[Corellia, Coronet, GD-Hauptquartier (Ruine)]- Akemi, Cris
Der Weg durch den engen, streckenweise durch herabgefallene Trümmer noch schwerer zu passierenden Tunnel sorgte selbst bei Cris fast für klaustrophobische Zustände. Die Luft war trocken und schlecht, schmeckte nach Tod und Niederlage – jene Dinge also, die den Geheimdienst hier ereilt hatten. Würden sie sich je wieder erholen? Die Datenarchive waren vernichtet und sofern niemand vor den verheerenden Explosionen in prophetischer Voraussicht Sicherheitskopien angefertigt und vor Eintreffen der imperialen Invasoren außer System geschafft hatte, war alles Wissen des Geheimdienstes verloren. Nur der Gedanke tröstete Cris, dass eine derart umspannende Organisation sich kaum ein zentralisiertes System zur Speicherung seiner Dateien leisten konnte – irgendwo musste es weitere Datenbanken geben. Und diese würden bitter nötig sein, wenn die Republik die nächsten Tage überleben wollte...
Akemis warme Hand, die sich in seine gelegt hatte, stärkte den letzten Rest Zuversicht, den er sich bewahrt hatte – noch war nichts verloren. Noch konnten sie entkommen. Mit etwas Glück hatte das Imperium kein Interesse daran, ein effektvoll zerlegtes Gebäude nach Trümmern und zerfetzten Körpern zu durchsuchen. Dass Sturmtruppen skrupellos und gründlich waren, verdrängte er.
Endlich konnten sie, inmitten einer selbst produzierten Staubwolke, über eine der schweren Stahlluken sowie einen beachtlichen Schutthaufen in das Hauptquartier selbst vordringen. Die Hauptbeleuchtung war ausgefallen, doch ein diffuses, rötliches Schimmern verriet, dass der Bombenanschlag nicht alle Notstromgeneratoren hatte außer Kraft setzen können.
Suchend sah Cris sich um. Akemis Frage hatte er sich im stillen bereits ebenfalls gestellt – in seinem momentanen Zustand war das Hauptquartier kaum wiederzuerkennen, zumal Cris es selbst zu Beginn seiner Agentenzeit nur selten von innen gesehen hatte, da er häufig auf Außenmissionen gewesen war. Die Kantine, die Quartiersebene und die Krankenstation waren Orte gewesen, die er häufig aufgesucht hatte oder hatte aufsuchen müssen – doch dieser Teil der Basis beherbergte scheinbar nichts von alledem. Nachdenklich sog der ehemalige Sturmtruppler Luft durch seine zusammengepressten Lippen ein und ließ den Lichtkegel seiner Lampe suchend schweifen.
Achselzuckend sah er zu Akemi.
“Ich bin mir nicht sicher... wir könnten in der Nähe des Computerkerns sein, aber mit Sicherheit kann ich das nicht sagen...“
Um sie herum herrschte Totenstille. Zwar gab es teilweise Durchbrüche zur Außenwelt, doch kein Laut des zweifelsohne immer noch tobenden Krieges drang zu ihnen vor. Cris wurde das Gefühl nagender Beklommenheit nicht los, die sich in ihm breit machte. Noch schlimmer wurde es, als sein Blick auf eine der an der Decke montierten Sicherheitskameras fiel, die wie durch ein Wunder noch intakt geblieben war. Plötzlich fühlte er sich beobachtet – kein schönes Gefühl in einem Gebäude, das lange Zeit Auffangstation für ihn und Akemi gewesen war.
“Jedenfalls hilft es nicht, wenn wir hier einfach rumstehen... komm...“
Aus dem Bauch heraus hatte Cris sich dafür entschieden, die rechte Seite zu nehmen. Gemeinsam mit Akemi folgte er dem Gang, stets auf der Suche nach einem Hinweis, wo sie sich befanden und wie sie in Bereiche gelangen konnten, in denen Dinge, die sie suchten, gelagert wurden. Doch das Schicksal schien es nicht gut mit ihnen zu meinen... nach einigen Metern stieß Cris mit seiner Lampe auf ein unüberwindbares Hindernis: der Gang war vollkommen zusammengestürzt. Erst auf den zweiten Blick bemerkte Cris, dass dafür die Tür eines Büros an der Seite aus dem Rahmen gerissen worden war und verbeult am Boden lag.
Das Büro entpuppte sich als eines ähnlich dem Majeres, also als Büro eines höherrangigen Offiziers mit Verwaltungsaufgaben. Von der Einrichtung war nicht mehr viel übrig – doch Cris musste mit Entsetzen feststellen, dass jemand vor der zweiten Tür des Büros – mit deren Hilfe sie das Hindernis im Gang durch das Büro umgehen konnten – lag. Die Person trug eine Uniform des Geheimdienstes der Republik und bewegte sich schwach, als der Schein der Lampe auf sie fiel. Nun erkannte Cris eine Blasterpistole in ihrer Hand, die auf ihn und Akemi angelegt wurde...
“Nicht schießen! Wir sind Freunde!“
„Freunde?“
Die Stimme der Gestalt – die sich nun als Mann entpuppte – klang brüchig und heiser. Rasch bückte Cris sich und versuchte, den Mann auf den Rücken zu legen, was ihm leidlich gelang. Jetzt erkannte er auch die Rangabzeichen eines Captains und einen länglichen Blutfaden, der aus dem Mund des Offiziers sickerte. Er war aschfahl im Gesicht.
„Wer... wer sind sie?“
“Captain Cris Sheldon... und Lieutenant Akemi Akanato.“
„Sheldon, hm? Hab von Ihnen gehört...“ Der Offizier hustete gepresst. „Und von ihr auch... schlimme Sache... noch so jung...“
“Sir, was ist hier passiert?“, drängte Cris.
„Passiert?“ Die blutunterlaufenen Augen des Mannes musterten Cris verständnislos. „Ich weiß nicht... plötzlich war alles Feuer und Asche... und dann...“
Die blutverschmierte Linke des Verletzten packte Cris am Arm.
„Sie sind hier! Wir haben uns in Sicherheit geglaubt, doch sie sind hier!“
“Bleiben Sie ruhig, Captain...“, versuchte Cris, den Offizier zu beruhigen. Doch gleichzeitig wusste er, dass es mit dem Mann zuende ging... selbst wenn er noch eine Chance gehabt hätte, Cris und Akemi hätten ihn unmöglich aus der Basis schaffen können.
Erneut drückte der Offizier ihn mit erschreckend geringer Kraft, sodass der ehemalige Sturmtruppler sich noch tiefer herunterbeugte.
„Sheldon... passen... passen Sie auf die Kleine auf... sie ist...“ Die heiseren Worte verklangen zu einem kaum hörbaren Murmeln. „... noch so jung...“
Die Cris’ Ärmel umklammernden Finger verloren jegliche Kraft und mit einem Klappern fiel der Blaster zu Boden, den der Geheimdienstoffizier bis zuletzt in seiner rechten Hand gehalten hatte. Erschüttert fuhr Cris dem Toten mit einer Hand über das gezeichnete Gesicht und verschloss seine Augen.
“Das werde ich...“, flüsterte er so leise, dass Akemi ihn nicht verstehen konnte. Plötzlich fühlte er sich furchtbar, kaum in der Lage, sich aufzuraffen und vom Anblick des toten Offiziers loszureißen.
Sein Blick traf Akemi. Warum nur musste sie Zeugin solch schrecklicher Dinge werden? Er erhob sich und trat auf sie zu, um sie kurz in seine Arme zu schließen.
“Wir müssen weiter... ich glaube, ich kenne den Weg jetzt...“
Seine Lampe leuchtete ihnen den Weg aus dem Büro, wieder auf den Gang. Das erste Hindernis hatten sie passiert... doch wie viele mochten folgen? Und wie viele arme Seelen, die ihre letzten Minuten in Kummer und Verzweiflung hatten verbringen müssen?
[Corellia, Coronet, GD-Hauptquartier (Ruine)]- Akemi, Cris