Review:
(Mit Spoilern)
"München" ist ein sehr guter Film geworden.
Wie bereits bekannt, ist das Attentat von München nur der Aufhänger einer Geschichte über Rache und Vergeltung. Das Attentat von München selbst wird in den ersten 10 - 15 Minuten in einer gelungenen Mischung aus Archivaufnahmen (die manchmal von der Qualität her aber etwas besser hätten sein müssen) und selbst gedrehten Material präsentiert. Hier hätte man sich eine etwas genauere Herausarbeitung bestimmter Dinge gewünscht, z.B. wie peinlich es ist, wenn die Attentäter im Fernsehen sehen können, dass ihr Aufenthaltsort gestürmt werden soll. Aber das ist eben nicht wirklich Thema des Films (wäre aber bestimmt nicht schlecht es mal zu verfilmen
). Zu Beginn des Films beschränkt man sich beim Attenat auf eine weitesgehend an "Nachrichten" - orientierte Darstellung, erst später bekommt man in Form von Avners Alpträumen in sehr harten Szenen das Leid der Opfer näher vor Augen geführt.
Eric Bana überzeugt in der Hauptrolle und liefert eine tolle Leistung ab. Allerdings finde ich ihn mit Vollbart (den er in "München" nicht trägt) immer noch eine Spur ausdrucksstärker.
Gleichfalls überzeugend ist Daniel Craig, wenngleich mir immer noch nicht klar ist, wie jemand mit so einem Gesicht James Bond sein soll (aber das sehe ich dann wohl noch im Laufe des Jahres).
Geoffrey Rush hat mir schonmal besser gefallen.
Michael Lonsdale mal wieder zu sehen, war sehr schön.
Auch sämtliche anderen Schauspieler überzeugen und das ist nach den größtenteils grauenhaften Schauspielleistungen von "Krieg der Welten" doch sehr beruhigend und trägt maßgeblich zum positiven Gesamteindruck des Films bei.
Das Flair der 70er wird sehr gut und überzeugend eingefangen (soweit ich das beurteilen kann). Alles von den Kulissen bis zu den Kostümen ist sehr liebevoll gemacht.
Dies setzt sich auch im Stil des Films fort: So werden heute eigentlich keine Filme mehr gemacht. Von der Kameraführung, dem Schnitt usw. errinntert das alles an vergangene Filmzeiten.
Wenn das aber so gut wie hier gelingt (nur in einer kurzen Actionszene gegen Ende des Films fällt Spielberg kurz raus aus diesem selbstgewählten Stil) ist dies wirklich mal zur Abwechslung ein echter Genuß.
Die Musik von John Williams ist sehr überzeugend, wenn sie denn mal zu hören ist.
Es fällt auf, dass "München" mit ziemlich wenig Musik auskommt.
Der Film ist recht indirekt erzählt. Manchmal ist es relativ anstrengend der Handlung zu folgen. Man bekommt nicht die großen Zusammenhänge vermittelt, sondern weiß in der Regel nur so viel, wie die Gruppe um Avnar (teilweise sogar weniger). Dadurch wird aber auch eine gewisse Spannung erzeugt, aber einige Dinge bleiben dabei auch durchaus passend in interpretierfähiger Dunkelheit.
An einigen Stellen hätte man sich ein paar mehr Informationen gewünscht und machmal wäre es auch schön gewesen etwas mehr durch die Geschichte des Films geführt zu werden.
Atemlose Momente stehen dem Kinozuschauer bevor, wenn bei den Attentaten etwas schief geht (was eigentlich immer der Fall ist). Es ist einfach hart, wenn statt dem anvisierten Vater, dessen kleine Tochter an das Telefon geht. Man hofft dann wirklich, dass die Explosion des Telefons noch verhindert werden kann. Wenn dann später der Vater mit dem Telefon explodiert, ist das aber trotzdem traurig.
Derartige Attentate und Sterbeszenen, werden mit der äußersten Härte und Brutalität dargestellt, die möglich ist wenn es realistisch bleiben soll. Dies erfüllt sehr gut den Zweck den Zuschauer zu erschüttern und ihn das Grauen dieser Taten vor Augen zu führen.
Derartige Szenen machen den Film aber auch zu einen klaren "ab 18" - Kanditaten, die tatsächliche "ab 16" - Freigabe erscheint als zu gering.
Bemerkenswert ist, dass sich zwischen derartigen Gewaltausbrüchen auch immer mal wieder Szenen befinden, die mit einer sehr feinen Priese Humor unterlegt sind, was aber stets passend erscheint.
Spielberg erzählt seine Geschichte dankenswerterweise verhältnismäßig neutral. Über die Gesamtlänge des Films erhält keine der unterschiedlichen Positionen ein derartiges Übergewicht, dass man dem Regisseur vorwerfen müsste grob parteiisch zu sein.
Es fallen durchaus zu allen Sichtweisen passende Argumente und es werden einige kritische Dinge gesagt, die man eigentlich nicht erwartet hätte.
Bei dem Versuch Neutralität zu wahren, bleiben allerdings leider auch einige wichtige Erzählmotive im Ansatz stecken.
Schön wäre es z.B. gewesen noch stärker die Zweifel herauszurbeiten, ob es sich bei den Opfern der Mossad - Agenten nun wirklich um Personen handelt, die Anschläge unterstützt haben, oder ob sie im Grunde harmlos sind.
Immerhin lernt man die Opfer zumeist lange genug in einem recht positiven Licht kennen, um als Zuschauer massiv daran zu zweifeln, dass sie wirklich eine Schuld an Gewalt zu tragen haben (Allerdings sind natürlich auch die Mossad - Agenten im Prinzip nette Leute mit auffallend friedfertigen Jobs und Familie und Kindern, wenn sie nicht gerade Menschen umbringen).
Die Message des Films ist für mich klar, dass (zumindest in dieser Form) Gewalt keine Lösung ist und alles nur noch schlimmer macht. Dies wird an verschiedenen Stellen sehr gut vermittelt.
Die Mossad - Attentäter zeigen durchaus stellenweise Anzeichen von Entmenschlichung.
Schließlich kommt es zu Vergeltungsschlägen gegen die Gruppe rund um Avra und sein Team wird deutlich dezimiert.
Btw. hat mir die Szene mit der Frau in der Bar sehr gut gefallen,.....ist aber leider total gruselig weitergegangen.
Avras Leben scheint am Ende des Films im Prinzip kräftig den Bach herunter gegangen zu sein, - auf jeden Fall hat er einen hohen Preis dafür gezahlt, dass er seine vemreintliche Pflicht getan hat.
Einer der letzten Sätze des Films ist Avras Frage, was seine Taten genutzt hätten, wenn alle Personen, die er umgebracht hat doch nur durch noch schlimmere Leute ersetzt wurden.
In absolut widerwärtiger Weise antwortet Ephraim ihm dann:
"Warum schneide ich meine Fingernägel, wenn sie doch wieder nachwachsen."
Fazit:
Das Niveau von "Schindlers Liste" wird nicht ganz erreicht, aber nach jahrelangen soliden Mittelmaßfilmen und im letzten Jahr gar mit KdW ein filmischer Flop, ist dies endlich mal wieder ein Spielberg - Film den man wirklich gesehen haben sollte.
"München" ist ein sehr guter Film und ein gelungener Start in das Kinojahr 2006.