[Kernwelten | Farlax-Sektor | Utos-System | Galantos | Gal’fian’deprisi | Gelbes Gebäude in Distrikt A-11] Corporal Sorel Zakev, Private 1st Class Sam Cochran
Sorel glaubte, eine gewisse Abneigung gegen seine Fragen nach ihrer Lebensgeschichte bei seiner Beobachterin erkennen zu können. Das war nachvollziehbar. Es gab Soldaten, die liebend gerne von ihrem Leben vor der Armee berichteten, und dies ausführlich und voller Details. Andere schwiegen lieber, aus den verschiedensten Gründen. Manche wollten eine dunkle Vergangenheit verbergen, andere wiederum waren schlicht sonderlich daran interessiert, eine Bindung mit ihren Kameraden einzugehen, die über ein professionelles Verhältnis hinausging und zu Kameradschaft wurde und hielten sich daher mit persönlichen Details und Gesprächen zurück.
Der Scharfschütze, der zu letzteren Kategorie gehörte, hatte es sich dennoch zur Gewohnheit gemacht, herauszufinden, zu welcher Kategorie die Leute zählten, mit denen er zusammenarbeitete. Es war hilfreich zu wissen, wie man sich ihnen gegenüber verhalten musste, ob sie wollten, dass man mit ihnen sprach oder zuhörte oder sie schlicht einfach nur ihren Job machen wollten. Je nachdem konnte er sein Verhalten anpassen und ein effektives Team bilden, um die Jagd so zu betreiben, dass sie erfolgreich war. Ein guter Jäger kannte nicht nur seine Werkzeuge und seine Beute, sondern auch die, die mit ihm jagten.
Fast als hätte Sam seine Gedanken gelesen sah die blonde Frau ihn prüfend von der Seite an und fragte, ob er sich als großer Jagdmeister sah, so ganz schien sie seine Terminologie nicht ernst zu nehmen oder vielleicht war sie auch schlicht verwundert. Die meisten Soldaten reagierten so, wenn sie zum ersten Mal von den Ansichten des Scharfschützen hörten. Für sie war ihr Beruf patriotische Pflichterfüllung, schlicht ein Job oder die Möglichkeit, aus finanzieller Not zu entkommen oder sie waren eingezogen worden. Sorel hingegen war nicht nur freiwillig hier, sondern auch voller ruhigem Eifer, der sich aber nicht auf das Imperium bezog, sondern auf die Ehre der Jagd.
„Ein guter Jäger entwickelt sich stets weiter. Findet neue Beute und neue Wege, sie zu erlegen. Wer sich für einen Meister der Jagd hält, wird schnell arrogant und langsam. Und wer langsam wird...“
Erwiderte der kräftige Mann leise und mit ruhiger Autorität und Ernst in der Stimme, er vollendete den Satz nicht. Es war klar, worauf er hinauswollte. Der Wandel vom Jäger zur Beute konnte schnell gehen. Ein einziger Fehler, und die Rollen wurden vertauscht. Nur wer ständig wachsam war, seine Beute genau studierte und sich ihr anpasste, konnte überleben und die Jagd fortsetzen. Es war der ultimative Test der Fähigkeiten, nur der Bessere konnte gewinnen. Bei allem Stolz auf seine Fähigkeiten hatte sich Sorel dies stets zu Herzen genommen.
Die beiden imperialen Soldaten gingen in Position und Sam schien von ihren Fähigkeiten überzeugt zu sein. Sorel schwieg vorerst. Sie würde noch früh genug geprüft werden. Laut ihr hatte sie keine Ahnung, warum der Scharfschütze so viel über sie wissen wollte und offenbar war es ihr auch egal.
„Sie werden es schon bald verstehen.“
Meinte der Mann mit den kühlen hellblauen Augen knapp und konzentrierte sich dann voll und ganz auf seinen Auftrag, denn Sam hatte offenbar etwas entdeckt, nachdem sie ihr Elektrofernglas in Betrieb genommen hatte. Als sie Richtung und Entfernung ihrer Entdeckung angab, reagierte Sorel blitzschnell und doch mit einer fast schon eleganten Ruhe. Die Straße runter, nördliche Richtung, 1,8 Klicks...da!
In lockerer Formation marschierte eine Gruppe von 36 Droiden die Straße entlang, aufgeteilt in vier kleinere Einheiten mit jeweils neun Maschinen. Es handelte sich um in schlichtem grau gehaltene Übungsdroiden der Imperialen Armee. Ihre Programmierung konnte mit gut ausgebildeten organischen Truppen oder echten Kampfdroiden nicht mithalten, war aber durchaus nicht zu verachten. Die Waffen der Droiden waren nicht tödlich, versetzten einem aber einen kräftigen Schlag und aktivierten kleine Sensoren, die während Übungen getragen wurden und anzeigten, wenn jemand getroffen worden war. Die Übungsleitung konnte so alles live verfolgen.
„Bestätige. Nördliche Richtung, 1,8 Klicks. Feindliche Einheit von 36 Droiden im Visier.“
Die Meldung des Corporals an seine Beobachterin kam leise, aber mit fester, kalter Stimme, die Stimme eines Mannes, der ganz in seinem Element war und weder Angst noch Zorn verspürte. Durch das Visier seines E-11s konnte er jede Bewegung der Droiden verfolgen und sogar Details an ihren Hüllen erkennen. Wären sie lebende Wesen, hätte er ihre Gesichter sehen können. Ein Gedanke, der Sorel kein Unbehagen bereitete. Der Tod durch die Hand eines fähigen Jägers auf dem Schlachtfeld war ein guter Tod, schnell und sauber. Es lag Ehre darin und ein Sinn.
Der Vorschlag seiner Beobachterin, vorerst abzuwarten und die Droiden sich aufteilen zu lassen, war gut, und so behielt der Scharfschütze die Maschinen vorerst nur im Auge, achtete genau auf ihre Formation, ihre Bewegungen und versuchte vorauszusehen, was sie als nächstes tun würden. Sam beklagte, dass sie alles für eine Zigarette geben würde, doch waren diese aus naheliegenden Gründen für solche Operationen nicht erlaubt. Sorel, der überaus gesund lebte, trug ohnehin keine bei sich und Sam behalf sich mit einem Kaugummi, auch dem Scharfschützen bot sie einen an.
Das Angebot schien freundlich gemeint zu sein und tatsächlich war ein Kaugummi nicht schlecht für die Entspannung, doch Sorel bevorzugte es, sich nicht durch dadurch ablenken zu lassen.
„Danke, nein. Ich schlage Ihnen etwas vor. Zeigen Sie mir, dass Sie auch eine Jägerin sind, und Sie werden eine Belohnung bekommen. Sagen Ihnen corellianische Weißzigaretten etwas?“
Vor seiner Versetzung nach Galantos hatte Sorel eine Packung dieser teuren und überaus intensiv schmeckenden Zigaretten von einem Soldaten mit corellianischen Wurzeln geschenkt bekommen, dem er durch einen gezielten Schuss wohl das Leben gerettet hatte. Als auf seine Gesundheit bedachter Mann hatte der Scharfschütze mit dem Geschenk nichts anzufangen gewusst und es ohnehin nicht für nötig gehalten, man musste ihm nicht dafür danken, dass er andere würdige Jäger unterstützte. Dennoch hatte er die Packung aufbewahrt, wohl mehr als Souvenir. Vielleicht kamen sie so doch noch zu ihrer ursprünglich gedachten Verwendung.
Die Antwort hatte den kräftigen, hochgewachsenen Scharfschützen nicht davon abgelenkt, sich weiter auf die Droiden zu konzentrieren. So wie Sam und er vermutet hatten, teilte sich die Gruppe nun auf und ging dabei streng nach dem Lehrbuch vor. Vier Trupps mit jeweils neun Droiden verteilten sich und hoben ihre Blastergewehre, suchten mit ihnen die Umgebung ab und schwenkten sie zu den Seiten und in die Höhe, um mögliche Feinde zu entdecken. Der erste Trupp marschierte ein Stück vorwärts und agierte als Kundschafter, zwei Trupps gingen ein gutes Stück dahinter links und rechts am Straßenrand in Marschposition und ein Stück hinter ihnen marschierte der letzte Trupp. Standardvorgehen in einem Bereich, in dem wahrscheinlich feindliche Truppen waren.
„Sie verteilen sich. Weiter beobachten.“
Sorgfältig behielt Sorel die Droiden im Auge, die sich mittlerweile wohl auf 1,7 Klicks genähert hatten und nun vor einem Häuserblock in Position gingen, wohl um diesen zu überprüfen. Nach einer kurzen Pause verblieb der am Schluss marschierende Trupp schließlich vor dem Gebäude, ein anderer Trupp bog nach links ab und überprüfte eine Seitenstraße. Die verbleibenden beiden Trupps rückten enger zusammen und marschierten nun die große Straße entlang. Abwarten...
Geduldig verharrte Sorel vollkommen regungslos, sein Atem so ruhig und gleichmäßig, dass er ihn selbst kaum spürte. 1,6 Klicks....Seine Ziele waren schon lange in Reichweite, doch wollte er sie wenn möglich getrennt von den anderen bekämpfen. Noch nicht...Erneut hielt einer der Trupps inne und sicherte die Umgebung. Nur noch ein Trupp marschierte weiter vorwärts, die Kundschafter. In lockerer Formation und mit Abstand zu ihren mechanischen Kameraden rückten sie vor, näherten sich über die große Straße.
Als die Droiden nur noch einen Kilometer entfernt waren, legte der Scharfschütze sanft seinen Finger an den Abzug. Neun Ziele. Auf den ersten Blick nicht von einander zu unterscheiden, doch gab es auch bei den Droiden kleine, verräterische Unterschiede. Modelle, die die Funktion von Unteroffizieren und Truppführern ausübten, verfügten über bessere elektronische Gehirne und Kommunikationsvorrichtungen, die sich in kleinen, auf den ersten Blick leicht zu übersehenden Kugeln an ihren Köpfen befanden. Sorgfältig suchte Sorel die Droiden durch sein Visier ab, bis er schließlich das Anführermodell fand.
„Feindlicher Truppführer und Trupp erfasst, 1 Uhr, Entfernung...1 Klick, nähert sich unserer Position auf geradem Weg über die große Straße. Übungsleitung, hier Sichel-1, erbitte Freigabe zum Angriff. Cochran, behalten Sie die Gesamtsituation im Auge. Nach dem ersten Schuss werden sie sich verteilen und Deckung suchen. Geben Sie mir Positionen und bestätigen Sie Abschüsse.“
Nach einem kurzen Knacken kam über Com die Erlaubnis zum Angriff. Ruhig und hoch konzentiert visierte Sorel sein Ziel an, sein linkes Auge war geschlossen, das rechte Auge blickte kühl durch das Visier. Das Fadenkreuz des E-11s bewegte sich zum Brustkorb des Droiden, ein leichteres Ziel als der vergleichsweise kleine Kopf, doch waren Treffer dort genau so tödlich, schließlich lagen bei organischen Wesen dort die meisten lebenswichtigen Organe. Ein Kopfschuss war zwar in der Populärkultur das Markenzeichen von Scharfschützen, doch das hier war kein Holodrama.
Ganz leicht kniff Sorel sein aufgrund des Rückstoßes etwas vom Visier entfernten rechtes Auge zusammen und hielt für einen Moment den Atem an, als sich sein Finger sanft um den Abzug krümmte. Ein leichtes Rucken ging durch sein E-11s, als es einen tödlichen Blasterschuss abfeuerte, der sich mit rasanter Geschwindigkeit vorwärts bewegte, in den Brustkorb des Truppführerdroiden bohrte und ein großes rauchendes Loch dort hinterließ, wo zuvor Schaltkreise gewesen waren. Gemäß seiner Programmierung fiel der Droide wie ein Stein zu Boden.
Für einen Augenblick herrschte vollkommene Ruhe und die Zeit schien stillzustehen. Sorel liebte diese ehrfürchtige Stille nach dem ersten Schuss, doch hatte er keine Zeit, um diese zu genießen. Blitzschnell wechselte der Scharfschütze auf die nächstgelegenen Ziele und der Torso des Truppführers hatte kaum den Boden berührt, da stürzten drei weitere Droiden mit Einschusslöchern in den mechanischen Körpern in sich zusammen. Vier erledigt, noch fünf übrig. Jetzt reagierten die elektronischen Gehirne der Droiden und rasch stoben sie auseinander, verteilten sich und suchten nach Deckung, doch auf der offenen Straße waren sie dem Feuer fast schutzlos ausgeliefert. Zwei weitere Schüsse peitschten durch die Luft und schickten Droidenkörper noch im Laufen zu Boden. Drei übrig...
Das E-11s war eine hervorragende Waffe. Ein leistungsfähiges Visier, eine Reichweite von fast fünf Kilometern und hohe Zuverlässigkeit machten es zu einem exzellenten Scharfschützengewehr. Die einzige Schwachstelle lag in dem Energiemagazin, das lediglich sechs Schuss erlaubte. Daher hatte Sorel ein frisches Magazin bereits bereitgestellt, und kaum war das alte Magazin aus der Waffe entfernt, schob er bereits das neue Magazin ein, aktivierte es und blickte wieder durch sein Visier. Die letzten drei Ziele hatten die kurze Feuerpause genutzt, zwei waren nach links ausgebrochen, der dritte Droide rannte nach rechts.
Sam hatte durch ihr Elektrofernglas noch einen besseren Überblick und gab ihm die schnell und präzise die genaue Position an, so dass zwei schnelle Schüsse die beiden linken Droiden, die versuchten Sperrfeuer zu schießen niederstreckten. Der dritte Droide war hinter einem geparkten Speeder in Deckung gegangen und feuerte grob in die Richtung, in der er die Scharfschützen vermute, dabei blieb er größtenteils in Deckung. Sorel zielte sorgfältig und ließ sich von den ungezielten Schüssen nicht aus der Ruhe bringen, und als der Droide für eine Sekunde seinen Kopf aus der Richtung zog, um bessere Sicht zu bekommen, verwandelte ein letzter Schuss das elektronische Gehirn in Altmetall.
„Alle Abschüsse bestätigt?“
Fragte Sorel seine Beobachterin gemäß dem Protokoll mit so ruhiger, sachlicher Stimme, als würde er einen Bericht vorlesen, denn auch wenn er sicher war, so war es doch die Aufgabe der Beobachterin, die Abschüsse zu bestätigen und durch ihre bessere Übersicht mit dem Elektrofernglas sicherzustellen, dass alle Feinde eliminiert worden waren und der Rest der feindlichen Einheit noch nichts mitbekommen hatte. Der Mann mit den kühlen blauen Augen war nicht jemand, der mit seinen Taten prahlte, doch war er sich recht sicher, dass seine Beobachterin nun wusste, warum man ihn für einen der besten Scharfschützen auf Galantos hielt, vielleicht sogar für den Besten. Nicht, dass es Sorel auf Ruhm ankam. Die Jagd war alles, was zählte. Und diese Jagd war noch nicht vorbei.
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