?

Während Jart dem Commodore in den Turbolift folgte, dachte er noch einmal über die benutzten Worte von Trayn nach. Die Art und Weise, wie er das Wort 'CSA' aussprach, überzeugte ihn irgendwie nicht. Keine Ehrfurcht, keine Pflichtergebenheit, kein besonderer Nimbus um das Wort, doch das hätte es, war Jart der Überzeugung. Ohne das konnte man nicht einer Flagge oder einer Sternennation dienen, aber das war nicht alles. Jene angedeutete Abfälligkeit kroch weiter, denn Trayn hatte, ob er es wusste oder nicht, im gleichen Satz abfällig über dieses System gesprochen, doch fiel das nicht auf die CSA zurück, wenn sie hier operieren musste? Alarmiert musterte er den widerlich verunstalteten Körper des Offiziers. ...

"Nun, da wären wir. Nur Sie und ich. Wenn ich Sie jetzt töten würde, direkt hier in der Kabine, würde mir genau eine halbe Stunde bleiben, um die übrigen Dinge zu regeln."

Jart grinste gehässig, wobei seine spitzen Zähne deutlich hervortraten. Es war ein weiterer Versuch, in dem selbstgefälligen Panzer seines Gegenübers Scharten zu schlagen. Wenn er so viel über ihn wusste, musste er auch wissen, dass Leichen für gewöhnlich den Weg dieses Twi'lek pflasterten.

"Aber was brächte mir das schon, hm? Bestenfalls eine gewisse Form der ... Befriedigung. Nah, ... aber die hatte ich heute schon. Kannten Sie Cpt. Atega?"

Wieder blieb Jart an den kypernetischen Implantaten des CSA-Offiziers hängen, den beeindruckend funkelnden Augen und dem metallischen Exoskelett. Fast beiläufig streckte er seine unsichtbaren Tentakel durch die Macht nach Trayn aus, ein Reflex, den er sich im Laufe der Jahre angewohnt hatte, und wieder beschlich ihn das merkwürdige Gefühl, dass hier etwas falsch lief. Irritiert kniff Jart die Augen zusammen und blinzelte zwei Mal, dann reckte er den Kopf neugierig nach vorne, um sich noch stärker auf die Aura seines 'Gastes' zu konzentrieren. Sie strahlte hell, heller als bei den meisten Personen, die nicht empfänglich für die Macht waren. Das sollte sie aber nicht! Trayn war ein Krüppel, ein körperlich verstümmelter Mann. Seine Essenz, wenn man das so nennen konnte, hätte schwächer oder dunkler sein müssen, doch sie war es nicht. Er schreckte sichtbar hektisch zurück!

"Das ist doch, ... wie kann denn ...",

stammelte Jart ungläubig, dann schnellte er entgegen seiner Absicht wieder nach vorne, holte blitzschnell mit der rechten Hand aus und schlug dem Commodore die Maske vom Gesicht, ohne Vorwarnung. Wäre diese echt, hätte der Mann jetzt sterben müssen, entweder wäre er erstickt oder aufgrund der unachtsam entfernten Teile verblutet, doch weder das eine noch das andere trat ein. War Jart zuvor verblüfft, steigerte sich diese Verwunderung nun in die Unendlichkeit, und zum ersten Mal seit vielen Jahren entglitt dem Twi'lek seine Miene vollständig, während die aufgesetzte Maske langsam an den Rand des Turbolifts rollte.


[Apara Sektor | Cardomai-System | fünzig Klicks vom Sprungpunkt entfernt | Steady Profit | Turbolift] Ad'ika Ga'lor, Commodore Trayn

[OOC: Wenn das so nicht ok ist, bidde melden.]
 
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[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Steady Profit, Turbolift]- Jart Ga’lor, Nereus Kratas

Nereus verkniff es sich, Ga’lor darauf hinzuweisen, dass sein „Optimismus“ – so nannte der Twi’lek also seine Überzeugung, dass im Falle einer Eskalation keiner seiner Schergen dieses System leben würde verlassen können – sich nicht auf das in der Tat ausgeglichene Mengenverhältnis hier an Bord der Steady Profit bezog, sondern auf die Tatsache, dass von Ga’lors Schiff und den Frachtern im äußersten Fall nach einem sorgfältigen Bombardement durch die Artillerie der Collateral nicht viel übrig bleiben würde. Der Tiw’lek verstand sein Spiel, versuchte, seinen Gegenspieler aus der Reserve zu locken, ihn zu Fehlern zu verleiten. Nereus würde ihm diesen Gefallen nicht tun – bereits einmal hatte er sich von Jart Ga’lor um ein Haar ausspielen lassen und es hinterher bitter bereut.

So entlockte ihm auch das Nachdenken des Nichtmenschen darüber, ihn in der Enge des Turbolifts einfach umzubringen, ein unter seiner Maske unsichtbares Schmunzeln. Er bezweifelte keine Sekunde, dass Ga’lor technisch sehr wohl in der Lage war, seine Drohung in die Tat umzusetzen – in der Enge der Turboliftkabine war Nereus in der Tat im Nachteil, da seine einzige Waffe ein Blaster war, während der Twi’lek vermutlich auf Kenntnisse im unbewaffneten Nahkampf zurückgreifen konnte und wohl irgendwo in den Tiefen seiner falschen Admiralsuniform eine Vibroklinge – vielleicht gar eine vergiftete – verborgen hatte. Doch Ga’lor wusste ebenso gut wie Nereus, dass die halbe Stunde, die ihm dann noch blieb, ehe Donos ihren Befehl ausführte, ihn nicht vor den Turbolasern der kleinen Eingreiftruppe retten würde. Er musste verhandeln. Das war seine einzige Chance. Und so beließ er es dann auch dabei, eine weitere verbale Giftsalve abzufeuern, auch wenn Nereus nicht wusste, wer dieser ominöse Captain Atega wohl sein mochte, Vielleicht der Kommandant der Sternengaleone – niemand, dessen Schicksal den vermeintlichen Commodore der CSA sonderlich interessierte, auch wenn er es keiner Seele wünschte, durch die Hände des Sadisten Jart Ga’lor zu sterben. Immerhin hatte dieser Atega es wohl mittlerweile hinter sich…

Da Nereus eine Antwort schuldig blieb, hüllte sich ein wachsames Schweigen um die bizarre Szene im Inneren des sich mit quälender Langsamkeit vorwärts bewegenden Turbolifts, ein Schweigen, das die beiden Kontrahenten dazu nutzten, sich so wachsam wie misstrauisch zu beäugen. Die Unruhe, die sich dabei plötzlich Ga’lors Gebaren bemächtigte, irritierte Nereus dann allerdings doch, bevor ihm die Erkenntnis einen kalten Schauer den Rücken hinunterjagte. Ga’lor konnte doch nicht etwa…

Der plötzliche Hieb traf Nereus vollkommen unerwartet. Sein Kopf dröhnte und leicht benommen taumelte der ehemalige Großadmiral des Imperiums zurück, während sich seine Verkleidung, die auf derartige Gewalteinwirkung hin nicht ausgerichtet war, auf schmerzhafte Weise von seinem Gesicht löste… die Atemmaske polterte zu Boden, begleitet vom Klimpern der falschen Droidenaugen und der metallene Geschmack von Blut breitete sich in Nereus‘ Mund aus, der blinzeln musste, als seine echten Augen zum ersten Mal seit vielen Stunden wieder direkt dem Licht ausgesetzt wurden.

Schwer atmend stützte er sich gegen die Wand der Turboliftkabine und wischte sich mit der rechten Hand ein kleines, von einer oberflächlichen Wunde herrührendes Blutrinnsal aus dem Gesicht, bevor genau diese Hand sich um den Knauf seiner Waffe legte – allerdings ohne, dass er die „Thunderer“ aus ihrem Holster zog. Für sich zu einer schieren Unendlichkeit dehnende Sekunden starrten die beiden sich einfach nur an. Das Begreifen in Ga’lors grotesken nichtmenschlichen Gesichtszügen war unverkennbar.

„Wie Sie sehen, sind die Gerüchte um mein Ableben maßlos übertrieben, Ga’lor.“

Nereus wusste selbst nicht, warum er ob seiner verzweifelten Lage zu derart klischeebeladenen Worten gegriffen hatte und nun auch noch den Drang verspürte, wie ein Wahnsinniger zu Grinsen. All der Aufwand um seine Tarnung, und die erste Person aus seiner Vergangenheit, die ihm über den Weg lief, kam bereits hinter sein Geheimnis…

„Ich bin mir sicher, dass sich auf Bastion und Mon Calamari einige Personen brennend für diese Information interessieren dürften.“

Das Grinsen verschwand aus den Zügen des gefallenen imperialen Offiziers.

„Deswegen werden Sie verstehen, dass ich Sie jetzt töten muss.“

Eine leere Drohung, das wusste auch der Twi’lek. Niemals würde er schnell genug seine Waffe ziehen und akkurat zielen können. Doch was blieb ihm anderes übrig…?


[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Steady Profit, Turbolift]- Jart Ga’lor, Nereus Kratas
 
[Apara Sektor | Cardomai-System | fünzig Klicks vom Sprungpunkt entfernt | Steady Profit | Turbolift] Ad'ika Ga'lor, Commodore Trayn


Die Tür des Turbolifts öffnete sich zischend und eröffnete interessierten Personen den unspektakulären Blick auf einen durch Kampfschäden entstellten, an vielen Stellen mit Schutt und Unrat beladenen Gang, in dem selbst die Lichtquellen sich nicht zu einem ausdauernden Betrieb hinreißen ließen. Doch im Moment interessierte sich niemand dafür, dass der Turbolift seine Destination erreicht hatte, insbesondere nicht Ad'ika Jart Ga'lor, der nach wie vor in einer Art Schockstarre verharrte und fassungslos die blutenden Umrisse jenes Gesichts anstarrte, das es längst nicht mehr geben dürfte.

"Kratas, ... Sie ...",

hauchte Jart leise und zögerlich, obwohl sein Verstand gegen diese irrwitzige Annahme Sturm lief, seiner eigenen Integrität willen. Das konnte einfach nicht sein, diese Person vor ihm, nein, das konnte einfach nicht Großadmiral Nereus Kratas sein, und auch auch nicht 'einfach nur' Nereus Kratas. Dieser Mann war seit vielen Jahren tot, und das zu Recht, denn er war nicht der Richtige, um in dem großen, intriganten Spiel der imperialen Politik und des sinistren Sith-Ordens zu bestehen. Zumindest nicht, wenn man sich so viele Feinde gemacht hatte, wie ... er da.

Noch immer gebannt lauschte Jart den Worten des Menschen, unfähig sich zu rühren oder den Blick von Kratas ab zu wenden. Das Grinsen seines Gegenübers ließ die Situation aus Sicht des grünhäutigen Twi'lek nur noch irrealer wirken und hätte man ihn gefragt, er hätte nicht wiederholen können, was der ehemalige Großadmiral zu ihm gesagt hätte. Nur der letzte Satz bahnte sich einen Weg in Jarts bewusstes Selbst und erst dann sah er die Waffe. Seine Lippen bewegten sich nur zögerlich, die Augen weiteten sich schlagartig:

"Aber das können Sie nicht, ... Kratas", beschwor Jart den vor ihm stehenden Imperialen, langsam seine Fassung wieder gewinnend. "Es ... liegt nicht innerhalb Ihrer Möglichkeiten."

Wie sollte es jetzt weitergehen? Und überhaupt:

"Nereus Kratas, wie bei den schwarzen Knochen des Imperators sind Sie ... . Die CSA?"

Das Ganze war so abenteuerlich, dass Jart nicht einmal über die Hintergründe zu spekulieren wagte, auch wenn langsam die Erkenntnis an Boden gewann, dass die Person vor ihm wirklich Nereus Kratas war. Jetzt, wo das Unmögliche denkbar war, erkannte Jart die abschätzige Arroganz wieder, die so typisch für den ehemaligen Oberkommandierenden der Imperialen Flotte war. Diese Überheblichkeit selbst in der Niederlage - wovon Kratas im Laufe seiner vergangenen Karriere einige hatte erleben müssen - war noch markanter, als ein Jedi mit mehr als einem Lichtschwert. Abwehrend reckte Jart die rechte Hand nach vorne und leckte sich nachdenklich über die staubtrockenen Lippen:

"Alte Gesichter und neue Dienstherrn, das verspricht ein aufschlussreicher Nachmittag zu werden. Wir sollten reden, Kratas, solange der Moment noch günstig ist. Das Schießen beginnt noch früh genug."

Gemessenen Schrittes verließ Jart den Turbolift, um auf den in der Nähe befindlichen Konferenzsaal zu zu steuern, was in diesem dimmen Licht und den unzähligen Trümmern nicht einfach war. Dass ihm von der Blasterpistole dieses tragischen Menschen Gefahr drohte, glaubte Jart nicht. Kratas war einfach nicht der Typ dafür. Gefährlich und fintenreich mit Worten, ja, aber nicht mit Waffen auf Nahkampfreichweite.


[Apara Sektor | Cardomai-System | fünzig Klicks vom Sprungpunkt entfernt | Steady Profit | kurz vor dem Konferenzraum] Ad'ika Ga'lor, Commodore Trayn
 
[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Steady Profit, Turbolift]- Jart Ga’lor, Nereus Kratas

Jart Ga’lor so überrumpelt um Fassung ringen zu sehen hätte Nereus wohl in eine Art Hochgefühl versetzen sollen, doch eine derartige Gemütsregung blieb aus, ebenso wie er sich nicht in der Lage war, den Abzug der auf den Twi’lek gerichteten Waffe, am besten mehrmals, zu betätigen. Und so sprang der doppelte Verräter dem Tod einmal mehr von der Schippe, während der ehemalige imperiale Offizier mit der Frage kämpfen musste, warum er nicht einfach geschossen und sich so einen langjährigen – aber zuletzt verworfenen – Herzenswunsch erfüllt hatte. Schließlich beeilte Ga’lor sich mit seinen nächsten Worten dann auch sofort, den gefallenen Großadmiral daran zu erinnern, warum sein bloßes Antlitz in ihm den Wunsch nach Gewalt auslöste.

„Von meinen Möglichkeiten kennen Sie einige offenbar nicht, Ga’lor, sonst wären Sie nicht so überrascht, mich hier zu sehen“, dehnte Nereus die Wahrheit in einer kurzen Replik auf den Twi’lek, ohne seine Waffe dabei zu senken, die zu ziehen er ob der Verblüffung des Nichtmenschen dann doch alle Zeit des Universums gehabt hatte. Selbst wenn Ga’lor in der Mündung der „Thunderer“ keine Drohung sah, so bedeutete ihr schweres Gewicht in Nereus‘ Rechter doch ein wenig Beruhigung.

Während er zur Kenntnis nehmen musste wie Ga’lor wieder die Initiative übernahm und aus der geöffneten Turboliftkabine spazierte und Nereus so nur die Wahl ließ, seine Maske vom Boden zu klauben und ihm zu folgen, war der Mann, der in der Uniform des Vilius Trayn steckte, mit der Frage beschäftigt, was nun geschehen sollte. Wenn er Ga’lor einfach so entkommen ließ, könnte er genauso gut eine Holobotschaft nach Bastion aufsetzen und vom Imperator bis zum Gouverneur des Planeten jeden imperialen Funktionär von seinem Überleben in Kenntnis setzen. Keine Sekunde zweifelte er daran, dass Ga’lor diese wertvolle Information, wenn man ihm die Gelegenheit ließ, gewinnbringend veräußern würde, selbst wenn er sich damit der Gefahr aussetzte, unmittelbar im Anschluss daran zum Schweigen gebracht zu werden.

Der Konferenzraum, in den der Twi’lek ihn führte, war in einem ähnlich schäbigen Zustand wie der Rest der übel zugerichteten Sternengaleone, die selbst bei Erstauslieferung mit Sicherheit keine Schönheits- oder Komfortwettbewerbe gewonnen hätte. Das Licht war schwach und unregelmäßig und man musste sich zwangsläufig fragen, wie lange das Transportraumschiff überhaupt noch an einem Stück bleiben würde. Fast hatte Nereus den Verdacht, dass alleine die Traktorstrahlen der Collateral ausreichen würden, um die Steady Profit auseinanderzunehmen.

„Also, Ga’lor, Sie wollen reden?“, fragte Nereus schließlich, nachdem er seine außer Funktion gesetzte Maske auf dem Konferenztisch abgelegt und ein Trümmerteil beiläufig zur Seite gefegt hatte.

„Worüber? Wen von uns beiden es schlimmer erwischt hat? Ich mag derzeit im Auftrag der CSA einen Sternenzerstörer und seine Begleitschiffe kommandieren, aber das Überfallen von nahezu wehrlosen Konvois voll mit wertlosen Ersatzteilen… nun, so tief zu sinken hätte ich nicht einmal Ihnen zugetraut.“

Er lächelte dünn.

„Und jetzt erzählen Sie mir nicht, dass Sie im Voraus wussten, dass dieses Schiff noch andere Fracht transportiert. Ich möchte nicht den letzten Hauch einer Hoffnung darauf verlieren, dass auch nur eines der Worte, das sie an mich richten, der Wahrheit entspricht. Zumindest nicht, bevor die Espos Sie wegen Piraterie an die Wand stellen oder Sie den Rest Ihres Lebens auf Stars‘ End verbringen…“

Gespielt unbeteiligt zuckte Nereus mit den Achseln.

„Denn so sieht es aus, Ga’lor… ob ich Commodore Vilius Trayn bin oder Nereus Kratas: Sie haben sich in eine Position manövriert, aus der es kein Entkommen gibt. Doch wenn es ihre Seele erleichtert, vor dem Ende ein paar Anekdoten aus unseren gescheiterten Existenzen auszutauschen… bin ich ganz Ohr.“


[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Steady Profit, Konferenzraum]- Jart Ga’lor, Nereus Kratas
 
[Apara Sektor | Cardomai-System | fünfzig Klicks vom Sprungpunkt entfernt | Steady Profit | Konferenzraum] Ad'ika Ga'lor, Commodore Trayn (aka Nereus Kratas)


Auch Jart schenkte seinem spitzzüngigen Verhandlungspartner und Widersacher nur ein schmales Lächeln.

"Gewiss nicht, Kratas! Es genügt, dass Sie wissen, dass ich diesen Schritt geplant und gewollt habe, auch wenn das große Ganze einem Flottenoffizier mit ihrer ... begrenzten Fantasie nicht einleuchtet. Oder glauben Sie, ich hätte keinen Zugriff mehr auf den Rampant-Verband?"

Jart ließ die angesengte Lehne des einzigen, noch stehenden Stuhles los, sich des Chaos um ihn herum erst jetzt gewahr werdend. Wie durchschnittlich das Interior dieses Ortes auch zu Glanzzeiten gewesen sein mochte, diese Tage waren gezählt, ebenso wie die des gesamtes Schiffes. Ob es nun eine Salve der Fast Fortune auf die letzte Reise schickte oder eine der Collateral. Dem Namen nach gehörte dieses Privileg wohl Kratas Schiff. Verächtlich schnippste Jart rasch einige kleinere Dreckkrumen von dem Stuhl, dann setzte er sich vorsichtig. Kratas tat es ihm gleich, die Waffe noch immer auf ihn gerichtet, wenngleich die Trümmer des schmucklosen Metalltisches zwischen ihnen eine Distanz schufen, die für sie beide annehmbar schien. Mit finsterer Miene faltete Jart die Hände vor der Brust.

"Es war ein Zufallstreffer, das will ich gerne zugeben, wenn es Sie glücklich macht. Doch aus diesem Grund ist mir dieser Container auch besonders ans Herz gewachsen. Ich betrachte ihn als mein Hab und Gut, Kratas, und auch wenn meine Position aus taktischer Perspektive suboptimal ist, so haben Sie doch nichts in der Hand, um mir diese Fracht gegen meinen Willen abzunehmen."

In gewisser Weise gefiel Jart dieses Spiel mit dem ehemaligen Großadmiral, wohl auch, weil er sich dadurch irgendwie ... bedeutend fühlte, doch natürlich überspielte sein Ego diese wenig erbauliche Gefühlslage. Ein Jart Ga'lor war es wert mit jedwedem Individuum auf einer Stufe zu stehen, das war bekannt. Gespielt gelangweilt beugte Jart sich ein wenig nach vorne, sodass sein Kopf nun auf seinen auf der Tischplatte aufgestützten Unterarmen ruhte. Er sah sich demonstrativ uninteressiert um, während er nur lakonisch meinte:

"Ach Kratas, wenn es eine Konstante in der uns bekannten Galaxis gibt, dann wohl die, dass nichts unverhandelbar ist. Selbst jetzt noch immer der imperale Musterknabe, was? " ... Also hören Sie, in jeder anderen Situation gäb es dieses Gespräch nicht. Doch keiner besitzt einen Vorteil, der groß genug wäre, um das hier", der grünhäutige Twi'lek vollführte mit den Augen eine rollende Bewegung, "zu dominieren. Deswegen sitzen wir hier! Traurig irgendwie!"

Jede persönliche Neugierde, was Nereus Kratas in die Arme der CSA getrieben hatte und wie seine letzten Jahre wohl gewesen sein mochten, schob der machtsensitive Black Sun Kommandant für den Moment zur Seite.

"Sie wollen die Fracht, Sie wollen Ihre Identität gewahrt wissen und ganz sicher meinen Tod. Ich will die Fracht, ich will dieses System verlassen und selbstverständlich auch diejenige Person sein, die einer schwachen Gestalt die Gnade des Todes gewährt. ... Zeichnet sich da für Sie etwas ab?"

Nicht weit von seinem Stuhl entfernt erspähte Jart einen umgestürzten Flakon, in dem dunkel eine ölige Flüssigkeit leicht hin und her schwappte. Die Züge des Twi'leks erhellten sich, als er den Alkohol sah und er griff danach. Der Konsum von alkoholischen Getränken war eine Abart vieler Spezies, die er nicht nachvollziehen konnte, doch aus einem merkwürdigen Grund, der wohl zwischen immer im Trüben bleiben würde, verspürte Jart ein gewisses Verlangen danach. Er stellte das Gefäß vorsichtig vor sich hin und fragte erheitert:

"Vielleicht 'fördert' es das Gespräch, wenn wir uns dem Genuss dieses leicht toxischen Getränks hingeben. Vermutlich wird es von mir als Vertreter der mutmaßlich dem Pirateriegeschäft nachgehenden Black Sun auch erwartet? ... Also ... trinken Sie mit mir Kratas."


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[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Steady Profit, Konferenzraum]- Jart Ga’lor, Nereus Kratas

Die Frustration der Pattsituation, in der sie sich befanden, musste recht anschaulich von Nereus‘ Mimik abzulesen sein, als dieser leicht mit den Zähnen knirschte. Gleichzeitig waren seine Gefühle hinsichtlich seines Widersachers erstaunlich ambivalent – er hätte einiges dafür gegeben, ihn schlicht und ergreifend der brutalen Justiz der Espos zu überlassen, über die man sich auch im Imperium die eine oder andere unschöne Geschichte erzählte, doch auf der anderen Seite war diese Twi’lek eine nicht zu verneinende Verbindung in seine Vergangenheit. Als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, hatte Nereus noch die Uniform des Imperiums getragen, voller Stolz, ungeachtet der versuche des Nichtmenschen, so viel Unrat über ihr auszukippen wie nur irgend möglich. Jetzt lagen Monate – Jahre? – republikanischer Gefangenschaft hinter ihm, gefolgt von der nüchternen Erkenntnis, dass ihn die Gesamtgalaxis schlicht und ergreifend zum Toten erklärt hatte, zweifelsohne auf das politische Betreiben gewisser Akteure auf Bastion hin. Natürlich hatte Moriera ihm logisch nachvollziehbar die Notwendigkeit dargelegt, diese Scharade aufrecht zu halten, doch es wurmte ihn. Jetzt, da ihm ein alter Widersacher gegenüber saß, noch viel mehr. Und doch hielt es ihn auch davon ab, Ga’lor schlicht und ergreifend zu erschießen.

„Traurig ist gar kein Ausdruck“, war daher seine erste Reaktion auf die ebenso treffen de wie unbequeme Feststellung des Twi’lek. Konnte es sein, dass Ga’lor diese ganze Situation einfach nur genoss? Vermutlich – er hatte längere Zeit gehabt, sich an seine neue Position zu gewöhnen. Als Handlanger der Black Sun, des Abschaums der Galaxis. Hatte er sich mit der Gruppe aus Sternenzerstörern, auf die er genüsslich angespielt hatte, einen Posten mit Einfluss innerhalb des Syndikats erkauft? Wenn ja, warum befand er sich dann hier auf einem wenig ertragreichen Beutezeug am Rande des Korporationssektors? An Bord eines Munificient-Kreuzers, der bereits den Konflikt mit dem Konvoi ohne Eingreifen der Collateral eher gerade so überstanden hatte?

„Aber wenn Ihnen so sehr an Verhandlungen gelegen ist… ich meine mich zu erinnern, dass zu solchen auch eine gewisse Kompromissbereitschaft beider Seiten von Nöten ist, nicht wahr?“

Demonstrativ legte er die schwere Blasterpistole vor sich auf den Tisch und schob sie ein Stück in Richtung der Maske Commodore Trayns.

„Und da wird es schwierig. Glauben Sie, die CSA akzeptiert, wenn ich einen dahergelaufenen Piraten mit dem Prototypen einer hochverdichteten experimentellen Schiffspanzerung davonkommen lassen?“

Aufmerksam beobachtete er die Mimik seines Gegenübers, gespannt darauf, ob dieser bereits dahinter gekommen war, welchen Fang er gemacht hatte, oder ob ihn diese Enthüllung wie eine Überraschung traf. Für ihn spielte es keine Rolle, ob Ga’lor nun wusste, was sich wirklich im Container befand – der Nichtmensch hatte mehr als deutlich gemacht, dass er den Inhalt für wertvoll genug hielt, um seinetwegen größtmögliche Schwierigkeiten zu machen.

„Ebenso wird es Ihrer „Besatzung“ wohl kaum schmecken, wenn Sie das System nach einem verlustreichen Gefecht mit ein paar Ersatzteilen für Haushaltsdroiden verlassen muss…“

Laut offiziellem Manifest der CSA handelte es sich beim Gros der Fracht des Konvois um eben solche Gegenstände, die der Konzern Serv-O-Droid nach seiner Produktionsverlagerung von Coruscant nach Bonadan mit Hilfe der Verwaltung in den Sektor zu transportieren gedacht hatte.

Etwas misstrauisch beäugte Nereus die Flüssigkeit, die Ga’lor plötzlich zusammenhangslos auf den Tisch stellte und von der er zunächst nicht wusste, ob der Twi’lek sie die ganze Zeit über in seinem Gewand verborgen oder tatsächlich hier im Raum gefunden hatte. Ga’lor war trickreich – doch welchen Sinn machte es wohl, Nereus jetzt zu vergiften? Kaum einen – es sei denn, der Piratenkommandant ließ sich einmal mehr von irrationalen Impulsen leiten, die der ehemalige Großadmiral des Imperiums niemals würde verstehen können.

„Und wenn Sie dieses System lebend verlassen… dann weiß ich, dass mein kleines Geheimnis keines mehr ist. Keine Garantie, die Sie mir geben könnten, würde mich jemals vom Gegenteil überzeugen. Ein Umstand, den Sie Ihren Handlungen in der Vergangenheit zuzuschreiben haben.“

Der Mann in der braunen Uniform der CSA-Sicherheitsdivision lächelte humorlos, griff nach seiner Waffe, richtete sie geradezu lässig auf den Twi’lek und erhob sich, um gemessenen Schrittes den Tisch zu umrunden, nach dem von Ga’lor präsentierten Flakon zu greifen und mit diesem schließlich an seinen Platz zurückzukehren, wo er sich in aller Seelenruhe wieder hinsetzte, die Waffe ablegte und den Flakon öffnete.

„Warum machen wir also nicht Folgendes: Sie unterbreiten mir ein… sagen wir, Eröffnungsangebot, ich trinke und dann sage ich Ihnen, ob mir Ihr Vorschlag zumindest wert ist, Sie auch in den Genuss kommen zu lassen.“

Ohne eine Reaktion des anderen zu warten kippte Nereus sich einen kräftigen Schluck der schwarzen Flüssigkeit in den Rachen und ignorierte das infernalische Brennen, das sich umgehend in seiner Kehle und schließlich in seinen Eingeweiden ausbreitete. Was auch immer dieses Gesöff war, es war kein lieblicher Naboo-Wein…

„Also? Ich warte.“


[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Steady Profit, Konferenzraum]- Jart Ga’lor, Nereus Kratas
 
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Der Absurdität der ganzen Situation setzte der Schnapps trinkende, ehemalige Großadmiral die sprichwörtliche Krone auf, sinnierte Jart gedankenverloren und im Angesicht des alkoholischen Gestanks, den dieses 'Getränk' verbreitete. Oder war es Kratas, der sich bereits in die Hosen schiss? ... Wünschenswert, doch unwahrscheinlich, musste er notgedrungen zugeben und taxierte sein Gegenüber vorsichtig. Jart erhob sich aus dem klapprigen Rest des Sessels, mühelos.

"Schuldig im Sinne der Anklage!", krächzte er Kratas gespielt heiter entgegen und deutete den Hauch einer Verbeugung an. "Und Sie wären gut beraten, ihre Geheimnisse für sich zu ... upps, zu spät, nicht wahr?" Das Grinsen des Twi'leks wurde eine Spur breiter. "Ein wahres Dilemma, zu schade. Leider lässt sich daran wenig ändern, wie die Dinge stehen."

Er umrundete den Tisch, langsam genug, dass es nicht als Angriff aufgefasst werden konnte, selbst wenn ein Teil von Jart diese Torheit bereits innig herbei sehnte, und setzte sich dann halb auf die Tischplatte. Ihn trennten von Nereus Kratas vielleicht noch drei Meter. "Was hat dieser Sohn einer fettgefressenen imperialen Hure vor?", peitschte es durch Jarts Gehirnwindungen, denn die Offerte mit dem Eröffnungsangebot kam für ihn doch reichlich überraschend, oder zumindest ... zu früh. Kratas war kein Mann, der normalerweise Kompromisse einging, obgleich dies eigentlich für jeden Offizier galt, der auf seine imperialen Rangpins etwas gab. Nachdenklich legte Jart eine Hand an sein spitzes Kinn. Doch das hier war keine normale Situation, nicht? Witterten seine Lekku hier etwa eine Gelegenheit?

"Schön, Sie wollen ein Angebot? Hier ist es:", eröffnete er dem entstellten Mann mit einer gewissen Kühle in der Stimme, die die Ernsthaftigkeit sehr deutlich unterstrich. "Ich wahre Ihr kleines Geheimnis, wider allen Unkenrufen. Ein gutes Sümmchen ginge dadurch sicherlich flöten, wenn man bedenkt, was einige Informationsbroker bereits für geringere 'Neuigkeiten' zahlen. Ich garantiere es, was immer Ihnen das wert sein mag, ... vermutlich wenig."

Er lachte auf und für einen kurzen Moment trat ein gespenstisches Funkeln in seine Augen.

"Wichtiger aber wäre wohl, dass wir beide von hier abziehen können, ohne Gefecht. Schlecht fürs Geschäft und meinen Ruf. Sie behalten den Container mit diesem experimentellen Zeug. Ich hatte übrigens auf Cortosis getippt. Sie können dann alles ihrem Herrn und Meister unter die Nase reiben und so zumindest den Anschein wahren, Sie wären der Mann, für den der Pöbel Sie früher hielt."

Mit einem kurzen Ruck entriss Jart Nereus die Flasche grimmig und nahm ohne Vorwarnung selbst einen Schluck. Er riss erschrocken die Augen auf, als dieses ölige Etwas eine Feuerschneise seine Kehle hinab zog und grummelnd seinen Magen vor eine niemals dagewesene Herausforderung stellte. Es schmeckte widerlich, noch schlimmer, als Jart befürchtet hatte, dann war es vorbei. "Nie wieder!" Seine Abscheu gegenüber den Gebräuchen von Menschen wuchs ins Unermessliche.

"Doch", prustete er mehr, als dass er klar artikulierte, "eine Kopie der technischen Aufzeichnungen über diese Panzerung wandert mit besten Empfehlungen in meine Tasche. Ich lass Ihnen gern auch ein paar Gefangene hier, wenn das Ihre Seele beruhigt und die Waagschale ins Gleichgewicht brächte, ... es ist mir gleichgültig."


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Nereus wusste nicht, was seinen Galgenhumor mehr befeuerte, Ga’lors „Angebot“, oder die Tatsache, dass der tentakelbehaftete Nichtmensch allem Anschein nach keinen Alkohol vertrug. Eine seltsame Feststellung bei einem Mann, der sich selbst als skrupelloser Piratenlord gerierte, auch wenn Nereus ihm zugutehalten musste, dass er selbst ebenfalls noch nie etwas Widerlicheres getrunken hatte als die ölige Flüssigkeit aus dem Flakon.

Nachdenklich musterte der ehemalige Großadmiral sein gegenüber und bedachte sorgfältig dessen Worte. Überraschenderweise war das, was Ga’lor ihm vorgetragen hatte, tatsächlich ein Kompromiss – denn beide Seiten würden etwas verlieren. Der Twi’lek und seine Piratenbande jedwede materielle Beute, Nereus die exklusiven Forschungserkenntnisse über die Schiffspanzerung und (allen Beteuerungen des Anderen zum Trotz) sein Geheimnis. Da machte er sich keine Illusionen – wenn Ga’lor lebte, würde diese Information früher oder später ihren Weg in das Portfolio irgendeines Informationshändlers im Dienste der Black Sun finden und wer wusste schon, was dann aus ihr gemacht wurde. Das setzte Nereus unter Zugzwang – denn er würde die groben Pläne, die Moriera ihm gegenüber dargelegt hatte, bedeutend schneller in die Tat umsetzen müssen. Schnell genug, dass er zu dem Zeitpunkt, an dem ein Attentäterteam des IGD auf ihn angesetzt wurde oder man im Imperium auf andere Art beschloss, den vermeintlichen Märtyrer zu einem wirklichen Märtyrer zu machen, bereits fest genug im Sattel saß. Es war nicht vollkommen unmöglich – hing doch viel davon ab, wie sehr sich das Imperium und insbesondere die Flotte in den letzten Jahren verändert hatten. Natürlich blieb ihm dann auch die Genugtuung verwehrt, Ga’lor sterben zu sehen.

„Sie glauben, ich halte es für eine gute Idee, der Black Sun die Ergebnisse klassifizierter militärischer Forschung zu überlassen…?“

Vermutlich würde das Syndikat Schwierigkeiten haben, die Resultate der CSA-Wissenschaftler zu replizieren, zumindest ohne den Prototyp, doch das bedeutete lediglich, dass es etwas länger dauern würde, bis sie auf einen grünen Zweig stießen. Und zeitgleich hätte er Jart Ga’lor ein weiteres Puzzleteil in die Hände gespielt, mit dem dieser seinen Aufstieg am Rande der Galaxis forcieren konnte. Keine verlockende Aussicht.

Ein wenig amüsierte ihn, dass der erste Gedanke des Twi’lek dem Rohstoff Cortosis gegolten hatte – einem Stoff, mit dem Nereus im Laufe des letztendlich fruchtlosen Anti-Force Commando-Projekts in Kontakt geraten war. Es drehte sich dann doch nicht jedwede Forschung darum, die Vorherrschaft der Machtnutzer zu brechen oder zumindest herauszufordern.

„Nehmen wir an, dass tue ich. Und nehmen wir darüber hinaus an, dass ich akzeptiere, Sie sehenden Auges mit dem Wissen über mein Überleben in die weite Galaxis zu entlassen.“

Beiläufig drehte er die auf dem Tisch liegende Blasterpistole. Es war so verlockend. Ein einfacher, sauberer Schuss und…

„Irgendjemand wird trotzdem bezahlen müssen. Dass wissen Sie.“

Vermutlich hatte ihm Ga’lor deswegen großzügig Gefangene angeboten – in den Augen des Nichtmenschen bestand seine Besatzung vermutlich ausschließlich aus potentiellen Rivalen, Dutzenden Messern, die nur darauf warteten, sich in seinen Rücken zu bohren. Er würde sie nicht vermissen. Und doch stimmte durchaus, dass ein paar Häftlinge zur Vorführung auf Etti IV und letztendlichen Verlegung nach Stars‘ End zu Nereus‘ Gesichtswahrung beitragen würden…

„Die Spezialfracht wurde von einem Agenten des Auditor-General der CSA begleitet“, sagte er schließlich.

„Er trug die Codekarte bei sich, mit der sich der Container öffnen ließ. Da Sie wissen, dass sich in diesem Container keine Droidenersatzteile befinden, haben Sie ihn wohl geöffnet – also haben Sie diese Codekarte und der Agent ist aller Wahrscheinlichkeit nach tot.“

Die Drehbewegungen mit der Pistole stoppten.

„Ich will Zehn Ihrer Leute, um Sie der CSA vorzuführen und mit Ihnen zu verfahren, wie es dieser beliebt. Und eine dieser Personen muss jene sein, die für den Tod des Agenten verantwortlich ist.“

Fast kam Nereus sich etwas sentimental vor, doch er hatte das Gefühl, dass es zumindest eine kleine Geste des Respekts Moriera gegenüber war, wenn er ihm wenigstens den Mörder seines Agenten vorführen konnte.

„Also hoffe ich doch sehr, Ga’lor, dass Sie nicht selber abgedrückt haben.“

Tat er das wirklich? Das kühle Metall der „Thunderer“ lockte noch immer…


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Noch einmal schüttete Jart das widerlich ölige Zeug, das irgendein wichtig dreinschauender Geschäftsmann wohl einst als 'Ale' bezeichnet haben musste, in sich hinein. Es schmeckte um nichts besser als beim ersten Versuch, doch die benebelnde Wirkung und jene merkwürdig aufsteigende Wärme hießen ihn willkommen, und ihm gefiel dieses Gefühl, was er mit einem süffisanten Grinsen quittierte, das jedoch ebenso Kratas Quasi-Einwilligung gegolten haben konnte.

"Vermutlich nicht, doch wer weiß schon in der Hitze des Gefechts, wen man alles von seiner unbedeutenden Existenz erlöst hat",

stichelte er gut gelaunt, bevor er die Flasche an zwei Fingern langsam auf die Tischplatte absetzte, ihr fast ein wenig nachhängend. Er betrachtete sie, als wäre sie ein magischer Gegenstand mit der Macht der Verzauberung, während er noch immer auf derselbigen Tischplatte saß und darüber sinnierte, ob der ach so eloquente Großadmiral, halt ... ehemalige Großadmiral sein Angebot ernst meinte. Die Flasche verlor im Geiste der Gedanken ihren Reiz, und Jarts durchdringender Blick haftete sich an der Gestalt des leicht hager wirkenden Mannes ihm gegenüber fest. Zweifel flammten in Jart auf, genährt von dem Wissen, dass unter normalen, irgendwie anders gearteten Umständen ein Nereus Kratas zu so einem Kuhhandel nie und nimmer bereit war und vermutlich im höchsten Maße, aus Gründen der Loyalität seiner Uniform gegenüber, ablehnend eingestellt war. Und doch, seine Uniform war eine andere.

"Bleiben wir bei der Arbeitshypothese, ich sei nicht die Person, die ihren Agenten auf dem Gewissen hat, Kratas. ... Ich denke, dass ich den ... Verlust besagter Person verkraften könnte, natürlich nur unter größten moralischen Opfern und Seelenqualen",

bemerkte er fast beiläufig, wobei seine Augen kurz aufblitzten, im Grunde an der ganzen Thematik jedoch desinteressiert schienen. Was kümmerten ihn einige Söldner und eine beliebige Person, die er Kratas als Täter präsentieren würde. Irgendeinen armen Hund, der einer Belanglosigkeit wegen in seine Missgunst gefallen war. Die Antwort stellte weder für ihn, noch würde sie für Kratas eine sonderliche Überraschung darstellen. Das Mädchen oder Miststück (Severina), wie man wollte, gedachte Jart jedoch nicht auf dem Schauplatz ihrer kleinen Konfrontation hier zu opfern. Wieder wanderten die Augen des Twi'leks zurück zu der Flasche und nahmen einen leicht verträumt wirkenden Ausdruck an. Ein Lekku tätschelte sachte nach dem Bauch der Flasche. Nein, Severina musste bleiben, es ... würde noch einmal wichtig sein, raunte ihm eine sehr weit entfernte Stimme zu.

"Irgendwie enttäuschend, finden Sie nicht auch?"

Das leicht irritierte Gesicht des entstellten Großadmirals ermunterte Jart zu einer weitergehenden Erläuterung:

"Sie und Ich ... und eine Einigung? Das wäre in etwa so, als würden Feuer und Wasser versuchen einen Ausgleichen zu finden, verstehen Sie, Kratas?" Jart stand auf und ging seitlich an ihm vorbei, um durch die mit Schmauchspuren übersäten Panoramafenster zu blicken. Nur weite Leere! "Es ist unbefriedigend ... oder der Beginn einer wunderbaren Freundschaft." Gespielt nachdenklich legte er den Kopf schief und massierte den linken Lekku, eine recht intime Handlung für einen Twi'lek. "Gemeinsam könnten wir sicherlich Großes schaffen. Es ist unbestreitbar, dass sich unsere 'Fähigkeiten' ... ergänzen würden. Ist dieser Gedanke so abwegig?"

Jart zwang sich, sich nicht zu Kratas um zu drehen. Das angespannte Spiel des Admirals mit seiner kümmerlichen Waffe, war ihm nicht entgangen, doch wo schon von Fähigkeiten die Rede war, das heimtückische erschießen eines Opponenten gehörte nicht in die Kragenweite dieses Mannes. Eigentlich als verbale Spitze gemeint, um Kratas zu empören oder auch nur zu verunsichern, dachte Jart nun selbst über die Worte nach, die soeben seinen trockenen Mund verlassen hatten. War ein Bündnis undenkbar? Im Grunde ...


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Wenn es eine Sache gab, die an Jart Ga’lor äußerst irritierend war – aber der Fairness halber auch an seiner gesamten Spezies – dann waren es die unvorhersehbaren und abrupten Bewegungen der beiden Kopftentakel, die das Haupt des gefallenen Offiziers an Stelle von Haaren schmückten. Nereus hatte irgendwann einmal gelesen, dass diese subtilen Bewegungen viel über das Innenleben eines Twi’leks verraten konnten, doch es hatte ihn nie ausreichend interessiert, um in diese Richtung vertiefende Kenntnisse zu erwerben. Dass der Piratenanführer jetzt allerdings zu allem Überfluss noch diese seine eigenen Kopfwurmfortsätze geradezu zärtlich tätscheln musste, rief in Nereus Assoziationen zu Dingen hervor, die kein Mensch klaren Verstands in aller Öffentlichkeit machen würde.

Und dabei gab es genug andere Dinge, die seiner Aufmerksamkeit bedurften. Wenig überraschend hatte Ga’lor sich geweigert, ihm einen speziellen Sündenbock für die Ermordung des CSA-Agenten zu bieten. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte der Nichtmensch diesen also tatsächlich selbst auf dem Gewissen. Doch was sollten diese kryptischen Andeutungen? Sich ergänzende Fähigkeiten? Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Misstrauisch warf der ehemalige Großadmiral einen kurzen Blick auf das Gefäß mit der öligen Flüssigkeit – hatte Ga’lor am Ende irgendein Halluzinogen oder eine andere das Bewusstsein erweiternde Droge aufgetrieben, die den Mann in der braunen Uniform der CSA-Sicherheitsdivision jetzt langsam in den Wahnsinn trieb?

„Ich glaube nicht, dass Sie mit jemandem befreundet sein wollen, der sowohl im Imperium, als auch in der Republik mächtige Feinde hat, Ga’lor…“, erwiderte Nereus, bevor ihm die Implikationen seiner eigenen Worte so richtig klar wurden.

„Andererseits scheint das ja genau Ihre Kragenweite zu sein… sich mit Mächten anzulegen, die ein paar Nummern zu groß für Sie sind. Sie waren Teil des Imperiums und Teil der Republik und entscheiden sich jetzt für ein Verbrechersyndikat, dass nun, da die beiden großen Machtblöcke Frieden geschlossen haben, ganz zwangsläufig ein unangenehmes Maß an Aufmerksamkeit erlangen wird. So unangenehm, dass selbst der mächtige Jart Ga’lor gezwungen ist, am Rande des Korporationssektors auf die Jagd nach den Brotkrumen des interstellaren Handels zu gehen.“

Frieden. Das war eine der Neuigkeiten, die Nereus niemals würde komplett verarbeiten können. Natürlich brauchte das Imperium jede Atempause, die es kriegen konnte, nachdem es durch die Sith zugrunde gerichtet war… doch ein dauerhafter, vertraglich geregelter Frieden? Mit der Republik? Unvorstellbar.

Beiläufig schob er seine Waffe in ihr Holster zurück. Er hatte die Illusion satt, dass er sie womöglich noch benutzen würde – Ga’lor hatte das ohnehin zu keinem Zeitpunkt geglaubt.

„Darüber hinaus bezweifle ich doch stark, dass Sie erpicht auf eine… Partnerschaft mit jemandem sind, der, nach allem, was Sie über ihn wissen, langfristig eine Umverteilung der innerimperialen Machtverhältnisse anstrebt. Sie wissen, wofür ich stand, Ga’lor. Und jetzt wissen Sie, was es mir eingebracht hat.“

Nereus schmunzelte, obwohl ihm mitnichten danach zumute war.

„Oder glauben Sie, dass das, was mit der Intimidator damals passiert ist, eine logische Konsequenz des Schlachtgeschehens war?“

Langsam schüttelte der ehemalige Großadmiral mit dem Kopf.

„Und wenn Sie sich jetzt fragen, warum ich Ihnen das so bereitwillig erzähle… ich weiß, dass Sie nicht dumm sind. Sie wissen, welche Art von Akteuren bereit ist, ganze Planeten auszulöschen, um diese Art von Information verschwinden zu lassen. Hätte der republikanische Geheimdienst seinen großen Fang damals an die große Glocke gehängt, wer weiß, was dann passiert wäre… So denkt man im Imperium immer noch, dass ich tot bin – wie auch vermutlich in der Republik außerhalb einer einzigen Geheimdienstzelle, die ihr katastrophales Versagen im Anschluss wohl kaum publik machen wird. Dann gibt es da noch den Auditor-General der CSA… und Sie.“

Nereus beugte sich vor und griff nach seiner Maske, die er auf dem Tisch abgelegt hatte, und begegnete dem rotglühenden Starren des Commodore Vilius Trayn, der sich um Dinge wie den republikanischen Geheimdienst oder die Feindschaft des Herrschers des Galaktischen Imperiums wohl nie hatte Gedanken machen müssen.

„Manch einer mag meine Situation durchaus als weiterhin verzweifelt bezeichnen… doch so verzweifelt, mich mit dem kriminellen Abschaum der Galaxis einzulassen?“

Er ließ die Maske wieder metallisch polternd auf den Tisch fallen.

„Ich weiß nicht, ob ich jemals so verzweifelt sein kann.“

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Das milchige Fenster, vor dem Jart stand, verdiente kaum noch die Bezeichnung, so schäbig und ramponiert wirkte es selbst im Schein der schwachen Notbeleuchtung des Konferenzraumes. Jenseits des Fenster gab es nichts, was einen längeren Blick lohnend machte. Lediglich einige Trümmerteile, vermutlich aus dem Rumpf der Steady Profit, zogen ziellos ihre Bahnen und es war Jart bei diesem Anblick, als wäre seine eigene Situation da zufriedenstellender. Ein vorsichtiges Grinsen umspielte seine Lippen. Gewiss, das unerwartete Auftauchen von Kratas zusammen mit einem Wachverband der CSA hatte ihm die Zorneslinien ins Gesicht getrieben und er hatte sich innerlich tausendfach verflucht, diesen leidenschaftslosen Bürokraten nicht früher schon ins Reich der Toten und Vergessenen geschickt zu haben. Anstelle einer Datendisk, obgleich prall mit technologischen Leckereien gefüllt, hätte er diesen ganzen, verdammten Container mit zurück nach Vergesso bringen können. Ganz in Gedanken strich Jart sich abermals über den linken, der beiden wurmartigen Fortsätze, der sich wohlig an die Hand schmiegte.

Vielleicht aber auch bot sich hier eine weitaus bedeutendere Beute. Just in dem Moment, als der ehemalige Großadmiral, wahrlich groß war dieser Mann nun wirklich nicht, wieder begann den Mund zu öffnen, drehte Jart sich vom Fenster weg, wieder seinem Gesprächspartner zu. Kratas brauchte nur wenig Anlauf, um jenen brodelnden Quell voll Zorn, der Jart zugleich Antrieb und Verhängnis war, wieder auf den Plan zu rufen. Wut malte feine Linien auf sein Gesicht und dem grünhäutigen Twi'lek war deutlich anzusehen, dass sein Gemüt auf Messers Schneide balancierte.

"Kratas, Ihr Wissen über die Dinge, die jenseits der blank polierten Transparistahlfenster liegen, hinter denen Sie sich normalerweise verschanzen, ist armselig. Glauben Sie ernsthaft, Ihr ach so geliebtes Imperium würde ohne Verbrechersyndikate, wie die Black Sun überhaupt funktionieren? Ruhm für Flotte und ein 'Heil' auf den Imperator?" Jart schnaubte verächtlich. "Das interessiert doch keinen der einfachen Leute. Da schon eher, wo man eine Flasche ordentlichen Corellianischen Whiskey her bekommt. Willkommen in der bunten Welt der Schattenwirtschaft, Mr. Kratas."


Jarts Zorn fing sich langsam wieder, doch seine Stimme war nach wie vor schneidend wie Eis. Es hatte ihn eine gehörige Portion Selbstdisziplin gekostet, nicht auch die letzten Schranken der Höflichkeit einzureißen oder Schlimmeres. Mit eben dem Zeigefinger der Hand, mit der er eben noch liebevoll seine Lekku massiert hatte, deute er nun ganz unverholen auf den sitzenden CSA-Mann:


"Und wo wir schon von Kragenweite sprechen, ... ich würde mir keinen Supersternenzerstörer abnehmen lassen, von niemandem."

Es folgte eine Litanei altkluger Erklärungen und und Bemerkungen, die abermals Kratas ausgeprägten Hang zum Selbstmitleid ans Tageslicht schaufelten, dachte Jart und schaute dabei demonstrativ auf seine spitzen Fingernägel. Wieder war es die pure Höflichkeit, dass er nicht auch noch gähnte. Wie es jemand, der so schwarzmalerisch veranlagt war, jemals in so eine Position gebracht haben konnte, blieb dem finsteren Twi'lek Admiral ein Rätsel, nicht ganz ohne Neid. Denn wenn solch merkwürdige, kränkliche Gestalten so etwas schon fertig brachten ...

"Verzweifelt, Kratas? Sie verstecken sich hinter einer Maske und spielen im Outer Rim Ordnungspolizist. ... Nein, Kratas, über verzweifelt sein sind sie schon weit hinaus. Diesen Blaster da, den haben Sie sich in einsamen Stunden, in ihrem dunklen Quartier doch sicher schon einmal selbst an die Schläfe gehalten, oder?"

Jart Grinsen geriet wölfisch, dann wurde er wieder ernst.

"Für das, was Sie vorhaben, brauchen Sie jede Hilfe, die Sie kriegen können. Vor allem aber brauchen Sie Partner, die Sie, nachdem alles erledigt ist, verleugnen können, Kratas. Sie können sich als der Paladin mit sauberer Weste hinstellen und voller Inbrunst verlauten lassen, dass Sie davon nichts gewusst haben und dann heuchlerisch Ihr Entsetzen darüber zum Ausdruck bringen. ... Wären dazu Ihre CSA-Gönner bereit? Oder schrecken Sie wohl zurück, wenn es auf eine Operation GEGEN das Imperium hinausläuft, hm? Auch der ehemalige Großadmiral wirkte nun nachdenklich. Jart ging einige Schritte näher an Nereus heran, so nahe, dass er ihm etwas flüstern konnte. "Umsonst, ist dieser ganz bestimmte Service jedoch nicht, Großadmiral."


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Mühsam beherrscht knirschte Nereus mit den Zähnen. Ga’lor hatte gut reden, mit seinen Fabeln von der glorreichen Schattenwirtschaft, die in Wahrheit nur ein Parasit der ehrlich arbeitenden Männer und Frauen war, die im Imperium – und auch in der Republik – tagtäglich den Wohlstand der Galaxis erschufen. Wenn es etwas gab, auf das die Galaxis gut und gerne verzichten konnte, dann waren es Zusammenschlüsse abartigen Abschaums wie die Black Sun, in einer perfekten Galaxis zumindest.

Doch sie lebten in keiner perfekten Galaxis, weswegen Nereus den Zorn, die er bei Ga’lors spöttischer Anspielung auf den Verlust der Intimidator zwangsläufig empfand, mühsam herunterschluckte und den grotesken Twi’lek und seine zappelnden Hirnfortsätze einfach nur schweigend anstarrte, während dieser sich in eine seiner typischen, narzisstischen Hochphasen hineinredete.

Und doch trafen die Worte des Anderen zu einem gewissen Grad den Kern der Sache – wenn Nereus langfristig nicht nur den Dienstboten der CSA geben und sich einreden wollte, dass die Vormachtstellung des Korporationssektors in diesem Bereich der Galaxis ein ausreichend großer Beitrag im Kampf gegen das Chaos war, dann würde er Maßnahmen ergreifen müssen, die Partner gänzlich anderer Qualitäten erforderten… Partner, die im Zwielicht agierten. Doch war es richtig, eine Sache zu verraten, um sie retten zu können? War er bereit, einen Pakt mit den in den schmutzigen Schatten dieser Welt lauernden Dämonen einzugehen? Einen Geist zu rufen, den er so leicht nicht wieder loswerden würde – und der zu allem Überfluss noch die Fratze des Jart Ga’lor vor sich her trug?

„Nehmen wir einmal an, ich würde auch nur eine Sekunde in Erwägung ziehen, dass es den Preis wert wäre, den Sie und Ihre Hintermänner zweifelsohne aufrufen werden…“

Der ehemalige Großadmiral des Imperiums beugte sich leicht über den Tisch und stütze sich mit seinen Ellenbogen auf der Tischplatte ab, um schließlich seine Hände knapp unterhalb seines Kinns zu falten.

„Was genau stellen Sie sich vor? Ihre… Schattenwirtschaft mag die Dekadenz der Galaxis zu einem gewissen Grad mit Brennstoff versehen können, doch mir ist nie untergekommen, dass Ihre Black Sun auch nur im Ansatz in der Lage gewesen wäre, Dinge innerhalb des Imperiums oder auch nur der Republik zu beeinflussen. Sind Ihre Gewährsleute vielleicht einfach nur so gut versteckt, dass man nichts von ihrer Arbeit merkt? Hat Ihre Organisation vielleicht schon den halben Senat in der Tasche, direkt vor der Nase des republikanischen Geheimdienstes?“

Nereus lachte spöttisch. Eine absurde Vorstellung, selbst in einem System, das so alarmierend fahrlässig in Sicherheitsfragen verfuhr wie das der Republik.

„Und wir reden hier nicht von der Republik, von keiner… Debattierrunde hunderter Interessenträger aus fast ebenso vielen Spezies. Wir reden vom Galaktischen Imperium. Den Imperialen Streitkräften. Dem Imperialen Geheimdienst. Dem Imperialen Sicherheitsbüro.“

Nereus‘ Augen verengten sich zu Schlitzen.

„Den Sith.“

Langsam ließ er seine mittlerweile zu Fäusten geballten Hände wieder auf die Tischplatte sinken.

„Sie schwingen hier große Reden, Ga’lor, und doch verdienen Sie sich Ihr Brot mit Beutezügen auf von, wie sagten Sie, „Ordnungspolizisten“ bewachte Konvois voll mit Droidenersatzteilen. Sagen Sie mir, was mir Ihre Black Sun bieten kann, wenn selbst für einen der ihren nur die schäbigsten Krümel kümmerlicher Piraterie von der angeblich so reichhaltig gedeckten Tafel abfallen.“


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Es gehörte zum Spiel zwischen ihnen, dachte Jart mehr feststellend als amüsiert, dass man den Kern der Information oder des Gesagten mit einer gehörigen Portion Gift und Galle versah, so wie Kratas in seiner letzten Bemerkung. Die demonstrativ zur Schau gestellte Ablehnung gehörte zum guten Ton, doch warum eigentlich? Ging es darum, dem Gespräch durch die ständigen Beleidigungen des Gegenübers, dessen Geringschätzung und Verhöhnung per se den Anspruch zu nehmen, ernsthaft zu sein? Schließlich grenzte es schon an Absurdität, sich mit jener Person überhaupt in einen Raum, an einen Tisch zu setzen, nicht? So genüsslich dieser verbale Schlagabtausch auch sein mochte, und so tiefgreifend er den Karrieristen Kratas auch verachtete, so war doch der Punkt erreicht, glaubte Jart, in dem man sich entscheiden müsse, ob es bei unverbindlichen Hasstiraden blieb oder etwas Ernsthaftes daraus erwuchs.

Jart rückte etwas von dem ehemaligen Großadmiral ab und nahm wieder auf einem der Stühle platz, den Arm auf der Tischplatte abgestützt, ein Bein lässig über das andere geschlagen. Auf den letzten, beißenden Kommentar Kratas reagierte er nur mit einer wegwischenden Handbewegung, wie als wolle man ein lästiges Insekt verscheuchen. Er schnaubte zunehmend ernster werdend:

"Sie haben doch so treffend bemerkt, Mister Kratas, dass meiner Person im Allgemeinen nicht sonderlich viel Vertrauen entgegen gebracht wird, was wohl gemerkt, nicht von Dummheit, sondern von Umsichtigkeit zeugt. In dieser Hinsicht war die Black Sun sehr umsichtig und ein gewisser Sub-Vigo trotz meiner beachtlichen, finanziellen Spende nicht bereit, mich in die entsprechenden Hierarchie-Ebenen der Black Sun einzuführen."

Sein Kopf ruhte mittlerweile auf dem auf der Tischplatte aufgestützten Arm, doch der Groll in seiner Stimme strafte die entspannte Haltung Lügen.

"Ich musste mich beweisen, viele Male und dabei Tätigkeiten ausführen, die deutlich unter meinem Können lagen, ... wie diese hier. ... Doch das ist bald vorbei, Kratas!"

Nun fixierte Jart den schwarzhaarigen Menschen, dessen Hände sich langsam entkrampften, mit festem Blick. Er hatte Kratas gegenüber zugegeben, dass seine aktuelle Verwendung innerhalb der Organisation noch vergleichsweise unbedeutend und nichtig war, doch hatte er erst einmal die Vergesso Asteroids mit ihren logistischen Kapazitäten in seine Hände gebracht und Ökzar Wugun von seinem fetten Thron gestoßen, würde sich ihm - und damit auch seinen 'Geschäftspartnern' innerhalb der Black Sun - ganz neue Möglichkeiten auftun. Und hier könnte Kratas ins Spiel kommen.

"Es ist richtig, dass mein Zugriff auf das Füllhorn namens Black Sun begrenzt ist. Kosten Sie den Moment des Eingeständnisses, dass ein Jart Ga'lor nicht allmächtig ist, ruhig aus." Ein schmales Lächeln materialisierte sich zwischen seinen Augen. "Mein Angebot abschlagen, wäre jedoch noch törichter, als zu glauben, dass ich meine beruflichen Ziele nicht erreichen würde, Kratas. Ob Sie es wahr haben wollen oder nicht, auch in Ihrem so heiß geliebtem Imperium hat die Black Sun Einfluss, und zwar keinen Unerheblichen. Wenn Sie wüssten, wie viele lokale Gouverneure heimliche Kontrakte mit Mittelsmännern der Black Sun geschlossen haben, ohne dies zu wissen. Wenn Sie wüssten, über wie viele hochrangige Militärs es Akten mit höchst karriereschädigendem Inhalt an Bord der Mastermind gibt. Und wenn ich Ihnen sage, dass auf Befehl des Ba'vodu sich sogar imperiale Einheiten in Bewegung setzen, wahrlich unter dem Deckmantel einer von einem Mitglied des Oberkommandos verordneten Gefechtsübung? Sie würde es mir nicht glauben, doch das sollten Sie!"

Jart wiegelte Einspruch mit einer energischen Handbewegung ab.

"Beweisen kann ich nichts von dem, dafür genügt meine Sicherheitsstufe nicht. Doch die Black Sun hat Einfluss im Imperium, da dürfen Sie sich sicher sein. Selbst die Sith wissen das, bedienen Sie sich dieses Instrumentariums doch von Zeit zu Zeit. Ihre Fixierung auf den Wettstreit nach Macht und Einfluss macht einige Exemplare anfällig für Offerten, die Ihnen hierbei einen Vorteil verschaffen."

Im Grunde hatte er wieder nichts Anderes getan, als eine große Rede geschwungen, doch ein Stück weit galt es hier das Weltbild des Großadmirals zu zertrümmern. Das großartige Imperium war schon längst nicht mehr das, was es vielleicht einmal gewesen sein mochte. Den fast naiven Idealismus, den Kratas dies bezüglich an den Tag legte, konnte Jart nicht nachvollziehen. Schon ehr glaubte er an den realen Wunsch seines Gegenübers, an den gegebenen Umständen etwas zu ändern. Soweit Jart wusste, war auch der Black Sun daran gelegen, an der momentanen Situation etwas zu ändern, insbesondere dieses vermaledeiten Waffenstillstandes, insofern wäre es unter gewissen Voraussetzungen sicher möglich, hier die Unterstützung eines Vigos zu erhalten. Das ging jedoch nicht, solange er hier am äußeren Rand nicht damit beschäftigt war, wie drückte Kratas es noch gleich aus, 'Ordnungspolizisten' zu jagen.

"Sie wollen Ihren rechtmäßigen Platz zurück, oder zumindest einen Posten im Oberkommando, richtig? ... Die Aussichten darauf stehen schlecht? Oder sehr schlecht? Erzählen Sie mir's und DANN schauen wir, was die Black Sun für Sie tun kann."


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Nereus schwankte zwischen Erstaunen, da Ga’lor plötzlich so bereitwillig seine eigenen Limitierungen anerkannt hatte, und ohnmächtigem Unglauben, als der Twi’lek fortfuhr, zu behaupten, dass seine Black Sun über Einfluss auf nahezu allen Ebenen des Imperiums verfügte.

Nereus weigerte sich, diese Offenbarung zu glauben. Doch gleichzeitig war da natürlich auch sein Verstand, waren da seine Erfahrungen. Er kannte das Imperium, er wusste um seine Stärken – und um seine Schwächen. Und er konnte sich ausmalen, was Jahre unter Allegious‘ nepotistischem Regime aus diesem Imperium gemacht haben konnten. Trotzdem war es schmerzhaft, diese tiefschürfende Korruption anzuerkennen. Planetare Gouverneure… natürlich wusste er, dass nicht wenige von ihnen Dreck am Stecken hatten, Geschäfte betrieben, die allem dienten, nur nicht dem Wohle des Imperiums. Und natürlich waren die Sith skrupellos genug, um nicht zweimal darüber nachzudenken, mit der Black Sun zu paktieren, wenn es ihnen Vorteile im Ringen mit ihren Ordensgenossen verschaffte. Das Imperium war den meisten Mitgliedern dieses bösartigen Geschwürs ohnehin vollkommen gleichgültig.

Doch das imperiale Oberkommando? Der Ort, an dem sich die Archetypen der Tugenden eines imperialen Offiziers versammeln sollten? Natürlich wurden Offiziere, je höher sie in den Rängen aufstiegen, mehr und mehr in Politik verwickelt. Er selbst hatte das am eigenen Leib zu spüren bekommen – und war grandios gescheitert. Doch gab es wirklich so viele, die dieses Spiel bis zur Selbstaufgabe betrieben hatten, womöglich nur, um sich ihren Posten zu sichern? Und war er wirklich besser, wenn er sich nun der Black Sun bediente, um ebensolches zu versuchen? Nein. Nereus‘ Absichten waren über jeden Zweifel erhaben. Er wollte das Imperium zu seiner alten Stärke zurückfinden lassen – und das ging allem Anschein nach nur, indem man Feuer mit Feuer bekämpfte. Allegious und seine Speichellecker mussten und dazu mussten sie systematisch ausgeschaltet werden, musste man sich jeder ihrer Schwächen bedienen. Die einzige Gefahr bestand darin, dass er im Verlauf dieses Kreuzzuges selbst zur Marionette fremder Interessen wurde – zur Marionette Jart Ga’lors und der Black Sun.

Nereus starrte den Twi’lek an und höchstwahrscheinlich war sein innerer Konflikt deutlich von seiner Mimik abzulesen, die nicht mehr durch die Maske Commodore Trayns verborgen wurde. Er hatte sich mit dieser Maskerade bereits auf ein Schmierentheater eingelassen, das man als unwürdig bezeichnen konnte. Und wenn es um das Imperium wirklich so katastrophal bestellt war, wie Ga’lor behauptete… hatte er eine Wahl? Konnte er es sich leisten, selbstgerecht im Korporationssektor zu sitzen und sie alle zu verurteilen, während er nichts unternehmen konnte, um den Untergang aufzuhalten?

„Sie wissen vermutlich besser als ich, wie es um meine Chancen steht…“, sagte Nereus schließlich, auch wenn es ihm schwer fiel, dies einzugestehen. Tatsächlich verfügte die Black Sun mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über aktuellere Informationen bezüglich des Imperiums als er, der er die letzten Monate in einer Zelle des republikanischen Geheimdienstes gesessen hatte und nur spärlich vom Auditor-General der CSA auf den neuesten Stand gebracht worden war.

Allegious hat das Flottenkommando und das Oberkommando gründlich gesäubert. Übrig geblieben sind seine Speichellecker und vielleicht noch jene, die zu harmlos sind, um eine Bedrohung für ihn darzustellen. Ich glaube nicht, dass einer von ihnen sich für mich verwenden wird.“

Langsam schüttelte der ehemalige Großadmiral mit dem Kopf.

„Andererseits hat die Propaganda den Fehler gemacht, mich zum Märtyrer zu stilisieren. Zum Helden. Sollte ich die Gelegenheit haben, meine Rückkehr der großen Öffentlichkeit mitzuteilen, wird es Allegious schwer fallen, mich einfach so wieder verschwinden zu lassen. Das garantiert mir zwar keinen Platz im Oberkommando – aber es ist zunächst eine Lebensversicherung.“

Natürlich keine hundertprozentige. Der Orden der Sith würde vermutlich trotzdem einen Weg finden und auch das Imperiale Sicherheitsbüro war äußerst gut darin, in Ungnade gefallene Offiziere und andere Dissidenten verschwinden zu lassen. Auch ein vermeintlicher Held des Imperiums war nicht gegen tragische Unfälle gefeit und mit Hilfe der COMPNOR würde man zudem dafür sorgen können, dass nicht zu viele neugierige Fragen gestellt wurden. Allerdings verstand auch die Black Sun sich auf das Spiel der verbogenen Messer im Dunklen – wer eignete sich besser dazu, einen Attentäter aufzuhalten, als ein Attentäter? Die Ressourcen der CSA und die Möglichkeiten der Black Sun vereint waren durchaus Faktoren, die es zu berücksichtigen galt.

„Wenn also die Black Sun dafür sorgen kann, dass ich lange genug am Leben bleibe, nachdem ich mich zu erkennen gegeben habe… und sich darum bemüht, die Perspektiven gewisser Mitglieder des Oberkommandos zu… „korrigieren“…“

Ein vorsichtiges Lächeln erschien auf Nereus‘ Gesicht. Zog er es tatsächlich in Erwägung, mit Jart Ga’lor zusammenzuarbeiten? Heiligte der Zweck die Mittel?

„Dann kann ich mir vorstellen, dass wir beide mit Gewinn aus dieser Affäre hinausgehen.“

Er tat es.

[Äußerer Rand, Cadomai-System, am Transitpunkt, Steady Profit, Konferenzraum]- Jart Ga’lor, Nereus Kratas
 
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