In der Tat, es gibt da eine Sache, die ich mal tun musste, obwohl mir diese Entscheidung schwer gegen den Strich gegangen ist.
Vor zwei Jahren bekam der Gemischte Chor meiner alten Heimatgemeinde Zuwachs von einem Sänger, der im ganzen Dorf als Schürzenjäger bekannt war und durch seine derben Sprüche schon mal im Fettnäpfchen landete. Der Mann war eine ausgesprochene Frohnatur, zu fröhlich für manches Gemüt.
Vielen Sängerkolleginnen und -kollegen war das ein Dorn im Auge. Der Mann passte aufgrund seines lockeren Auftretens nicht in den Chor. Aber auch um dessen gesanglichen Qualitäten war es nicht zum Besten bestellt, was einige Sängerinnen und Sänger dazu bewog, eine Unterschriftenaktion ins Leben zu rufen, mit der der unliebsame Neuzugang aus dem Verein ausgeschlossen werden sollte. Mir ging diese Aktion gehörig gegen den Strich. Zum einnen verstand ich mich sehr gut mit dem Mann, zum anderen sah ich keinen Grund, an seiner Stimme zu zweifeln, zumal der Chor gross genug war, ein schwächeres Glied aufzufangen.
Trotzdem habe ich - dem Frieden zuliebe - den Wisch mitunterschrieben. Hätte ich das nicht getan, wäre ich die Einzige gewesen, die sich wiedersetzt hätte. Um nicht selber ins Kreuzfeuer der Kritik zu geraten und lästigen Fragen aus dem Weg zu gehen, habe ich mich dem Willen des Chors gebeugt und mich mit den Redelsführern solidarisiert. Ich war zu feige, mich auf die Seite des Verlierers zu schlagen.
Noch heute nagt das schechte Gewissen an mir. Ich verachte meine Sängerkolleginnen und -kollegen für ihre selbstgefällige Arroganz und der fehlenden Toleranz, einem schwächeren Sänger eine Chance zu geben. Aber so ist das im Leben. Um nicht selber Gefahr zu laufen, mit Verachtung gestraft zu werden, muss man sich manchmal - gegen den eigenen Willen- auf die Seite der Sieger schlagen. Hätte ich mich damals geweigert,
die Untenschriftenaktion zu unterschreiben, wäre mir das bis ans Ende meiner Chorzeit nachgetragen worden.
Mir ist klar, dass ich mich dem Opfer der Intrige gegenüber unfair verhalten habe. Um so dankbarer bin ich dafür, dass der Betreffende Sänger inzwischen im Männerchor untergekommen ist, man sich dort herrlich über die Geschichte mit der Unterschriftenaktion amüsiert und von der Einsicht zeht: Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte...
Wie auch immer, ich hoffe, dass ich niemals wieder in eine Situation komme, wo ich mich zum Wohle Vieler gegen einen Freund entscheiden muss. Wenn doch, wird meine Entscheidung beim nächsen Mal anders ausfallen.
Gruss, Bea