Re: Episode 1
Das gilt jetzt mal für Englisch, was ich am häufigsten unterrichte:
Hmm... die meisten Lehrer richten sich nach dem Buch, ja?
Ich auch
...
Da ich allerdings der Meinung bin, dass die Vokabeln dort bei weitem nicht ausreichen und man viele aus dem ersten Jahr sowieso nie wieder braucht, teile ich meine Stunden:
In der einen Hälfte (2 Tage für gewöhnlich) mache ich das Buch durch, in der anderen arbeite ich mit englischsprachigen Materialen (das sind vorerst Arbeitsblätter, später nicht-vorgesehene Lektüren, noch später dann Filme aus meiner kleinen Disney-Sammlung, die übrigens auch in der Oberstufe noch gut ankommen
, u.Ä.). Auf diese Weise wird nicht nur der Wortschatz um ein beachtliches vergrößert, auch die Ausdrucksfähigkeit verbessert sich (im Vergleich zu früher bzw. 'normalen' Klassen). In den späteren Jahren, wo man nur noch drei Stunden in der Woche hat, werden sogar zwei meiner Methode geopfert.
Nun wird man sich fragen, wie ich das zeitlich überhaupt schaffe? Meiner Meinung nach ist das Vokabel-lern-Prinzip von heute völlig veraltet. In der Explosiv-Unterbrechung des IQ-Tests kam ja auch ein interessanter Beitrag über diesen Spielbank-Brecher, und so ähnlich wie er mach auch ich es mit Vokabeln und Grammatik. Wenn ich Grammatik durchnehme, mach ich das zuerst in der 'richtigen' Stunde, offiziell also. Danach in der 'inoffiziellen' mach ich's aber nochmal, aber diesmal mit völlig anderen Beispielen. Wenn wir z.B. das watch-TV-Problem haben, könnte einer der verschiedenen Sätze so aussehen, dass eine bekannte Fernseh-Szene aus Film oder Literatur als Beispiel herhalten muss, etwas, was sich Kinder natürlich viel leichter merken können als einen geistloser 'Kate watches TV'-Satz.
Mit Vokabeln ist es ähnlich, zu fast jedem Wort habe ich 'Eselsbrücken' parat, und lasse die Schüler - auch in der Unterstufe schon - zusätzlich zu Wort und Bedeutung noch einen Beispielsatz aufschreiben, den sie entweder von mir übernehmen können... oder sich selbst aussuchen.
Und scheinbar funktioniert's. Haben sich schon Kollegen 'beschwert', dass sie einer von mir übernommenen Klasse nichts mehr beibringen können, weil die eh schon alles wissen
...
Oh, und außerdem ist alles ab der 8. (bayrisches Gymnasium) ohnehin nur Wiederholung, was Grammatik angeht, und wer Green Line 5 und 6 kennt, wird mir beipflichten, dass ein Vokabelteil von gerade mal 15 Seiten (wo die Hälfte noch mal von Eigennamen beansprucht wird) lächerlich ist...
Natürlich darf man auch meine unwiderstehliche Art nicht vergessen *duck*
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Eins noch: Die meisten Lehrer (und auch Eltern) machen einen großen Fehler: Sie 'vergessen' ihre eigene Jugend, schließen sie weg. Das ist, vor allem, wenn man mit solchen umgehen muss, gelinde gesagt äußerst bescheuert...
Habe gerade ein sehr passendes Zitat von Marie Eschenbach gefunden: "Wer sich seiner eigenen Kindheit nicht mehr deutlich erinnert, ist ein schlechter Erzieher."