Kurzfilmdrehbücher

Antiriad

Waldschrat
Hallo,
hin und wieder, wenn mir mal eine Idee kommt, schreibe ich ein Kurzfilmdrehbuch. Wie soll ich sagen, ich bin bei Null angefangen und betrachte mich selbst als einen kleinen Amateur. Jedenfalls war ich schon immer von Filme fasziniert und wie sie so entstehen. Na ja, eines Tages hab' ich mich dann mal selbst im Drehbuchschreiben versucht.

Die Idee zu diesem Drehbuch kam mir nachdem ich einen Bericht über den verheerenden Fabrikeinsturz in Bangladesch gelesen hatte. Reshma, eine jungen Frau, hatte sich mit einem Stock in der Finsternis unter den Trümmern in Hohlräumen vorwärtsgetastet und versucht, durch Löcher zu entkommen.

Viel Spaß beim Lesen.




LOGLINE: "Geschäftsmann muss sich von Hohlraum zu Hohlraum arbeiten, um seinem Grab, die Trümmer eines Hochhauses, zu entsteigen, doch was er an der Oberfläche vorfindet, hätte er sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können."


„SURFACE“

von
Michael V.

1 INN. TRÜMMER/HOHLRAUM
Grabesdunkel. Man kann die Hand vor Augen nicht sehen. Nirgends ein Licht. Ein GROLLEN, gefolgt von SAND rieseln und GESTEIN knirschen.

Alles klingt dumpf und hohl.

Die Geräusche verstummen.

Ein Moment der Stille …

Plötzlich heftige HUSTENGERÄUSCHE.
Die Hustengeräusche lassen nach und man hört eine besorgt klingende Stimme.

DAVID (O.S.)
Hallo? Hallo! Ah, was ... Autsch!

Schnaufen und hektische Tastengeräusche. Dann ein diffuses Licht eines SMARTPHONE-DISPLAYS, dass das Gesicht von DAVID, 25, beleuchtet.

David ist über und über mit Staub bedeckt. Auf seiner Stirn klafft eine Wunde. An der Brust seines Geschäftsanzugs trägt er ein BESUCHER-NAMENSSCHILD / VISITORS PASS.

David blickt aufs Smartphone: KEIN EMPFANG! Verzweiflung spiegelt sich in seinem Blick.

DAVID
Hallo? Hallo, kann mich jemand hören?
Haaaalloooo!

Stille.

Das Grollen setzt plötzlich wieder ein. Es knarzt und knirscht. David wird durchgeschüttelt. Er schaut ängstlich auf, Sand und Schuttteile rieseln auf ihn herab.

David horcht, bis das Grollen verstummt. Die Erschütterungen lassen nach.

David atmet erleichtert auf. Er deaktiviert den Ruhezustand seines Smartphone. Die Display-Helligkeit stellt er aufMaximum.

Orientierungslos schaut David sich um, das Smartphone-Display (und oder den Kamera- / Fotoblitz) als Taschenlampe nutzend.

David befindet sich in einem niedrigen, engen Hohlraum, indem man sich nur kriechend fortbewegen kann. Um ihn herum Wände aus Trümmern.

Auf allen Vieren krabbelt David vorwärts.

2 INN. TRÜMMER/HOHLRAUM

Ein Backstein wird aus einem engen Durchbruch gedrückt und kullert langsam zu Boden. David zwängt sich durch die Öffnung in den Hohlraum. Unheimlich und beklemmend wie in einem Grab. In seinem Gesicht macht sich Panik und Angst breit.

Alles deutet daraufhin, dass David sich in den Überresten eines eingestürzten Gebäudes befindet. Schutt, geborstene Betonpfeiler, verbogene Stahlträger, Mobiliar …

David leuchtet mit seinem Smartphone um sich, wo es weitergeht. Von der Decke baumelt eine Leiche herab. Ein schrecklicher Anblick.

Vorsichtig umkriecht David das Hindernis.

3 INN. TRÜMMER/SPALT
Klaustrophobisch. Zwei fast aufeinander liegende Betondecken. Dazwischen nur so viel Platz, dass sich ein Durchschnittsmensch hindurchzwängen kann. David schiebt sich bäuchlings durch die Bauteile. Auf halber Strecke bleibt er plötzlich stecken. Es geht weder vorwärts noch rückwärts. David gerät in Panik. Die Betondecke über ihm scheint sich auf ihn zuzubewegen und seinen Kopf zu zerdrücken.

Doch David bringt seine Panik unter Kontrolle. Mit ganzem Körpereinsatz gelingt es ihm schließlich, sich zu befreien und seinen Weg fortzusetzen.

4 INN. TRÜMMER/HOHLRAUM
David krabbelt und stoppt. Er hustet und reibt sich die Augen. Dann kriecht er weiter. Wasser tropft an einer Stelle von der Decke. David formt eine hohle Hand. Er fängt die Tropfen auf und lässt sie in seinen Mund rinnen. David wiederholt diesen Vorgang mehrmals, bis er seinen Durst gestillt hat. Auf einmal ein leises RASCHELN. David leuchtet mit dem Smartphone. Um ihn herum huschen Kakerlaken durch die Ritzen und Spalten. Angewidert schlägt er mit einer kurzen Holzlatte nach ihnen.

DAVID
Verschwindet! Verdammte Biester!

Die Kakerlaken suchen das Weite. David robbt den langgestreckten Hohlraum hinunter.

5 INN. TRÜMMER/GABELUNG
Ein Luftzug strömt David aus einem der Tunnel entgegen. Hektisch nimmt er eine Handvoll Staub und hält sie ins Licht des Smartphone. Der Luftzug wird stärker und weht den Staub weg. David schöpft Hoffnung.

6 INN. TRÜMMER/TUNNEL
David stoppt und horcht, als er von oben das Knistern eines Feuers vernimmt. Das Geräusch schwillt an. Plötzlich wird es taghell und eine brennende Flüssigkeit rinnt, Lava gleich, herab. Zuerst einige Tropfen, dann ein ganzer Schwall, der eine undurchdringbare Feuerwand bildet. Von Panik erfüllt robbt David rückwärts.

7 INN. TRÜMMER/AM ENDE DES HOHLRAUMS
Ein Loch in der Decke. Dahinter ein Betonstück, wie ein Verschluss. David stemmt seine Hände mit aller Kraft dagegen.

8 INN. TRÜMMER/ZISTERNE(RÖMISCHE)-ÄHNLICHER HOHLRAUM
David wirft das Betonstück zur Seite wie einen Deckel / eine Luke. Er kommt hervorgeklettert und leuchtet mit seinem Smartphone um sich. Betonpfeiler, kreuz und quer wie Mikadostäbchen. Labyrinthartige Hohlräume.

DAVID
Hallo! Hallo, kann mich
jemand hören? Haaaalloooo!

David kriecht weiter, als plötzlich das Grollen wieder einsetzt und es zu beben beginnt. Um David herum knarzt und kracht es. Schutt rieselt. Ein Betonpfeiler stürzt von oben herab. David wird von einer Staubwolke eingehüllt.

Es wird totenstill ...

9 INN. TRÜMMER/ZISTERNE-ÄHNLICHER HOHLRAUM
Der Staub hat sich gelegt. David stöhnt schmerzvoll auf. Er steckt mit seinem rechten Fuß zwischen einem Betonpfeiler und einem Stein fest.

10 INN. TRÜMMER/ZISTERNE-ÄHNLICHER HOHLRAUM (SPÄTER)
David zieht ein letztes Mal, mit aller Kraft, doch ohne Erfolg. Die Lage ist hoffnungslos. Resigniert lässt David seinen Kopf nach hinten fallen und starrt an die Decke über sich. Sein Schicksal scheint besiegelt.

David holt sein Smartphone hervor, wischt durchs Menü. Er sieht sich Fotos von Mutter, Vater, Bruder, Schwester, Freundin usw. an.

Die Fotos wecken bei David Erinnerungen und Emotionen.

11 INN. TRÜMMER/ZISTERNE-ÄHNLICHER HOHLRAUM
Es herrscht eine unheimliche Stille. David scheint mit seinem Leben abgeschlossen zu haben, als plötzlich erneut das Grollen einsetzt und es zu beben beginnt. Schutt prasselt donnernd hernieder. Der Betonpfeiler knickt zur Seite.

David gelingt es sich aus seiner misslichen Lage zu befreien.

12 INN. TRÜMMER/HOHLRAUM
Mit beiden Händen räumt David Schutt beiseite, der ihm den Weg versperrt. Das Smartphone hat er zwischen die Lippen geklemmt. Die Öffnung zu einem angrenzenden Hohlraum ist jetzt groß genug, um sich hindurchzwängen zu können.

David will hindurchkrabbeln …

Plötzlich schiebt sich das Gesicht von SERGEI, 70, gutmütiges Äußeres, in Davids Sichtfeld. David erschreckt sich und weicht zurück.

SERGEI
(in Russisch, mit
schwacher Stimme)
Such’ Dir ein sicheres Versteck und
bleibe dort, Junge.
(Übersetzung)
Naidi sebe ukromnoe mesto i
ostawaisja tam, paren!

Sergei sinkt zu Boden, als hätten ihn seine Kräfte verlassen.

Nachdem David realisiert hat, dass Sergei nur ein alter Mann ist, der Hilfe benötigt, prescht er zu ihm hin.

13 INN. TRÜMMER/ÖFFNUNG ZUM ANDEREN HOHLRAUM
David wiegt Sergei in seinen Armen. Sergei wirkt sehr schwach und röchelt. Seine Reaktionen werden immer langsamer.

DAVID
Wissen Sie was hier passiert ist?
(Untertitel)
You know what happened?
(nachdenklich)
Ich kann mich nur noch daran
erinnern, dass ich in die Stadt
gefahren bin. Zu einem Kunden.
(nachdenklich)
Als hätte ich einen Filmriss. And
these tremors.
(Untertitel)
Und diese Erdstöße.

Sergei flüstert etwas, das nicht zu verstehen ist.

DAVID
Sagen Sie mir, gibt es einen Weg
hier raus? Do you know an exit? A
way out?
(Untertitel)
Kennen Sie einen Ausgang? Einen
Weg raus?

Sergei deutet in den angrenzenden Hohlraum. Davids Blick folgt Sergeis Zeigefinger.

DAVID
Also da geht es nach draußen hin?
The exit?
(Untertitel)
Der Ausgang?

Sergei blickt David an und schüttelt schwach den Kopf.

DAVID
No?
(Untertitel)
Nein?

Sergei wedelt mit dem Zeigefinger, bis plötzlich sein Arm schlaff herunterfällt. Danach sinkt sein Kopf kraftlos nach vorne.

David schüttelt Sergei sanft.

DAVID
Hallo? Hallo! Nein, nicht.
Bitte, bleiben Sie bei mir.
(verzweifelt)
Lassen Sie mich hier nicht alleine.

David erkennt, dass Sergei tot ist. Behutsam legt er den erschlaffenden Körper auf die Seite ab. Dann kriecht David in die Richtung, in die Sergei gedeutet hat.

CLOSE UP: Auf Sergeis Rücken ist eine große Wunde. Rundherum um der Verletzung scheint die Kleidung geschmolzen zu sein.


14 INN. TRÜMMER/TUNNEL-ÄHNLICHER HOHLRAUM
David krabbelt um eine Biegung. In der Ferne am Ende des Tunnels schimmert helles Tageslicht. Erleichtert steckt er sein Smartphone in die Hosentasche und kriecht Richtung Ausgang.

15 AUSS. STADT/ERDOBERFLÄCHE - TAG
Ein Trümmerhaufen. David kommt aus einem Loch hervor und richtet sich auf. Das helle Tageslicht blendet ihn. Er hebt eine Hand vors Gesicht und schirmt seine Augen ab.

Die KAMERA saust hoch ins Weltall. Man sieht die Kontinente, die allesamt schwelende Trümmerlandschaften sind. Schutt und Asche. Rauchfahnen über den Ländern, als wäre die Apokalypse über die Erde hereingebrochen.

Die KAMERA rast zurück Richtung Erdoberfläche, sie bleibt etwa 50 Meter über David stehen. David steht inmitten einer Trümmerwüste, so weit das Auge reicht.

Plötzlich fällt der riesige SCHATTEN einer fremdartigen Kriegsmaschine auf David. Etwas Gigantisches setzt sich in Bewegung.

Eine Serie von mechanischen und elekronischen Geräuschen. Stampfende Schritte, unter der die Erde bebt. Die Erde zittert unter Davids Füßen. Er stolpert umher, als würde er sich auf einem schwankenden Schiffsdeck befinden.

David wirkt benommen und eingeschüchtert.

16 INN. TRÜMMER/ZISTERNE-ÄHNLICHER HOHLRAUM
Betonpfeiler, kreuz und quer wie Mikadostäbchen. Labyrinthartige Hohlräume. Heftiges Grollen und Erschütterungen. Teile der Decke stürzen krachend herab.

17 AUSS. STADT/ERDOBERFLÄCHE - TAG
David schaut hoch. Die Erde unter ihm zittert. Sein Blick bleibt voller Ehrfurcht auf die fremdartige Kriegsmaschine gerichtet. Er scheint nicht glauben zu können, was er da sieht.

Eine Art Laserstrahl erfasst David.

David flieht in Panik.

18 AUSS. STADT/ERDOBERFLÄCHE - TAG
David humpelt durch die Trümmerlandschaft, blickt zurück auf die fremdartige Kriegsmaschine, die ihn verfolgt.

19 AUSS. WÜSTE - TAG -RÜCKBLENDE
Flirrende Hitze und endlose Weite. Die riesigen Schüsseln der Radioteleskope sind gen Himmel gerichtet.

Untertitel: METI FORSCHUNGSZENTRUM - Message to extraterrestrial Intelligence.

20 INN. KONTROLLRAUM - TAG -RÜCKBLENDE
Schreibtische, Computermonitore und Schalttafeln. An einer Wand hängt ein AKTE X - I WANT TO BELIEVE-POSTER. Mitarbeiter blicken gebannt auf einen großen Bildschirm, auf dem eine Sternenkarte zu sehen ist. Der leitende Wissenschaftler betätigt einen Knopf.

WISSENSCHAFTLER
Das Signal ist raus.

Frenetischer Applaus.

21 EPILOG
Weiße Schrift auf schwarzem Hintergrund. Gefechtslärm und Explosionen sind zu hören. Erst leise, dann immer lauter.

Wir müssen nur auf uns selbst schauen, um zu sehen, wie sich aus intelligentem Leben etwas entwickelt, dem wir lieber nicht begegnen möchten”.

Stephen Hawking

FADE OUT.

ENDE
 
Gefällt mir gut, würde sich prima in die oft auf Aint it cool news präsentierten Sammlungen von Kurzfilmen einreihen. Die Geschichte hat etwas von "Krieg der Welten" oder "Mars Attacks" oder "Independence Day" aus anderem Blickwinkel. Die Produktion wäre allerdings auch für so einen Kurzfilm ziemlich aufwändig, und man muss sich einige Beispiele wie zum Beispiel "The Descent" ansehen, um für die Visualisierung von Enge in Höhle und glaubhafter Beleuchtungssituation ein gutes und schlüssiges Konzept zu haben. Ich könnte mir vorstellen, dass die Ladekapazität des Smartphone auch als erzählerisches Element herangezogen werden kann. Zusätzlich zur klaustrophoben Raumsituation käme noch der Zeitfaktor hinzu, ab dem er sich nicht mehr mit einem "Hoffnungsschimmer" trösten oder fortbewegen kann. Die Sequenz mit dem Lavastrom fand ich sehr interessant, weil es mich als Leser hat die Frage stellen lassen, was das für ein Ereignis gewesen sein mag, das soetwas auszulösen vermag. Auch visuell mag das sehr reizvoll sein.

Jetzt musst Du nur noch jemanden finden, der den Film für dich produzieren mag, wenn Du es nicht selber machst ;)
 
Dem Stimme ich voll und ganz zu. Hat etwas von Krieg der Welten, aber die Sichtweise ist
Interesant, wenn auch nicht neu. Du bezeichnest dich als Amateur? Du hast Potenzial, genau wie deine Geschichte.
Vielleicht kannst du ja deine Story wirklich mal verfilmen.
Auf deine anderen Drehbücher wäre ich gespannt.
 
Vielen Dank für Eure Kommentare.

Ja, man könnte sicherlich noch das eine oder andere verbessern. Ein Drehbuch ist so gesehen nie fertig. Irgendwas fällt einem später immer noch ein.

Zu der Flüssigkeit: Da heute ziemlich viel aus Kunststoff besteht, und auch verbaut wird, dachte ich mir, dass sich geschmolzenes Kunststoff irgendwo gesammelt hat. Oder einfach ein Öltank, der ausgelaufen ist.

Ein anderes Drehbuch werde ich hier noch Posten.
 
Dies hier ist ein Kurzfilmdrehbuch zu einem Endzeit-/Zombie-Film. Viel Spaß beim Lesen.

"Die Welt nach einer Pandemie. Ein Mann harrt in seiner Wohnung aus. Die Vorräte gehen zur Neige..."

"SEKTOR 8"

von
Michael V.


1 INN. HAUS/RAUM - NACHT -RÜCKBLENDE
Während Lichtreflexe über der Wand wandern und Motorengeräusche lauter werden, späht GREGOR, 43, mit angstgeweiteten Augen über die Fensterbank. Draußen vor dem Fenster geht etwas vor sich. In seinen Augen spiegeln sich Scheinwerferlichter.

Eine schrille, bestimmende LAUTSPRECHERSTIMME ertönt.

SOLDAT (O.S.)
Achtung Achtung, hier spricht das
Militär. In diesem Sektor besteht
eine Ausgangssperre. Bleiben Sie in
Ihren Häusern und halten Sie Türen
und Fenster geschlossen. Jeder
Versuch einer Zuwiderhandlung wird
geahndet. Ich wiederhole: In
diesem Sektor besteht eine
Ausgangssperre. Bleiben Sie in
Ihren Häusern und halten Sie Türen
und Fenster geschlossen. Jeder
Versuch einer Zuwiderhandlung wird
geahndet. Ende der Durchsage.

Plötzlich Tumult.

SOLDAT (O.S.)
An den Mann mit der Baseball-Kappe!
Machen Sie kehrt und gehen Sie
unverzüglich zurück in Ihre
Wohnung. Sollten Sie nicht Folge
leisten, sind wir autorisiert,
Gebrauch von der Schusswaffe zu
machen.
(mit Nachdruck)
Letzte Warnung! Wahren Sie
Abstand! Gehen Sie zurück in Ihre
Wohnung!

Gregor zerrt am Rollladengurt. Lautes Maschinengewehrgeknatter kann man hören. Blitzartig lässt er sich zu Boden fallen, hält die Arme schützend über den Kopf.

2 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - TAG
Gregor, ungepflegt und total heruntergekommen, öffnet seine Augen. Langsam richtet er sich auf, zupft und streicht seine verknautschten Klamotten zurecht. Dann geht er mit bedächtigen Schritten zur Tür hinaus. Der Rollladen im Zimmer ist fast unten. Nur oberhalb des Fensters dringt Tageslicht durch ein paar Schlitze.

Auf einem Tisch ein Tagebuch.

GREGOR (V.O.)
7 März. Ich zeige noch keine
Anzeichen dieser Krankheit.
Offenbar überträgt sie sich nicht
direkt über die Luft.
(Pause)
10 März. Strom ist ausgefallen.
War zu erwarten. Gott sei Dank,
immerhin kommt noch Wasser aus den
Hähnen. Gut, dass ich rechtzeitig
Vorräte angelegt habe. Die reichen
fürs Erste. Ich werde hier
ausharren, komme was wolle.

3 INN. HAUS/BADEZIMMER - TAG
Der Rollladen im Zimmer ist fast unten. Nur oberhalb des Fensters dringt Tageslicht durch ein paar Schlitze. Gregor zieht eine transparente Folie ein Stück zur Seite, die wie ein Deckel über der Badewanne gespannt ist. Dann taucht er behutsam einen Becher ins Wasser und trinkt genüsslich.

4 INN. HAUS/KÜCHE - TAG
Der Rollladen im Zimmer ist fast unten. Nur oberhalb des Fensters dringt Tageslicht durch ein paar Schlitze. Gregor sitzt am Küchentisch, schmiert Marmelade auf alte, wellige Toastscheiben. Vor ihm ein Schriftstück.

Eine Überschrift und ein paar Zeilen:

ÜBERLEBEN IN EINEM KATASTROPHENFALL!

Die wichtigsten Regeln!

Horten Sie so viel Wasser wie nur möglich. Sie können es in Flaschen, Krügen, Eimern oder Wannen füllen.
Verhalten Sie sich ruhig, ziehen Sie keine Aufmerksamkeit auf sich. Das ruft nur Plünderer und marodierende Banden auf den
Plan, die auf Ihre Vorräte aus sind. Werfen Sie nichts weg. Nichts. Rein gar nichts, ohne sich vorher genau zu überlegen, ob
es später für Sie noch von Nutzen sein könnte.


Alkohol ist kein geeigneter Durstlöscher.

Gregor beißt ins Brot.

5 INN. HAUS/BADEZIMMER - TAG
Gregors Rückenansicht; er steht breitbeinig da, uriniert in eine PET-Flasche. Als er zu Ende gepullert hat, schüttelt er den letzten Tropfen ab, und stellt die PET-Flasche auf die Ablage. Zu seinen Füßen stehen Eimer verschlossen mit Deckeln. Augenscheinlich gefüllt mit Exkrementen.

6 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - TAG
Auf dem Rücken liegend, die Hände hinter dem Kopf gefaltet, die Beine angewinkelt. Gregor hebt und senkt seinen Oberkörper. Schweißtreibende Sit-Ups. Von der Rückenlage wechselt er in die Bauchlage und führt Liegestützen aus.

7 INN. HAUS/KELLER/FLUR - TAG
Eine offene Treppe. Zwischen den Trittstufen durch sieht man Gregors Füße, wie er sehr bedacht die Stufen hinunter kommt.

8 INN. HAUS/KELLER/VORRATSKELLER - TAG
Ein großes Regal. Nur eine Packung Nudeln und paar Flaschen Wein darin. Gregor will gerade nach der Packung Nudeln greifen, als plötzlich ein Schatten in den Raum fällt. Draußen vorm Kellerfenster schiebt sich etwas ins einfallende Licht. Gregor erstarrt vor Angst, seine Augen weiten sich, sein Herz pocht. Nach einer gefühlten Ewigkeit wird es im Raum wieder heller. Gregor atmet erleichtert auf.

9 INN. HAUS/KÜCHE - TAG
Die Küchenuhr springt von 11:59 auf 12:00. Gregor sitzt am Küchentisch. Er isst Nudelstangen und trinkt Wasser.

10 INN. HAUS/KELLER/RAUM - TAG
Überall Gerümpel und Krempel. Gregor hebt einen Karton an. Kellerasseln krabbeln in alle Richtungen davon. Er fängt sie und steckt sie in einen Becher.

11 INN. HAUS/KELLER/KELLER-/LICHTSCHACHT - TAG
Gregor steht am geöffneten Fenster und schneidet mit einer Schere ein zartes Pflänzchen ab. Genüsslich steckt er das Grün in seinen Mund, kaut intensiv, als sei es eine Delikatesse.

Ein Windzug lässt ihn aufblicken. Durch das Gitterrost: Blauer Himmel und weiße Wolken.

12 INN. HAUS/KÜCHE - TAG
NAH: Eine zappelnde Kellerassel zwischen Zeigefinger und Daumen. Gregor wirft sie in seinen Mund, als sei sie eine Erdnuss.

13 INN. HAUS/BADEZIMMER - NACHT
Die letzte kreisende Bewegung, dann legt Gregor die Zahnbürste beiseite. Abschließend noch ein Schluck Urin aus der PET-Flasche, gurgeln, ausspucken.

Jetzt ist Gregor bettfertig.

Er hält inne und betrachtet sein Spiegelbild. Eine ungepflegte Gestalt, unrasiert, die Haare wirr, die Kleidung speckig.

14 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - NACHT
Gregor sitzt am Tisch, kritzelt in sein Tagebuch.

GREGOR (V.O.)
(nachdenklich)
14 Mai. Einer von denen war heute
vor meinem Haus. Hab’ mich ruhig
verhalten. Essensvorräte gehen zur
Neige. Werde wohl oder übel meine
Behausung verlassen müssen.

Er streicht über seinen Bart.

15 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - NACHT
Gregor fummelt an einem tragbaren Radios herum, steckt Batterien ins Fach. Drückt den Ein-/ Ausschalter. Die Betriebsleuchte leuchtet. Erwartungsvoll dreht er am Regler. Die NADEL wandert über die Empfangs-Skala. Ernüchterung macht sich breit, nur RAUSCHEN aus dem Lautsprecher.

16 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - NACHT
Die Stuhlbeine des Stuhls knarzen, als Gregor seine Füße auf die Sitzfläche stellt, um einen Blick durch die oberen Rollladenschlitze werfen zu können. Draußen ist es stockfinster. Weit und breit keine Lichtquelle. Resigniert steigt Gregor vom Stuhl herab.

17 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - MORGEN
Tageslicht fällt durch die Rollladenschlitze. Gregor erwacht und geht mit bedächtigen Schritten zur Tür hinaus.

18 INN. HAUS/KÜCHE - TAG
Gregor hockt am Küchentisch und isst die letzten Nudelstangen.

19 INN. HAUS/KELLER/RAUM - TAG
Mit dem Blick sucht Gregor den Boden ab, wühlt sich durchs Gerümpel, fängt Kellerasseln und steckt sie in einen Becher. Dabei fällt ein dickes BUCH zu Boden.
Gregor bückt sich, klappt es auf. In schöner Handschrift:

Viel Spaß beim Lesen und Lernen wünscht Dir Deine Mutter Monika.
Weinachten 1999.


Gregor ist bewegt. Seine Augen werden feucht. Eine Träne tropft auf die Buchseite.

20 INN. HAUS/KÜCHE - TAG
NAH: Ekliger BREI in einer Schale. Man kann verwischte Buchstaben auf Papierresten sehen und Insektenbeine. Gregor taucht langsam den Löffel hinein und schiebt ihn sich in den Mund.

Ein paar Zeilen im Schriftstück ÜBERLEBEN IN EINEM KATASTROPHENFALL:

Insekten sind fettarme und nahrhafte Proteinquellen. Scheuen Sie sich nicht davor, sie zu essen.
Halten Sie sich exakt an diese Regeln und Sie werden zu denen gehören, die die Katastrophe überstehen.


Georg kratzt den letzten Rest Brei aus der Schale.

21 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - NACHT
Gregor sitzt am Tisch, schreibt in sein Tagebuch.

GREGOR (V.O.)
(verzweifelt)
15 Mai. Habe nichts mehr zu essen.
Weiß nicht mehr weiter.

Er legt den Stift beiseite. Gregor schaltet das Radio ein, dreht am Regler. Nichts als RAUSCHEN.

22 RÜCKBLENDE
Sommer, Sonne, ein kleiner Sandstrand und ein gemächlich dahinfließender Fluss. Gregor, als kleines Kind, patscht unbeschwert durchs seichte Wasser, über beide Backen grinsend. Aus dem OFF ruft seine Mutter.

MONIKA (O.S.)
Gregor, geh’ nicht zu weit ins
Wasser. Hörst Du?

Gregor winkt ihr freudig zu.

23 INT. HAUS/WOHNZIMMER - NACHT
Der Rollladen im Zimmer ist ganz unten. Eine Stehlampe wirft ein schwaches Licht. Gregor sitzt traurig in einem Sessel und betrachtet Familienfotos. Erinnerungen an vergangene Tage werden in ihm wach.

24 INN. HAUS/VORRATSKELLER - NACHT
Die Flaschen Wein im Regal. Im Hintergrund das Geräusch einer quitschenden Tür. Kurz darauf greift Gregor mit seiner HAND ins Weinfach.

25 EINE SERIE VON AUFNAHMEN
Gregor sitzt im Sessel und betrinkt sich mit Wein. Er schleicht zweimal in den Keller und holt Nachschub. Mit jedem Schluck wird er sentimentaler. Am Ende übermannt ihn die Müdigkeit.

26 RÜCKBLENDE/MONTAGE
Nachrichtenbeiträge von Demonstrationen, Polizeieinsätzen und Plünderungen. Zwischendurch Ausschnitte von ein an Myxomatose erkranktes Wildkaninchen.

NACHRICHTENSPRECHER#1 (V.O.)
Und jetzt zu einer Sondermeldung:
Eine rätselhafte Krankheit befällt
die Menschen allerorts. Sie breitet
sich rasendschnell aus und entwickelt
sich zunehmend zu einem wahren
Flächenbrand. Mediziner auf der
ganzen Welt stehen vor einem
großen Rätsel.

NACHRICHTENSPRECHER#3 (V.O.)
An die Zuschauer zu Hause vor ihren
Fernsehgeräten: Was Sie hier
sehen, sind keine Aufnahmen aus
einem Horrorfilm, es ist real.

Aufnahmen von Menschen, die zu Zombies geworden sind.

NACHRICHTENSPRECHER#2 (V.O.)
Die Regierungen aller Länder
befinden sich im Alarmzustand und
haben den Notstand ausgerufen. Sie
empfehlen ihrer Bevölkerung,
Menschenansammlungen zu meiden und
vorerst zu Hause zu bleiben, und
Türen und Fenster geschlossen zu
halten, da man noch keine
Kenntnisse hat, wie genau sich
diese Krankheit überträgt. Ein
Sprecher des Weltsicherheitsrates
erklärte: Zu aller Erst müsse in
Erfahrung gebracht werden, mit
welchem Erreger wir es hier konkret
zu tun haben. Und bis wir das
nicht wissen, sollten die Menschen
nur in Notfällen ihre Behausungen
verlassen.

NACHRICHTENSPRECHER#2 (V.O.)
Überall auf der Welt entstehen
Sperrzonen.

NACHRICHTENSPRECHER#1 (V.O.)
Sehr verehrte Zuschauer, es ist
mittlerweile traurige Gewissheit,
aber eine Katastrophe biblischen
Ausmaßes bahnt sich in diesem
Augenblick auf der Erde an. Möge
Gott uns in der schlimmmsten Stunde
beistehen.

27 RÜCKBLENDE/MONTAGE
Ein SOLDAT in Schutzanzug und ABC-MASKE richtet den Lauf seines Maschinengewehrs (nach unten) in die KAMERA.

SOLDAT
Der hier ist infiziert.

SOLDAT#2 (O.S.)
Erschießen!

Ein SCHUSS.

28 INT. HAUS/WOHNZIMMER - MORGEN
Gregor schreckt hoch. Der Schuss hallt in seinem Kopf noch nach. Dabei fällt eine leere Weinflasche aus seinem Schoß und kracht laut klirrend in die Weinflaschen, die zu seinen Füßen stehen.

Schlagartig ist er hellwach und erstarrt.

NACHRICHTENSPRECHER (V.O.)
Möge Gott uns in der schlimmmsten
Stunde beistehen.

Plötzlich bricht die Hölle los. Von draußen tierartige LAUTE. Etwas schlägt gegen den Rollladen. Die Rollladenstäbe/ -lamellen werden auseinandergedrückt. Aggressive, blutunterlaufende AUGEN von ZOMBIES spähen durch die Rollladen-Schlitze.

Die tierartigen Laute und das Krachen gegen den Rollladen werden immer lauter.

In der Ferne plötzlich ein SCHUSS.

Das Schlagen gegen den Rollladen hört abrupt auf. Das Zombiegebrüll entfernt sich zunehmend, bis es nicht mehr zu hören ist.

Gregor atmet erleichtert auf. Doch etwas scheint nicht zu stimmen. Er blickt entsetzt an sich herab.

29 INN. HAUS/KÜCHE - TAG
Gregor hat seinen nackten linken Fuß aufs rechte Knie gelegt. Er zieht zischend Luft durch die Zähne, als er die klaffende Schnittwunde an seiner Fußsohle betastet. Es scheint eine Glasscherbe in ihr zu stecken.

Zaghafte Versuche, sie rauszuziehen.

Endlich trifft er den Entschluss.

Während er die Glasscherbe aus der Wunde pult, beginnt er lautlos zu schreien.

30 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - NACHT
Gregor sitzt am Tisch, schreibt in sein Tagebuch.

GREGOR (V.O.)
16 Mai. Bin unvorsichtig gewesen.
Hätte dafür beinahe mit meinem
Leben bezahlt. Draußen sind mehr
von denen, als ich für möglich
gehalten hätte. Unter diesen
Umständen kann ich es nicht
riskieren, meine Wohnung zu
verlassen. Es ist einfach zu
gefährlich.

31 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - NACHT
Von draußen ein gellender SCHREI, gefolgt von Zombieknurren. Gregor im Bett öffnet seine Augen. Sie füllen sich mit einem Ausdruck der Angst.

32 INN. HAUS/FLUR - TAG
Gregor humpelt Richtung Badezimmertür.

33 INN. HAUS/BADEZIMMER - TAG
Gregor kniet vor der Badewanne und trinkt. Dabei verschluckt er sich, hustet und würgt. Er sieht schwach und krank aus.

34 INN. HAUS/KELLER - TAG
Auf allen Vieren kriecht Gregor über den Boden. Er fängt Asseln, die er hungrig in den Mund stopft.

35 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - TAG
Gregor, sehr schwach und gezeichnet von Krankheit, liegt in Fötus-Haltung im Bett. Die Socke seines linken Fußes ist schmutzig und blutdurchtränkt. Infektion/Blutvergiftung. Er will am Regler des Radios drehen, das auf dem Nachttisch steht, dabei fällt es zu Boden.

36 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - TAG (SPÄTER)
Gregor reglos im Bett, starrer Blick, die Pupillen geweitet. Offensichtlich tot. Ein RAUSCHEN - dann eine leise STIMME aus dem Lautsprecher des Radios:

RADIOSTIMME (V.O.)
An die Überlebenden! In Sektor
acht finden Sie Schutz und
Unterkunft. Dies hier ist eine
technische Versuchssendung der
Sendeanlage Phönix auf Frequenz
106, 5 Megaherz. Der Sender
befindet sich zurzeit im Aufbau.
Nähere Informationen wie Sie uns
finden, erfahren Sie in den
nächsten Tagen. An die
Überlebenden. In Sektor acht
finden Sie Schutz und Unterkunft.
Dies hier ist eine technische
Versuchssendung ...

FADE OUT.

ENDE
 
Du stehst auf happy ends, hm?
Das war sehr gut, besonders das der Charakter eine Katastrophe überlebt nur um später
an einer dummen Verletzung, entschuldigung für das Wort, verreckt.
Könnte im selben Szenario wie Maggie spielen (mit Schwarzenegger).
Beim Lesen hatte ich Bilder im Kopf wie im Kino, und sie waren nicht gerade angenehm.
Aber das zeigt das du es verstehst mit den Erwartungen des Lesers zu spielen und eine Grundstimmung etablieren kannst.
Und dies waren nur kleine Geschichten, was wenn du ein komplettes Drehbuch schreibst?
Jedenfalls bin ich schon sehr gespannt was du noch schreibst.
 
Danke für Deinen Kommentar. Bei einem Spielfilmdrehbuch benötigt man für die längere Story auch die entsprechende Substanz. Bisher habe ich erst zwei Spielfilmdrehbücher geschrieben. (...) Kurzfilme sind für Indie-Filmer attraktiv, auch in Zeiten von Youtube und Co., man denke an TV-Serien wie Twilight Zone, X-Factor oder die Shocking Shorts. Beizeiten werde ich hier noch das eine oder andere Drehbuch posten.

Das hier ist ein Kurzfilmdrehbuch zu einem Horror-/Mysteryfilm.

„Natur und Fotografie sind Georgs Leidenschaft. Während eines Ausflugs in die freie Natur kommt es zu einer unheimlichen Begegnung... „

"DAWN"

von
Michael V.

1 AUSS. AUSSENBEZIRK/EINSAMES WALDGEBIET - TAG
Sich gen Himmel streckende Bäume mit Vogelgezwitscher. GEORG, 28 (junger, moderner Naturschützer), richtet seine Spiegelreflex-Kamera aus und drückt auf den Auslöser. Er senkt die Kamera und sieht sich den Schnappschuss auf dem LCDMonitor an.

Nachdem er das Foto betrachtet hat, stapft er weiter.

2 EINE SERIE VON AUFNAHMEN
Georg fotografiert eine Kreuzpinne in ihrem Radnetz.

Georg fotografiert einen alten Baum.

Georg fotografiert Farnkraut.

3 AUSS. WALD/WALDWEG - TAG
Schritte knirschen im Unterholz. Georg tritt aus dem Dickicht. Er blickt ein wenig unsicher nach rechts und links. SIMON, 25, JOGGER, kommt ihm entgegen gelaufen.

GEORG
(deutet in eine Richtung)
Entschuldigung, hier entlang geht’s
doch zum Schlagbaum?

SIMON
Ja, einfach immer gerade aus.

GEORG
Danke.

SIMON
Nichts zu danken.

Simon joggt an Georg vorbei. Georg wirft ihm einen kurzen Blick hinterher.

4 AUSS. WALD/UNBEFESTIGTE STRASSE - TAG
Georg kommt den Waldweg hoch, passiert den Schlagbaum. Während er Richtung Auto geht, das am Straßenrand parkt, bimmelt sein HANDY.

GEORG
(zieht Handy hervor)
Ja, Georg hier! Sven? Du, ich
kann dich kaum verstehen. Was?
Hör’ zu, ich rufe dich gleich
zurück. Okay? Ja, bis gleich.

Georg drückt kopfschüttelnd auf die Auflegen-Taste und öffnet die Fahrertür.

Er steigt ins Auto und legt seine Kamera auf den Beifahrersitz.

5 INN./AUSS. AUTO - TAG
Georg dreht den Zündschlüssel um. Der Motor startet. Er fährt ab...

6 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - TAG
Irgendwo tief im Wald... Eine Bodensenke umgeben von einem flachen Erdwall mit Wurzelgeflechten und alten Fuchs- und Dachsbauen.

7 AUSS. AUSSENBEZIRK/LANDSTRASSE - TAG
Straßenrand. Wildblumen wiegen im Wind. Georg fährt mit seinem Auto an der KAMERA vorbei, steuert auf eine Ortschaft in der Ferne zu.

8 AUSS. STADTRAND/STRASSE - TAG
Ein selbstgemachtes, schon leicht verwittertes SUCH-PLAKAT (“Hund entlaufen”) in Klarsicht-Hülle mit Foto befestigt an einem Strommast / Baumstamm.

Hund entlaufen! Wer hat ihn gesehen? Am 15. Mai ist unser
Hund nicht mehr aus dem Wald zurückgekommen. Er ist sehr
zutraulich und verspielt. Wer ihn gesehen hat, bitte
unbedingt melden, wir vermissen ihn sehr. Familie Seifert
Tel.: 01719124649


Georg rauscht mit seinem Auto vorbei.

9 AUSS. STADT/TANKSTELLE - TAG
Rege Betriebsamkeit. Kunden betanken ihre Fahrzeuge. Zahlen rotieren in den Liter- und Betragsanzeigen. Georg steht vorm Eingang und spricht ins Handy.

GEORG
Hi, Sven, wie schaut’s aus?
Was gibt’s Schönes?
(Pause)
Ah, so. Keine Ahnung.
(Pause)
Ja, wird wohl daran gelegen haben.

Er geht durch die Eingangstür in den Verkaufsraum.

GEORG (O.S.)
Samstagabend? Von mir aus. Wird
bestimmt spaßig. Wollen wir
wetten?

10 INN. HAUS/FLUR - TAG
Die Haustür fällt ins Schloss. Georg geht Richtung Garderobe.

11 INN. HAUS/HOBBYRAUM - TAG
Stilvolle FOTOGRAFIEN an den Wänden. Die Spiegelreflex- Kamera liegt auf der Tischplatte eines Schreibtisches. Die SD-KARTE wird entnommen und in den Slot / Steckplatz eines PCs gesteckt. MAUSKLICKE. FOTOS erscheinen auf Computerdisplay.

Georg sitzt am Schreibtisch und betrachtet akribisch die Aufnahmen.

12 INN. HAUS/HOBBYRAUM - TAG
Chatfenster auf dem Computerdisplay.

NAH:

NICE PICTURE73: Wirklich gelungene Aufnahmen, Georg. Meinen Respekt.

Georg tippt.

GEORG85:Danke für die Blumen. Übrigens,ich hab das Nest eines Baumfalkenentdeckt. Muss mich aber mit den
Aufnahmen beeilen, bevor die Jungvögel flügge sind ;-)

NICE PICTURE73: Baumfalken? Du bist der Hobby-Ornithologe. Bin jedenfalls schon
sehr gespannt auf die Fotos :-)

Georg tippt.

GEORG85: Werde sie hier demnächst posten.

Bis dann.

Georg fährt mit dem Mauszeiger auf den X-Button. Klickt ihn an. Das Chatfenster verschwindet. Dann spaziert er zur Tür hinaus.

13 MONTAGE
Ein Nacht-Tag-Wechsel im ZEITRAFFER vom Waldgebiet, in dem Georg zuvor Aufnahmen gemacht hat.

14 INN. HAUS/KÜCHE - MORGEN
Georg verputzt den letzten Bissen seines Frühstücks. Eilig steht er auf, stellt seinen Teller und seine Tasse in die Spüle.

15 INN. HAUS/HOBBYRAUM - MORGEN
Georg packt Kameraequipment, ein Ersatz-Akku usw. in einen Rucksack. Er geht kurz aus dem Bild und legt dann ein Fernglas und die Spiegelreflex-Kamera zum Rucksack.

16 INN. HAUS/KÜCHE - MORGEN
Die Kühlschranktür geht auf. Georg greift hinein, zieht eine PET-Flasche Wasser heraus. Schnell schließt er die Kühlschranktür wieder. Es wird dunkel.

17 AUSS. STADT/RUHIGE WOHNSIEDLUNG - MORGEN
Einfamilienhäuser mit Gärten. Die Sonne strahlt zwischen Wolken hindurch.

18 AUSS. HAUS/EINFAHRT - MORGEN
Die Haustür fällt ins Schloss. Georg trägt den Rucksack, das Fernglas und die Spiegelreflex-Kamera zum Kofferraum seines Autos, und legt die Sachen hinein.

FRAU BÜSCHER, 60, kauzig, steht nahe der Grundstücksgrenze im Blumen-Beet und harkt. Sie schaut neugierig hinüber zu Georg und stellt ihre Arbeit ein. Mit den Händen stützt sie sich auf dem Stiel der Harke ab.

FRAU BÜSCHER
Ah, der Vogelkundler! Geht's
wieder los, Herr Wenning?

Georg fährt herum ...

GEORG
Morgen, Frau Büscher. Ja, ist mal
wieder so weit. Was macht der ...
Garten?

... und drückt die Kofferraum-Klappe zu. Frau Büscher fängt an laut loszuschnattern.

FRAU BÜSCHER
Hm, offen gestanden, mir wäre es
lieber, wenn es diese ganzen
schwarzen Vögel nicht gäbe, die in
meinen Blumenbeeten herumstochern
und mir die Blumenerde auf die
Terrasse scharren.

GEORG
Sie meinen sicherlich die Amseln
oder Schwarzdrosseln?

Georg bewegt sich langsam Richtung Fahrertür.

FRAU BÜSCHER
Ah so, Schwarzdrosseln nennen die
sich. Hat man wieder was dazu
gelernt, nicht? Aber wissen Sie,
da sind auch noch diese braunen
Vögel, gleich groß.

Georg will was sagen, Frau Büscher schnattert weiter.

GEORG
Das sind ...

FRAU BÜSCHER
Und dann gibt es noch diese in
derselben Größe, die aber eine
gesprenkelte Brust haben.

Georg öffnet die Fahrertür und lächelt Frau Büscher zu.

GEORG
Das sind die weiblichen Tiere. Und
die mit der gesprenkelten Brust,
nennen sich Singdrosseln.

FRAU BÜSCHER
Ah, Singdrosseln ...

GEORG
Eins können Sie mir ruhig glauben:
Diese Vögel sind nützlich, da sie
sich von Schnecken und Insekten
ernähren.

Georgs geschwätzige Nachbarin holt Luft und will weiterquasseln. Georg erwidert wie aus der Pistole geschossen:

GEORG
So, Frau Büscher, ich muss jetzt
aber los. Die Natur wartet.

FRAU BÜSCHER
(schaut zuversichtlich in
ihr Blumenbeet)
Da bin ich aber beruhigt.
(zu Georg)
Na dann, Herr Wenning. Und viel
Erfolg noch beim Beobachten.

GEORG
Danke. Tschau!

Georg setzt sich hinters Lenkrad und zieht die Tür zu. Frau Büscher dreht ihm den Rücken zu und harkt weiter.

19 INN./AUSS. AUTO - MORGEN
Georg rollt mit den Augen, während er den Rückwärtsgang einlegt und sein Auto die Einfahrt hinunter lenkt.

20 AUSS. AUSSENBEZIRK/LÄNDLICHE GEGEND - MORGEN
Wiesen, Felder und Wälder. Das Auto von Georg fährt durch die Parklandschaft.

RADIOSPRECHER (V.O.)
Das Wetter wird heute heiter.
Gelegentlich ziehen vereinzelte
Wolken auf, aber es bleibt
freundlich bei angenehmen
Temperaturen um die 18 Grad. Das
war die Wettervorhersage für
Mittwoch den ...

21 AUSS. WALD/UNBEFESTIGTE STRASSE - MORGEN
Georg kommt mit seinem Auto angefahren und fährt tiefer in den Wald hinein.

22 AUSS. WALD/WEG - MORGEN
Georg steht neben seinem Auto, das am Wegesrand parkt. Er schnallt sich den Rucksack auf den Rücken, das Fernglas und die Kamera hängt er sich um den Hals.

Wanderfertig stapft er in den Wald hinein.

23 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - MORGEN
Georg geht leichtes Schrittes den Weg entlang. Er biegt ab in einen Trampelpfad.

24 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - MORGEN
Der Trampelpfad schlängelt sich durch den Wald. STEFFI, 21, JOGGERIN, kommt Georg entgegen gelaufen. Georg lächelt sie an. Steffi erwidert es und joggt vorbei. Georg schaut ihr hinterher, dabei verlässt er den Trampelpfad und geht querfeldein weiter.

25 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - MORGEN
Ein Knacken im Unterholz. Georg streift durchs Terrain und schaut sich suchend um.

26 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - MORGEN
Summende Fliegen an einem TIERKADAVER. In der Ferne stapft Georg durchs Gelände, ohne ihn zu bemerken.

27 AUSS. WALD/WALDLICHTUNG - MORGEN
RUHE. Einfallendes SONNENLICHT. Georg kommt angepirscht. Er schaut umher und geht weiter.

28 AUSS. WALD/FICHTENWALD - MORGEN
Hohe Fichten, die in den Himmel ragen. KIKIKI - der RUF eines FALKEN. Georgs Aufmerksamkeit wird geweckt. Er blickt durchs Fernglas.

GEORG
(euphorisch)
Da seid Ihr ja. Jetzt muss ich nur
noch ...

Georg nimmt das Fernglas von den Augen und sieht sich nacheinander verschiedene Bäume an. Er scheint ihre Distanz und ihre Position genau abzuwägen.

29 AUSS. WALD/FICHTENWALD - TAG
Eine große Fichte. Georg tritt heran und schaut hinauf. Das Fernglas und den Rucksack legt er auf den Waldboden. Den rechten Arm steckt er durch den Tragegurt der Kamera, so dass diese seitlich am Körper hängt.

30 AUSS. WALD/FICHTENWALD - TAG
Der Stamm der Fichte. RASCHELN. Tannennadeln rieseln. Georg kraxelt die Äste hoch. Er hält kurz inne und schaut hinüber zu einem anderen Baum. Dann klettert er weiter.

31 SCHWARZES BILD
ÄSTE KNACKEN. Ein SCHREI. Ein dumpfer AUFPRALL.

32 AUSS. WALD/FICHTENWALD - TAG
Am Fuße der Fichte. Georg liegt auf dem Rücken, wie ein Käfer, alle Viere von sich gestreckt. Er hat sich schwer verletzt, gebrochenes Becken, Oberschenkelhalsbruch.

33 GEORGS POINT OF VIEW
Erst sieht er Sterne, dann wird ihm schwarz vor Augen.

FRAU BÜSCHER (V.O.)
Ah, der Vogelkundler. Ah, der
Vogelkundler.

FRAU BÜSCHER (V.O.)
Hat man wieder was dazu gelernt.

FRAU BÜSCHER (V.O.)
Und viel Erfolg noch beim
Beobachten.

34 AUSS. WALD/FICHTENWALD - TAG
Das Tageslicht ist schwächer geworden. Widerwillig öffnet Georg seine Augen. Er blinzelt und verzieht schmerzvoll das Gesicht.

GEORG
Ahhhr! Hilf ...
Hil ... Hilf ...

Als er versucht, sich aufzurichten, fällt er schmerzvoll wieder zurück. Schließlich wird er bewusstlos.

35 AUSS. AUSSENBEZIRK/HORIZONT - ABEND
Rötlicher Abendhimmel. Die Sonne versinkt hinter den Baumwipfeln. Tiefe Ruhe.

36 AUSS. WALD/WEG - ABEND
Am Wegesrand. Sonnenstrahlen spiegeln sich in der Windschutzscheibe von Georgs Auto.

37 AUSS. WALD/WALDLICHTUNG - ABEND
Lange Schatten kriechen über die einsame Waldlichtung.

38 AUSS. WALD/FICHTENWALD - ABEND
Schwache HILFERUFE. Georg legt resigniert seinen Kopf zurück. Er fischt sein Handy aus der Hosentasche und drückt die Ruftaste. KEIN NETZ.

GEORG
Sch-scheiße! Sch-scheiß E-Plus!

Georg steckt das Handy wieder weg und schaut sich verzweifelt um. Neben ihm liegt das Objektiv der Kamera.

Als er es an die Spiegelreflex-Kamera montiert hat, wälzt er sich auf den Bauch.

Mühsam robbt Georg auf den Unterarmen Richtung Fichte, wo der Rucksack und das Fernglas liegen.

39 AUSS. WALD/FICHTENWALD - ABEND
Ächzend dreht Georg sich auf den Rücken. Mit den Unterarmen und Händen schiebt er sich zurück an den Stamm der Fichte.

40 AUSS. WALD/FICHTENWALD - NACHT
Lagerfeuer-Atmosphäre. Georg lehnt am Fichtenstamm und blickt auf das leuchtende Handydisplay. Kein Netz!

Akkuanzeige: 30 Prozent!

GEORG
M-mist!

Plötzlich verstummt das ZIRPEN der Waldgrillen und es wird unnatürlich still. Georg schaut auf und horcht. Ein leiser KLICK-KLICK-LAUT, ähnlich einer Fledermaus, durchbricht die Stille.

Vor ihm in der Ferne leuchtet auf einmal ein AUGENPAAR auf.

GEORG
Was ... H-hallo?
Ahhr! Hallo!

Das Augenpaar verschwindet.

Georg blickt in die Dunkelheit. Das Augenpaar leuchtet erneut auf, diesmal aber viel näher.

ZWEIGE knacken - irgendetwas nähert sich.

Georg richtet das Handydisplay nach vorne, leuchtet.

GEORG
H-hallo, ist da jemand?
Hallo!

Nichts zu sehen im schwachen Lichtschein. Niemand antwortet.

Georg erblickt neben sich seine Kamera; er nimmt sie in die Hand, als vor ihm abermals das Augenpaar aufleuchtet. Der KLICK-KLICK-LAUT wird immer lauter. Georg hält die Kamera in Richtung Augenpaar und drückt den Auslöser. Dass Blitzlicht erhellt vor ihm eine schemenhafte KREATUR, die sofort hinter
einem Baumstamm in Deckung geht und dabei faucht und knurrt.

Georg schreckt panisch zurück.

GEORG
Woha!!!

41 AUSS. WALD/FICHTENWALD - NACHT
Mit angstgeweiteten Augen sieht Georg sich die unscharfe Aufnahme auf dem LCD-Monitor der Kamera an.

GEORG
Was zum Teufel war ...

Irgendwas stimmt mit der Kamera nicht. Georg leuchtet mit dem Handydisplay, schaut sie sich genauer an. Sie scheint beim Fall einen Defekt abbekommen zu haben.

GEORG
Na klasse!

Plötzlich Zweige knacken und in kurzer Entfernung das leuchtende Augenpaar. Georg drückt den Auslöser - Blitzlicht, gefolgt von einem Fauchen und Knurren. Georg zählt zwei und zwei zusammen. Immer wieder drückt er auf den Auslöser der Kamera. Das Fauchen und Knurren entfernt sich zunehmend, bis es nicht mehr zu hören ist.

Weit in der Ferne leuchtet noch einmal das Augenpaar auf. Ruhe kehrt ein. Die Waldgrillen fangen wieder an zu zirpen.

Georg atmet erleichtert auf. Er sieht auf den LCD-Monitor der Kamera: LOW BATTERY!

42 AUSS. WALD/FICHTENWALD - NACHT
Georgs Hände zittern, als er das Ersatz-Akku ins Fach der Kamera fummelt. Wie ein Soldat auf seinem Posten, die Kamera griffbereit, blickt Georg in die Dunkelheit des Waldes.

43 AUSS. WALD/FICHTENWALD - NACHT
Müde klimpert Georg mit den Augenlidern, bis sie ihm zufallen und er einschläft.

44 AUSS. WALD/FICHTENWALD - NACHT
Zweige knacken und leises Fauchen und Knurren ganz nah. Georg schreckt auf und drückt intuitiv den Auslöser seiner Kamera - BLITZLICHTER durchzucken die Dunkelheit des Waldes. Vor ihm, einem STROBOSKOP-EFFEKT gleich, eine kleine, menschenartige GESTALT mit FRATZE, die sich aufbäumt. Große,
aggressive AUGEN. Fletschende ZÄHNE. Lautes Fauchen und Knurren.

45 AUSS. WALD/FICHTENWALD - NACHT
Augen und Mund weit aufgerissen. Georg drückt sich verängstigt an den Stamm der Fichte; die Kamera wie eine Waffe vor sich haltend. Ein letztes Blitzlicht leuchtet auf.

Das Fauchen und Knurren entschwindet in der Tiefe des Waldes und verstummt schließlich.

Georg scheint ein Stein vom Herzen zu fallen. Erleichtert wischt er sich mit dem Ärmel den Schweiß aus dem Gesicht.

46 AUSS. WALD/FICHTENWALD - NACHT
In Abfolge erscheinen verschwommene Bilder auf dem LCDMonitor der Kamera. Nichts Genaues ist darauf zu erkennen. Beunruhigt schaut Georg sich die Aufnahmen an.

GEORG
Was war das nur. Seltsam.

47 AUSS. WALD/FICHTENWALD - NACHT
Hellwach und die Kamera wie eine Waffe im Anschlag, blickt Georg in die Nacht hinaus. Mit der Linken tastet er seine Hüfte / seinen Oberschenkel ab. Zischend beißt Georg seineZähne zusammen.

48 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - MORGEN
Die Sonne taucht am Horizont zwischen den Baumwipfeln auf.

49 AUSS. WALD/FICHTENWALD - MORGEN
Lichtstrahlen fallen durch die Baumwipfel auf das Gesicht von Georg. Er erwacht und reibt sich den Schlaf aus den Augen.

Alles um ihn herum ist ruhig und friedlich.

50 AUSS. WALD/FICHTENWALD - MORGEN
Mit dem Rucksack auf dem Rücken geschnallt robbt Georg im Schildkröten-Tempo über den Waldboden.

51 AUSS. WALD/FICHTENWALD - TAG
Georg legt den Kopf in den Nacken und trinkt hektisch ein paar Schlucke. Hektisch stopft er die Wasserflasche zurück in den Rucksack und robbt weiter.

52 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - TAG
Die Bodensenke. Georg robbt und hält erschöpft inne. Er sieht sich um: Ein flacher Erdwall mit Fuchs- oder Dachsbauen umgibt ihn. Georg zieht sein Handy aus der Tasche. Kein Netz! Akkuanzeige: 15 PROZENT!

Georg robbt weiter, als plötzlich vor ihm ein Teil eines alten, zerfledderten PORTEMONAIES aus dem Waldboden ragt. Neugierig legt er es frei. D-MARK-NOTEN und -MÜNZEN und ein alter AUSWEIS darin.

Verwundert blickt Georg auf den vergilbten Ausweis.

GEORG
Andreas Olbers. Andreas Olbers.

Georg steckt das Portmonaie in seine Hosentasche. Einige robbende Bewegungen weiter liegt ein zerlumptes Kleidungsstück. Als Georg daran zieht, kommen plötzlich menschliche Zähne zum Vorschein. Entsetzt schiebt er sie von sich. Eine böse Ahnung scheint ihn zu beschleichen. Der Ort hier wirkt wie der Zugang zu einem Raubtierbau.

53 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - TAG
Georg ist im Begriff los zu robben, als er in einem Fuchsbau eine Bewegung bemerkt. Das AUGENPAAR leuchtet plötzlich in der Tiefe des Baus auf und fixiert ihn. Georg ist wie gelähmt.

54 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - TAG
Georg erwacht aus einer Art Schockstarre und greift panikartig zur Kamera. Das Augenpaar im Fuchsbau verschwindet.

So schnell er kann, krabbelt Georg von der Bodensenke weg.

55 ZEITRAFFER-AUFNAHME
Die Sonne zieht über den Himmel.

56 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - TAG
Geräuschvolles Trinken. Georg saugt den letzten Tropfen Wasser aus der PET-Flasche. Schweißperlen stehen ihm auf der Stirn. Vorbildlich steckt er die leere Flasche zurück in den Rucksack.

57 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - TAG
Georg windet sich über einen dünnen Baumstamm, als er plötzlich schmerzvoll aufstöhnt.

GEORG
Oh, mein Gott, dieser
... Schmerz.

Er fällt zur Seite und erleidet einen Schock. Tränen schießen ihm in die Augen und er zittert.

58 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - ABEND
Der Warnton des Handys weckt Georg auf. Er zieht es hervor: Kein Netz! Low Battery!

GEORG
Nein, auch das noch.
(sieht sich um)
Wo...

Er krabbelt weiter.

59 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - ABEND
In der Ferne erblickt Georg eine Waldlichtung. Der Warnton des Handys verrät, dass der Akku in Kürze seine Arbeit einstellt. Georg schöpft Hoffnung und krabbelt schneller.

60 AUSS. WALD/WALDLICHTUNG - ABEND
Georg zieht sein Handy hervor. Empfang!

GEORG
Ja, ja, ja, ja, ja.

Er wählt den NOTRUF.

GEORG
Ja, hallo, hier ist Georg Wenning.
Was? Können Sie das wiederholen?
Hallo? Hallo, hören Sie mich?
Hallo!
(blickt kurz aufs
Handydisplay)
Hören Sie, hier ist irgendetwas.
Eine nachtaktive Kreatur, ein Tier,
keine Ahnung was. Es hat mich
angegriffen. Hallo?! Hallo!

Das Handy-Display erlischt.

GEORG
Nein! Nein! Nein! Nein!

Georg vergräbt seinen Kopf in den Armen.

GEORG
Verdammt! Hier ist etwas.

61 AUSS. AUSSENBETIRK/HORIZONT - ABEND
Die Sonnen versinkt hinter den Baumwipfeln.

62 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - NACHT
Dunkelheit umgibt Georg während er hektisch über den Waldboden robbt. Die Klick-Klick-Laute der Kreatur hinter ihm. Sie kommen näher. Georg stoppt schließlich erschöpft und zieht die Kamera aus dem Rucksack.

GEORG
Komm’ nur! Zeig’ Dich!
Na los!

Georg hält den Atem an und lauscht. Die Klick-Klick-Laute verstummen.

In dem Glauben, die Kreatur habe von ihm abgelassen, dreht Georg sich nach vorne um - und befindet sich plötzlich Auge in Auge mit der Kreatur.

63 SCHWARZES BILD
Die fürchterlichen Todesschreie von Georg.

64 AUSS. WALD/WEGESRAND - TAG
Zwei POLIZISTEN kontrollieren Georgs Auto. POLIZIST#1 überprüft das Kennzeichen, POLIZIST#2 schaut durch die
Fensterscheiben.

ZENTRALE (V.O.)
Hier Zentrale!

POLIZIST#1
(ins Funkgerät)
Wir sind vor Ort. Ich bestätige,
es handelt sich um das gesuchte
Fahrzeug. Keine Spur vom
Fahrzeughalter. Wir sehen uns hier
mal um. Matthias Ende.

ZENTRALE (V.O.)
Verstanden.

POLIZIST#2
(wirft Blick ins
Fahrzeuginnere)
Vorschriftsmäßig abgeschlossen.
Nichts Verdächtiges zu sehen.

POLIZIST#1
Vielleicht waren da ja Drogen mit
im Spiel.

POLIZIST#2
Ja, gut möglich.

POLIZIST#1
Benachrichtigen wir zuerst einmal
den Abschleppdienst.

POLIZIST#2
Wird wohl das Beste sein.

65 AUSS. WALD/WALDSTÜCK - TAG
Die Bodensenke tief im Wald... Georgs BEINE ragen aus einem Fuchsbau hervor. Sie zappeln wild hin und her - bis sie schließlich mit einem Ruck darin verschwinden. Fauchen und Knurren dringt aus der Tiefe.

66 ABSPANN-SZENE
Im Hobbyraum von Georg. ZOOM auf ein FOTO an einer Pinnwand. Waldmotiv. Kleiner, unwichtiger Bildausschnitt unten in der Aufnahme. Ein Unwissender würde die zwei schemenhaften Punkte in einem Fuchs- / Dachsbau nicht als das AUGENPAAR der Kreatur erkennen. Wir schon.

FADE OUT.

ENDE
 
Wirklich gut. Diesmal hast du den fehlenden Empfang und die geringe Akkuleistung berücksichtigt. Aber mit der Antiwerbung in Szene 38 könntest du Probleme bekommen.
Spaß beseite: du hast recht, ein langer Film ist ungleich mehr Arbeit. Das Publikum so lange zu fesseln ist schwer, die Story muss Interesant genug und die Charaktere so geschaffen sein um den Zuschauer mitfiebern zu lassen.
Auch dieses mal hast du das geschafft.
Und wieder ein nicht unbedingt gutes Ende, aber ein passendes.:thumbsup:
 
Prima geschrieben. Natürlich gab es schon eine Reihe ähnlicher Geschichten, aber trotzdem finde ich die Schlichtheit und Geradlinigkeit, mit der Du Deine Geschichten erzählst, sehr gut. Was mir persönlich fehlt ist eine kurze Vertiefung des Charakters. Mit wem haben wir es hier zu tun? Wie kam er in die Situation? Ganz kurz streust Du etwas Vergangenheit ein, was dem Charakter ein wenig Tiefe gibt. Ich fände eine weitere Charakterisierung, trotz des Formats "Kurzfilm", wünschenswert. Je sympathischer ein Charakter ist, desto mehr Emotion wird der tragische Schluss auslösen können.
Ich sehe da eine grosse Möglichkeit, über die Wohnung (wir haben es ja mit einer Art Kammerspiel zu tun), Requisiten und das Kostümbild sehr viel über den Charakter zu erzählen. Hier sollte bei einer Realisierung sehr sorgfältig ausgesucht werden, was gezeigt wird. Die Endzeitstimmung wird natürlich auch über Lichtstimmungen erzeugt.

Die Realisierung halte ich auch gerade aufgrund des Kammerspiel-Charakters für sehr, sehr gut möglich. Ich denke, dass ein Freitags beginnendes Wochenende mit Freunden reichen sollte, um den Film umzusetzen. Durch geschickte Wahl der Bildausschnitte kann jede Wohnung als Drehort herhalten und mit geringen Mitteln gestaltet werden. Hier würde sich als preiswerte Alternative zu einer aufwändigen Umarbeitung eines eventuell farblich nicht ganz passenden Drehorts anbieten, das Material entweder stark einzufärben, zu entsättigen oder aber einfach in S/W zu drehen. Das würde auch helfen, eventuelle Schwächen des Aufnahmegeräts auszugleichen. Hier würde nämlich schon ein Handy reichen. In ein Stativ geschraubt und ohne viele Kamerabewegungen reicht die heutzutage erlangbare Qualität vollkommen aus.
Vielleicht findest Du auch jemanden hier, der Deine Geschichte storyboarded. Man könnte daraus einen vertonten Motion-Comic machen. Ich würde es sogar selber machen, aber ich habe keinerlei Zeit dafür :((( Abgesehen davon, dass ich vielleicht auch garnicht gut genug dafür wäre :p

Viel Glück mit dem Projekt, ich bin auf die Umsetzungen gespannt!

Edit: Hah, da hat sich mein Post mit Deiner letzten Geschichte irgendwie überschnitten.

Bei dieser Geschichte würde ich den ersten Akt stark kürzen und einfach Bilder 10 bis 24 rausschmeissen. Das, was mir persönlich bei der zweiten Geschichte zu wenig ist, ist mir hier an Information zu viel.
Was mir persönlich heutzutage bei vielen Filmen, speziell deutschen Kriminalgeschichten, zuviel ist, ist die explizite Darstellung von Gewalt. Das elliptische Erzählen von Geschehnissen, das Auslassen und somit Raumlassen für die Fantasie des Zuschauers, kommt mir oft zu kurz. Hier wäre es das Bild mit den zappelnden Beinen. Den Tod darzustellen auf Tonebene reicht meiner Meinung nach vollkommen aus, warum mehr zeigen? Abgesehen vom Aufwand, das mit den Beinen glaubwürdig hinzubekommen ;) Wir haben mal in einem Wald ein Entführungsopfer in einer Kiste verbuddelt inszenieren müssen, das war eigentlich unverhältnismässig viel Aufwand für das, was dann gezeigt wurde.

Und nur am Rande etwas technisches zum Schreiben, ein Charakter, der nur einmal kurz durch´s Bild läuft, muss meiner Meinung nach nicht unbedingt namentlich erwähnt werden, da würde auch Jogger oder Joggerin reichen. Ich persönlich erwarte bei mehr Information zu einer Figur auch mehr Raum in einer Geschichte, also dass ich der Figur eventuell noch einmal begegne, aber das passiert ja nicht. Du hattest die Nachbarin auch den Nachnamen vom Protagonisten nennen lassen, hier wäre IMO am Anfang schon gut gewesen, seinen vollen Namen vorne auszuschreiben.

Alles in allem frage ich mich, was machst Du sonst so im Leben, die Qualität der Geschichten, sowohl inhaltliche Stilsicherheit als auch figürliche Sprache, finde ich schon gut. Ich bin nun auf Deine Drehbücher oder Auszüge daraus gespannt ;)

Die drei hier präsentierten Gescichten sind sich tonal ja nun sehr ähnlich. Warum bringst Du sie nicht in "ein Universum" und machst so etwas wie eine Trilogie daraus? Endzeit in verschiedenen Teilen dieses Universums? Das ist zwar momentan ziemlich en vogue, aber könnte der Grundstock für ein erzählerisches Gesamtwerk sein? Klar, Outer Limits oder Twilight Zone kennen wir doch alle, und ich rate dazu, die ganz alten Folgen anzusehen, aber warum nicht einfach in die Neuzeit holen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich danke Euch.

Ja, genau, das mit der Charakterisierung ist nicht optimal. Da stimme ich voll und ganz zu. Das könnte man noch verbessern. Wie schon gesagt: Ich bin Amateur, halt Autodidakt. Ich bin auch kein routinierter Schreiber. Ich mache mir hin und wieder Notizen, lange bevor ich mich ans eigentlichen Drehbuch setze.

Die Idee zu "Dawn" habe ich aus der Zeitung. Bei uns in der Umgebung wurde mal ein Mann erwischt, der mit seltenen Vogelarten gehandelt hat. In entlegenen Gebieten hat er Nester geplündert usw. Ich hab mir gedacht, wenn so jemand beim Plündern von Nestern aus 'nem Baum fällt. Alleine und verletzt... Aus dem Wilderer habe ich einfach einen Tierschützer und Fotografen gemacht.

Was ich so mach'? Ich habe ein gewöhnlichen Handwerksberuf erlernt, bin halt Filmfan. Star Wars-Fan natürlich auch.

Das mit dem Nachnahmen der kauzigen Dame ist mir echt entgangen. Stimmt natürlich!

Meiner Meinung nach ist der Anfang so richtig. Das Gespräch mit der Nachbarin soll seine Ahnung von Natur verdeutlichen.

Zur vorletzten Szene: Er ist ja schon tot. Die Beine schauen ja nur obligatorisch aus dem Bau hervor. Beim Reinziehen hat sich nur was verkeilt, daher das Zappeln.
 
...
Meiner Meinung nach ist der Anfang so richtig. Das Gespräch mit der Nachbarin soll seine Ahnung von Natur verdeutlichen.

Braucht es das wirklich für die Geschichte? Sowohl die Sequenz online als auch das Gespräch mit der Dame sind zwar informativ in Bezug auf den Charakter, aber diese Information ist für den Kurzfilm vielleicht etwas zuviel, alleine von der Dauer her. Dass er Ahnung von Natur hat, ist eigentlich für die Geschichte nicht wirklich von Relevanz. Es reicht zu zeigen, dass er interessiert ist, auch hier geht das besser über Bildinformation/die Bildebene. Das machst Du ansatzweise schon ganz gut, indem Du seine Wohnung beschreibst. Vertiefe das über noch mehr Bildinformation. Exposition ist hier der Begriff, und die wichtige Filmregel dazu ist "Show, don´t tell.".

Dass er semi-professionell fotografiert oder ein grosses Interesse an Natur hat, ist aber eigentlich für den weiteren Hergang der Geschichte nicht wichtig. Man sollte sich als Autor fragen, was die Information für die Geschichte selber bedeutet. In beiden Fällen bremst meiner Meinung nach die jeweilige Sequenz den Erzählfluss.

Oder Du stellst die Sequenzen an den Anfang, sodass Du eine andere Dramaturgie erhältst. Es ist ja jetzt "Wald - Tankstelle - Haus/div. Räume - Wald - Hobbykeller". Damit setzt Du meiner Meinung nach einen dem Zuschauer zumindest in einem Kurzfilm nicht nachvollziehbaren Break in der Struktur. Der Wald steht ja auch für etwas anderes, etwas bedrohlich dunkles. In den meisten Hillbilly-Horrorfilmen ist die dramaturgisch vollzogene Route ja Zivilisation - Wildnis - Rückkehr in Zivilisation (wenn diese denn stattfindet). Du könntest ihn Bilder am Computer bearbeiten und online stellen lassen, damit hättest Du zum Beispiel schon sein Interesse an Fotografie untergebracht. Hier könntest Du auch das Bild mit dem Augenpaar einsetzen und sein Chat-Gegenüber einbeziehen, eine kurze Unterhaltung über einen "Bildfehler" zum Beispiel. Die Einbringung solcher Information in der Geschichte würde man "Planting" nennen, man wirft dem Zuschauer etwas hin, das eventuell für die Geschichte relevant ist, wenn er denn aufmerksam zuschaut. Und wenn es dann in der Geschichte dann zum Tragen kommt, erhältst Du das sogenannte "Payoff". Es gibt nichts schlimmeres, als "wundersame" Ereignisse in einer Story, die sich "aus dem Nichts materialisieren" (zum Beispiel der "Deus ex machina" zur Rettung des Helden).

Zur vorletzten Szene: Er ist ja schon tot. Die Beine schauen ja nur obligatorisch aus dem Bau hervor. Beim Reinziehen hat sich nur was verkeilt, daher das Zappeln.

Und genau darum finde ich persönlich, dass die Szene entbehrlich ist. Wir wissen, dass der Fotograf tot ist. Das "als Beute in den Bau ziehen" ist darum meiner Meinung nach überflüssig, weil es der Geschichte nichts mehr hinzufügt, ausser dass es sich um ein Raubtier handelt. Er hatte ja selber eine alte Brieftasche gefunden. Das könnte aufgegriffen und gespiegelt werden, so könntest Du Wanderer zeigen, die eine alte Brieftasche finden, aber diesmal ist es seine Brieftasche. Und sehr klassisch dann im Hintergrund im Bild das schon bekannte Augenpaar, bevor es ins Schwarz geht.

Es gibt natürlich sehr viele verschiedene Möglichkeiten der Auflösung, und fast jede ist schon irgendwo erzählt worden, aber es sind die Variationen, die Geschichten interessant machen, und die haben wir hier ja schon ;)
 
Danke für die Anregungen, Tipps und Kommentare.

Teasertext:

"Eine abhanden gekommene Tasche voll mit Geld ...
Zwei skrupellose Bankräuber, die ihrer Spur folgen und alles daran setzen, wieder in ihren Besitz zu gelangen ...
Ein unscheinbarer Mann, der nicht der ist, den er vorgibt zu sein..."

"TREIBGUT"

von
Michael V.


1 AUSS. AUSSENBEZIRK - FRÜHER MORGEN
Neblige Wiese mit Flusslauf. Gänserufe und Entengeschnatter kann man hören. Wir schneiden zwischen der ersten und der zweiten Szene hin und her.

2 MONTAGE EINER ANGEL
Ein Paar HÄNDE, das eine Angelrute mit Pose, Wirbel, Blei und Haken bestückt. Im Hintergrund ist eine Radiodurchsage zu hören.

RADIOSPRECHER (V.O.)
Ein Banküberfall hält die Polizei
in Atem. Es wird mit Hochdruck
nach drei flüchtigen Männern
gefahndet, die gestern Nachmittag
die örtliche Sparkasse von
Wenningfeld überfallen haben und
dabei einen sechsstelligen Betrag
erbeuteten. Die Täter gingen
äußerst brutal vor und konnten
unerkannt entkommen. Es fehlt aber
nach wie vor von ihnen jede Spur.
Falls es Neuigkeiten zu diesem Fall
gibt, werden wir Sie umgehend
darüber informieren ...

3 AUSS. AUSSENBEZIRK/FLUSS - FRÜHER MORGEN
Idylle. Ein gemächlich dahinfließender Fluss, der gesäumt wird von Wäldern und Wiesen. In einer Flussbiegung an einer Gumpe: SIGGI, vierzig Jahre alt, schmuddeliges Äußeres, unscheinbar, mit einer betagten Angelrute in der Hand. Neben sich: eine Astgabel, die im Boden steckt und einer Grundangel als Angelrutenhalter dient. Siggi zieht einen Köder auf und wirft seine Angel aus, als plötzlich eine Sporttasche angetrieben kommt. Sie wird von einem halb im Fluss liegenden Baum daran gehindert, weiterzutreiben. Siggi führt die Angelschnur über die Tasche und schlägt an. Die Tasche hängt am Haken und Siggi dreht die Kurbel der Angelrolle.

4 AUSS. AUSSENBEZIRK/FLUSS - FRÜHER MORGEN
Siggi trägt die Tasche ans Ufer und entfernt den Angelhaken. Neugierig öffnet er den Reißverschluss und sieht hinein. Der Inhalt ruft bei ihm unglaubliches Staunen hervor. Siggi schließt die Tasche, rafft seine Angelausrüstung zusammen und macht sich davon. Zurück bleibt der primitive Angelständer.

5 AUSS. AUSSENBEZIRK/FLUSS - MORGEN
ALEX, Mitte dreißig, Bankräuber #1, geht die Uferböschung am Fluss entlang. Er kommt zu der Flussbiegung mit dem umgestürzten Baum und der Gumpe. Interessiert sieht er sich um, holt ein Handy hervor und wählt eine Nummer.

ALEX
Schwing Deinen Arsch hierher. Nein,
nicht gleich, sofort!
(sieht sich um)
Was weiß ich denn, irgendwo
flussabwärts. Du hast doch Augen
im Kopf, oder?

Alex legt auf und steckt das Handy in seine Hosentasche.

6 AUSS. STADT/STRASSE - MORGEN
Siggi kommt mit einem klapprigen Fahrrad angeradelt. Auf dem Gepäckträger: die Tasche. Er biegt ab, fährt die Einfahrt eines Grundstücks hoch, auf dem ein kleines, älteres Einfamilienhaus steht.

7 INN. HAUS/KÜCHE - MORGEN
Die Tasche mit dem Geld steht mitten auf dem Küchentisch. Siggi sitzt davor und betrachtet sie mit einem glücklichen Lächeln.

8 AUSS. AUSSENBEZIRK/FLUSS - MORGEN
UWE, Ende dreißig, Bankräuber #2, kommt angelaufen und hält an. Er versucht wieder zu Atem zu kommen und gesellt sich zu Alex.

UWE
Was, was gibt es denn? Hast Du sie
gefunden? Sag’ schon? Wo, wo ist
sie ...

Alex sieht sich den umgestürzten Baum und die Spuren am Ufer an.

ALEX
Nein, nur eine Spur. Siehst du den
umgekippten Baum hier?

UWE
Ja. Und was ist damit?!

ALEX
Sieh’ genau hin. Er ist wie ein
Rechen im Fluss, der alles
auffängt. Und, siehst Du die
Schuhabdrücke da unten im Sand?

UWE
Ja, Du hast recht. Die sind noch
ganz frisch. Als ob hier jemand
was aus dem Fluss geholt hätte.

ALEX
So ist es. Ich verwette meinen
Arsch darauf, dass genau hier, auf
diesem Wege, unsere Kohle den Fluss
verlassen hat.

Alex’ Blick fällt auf den Ast mit der Astgabel. Er zieht ihn aus der Erde, betrachtet ihn und sieht sich in der Gegend um. Er wirft den Ast in den Fluss, der von der Strömung in den umgestürzten Baum getrieben wird und dort hängen bleibt.

9 AUSS. AUSSENBEZIRK/FLUSS - FRÜHER MORGEN
Siggi, stolz wie Oscar, steht am Flussufer bei der Gumpe mit niegelnagelneuer Angelausrüstung und -montur und angelt. Er fixiert verträumt die Pose, die friedlich auf der Wasseroberfläche treibt. Plötzlich lässt ihn eine Stimme hinter ihm aufschrecken. Auf der Uferböschung stehen Alex und Uwe.

ALEX
Schon was gefangen?

Siggi fährt erschrocken herum.

SIGGI
Huch, meine Güte, haben Sie mich
jetzt aber erschreckt ... Äh,
Entschuldigung, was meinten Sie?

ALEX
Ob Sie schon was gefangen haben?

SIGGI
Nein, leider noch nicht. Sie
beißen heute nicht besonders,
wissen Sie.

ALEX
Ja, das soll vorkommen ... Worauf
angeln Sie denn, wenn man fragen
darf?

SIGGI
Auf Rotfedern und Flussbarsche.
Hier im Fluss gibt es aber auch
Forellen.

ALEX
Forellen? Was Sie nicht sagen ...

Uwe sieht sich um.

UWE
Ein schönes Fleckchen Erde hier.
Hier kann man’s aushalten.

SIGGI
Ja, das ist es. Ich komm’ oft zum
Angeln hier her.

Alex und Uwe spitzen die Ohren, werden hellhörig.

ALEX
Ach wirklich? Am Fluss allgemein,
oder hier an dieser Stelle?

SIGGI
(zögerlich)
Hier an dieser ... Stelle.

UWE
Ah, gut zu wissen.

SIGGI
Wieso?

ALEX
Ach, nur aus reiner Neugier. Kein
Grund zur Beunruhigung.

Alex und Uwe kommen näher und sehen sich neugierig die Ausrüstung von Siggi an.

SIGGI
Ähm, kann ich Ihnen vielleicht
helfen, oder sonst irgendwie
behilflich sein?

ALEX
Uns helfen? Nein, um Gottes
willen, wir sehen uns hier nur um,
mehr nicht.

10 INN. AUTO - NACHT - RÜCKBLENDE
Eine einsame Straße in einem Außenbezirk. Alex, hinterm Lenkrad und Uwe, auf dem Beifahrersitz, sprechen leise miteinander. STEFAN, Mitte dreißig, Bankräuber #3, auf dem Rücksitz, nimmt einen Schluck aus einem FLACHMANN, beäugt sie misstrauisch mit glasigen Augen, halluziniert.

ALEX
Hä, was hältst Du davon?

UWE
Keine schlechte Idee.

ALEX
Find’ ich auch.

Stefan blickt grimmig und benebelt durchs Seitenfenster. Alex schaut in den Rückspiegel.

ALEX
Alles klar, da hinten?

STEFAN
Sicher. Alles bestens.

ALEX
Dann ist’s ja gut. Ich dachte
schon, Du wärst irgendwie
angepisst.

STEFAN
Wie kommst Du denn darauf? Gibt’s
denn einen Grund dafür?

ALEX
Nein, hatte nur so den Eindruck.

Uwe wirft Alex einen ernsten Blick zu. Alex erwidert ihn. Stefan nippt von seinem Flachmann. Er blickt durch die Windschutzscheibe und sieht in der Ferne die Geländer einer kleinen Brücke.

STEFAN
(würgt)
Halt mal eben an, ich glaub’, ich
muss kotzen.

ALEX
Was gleich hier?!

STEFAN
Wo denn sonst?! Meinste in zwanzig
Kilometern?

ALEX
Schon gut. Schon gut. Keinen
Grund, hier den Lauten zu machen.
Klar?

STEFAN
(hustet, würgt)
Na los, halt endlich an. Oder soll
ich Dir in den Nacken kotzen?

Alex dreht sich alamiert nach hinten um, dann wieder nach vorne.

ALEX
Scheiße, Mann, ich halt’ ja schon
an. Ich halt schon. Versuch’s
einfach, noch drin zu halten.
Kapiert?

Alex fährt rechts ran. Stefan macht ein ernstes Gesicht, schielt neben sich auf eine SPORTTASCHE im Fußraum herab, die unter dem Beifahrersitz hervorschaut.

11 AUSS. AUSSENBEZIRK/KLEINE BRÜCKE - NACHT - RÜCKBLENDE
Stefan steht am Brückengeländer und hält drohend die Sporttasche darüber. Alex und Uwe stehen einige Schritte entfernt von ihm neben ihrem Auto, das am Straßenrand neben der Brücke steht.

ALEX
Hey, was, was soll die Scheiße denn
jetzt?! Ich dachte, Du müsstest
reihern?

STEFAN
(lacht)
Reingelegt! Ihr beabsichtigt, mich
doch auch zu hintergehen? Ist doch
so? Nicht wahr? Ich hab’ Euch
gehört und was Ihr gesagt habt.
(schreit)
Haltet Ihr mich für bescheuert,
oder was? Hä? Ihr wollt die Kohle
unter Euch fifty-fifty aufteilen.
Aber da habt Ihr Euch gewaltig
geschnitten, sag’ ich Euch.

UWE
Bis’ Du besoffen. Wir wollten nur
...

ALEX
(zu Uwe)
Halt die Fresse! Klar! Halt’s
Maul!
(zu Stefan)
Drehst Du jetzt am Rad, oder was?
Schrei’ hier gefälligst nicht so
rum, verdammt noch mal! Sieh’ zu,
dass Du mit der Tasche in die Karre
steigst!
(schreit)
Schwing deinen Arsch zurück in die
Karre, und zwar auf der Stelle!

STEFAN
(lächelt)
Ich werd’ Euch was sagen: Wenn ich
keine Kohle seh’, seht Ihr auch
keine!

Stefan löst seinen Griff, die Tasche fällt in einen darunter verlaufenden Fluss - platsch. Alex stürmt vorwärts, zieht Stefan eins mit einem Totschläger/Teleskop-Schlagstock über den Schädel - und schleift ihn zum Auto hinüber. Uwe steht da wie angewurzelt.

ALEX
(schreit)
Steh’ da nicht so blöd rum! Sieh’
nach der Tasche! Na mach schon!
Schnell!

Uwe läuft unter die Brücke, während Alex Stefan in den Kofferraum ihres Autos steckt.

Alex schließt den Kofferraum und läuft Uwe nach. Alex kommt zu Uwe unter die Brücke geeilt.

ALEX
Hast du sie?

UWE
Nein. Wie denn auch? Ich, ich
kann meine Hand kaum vor Augen
sehen. Autsch! Scheiße, das ganze
Ufer hier ist voller Brennnesseln
und Gestrüpp.

ALEX
Na Klasse! Auch das noch! Fuck!
Das darf doch wohl jetzt nicht wahr
sein. Dieser versoffene, paranoide
Penner! Das wird er noch bitter
bereuen, sag’ ich Dir.

Der Fluss verliert sich in der Dunkelheit der Nacht.

12 AUSS. AUSSENBEZIRK/FLUSS - MORGEN
Zurück am Fluss... Siggi ist am Angeln, während Alex und Uwe dabei zusehen.

ALEX
Sie haben da aber eine schöne
Angelausrüstung, muss ich sagen.
War bestimmt nicht ganz billig.

UWE
Sieht verdammt neu aus. Findest du
nicht auch? Alles vom Feinsten,
auch die Klamotten. Is’, ist das da
ein Preisschild? Ja.
(zu Alex)
Sieh’ mal.

Am Angelkoffer prangt ein Preisschild.

SIGGI
Ähm, muss ich ganz vergessen haben
...

UWE
Ein stolzer Preis ...

Mit zittrigen Händen knibbelt Siggi das Preisschild ab. Alex erblickt einen Alu-Angelständer, der in der Erde steckt.

ALEX
(lächelt)
Man gönnt sich ja sonst nichts,
was?
(deutet auf Angelständer)
Sieh’ mal den Angelständer da! Ich
weiß noch früher, da haben wir die
Dinger aus ‘nem Ast mit ‘ner
Astgabel gemacht. Und dann in den
Boden gesteckt.

Siggi bemerkt die Anspielung auf seinen improvisierten Angelständer - und sucht ihn mit seinem Blick.

UWE
Ja, richtig, genau. Weißt Du noch
damals, im Ferienlager, als wir ...

SIGGI
Entschuldigen Sie, aber ich möchte
hier ganz gerne ungestört angeln.
Ist das möglich? Also, wenn Sie so
freundlich sein würden, einfach
weiterzugehen, dann wäre ich Ihnen
sehr verbunden.

Alex tritt näher an Siggi heran, blickt ihn einschüchternd an.

ALEX
Oh, ja sicher. Kein Problem. Kein
Problem. Wir wollten sowieso weitergehen,
nicht? Na dann werden wir mal
weitersuchen.

UWE
Viel Erfolg noch beim Angeln. Wie
sagt man doch noch gleich, ach ja,
Petri-Heil!

Siggi wirft Uwe und Alex einen besorgten Blick hinterher.

13 AUSS. AUSSENBEZIRK/FLUSS - MORGEN
Siggi sieht sich um, packt hastig seine Sachen zusammen und verlässt fluchtartig seinen Angelplatz.

14 AUSS. AUSSENBEZIRK/WALD - MORGEN
In der Ferne stehen Alex und Uwe. Sie beobachten, wie Siggi sich verdünnisiert.

15 AUSS. STADT/STRASSE - MITTAG
Eine Bordsteinkante. Die Räder eines Autos rollen ins Bild, stoppen.

16 INN. HAUS/KÜCHE - MITTAG
Siggi sitzt am Küchentisch und isst zu Mittag. Im Flur steht seine Angelausrüstung. Plötzlich klingelt es an der Haustür. Siggi erhebt sich von seinem Platz und geht zur Haustür.

17 AUSS. HAUS/EINFAHRT - MITTAG
Die Haustür geht auf und Siggi sieht vor sich Alex und Uwe auf der Haustürtreppe stehen. Alex blickt auf das Namensschild und sagt höhnisch:

ALEX
Hallo, Herr Schulze, schön Sie
wiederzusehen!

Siggi drückt die Haustür zu, Alex stellt einen Fuß zwischen Tür und Rahmen. Alex und Uwe stürmen vorwärts, drängen Siggi in die Wohnung.

18 INN. HAUS/KÜCHE - MITTAG
Siggi ist mit Klebeband an einen Küchenstuhl gefesselt, so dass er sich nicht bewegen kann. Uwe sitzt hinter ihm auf einem Küchenstuhl. Auf dem Küchentisch steht Siggis neuer Angelkoffer. Alex kramt darin herum, holt eine Stachelschwein-Pose hervor, betrachtet sie, tippt mit dem rechten Zeigefinger auf eine der spitzen Enden. Er legt sie zurück, nimmt sich eine Raubfisch-Maulsperre und eine Bleizange. Siggi macht ein ängstliches Gesicht.

Uwe lehnt sich vor, flüstert Siggi ins Ohr.

UWE
Du wirst singen wie ein
Kanarienvogel.

ALEX
Mein lieber Mann, darin befindet
sich aber auch alles, was das
Anglerherz so begehrt. Mal sehen,
was wir hier so Schönes drinhaben
...
(zu Uwe)
Halt’ seine Birne fest!

Uwe packt den Kopf von Siggi und drückt dessen Backen zusammen, so dass er gezwungen ist, seinen Mund zu öffnen.

UWE
Mach’s Maul auf! Los, Freundchen!
Aufmachen, hab’ ich gesagt!
(bemerkt Mundgeruch)
Puh, Du miefst aus ‘m Maul wie ‘n
Schwein aus ‘m Arsch.
(wendet kurz angewidert
sein Gesicht ab)

Alex nähert sich langsam mit der Raubfisch-Maulsperre und der Bleizange.

ALEX
So, Herr Schulze, jetzt werden wir
uns mal ausführlich über den
Verbleib des Geldes unterhalten.
Und ich hoffe um Ihretwillen, dass
Sie mit der Sprache rausrücken.
Denn andernfalls wird es sehr, sehr
unangenehm für Sie werden.

Alex spielt mit der Raubfisch-Maulsperre herum und führt sie langsam an den Mund von Siggi heran. Siggi schreit vor Panik.

SIGGI
Ist schon gut! Ist schon gut! Ich
zeig’ Euch das Geld! Ich zeig’ ‘s
Euch! Aber bitte, tut mir nichts!
Bitte! Es ist auch noch alles da,
bis auf das, was die Angelsachen
gekostet haben.

ALEX
Eine weise Entscheidung, Herr
Schulze.
(zu Uwe)
Mach’ ihn los!

Alex legt die Raubfischmaul-Sperre und die Bleizange zurück in den Angelkoffer.

UWE
Fing gerade an interessant zu
werden. Was für ein Weichei. Du
Freak!

19 INN. HAUS/FLUR - MITTAG
Treppenknarren. Siggi geht die Kellertreppe hinunter, gefolgt von Alex und Uwe.

ALEX
Beweg’ deinen Arsch, na mach schon!
Bewegung! Los, nicht so
lahmarschig!

Alex stößt Siggi unsanft.

UWE
Wo ist die Kohle? Zeig’ uns, wo Du
sie versteckt hast!

20 INN. HAUS/KELLER/DUNKLER GANG - MITTAG
Alex und Uwe gehen hinter Siggi her. Siggi dreht sich zu ihnen um, deutet nach vorne.

SIGGI
Wir müssen da lang.

ALEX
Wieso lebst Du hier ganz alleine in
diesem Bunker?

SIGGI
Meine Mutter ist letztes Jahr
gestorben.

UWE
(abfällig)
Mein herzliches Beileid.

21 INN. HAUS/KELLER/RAUM - MITTAG
Eine Tür geht auf und Siggi kommt mit Alex und Uwe in einen Raum, der mit Gerümpel vollsteht.

ALEX
Und, wo ist die Kohle? Sag’ schon!
Mach’s Maul auf! Wo? Wir sind
nicht hier, um eine kack
Hausbesichtigung zu machen.

Siggi steht da wie ein verängstigtes Kind. Uwe verpasst Siggi einen Klaps in den Nacken.

UWE
Bis’ du schwerhörig? Raus mit der
Sprache! Na, wird’s bald!

SIGGI
Da, da hinten in der Ecke, in einem
der unteren Kartons!

Uwe stößt Siggi beiseite.

UWE
(zu Siggi)
Aus dem Weg, Du Flasche!

ALEX
Wurd’ auch allmählich Zeit ... Was
ist das alles hier? Sperrmüll?
(lacht)
Du solltest hier mal entrümpeln.
Saustall!

Alex und Uwe wühlen im Gerümpel herum, worin auch ein Fangeisen / Tellereisen versteckt ist. Sie bemerken die Falle nicht und entgehen ihr nur um Haaresbreite. Vergilbte ZEITUNGSAUSSCHNITTE mit Schlagzeilen fallen auf einmal zu Boden: “Junge Frau spurlos verschwunden”, “Frau vermisst”, “Leichenteile im See gefunden”, “Erneut ist eine junge Frau verschwunden”, “Die Tat eines Psychopathen”, “Ein Serienmörder ist der Täter”.

UWE
(schreit)
Hier ist nichts! Nur Müll! Nichts
als Müll! Scheiße, wo ist die
verdammte Kohle, Du Penner?!

ALEX
Lass mal sehen. Willst Du uns
verarschen?

Plötzlich schnappt sich Siggi aus einem Versteck – unbemerkt von Alex und Uwe - ein griffbereites Messer und verbirgt es hinter seinem Rücken. Alex hält ein altes Einmachglas in der Hand, betrachtet es und wirft es gegen die Wand.

ALEX
(schreit)
Wo zum Teufel hast Du unser Geld
gelassen, Du Arsch? Hä? Wo?

Das Einmachglas zerschellt klirrend an der Wand, Glassplitter und Obststücke fliegen umher.

UWE
Ich mach’ den Penner fertig ...

Alex und Uwe drehen sich wütend um. Hinter ihnen steht Siggi, blickt sie aus so bösen und irren Augen an, als sei er der Teufel in Person. Er sticht blitzartig zu. Eins – zwei. Alex verpasst er einen gezielten Stich in den Hals/ Kehlkopf; Uwe stößt er die Messerklinge ins Herz. Siggi sticht zu, drückt Uwe zu Boden und sticht erneut zu.

Siggi zieht die Messerklinge aus Uwes Leib, dreht sich langsam zu Alex um, mit einem teuflischen Grinsen auf dem Gesicht. Alex kauert röchelnd und atemringend auf dem Boden, die Hände um seinen Hals gelegt; Blut quillt zwischen seinen Fingern hervor, als Siggi sich zu ihm hinunterbeugt.

SIGGI
(höhnisch)
Ich habe Euch zwei erwartet. Ihr
seid mir geradewegs in die Falle
gegangen. Ja, genau. Nichts ist
so, wie es scheint. Nichts.

Alex macht ein entgeistertes Gesicht. Siggi hebt das Messer.

22 AUSS. AUSSENBEZIRK/ÜFERBÖSCHUNG - FRÜHER MORGEN
Leises Wasserplätschern. Der Himmel spiegelt sich in der Wasseroberfläche des Flusses wider. Siggi steht an einer tiefen Gumpe, von deren Grund Luftblasen emporsteigen.

RADIOSPRECHER (V.O.)
Nach wie vor sind die Bankräuber,
die vor einer Woche bei einem
Überfall einen sechsstelligen
Betrag erbeuteten, flüchtig.
Lediglich ihr Fluchtwagen, ein
zuvor entwendeter VW-Passat, fand
die Polizei abgestellt in einem
entlegenen Waldstück. Im
Kofferraum befand sich die Leiche
eines Mannes. Sie wies zahlreiche
Misshandlungsspuren auf, und war
bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Ersten Untersuchungen zufolge, soll
es sich hierbei um einen der drei
gesuchten Bankräuber handeln.
Es wird angenommen, dass sich die
zwei anderen Bankräuber ins Ausland
abgesetzt haben. Und jetzt,
weitere Nachrichten in der
Zusammenfassung ...

Siggi lächelt zufrieden, geht mit seiner Angelausrüstung am Flussufer entlang.

23 AUSS. AUTO - NACHT - ABSPANNSZENE
Uwe und Alex blicken auf Stefan, der vor ihnen im Kofferraum liegt, herab.

UWE
Der is’ hinüber. Du hast ihn zu
hart rangenommen. Nich’ einmal
seine eigene Mutter würde ihn jetzt
noch wiedererkennen.

Alex geht. Uwe schaut ihm hinterher, dann hinunter auf Stefan, und legt seine Hände auf die Kofferraumklappe.

ALEX (O.S.)
Wenn’s hell wird, machen wir uns
auf die Suche nach der Kohle.

UWE
Der Fluss hat die Tasche
weggespült, schon vergessen?

ALEX (O.S.)
Wir werden sie finden, glaub mir.
Wir werden ...

UWE
Wenn’s weiter nichts ist.

Uwe schlägt die Kofferraumklappe zu - bumm! Dunkelheit.

FADE OUT.

ENDE
 
Sehr gut, du hast wieder eine Stimmung etabliert und dann etwas unerwartetes geschehen lassen. Am Anfang würde ich bei der Beschreibung von Siggi aber nicht erwähnen das er mehr ist als dem anschein nach und die Szene am ende gehört meiner Meinung nach zu einen früheren Zeitpunkt in die Geschichte.
Aber du schreibst gut und dafür das du dich als Amateur bezeichnest sind deine Geschichten im positiven Sinne sehr unterhaltsam. In vielen existierenden Kurzfilmen merkt man das der Autor wenig bis keine Gedanken macht über die Personen und die Handlung.
So wirken diese Storys aufgesetzt, langweilig und arg konstruiert.
Ich glaube, nein, ich bin mir sicher das die anderen Leser merken das du mit Freude schreibst.
Und ich bin der Meinung daß du deine Storys verfilmen solltest. Was du bisher gepostet hast ist den Aufand sicherlich wert.
Weiterhin viel Spaß beim schreiben.:thumbsup:
 
Danke für Dein Kommentar und das Lob. Die drei Sätze zu Beginn sollen ein Teaser-/Trailer-Text sein. Vielleicht wäre da 'ne andere Beschreibung besser gewesen. Das mit der letzten Szene müsste man abwägen. Aber Du könntest auch Recht haben.

Selbst ein Kurzfilm stellt eine Herausforderung dar, und benötigt sorgfältige Vorbereitung und Planung. Ganz so einfach ist eine Umsetzung nicht, wie man sich das vorstellt.
 
Einfach kann ja jeder und konstruktive Kritik bringt einen weiter. Man muss nur daraus lernen.
Schreiben ist wie Modellbau, gute Vorbereitung ist alles. Spätere Änderungen sind sehr schwer da diese in die Handlung passen muss.
Der Autor ist manchmal sosehr mit seiner Story verbunden, so daß ihm der objektive Blick darauf verwehrt ist,so muss ein aussenstehender den Autoren auf Fehler oder Verbesserungen hinweisen.
Du wirst weitere Fortschritte machen und ich freue mich schon auf den nächsten Post.
Bewahre dir aber immer die Freude am Schreiben.
 
"Draußen tobt ein Unwetter. Elmar hat alle Einkäufe getätigt und es sich Zuhause gemütlich gemacht, als auf einmal ein unbekannter Mann vor der Haustür steht. Der Fremde ist verletzt und bittet um Einlass. Wer ist er und was hat er nur zu verbergen..."

"Der Gast"

von
Michael V.

1 AUSS. HIMMEL - TAG
Tiefhängende graue Wolken. Der Wind pfeift. Es braut sich was zusammen.

RADIOSPRECHER (V.O.)
In diesem Moment liegt Orkantief
Theodor noch vor den Shetland-
Inseln. Gegen Mittag wird er dann
auf Norddeutschland treffen. Nach
Einschätzung des Deutschen
Wetterdienstes sei an der
Nordseeküste mit Böen der Stärke 12
zu rechnen und im Binnenland mit
Stärke 11, sagte der Deutsche
Wetterdienst-Meteorologe Rüdiger
Hartwig.

2 AUSS. STADT/STADTRAND - TAG
Weite Felder und Ackerflächen. Alles grau in grau. SCHWENK auf ein einzelnes, freistehendes HAUS mit großem Garten. Auf der Einfahrt ein Auto mit offen stehender Heckklappe. Einkäufe im Kofferraum. ELMAR, 39, Nerdbrille auf der Nase, kommt durch die angelehnte Haustür, schnappt sich zwei Tragetaschen und huscht zurück ins Haus.

3 INN. HAUS/KÜCHE - TAG
Spärlich eingerichtet, ein kleiner Tisch, drei Stühle, dennoch ordentlich und sauber. Diverse Lebensmittel und Hygieneartikel auf der Tischplatte. Elmar stellt die
Tragetaschen auf den Stühlen ab.

4 AUSS. HAUS/EINFAHRT - TAG
Der Wind frischt auf.

NAH: Satellitenschüssel auf Dach zittert im Wind.

Elmar schlägt die Kofferraumklappe zu, als eine Böe durch sein Haar fährt. Langsam wirds ungemütlich. Beeilung ist angesagt. Noch schnell das Garagentor hoch, dann pflanzt Elmar sich hinters Lenkrad und lenkt seinen Wagen in die Garage.

DETAILS des Auspuffs, der Autoreifen, des Kühlergrills ...

RADIOSPRECHER (V.O.)
Die Feuerwehren warnen eindringlich
davor, während des Orkans das Haus
zu verlassen. In vielen norddeutschen
Städten laufen bereits die
Sicherheitsvorkehrungen auf
Hochtouren. Jetzt heißt es warten,
warten, auf das Eintreffen von
Orkan Theodor.

Elmar stellt den Motor ab und das Autoradio aus.

5 INN. HAUS/FLUR - TAG
Endlich zuhause, alles ausgeladen. Ein zufriedener Ausdruck legt sich auf Elmars Gesicht, als er seine Jacke auszieht und an die Garderobe hängt.

6 INN. HAUS/KÜCHE - TAG
Elmar beim Einräumen der Lebensmittel. Milch und Jogurt wandern in den Kühlschrank; Brot, Nudeln, Reis und Müsli in den Vorratsschrank. Alte Ware nach vorne, neue nach hinten. Bananen, Äpfel und Mandarinen finden Platz in den Obstschalen auf der Anrichte.

7 INN. HAUS/ERSTER STOCK/BADEZIMMER - TAG
Elmar im Badezimmer. Er räumt Klopapier in das untere Fach des Waschbeckenschranks; Duschgel, Shampoo, Zahnpasta und Rasierzeug in ein oberes Fach.

8 AUSS. HAUS/GARTEN - TAG
Eine dunkle Wolkenfront schiebt sich über den Himmel. Wind reißt an Zweigen und Ästen. Baumkronen neigen sich zur Seite. Besorgt blickt Elmar aus einem Fenster.

9 AUSS. HAUS/GARTEN - TAG (SPÄTER)
Es wird dunkel, als würde die Nacht hereinbrechen. Elmar lässt die Rollladen runter.

10 INN. HAUS/WOHNZIMMER - TAG
Gemütlicher Wohnbereich mit Sofa, Sesseln und einem Couchtisch. Viele Pflanzen auf der Fensterbank. Elmar kümmert sich rührend um sie.

11 INN. HAUS/ESSZIMMER - TAG
Elmar sitzt nachdenklich am Laptop. NAH: Display. Ein Satz kann man sehen.

Zwölfter August. Hab’ Lisa, eine äußerst attraktive Dame
kennengelernt ...


Ein Lächeln huscht über sein Gesicht.

12 INN. HAUS/WOHNZIMMER - NACHT
Lockere, entspannte Atmosphäre. Flasche Cola, ein Glas und Schälchen mit Knabbersachen auf dem Tisch. Elmar fläzt auf der Couch, sieht fern. Draußen HEULT der Sturm. Plötzlich kommt es zu Klötzchenbildung und zu Bild- und Tonaussetzern.

NACHRICHTENSPRECHER
Orkan Theodor hat den Norden
Deutschland mit seiner ganzen Wucht
getroffen. Der Nahverkehr in
Hamburg und Bremen ist komplett
lahmgelegt. Schon jetzt zählt
Orkan Theodor zu den verheerendsten
Stürmen, die es ... Deutschland ...
andauert ... morgen ... zieht
weiter ...

ELMAR
Na toll!

Auf dem Fernseher erscheint zwischendurch ein Hinweis:

Dieser Kanal kann nicht empfangen werden. Bitte überprüfen
Sie Ihren Antennenanschluss sowie die Ausrichtung Ihrer
Satellitenschüssel...


Bild- und Tonaussetzer wechseln sich mit dem Hinweis “Dieser Kanal...” ab. Schließlich bleibt das Fernsehbild schwarz mit dem Hinweis: “KEIN SIGNAL”.

Elmar drückt frustriert den Ausknopf auf der Fernbedienung.

13 INN. HAUS/ERSTER STOCK - NACHT
Elmar lehnt weit aus einem Dachfenster. Der Wind bläst kräftig hindurch. Als er sich zurück ins Zimmer dreht, hält er eine Taschenlampe in seiner rechten Hand.

ELMAR
(genervt)
Ausgerechnet jetzt!

Die Satellitenschüssel hat sich verstellt. Da ist momentan nichts zu machen. Elmar schließt das Klapp-Schwingfenster.

14 INN. HAUS/ESSZIMMER - NACHT
NAH: Sie suchen einen Partner? Tipps für die Partnersuche!
Sie sind einsam und allein?


Elmar am Laptop surft auf Single- und Kontaktseiten.

Plötzlich klingelt es an der Haustür. DING-DONG! Während er verwundert aufschaut, klappt er den Laptop zu.

15 INN. HAUS/WOHNZIMMER - NACHT
Elmar lugt durch den Türspalt in den Flur. Es schellt erneut! Schließlich geht er zur Haustür, sieht hinterm Sichtfenster die Umrisse einer Person.

PERSON
(flehend)
Hallo! Ist da jemand? Hallo!
Helfen Sie mir! Bitte!

Elmar macht einen Schritt rückwärts und wieder vorwärts. Die Person presst ihr Gesicht ans Sichtfenster, um besser was erkennen zu können.

PERSON
Entschuldigen Sie! Ja, Sie! Hören
Sie, ich bin verletzt. Können Sie
mir helfen? Bitte!

Elmar weicht zurück, macht ein unentschlossenes Gesicht.

16 INN. HAUS/KÜCHE - NACHT
RENÉ, 32, ungepflegt, Schlabberlook, zerzauste Frisur und eine Platzwunde an der Stirn, sitzt am Küchentisch. Elmar reicht ihm Tempotaschentücher und ein Pflaster.

ELMAR
Hier, bitte schön.

RENÉ
Danke.
(presst sich Taschentuch
auf die Wunde)
Und nochmals vielen Dank dafür,
dass Sie mich ins Haus gelassen
haben. Der Sturm da draußen, ist
echt heftig. So was hab’ ich noch
nicht erlebt, sag’ ich Ihnen.

ELMAR
Keine Ursache. Mhm, sieht aus, als
müsste das genäht werden.

RENÉ
Ach, geht schon.

ELMAR
Sind Sie sicher?

RENÉ
Ja.

Schweigen.

RENÉ
Oh Mann, ich platz’ hier einfach in
Ihr Haus und hab’ mich noch nicht
einmal vorgestellt. Ich heiße René
Winzler.

ELMAR
Elmar Marks.

RENÉ
(schmunzelt)
Ich weiß.

ELMAR
Ähm, woher ...

RENÉ
Ihr Namensschild draußen neben der
Haustür.

ELMAR
Ach so, ja. Stimmt.

Schweigen. René schaut sich neugierig um.

RENÉ
(fast aufdringlich)
Leben Sie hier ganz alleine, wenn
ich fragen darf?

ELMAR
Ja, seit meine Mutter vor ein paar
Jahren gestorben ist.

RENÉ
Verstehe ... Tut mir leid.

Schweigen.

ELMAR
Entschuldigung dass ich das frage,
aber wie kann man bei dem Wetter
draußen unterwegs sein? Lesen Sie
keine Zeitung, sehen Sie kein fern,
schauen Sie nicht ins Internet?

RENÉ
Ich wurde von dem Unwetter ...
überrascht.

ELMAR
(skeptisch)
Überrascht?

RENÉ
(süffisant)
Ja. Ob Sie’s glauben oder nicht.

Schweigen.

RENÉ
Äh, könnte ich mal Ihre Toilette
benutzen? Wenn Sie nichts ...

ELMAR
Sicher. Die Gästetoilette ist hier
unten rechts im Flur.

RENÉ
Danke.

René steht auf und geht zur Tür hinaus.

17 INN. HAUS/FLUR - NACHT
Auf dem Weg zum Gäste-WC sieht René sich verstohlen um. Elmar steht in der Küche. Sorge und Misstrauen in seinem Blick.

18 INN. HAUS/GÄSTETOILETTE - NACHT
René schaut in den Spiegel. Er klebt sich das Pflaster auf die Wunde. Das Trägermaterial des Pflasters lässt René einfach ins Waschbecken fallen.

19 INN. HAUS/ESSZIMMER - NACHT
Elmar klappt den Laptop auf. Google-Startseite. Tippt “René Winzler” ein.

20 INN. HAUS/GÄSTETOILETTE - NACHT
Der Spülkasten rauscht. René trocknet sich die Hände ab. Als er die Türklinke runterdrücken will, hält er plötzlich inne und greift sich in die Hosentasche. Ein dickes GELDBÜNDEL kommt zum Vorschein: HUNDERTER, ZWEIHUNDERTER, FÜNFHUNDERTER. René stellt seinen rechten Fuß auf die Toilettenbrille, und steckt es in den Sockenbund.

21 INN. HAUS/KÜCHE - NACHT
René kommt durch die Küchentur. Der Herr des Hauses ist nicht mehr da. Draußen tobt der Sturm. Verwundert tritt er ins angrenzende Esszimmer.

RENÉ
(leise)
Hallo? Hallo, Herr Marks!

Plötzlich steht Elmar hinter René, wie ein Geist, mit zwei Flaschen Bier in der Hand.

RENÉ
Huch! Da sind Sie ja. Sie waren
nicht da, da war ich so frei und
bin hier ... reingegangen.
Entschuldigen Sie, wenn ich ...

Elmar hält die Bierflaschen an ihren Hälsen hoch.

ELMAR
Ich dachte, Sie könnten jetzt auch
ein kühles Blondes vertragen.

RENÉ
Oh, ja, gerne. Immer.

ELMAR
Möchten Sie ein Glas?

RENÉ
Nein, danke.

22 INN. HAUS/WOHNZIMMER - NACHT
Der Wind heult. Der Sturm tobt. Verlegenes Schweigen. Elmar sitzt auf der Couch, René in einem Sessel. Elmar nippt an sein Bier. René schluckt in großen Zügen.

RENÉ
(genüsslich)
Ahhhh!
(lauscht)
Das wird ja immer schlimmer da
draußen.

ELMAR
Ja, hört sich ganz danach an.

Schweigen.

RENÉ
Schon lange nicht mehr so ein gutes
Bier getrunken. Muss ich gestehen.

ELMAR
Hätt’ ich beinahe vergessen: Im
Moment kann ich mit Fernsehen nicht
dienen, der Sturm hat die Sat-
Schüssel geknickt.

RENÉ
Das macht nichts. Man schaut
sowieso schon zu viel fern. Da
geht es auch mal ganz gut ohne.

ELMAR
Auch wieder wahr. Sie sagten
vorhin, dass Sie vom Sturm
überrascht wurden ...

RENÉ
Ja, ich war hier in der Gegend ...
zu Besuch.

ELMAR
Zu Besuch?

RENÉ
Ja, bei ... Bekannten.

ELMAR
Ist nicht so verlaufen, wie es
sollte. Sonst wären Sie noch aller
Wahrscheinlichkeit bei denen.
Oder?

RENÉ
Genau. Sie habens erraten. Hach,
es gab’ Streit, verschwinde hier,
hau ab, na los. Äh, ich will nicht
unbedingt darüber reden.

ELMAR
Ganz wie Sie wollen. Geht mich im
Grunde ja auch nichts an.

RENÉ
Ja, dass geht es nicht. Jedenfalls bin ich
heute hier in dieser Stadt
gestrandet. Es fährt kein Buss,
keine Bahn mehr. Nicht bei dem
Wetter. Hab’ alles versucht. Ich
wusste nicht, wohin ich sollte.

ELMAR
Jetzt sind Sie ja im Trockenen.

RENÉ
(lacht)
Dank Ihnen.
(sieht Knabbersachen auf
dem Tisch)
Äh, könnte ich vielleicht?

ELMAR
Nur zu, bedienen Sie sich.

RENÉ
Hey, danke. Wir verstehen uns.

René greift mit seiner schmierigen Hand in die Schale Erdnuss-Flips.

23 INN. HAUS/WOHNZIMMER - NACHT
René nimmt einen großen Schluck aus seiner Bierflasche, um sie LAUT auf den Tisch zu stellen.

RENÉ
Äh, könnt’ ich eventuell noch eine?
Ich will nicht unverschämt sein ...

ELMAR
Sicher. Einen Moment.

Elmar geht zur Tür hinaus. René lehnt sich zurück und sieht sich neugierig um.

24 INN. HAUS/FLUR - NACHT
Elmar geht die Kellertreppe hinunter.

25 INN. HAUS/WOHNZIMMER - NACHT
Die Tür geht auf. Elmar tritt ein und schaut verdutzt. René sitzt nicht mehr auf seinem Platz. Er betrachtet ganz ungeniert Bilder und Einrichtungs-Gegenstände.

RENÉ
Sie haben es echt gemütlich hier.
Gefällt mir.

ELMAR
(perplex)
Finden Sie?

RENÉ
Ja. Hier könnt’s mir gefallen.
Sie haben Geschmack, Mann.

ELMAR
D-danke.

René geht hinüber zur Fensterbank und fingert an eine Pflanze rum.

RENÉ
So viele Blumen hier. Stehen Sie
auf so’n Grünzeug?

ELMAR
Fassen Sie sie bitte nicht an!
Bitte!

Für einen Bruchteil einer Sekunde verfinstert sich das Gesicht von Elmar.

RENÉ
Schon gut. Schon gut. Ich wusste
ja nicht, dass ich es hier mit
einem Gärtner zu tun hab’.

René geht zurück zu seinem Sessel und setzt sich. Elmar stellt Bierflaschen auf den Wohnzimmertisch, und sinkt zurück auf die Couch.

ELMAR
Hier, bitte schön.
RENÉ
(grinsend)
Danke. Und was machen Sie so
beruflich?

ELMAR
Ich bin Industriekaufmann bei einer
Möbelfirma.

RENÉ
So Büroarbeiten und so?

ELMAR
Ja. Und Sie?

RENÉ
Ich bin arbeitslos. Hartz vier,
halt Stütze. Aber was noch nicht
ist, kann ja noch werden.

ELMAR
Sicher.

René öffnet die Bierflasche, trinkt in großen Schlucken. Beschämt schaut Elmar zur Seite.

26 MONTAGE
René stopft sich Erdnuss-Flips und Chips in den Mund, spült sie mit Bier runter. Er spricht mit vollem Mund. Er krümelt mit Chips und Erdnuss-Flips herum. Er lacht dreckig. Er benimmt sich wie ein Schwein. Elmar nickt hin und wieder, hört ihm geduldsam zu.

27 INN. HAUS/WOHNZIMMER - NACHT
Vor Elmar auf dem Tisch stehen drei leere Flaschen Bier. Vor René steht eine halbe Kiste.

ELMAR
So, es war für mich ein langer Tag.
Ich möchte nicht unhöflich sein,
aber ich geh’ jetzt zu Bett. Sie
können von mir aus gerne bis morgen
Früh bleiben. Bis dahin wird der
Sturm sich sicher gelegt haben.
Und Busse und Bahnen fahren dann
auch wieder, denke ich mal.

RENÉ
(lacht dreckig)
Danke. Nett von Ihnen. Dass es
heute so was noch gibt. Das nenn’
ich ... Solidarität.

28 INN. HAUS/ERDGESCHOSS/GÄSTEZIMMER - NACHT
Elmar kommt, gefolgt von René, durch die Tür.

ELMAR
Das hier war früher das
Arbeitszimmer meines Vaters. Die
Couch da ist ganz gemütlich. Haben
jedenfalls schon einige meiner
Bekannten gesagt, die hier mal
übernachtet haben. Ich denke, hier
können Sie’s wohl aushalten.

Elmar legt eine Decke auf die Chouch.

RENÉ
Vielen Dank nochmals.

ELMAR
Die Gästetoilette ist hier gleich
um die Ecke. Wissen Sie ja noch?

RENÉ
Ja. Äh, ich weiß gar nicht, wie
ich Ihnen danken soll.

ELMAR
Ist schon gut. Dann bis morgen
Früh. Angenehme Nacht.

RENÉ
Ja, gute Nacht.

Elmar schließt die Tür hinter sich. René sieht sich im Zimmer um.

29 INN. HAUS/ERDGESCHOSS/GÄSTEZIMMER - NACHT
René auf der Couch öffnet die Augen. Draußen tobt der Sturm. Mit der Linken schlägt er die Decke beiseite und geht auf Zehenspitzen zur Tür.

30 INN. HAUS/ERSTER STOCK/ELMARS SCHLAFZIMMER - NACHT
Elmar wälzt sich unruhig von einer Seite auf die andere, bis er schließlich aus dem Bett steigt.

31 INN. HAUS/FLUR - NACHT
Auf leisen Sohlen schleicht René in die Küche. Er öffnet vorsichtig Schränke und Schubladen. Schnüffelt herum.

32 INN. HAUS/ERSTER STOCK/ELMARS SCHLAFZIMMERTÜR - NACHT
Die Schlafzimmertür steht eine Hand breit offen. Elmar lauscht angestrengt. Doch schließlich schiebt er seine Bedenken beiseite; schließt die Tür und legt sich ins Bett schlafen.

33 INN. HAUS/ESSZIMMER - NACHT
Leises Rascheln. René durchsucht eine Schublade. Er findet Münzen und steckt sie ein.

34 INN. HAUS/ERSTER STOCK/ELMARS SCHLAFZIMMER - NACHT
Elmar schläft.

35 INN. HAUS/ESSZIMMER - NACHT
Das kleine Festplatten-Lämpchen blinkt. René klappt Elmars Laptop auf. Der Bildschirm geht an. Mit dem Zeigefinger streicht er über das Touchpad. Neugierig klickt er sich durch Ordner und sichtet Dateien. René ruft eine geschlossene Internetseite wieder auf.

NAH: Single-Frauen treffen. Flirten, daten und verlieben
Sie sich noch heute!


René schmunzelt.

RENÉ
Was für ein Freak.

René stöbert weiter, bis sein Gesicht auf einmal einen ängstlichen und verstörten Ausdruck annimmt.

Plötzlich ein leises Geräusch hinter René. René dreht sich um. Elmar steht vor ihm. Er blickt ihn aus so bösen Augen an, als sei er der Teufel in Person.

36 INN. HAUS/ESSZIMMER - TAG -RÜCKBLENDE
Elmar am Laptop. Tippt. NAH: Ein Dokumenten-Name auf dem Computer-Display: JAGDTAGEBUCH.

ELMAR (V.O.)
(zynisch)
Zwölfter August. Hab’ Lisa, eine
äußerst attraktive Dame
kennengelernt. Hatten gemeinsam
einen überaus schönen Abend in der
Stadt. Bei mir zu Hause ist ihr
allerdings ein Licht aufgegangen.
Da hab’ ich ihr mein wahres Ich
gezeigt. Ihr Gesichtsausdruck hat
Bände gesprochen. Ihre
wunderschönen grünen Augen im Glas
mit Formaldehyd werden mich immer
an diesen Tag erinnern ...

Szene geht fließend über in die nächste.

37 INN. HAUS/ESSZIMMER -GEGENWART
Elmars Finger gleiten über die Tastatur. Er hat im Gesicht leichte Blessuren und an den Knöcheln seiner rechten Hand Hautabschürfungen.

ELMAR (V.O.)
(zynisch)
Vierter April. Orkan Theodor wehte
mir diesen René ins Haus. Eine
einfältige Person, ‘nen
Kleinkriminellen ...

Szene geht fließend über in die nächste.

38 AUSS. GRUNDSTÜCK/HINTERHOF - TAG
Das Blatt eines Spatens wird in die Erde gestoßen. Elmar schaufelt Erde in ein Loch. Er vergräbt augenscheinlich etwas.

ELMAR (V.O.)
... Er dachte tatsächlich, er
könnte mich hinters Licht führen,
mich bestehlen. Mich. Dieser
Narr. Dieser kleine Dieb. Ich
muss jedoch gestehen, er war eine
willkommende Abwechslung an diesem
äußerst langweiligen Freitag.
Konnte an diesem Abend noch nicht
einmal fernsehen.

Schließlich beendet er seine Arbeit, stampft mit seinen Schuhen noch die Erde fest.

39 INN. GRUNDSTÜCK/GERÄTESCHUPPEN - TAG
Harken. Besen. Bretter. Ein Rasenmäher. Elmar stellt den Spaten in eine Ecke.

40 INN. HAUS/ESSZIMMER - TAG
Ein leiser SMS-TON ertönt und verklingt. In der angrenzenden Küche kommt Elmar zur Küchentür herein. Er tritt sich die Schuhe auf der Fußmatte ab.

41 INN. HAUS/FLUR - TAG
Es klingelt an der Haustür. Elmar öffnet sie und sieht vor sich zwei POLIZISTEN stehen.

POLIZIST#1
Guten Tag, Herr Marks!

ELMAR
Tag. Sie wünschen?

Polizist#1 holt ein Fahndungs-Foto von René hervor.

POLIZIST#1
Mein Name ist Martin Wensing und
das ist mein Kollege Dieter Gräbel.
Wir hätten da ein paar Fragen.

ELMAR
Um was geht es denn?

POLIZIST#1
Haben Sie diesen Mann schon mal
gesehen? Vor kurzem vielleicht?
Oder kennen Sie ihn?

Polizist#1 reicht Elmar das Fahndungs-Foto. Elmar schaut es sich an.

ELMAR
Nein. Den seh’ ich heut’ zum
ersten Mal. Kennen tu’ ich ihn
auch nicht? Bedaure.

POLIZIST#2
Sind Sie sicher? Schauen Sie sich
ihn noch mal genau an.

ELMAR
Absolut sicher.
(gibt Fahndungs-Foto
zurück)
Entschuldigung, was soll das hier
eigentlich? Ich sagte Ihnen doch
bereits, dass ich diesen Mann noch
nie zuvor gesehen hab’.

42 INN. HAUS/ESSZIMMER/WOHNZIMMER - NACHT -RÜCKBLENDE
Elmar und René liefern sich einen unerbittlichen Zweikampf. Schreie. Schläge. Tritte. Elmar ist ihm weit überlegen.

43 INN. / AUSS. HAUS/FLUR - TAG
Die zwei Polizisten sehen Elmar eindringlich an.

POLIZIST#1
Es ist so, der Mann ist ein
flüchtiger Straftäter, der auf
seiner Flucht ein Verbrechen
begangen hat. Wegen des Orkans
gestaltete sich die Fahndung nach
ihm als äußerst schwierig.
Jedenfalls raubte der Mann bei
dieser Straftat unter anderem ein
Mobiltelefon, welches jetzt noch
Daten sendet.

Elmar überlegt. Eine Ahnung beschleicht ihn.

44 INN. HAUS/WOHNZIMMER - NACHT -RÜCKBLENDE
Elmar schlägt René zu Boden, dabei verliert René ein HANDY, das unter einen Schrank rutscht.

René liegt bäuchlings auf dem Fußboden, hilflos wie ein Baby. Vor sich, zum Greifen nah, das Handy. Gerade als er seine Hand danach ausstreckt will, schleift Elmar ihn an seinen Beinen fort.

45 INN. / AUSS. HAUS/FLUR - TAG
Die Polizisten blicken Elmar misstrauisch an. Ihnen fallen die Blessuren in seinem Gesicht auf. Polizist #1 bemerkt die aufgescheuerten Knöchel an Elmars Hand. Elmar dreht sie schnell weg.

ELMAR
(unfreudlich)
Ja und, was hab’ ich damit zu tun?

POLIZIST#2
Ich will es mal so erklären: Wir
konnten das Mobiltelefon orten. Es
muss sich hier auf ihrem Grundstück
befinden. Da gibt es keinen
Zweifel, Herr Marks. Nicht den
geringsten. Verstehen Sie jetzt?

POLIZIST#1
Gibt es irgendwas, was Sie uns
mitteilen wollen, Herr Marks?

Die Hände der Polizisten wandern zu ihren Dienstwaffen. Entgeisterung bei Elmar.

FADE OUT.

ENDE
 
Eine schöne (fiese) Geschichte und das meine ich auch so.
Du lenkt wieder die Aufmerksamkeit des Publikums auf Nebensächlichkeiten und kommst mit einer wendung der Handlung. Ich sagte ja das du dich darauf verstehst.
Meiner Meinung nach wäre ein linearer Handlungsstrang besser, d.h. Keine Rückblenden.
Eher zwischendurch eine Einstellung z.b. Auf das Handy während des Kampfes, das ist allerdings meist schon sehr verdächtig in Filmen. Darüber kann man aber streiten.
Persönlich würde ich jemanden den ich nicht kenne niemals in die Wohnung und erst recht nicht übernachten lassen. Doch wer bei Filmen und Büchern auf Logik besteht
kann sich nur Dokus ansehen.
Letztlich las ich deine Story mit viel Vergnügen und das ist es ja worauf es ankommt.
Du verbessert dich stetig weiter und darum freue ich mich auf weitere Posts.
 
Danke für Deinen Kommentar. Ich würde auch niemanden reinlassen. Es kommt aber ganz auf die Situation an. Etwas Ähnliches habe ich schon selber mal erlebt, nur soviel.

Ja, ich stimme Dir auch in den anderen Punkten zu. Das könnte man so machen. Müsste man aber vielleicht abwägen.
 
"Paul ist einer dieser Mitbürger, der es nicht für nötig hält, all seinen Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen. Hin und wieder, wenn sich Unrat angesammelt hat, und er zu bequem dazu ist ihn zu einer Annahmestelle zu bringen, fährt er bei Nacht und Nebel einfach in einen einsamen Außenbezirk, und entledigt sich dort seines Abfalls. Eines Abends, als es mal wieder so weit ist, fährt Paul wie gehabt in den besagten Außenbezirk. Doch dieser Abend nimmt eine unerwartete Wende..."

"RESTMÜLL"

von
Michael V.


1 AUSS. STADT/WOHNSIEDLUNG – NACHT
Leere Straßen. Nachtruhe. Weit und breit ist niemand zu sehen.

2 INN./AUSS. GARAGE/EINFAHRT - NACHT
PAUL, 42, Halbglatze, lädt volle Müllsäcke in den Kofferraum seines Autos. Er geht fort und kehrt mit Abfall zurück. Als er alles verstaut hat, setzt er sich hinter
das Lenkrad, und fährt die Einfahrt hinunter.

3 INN./AUSS. AUTO - NACHT
Musik dudelt aus dem Radio. Paul sitzt entspannt hinter dem Lenkrad, raucht genüsslich eine Zigarette.

4 AUSS. STADTRAND/STRASSE - NACHT
Pauls Auto fährt am Ortsausgangsschild vorbei. Die Rücklichter verlieren sich langsam in der Ferne.

5 INN./AUSS. AUTO - NACHT
Paul dreht das Lenkrad nach rechts und fährt von der Landstraße ab in eine kleine Seitenstraße, direkt in eine entlegene Gegend hinein. Tiefer, dunkler Wald links und rechts der Fahrbahn.

Paul nimmt den letzten Zug von der Zigarette. Er lässt die Scheibe der Fahrertür ein Stückchen runter, wirft sie einfach raus.

6 AUSS. AUSSENBEZIRK/STRASSE - NACHT
Der glimmende Zigarettenstummel rollt ins Bild und bleibt auf der Fahrbahn liegen. Im Hintergrund verschwindet Pauls Auto in der Ferne.

7 AUSS. AUSSENBEZIRK/STRASSE - NACHT
Eine einsame Straße. Paul kommt angefahren und stoppt. Er zerrt die Müllsäcke aus dem Laderaum, wirft sie an den Straßenrand. Als er alles ausgeladen hat, reibt er sich die Hände, wie nach getaner Arbeit. Dann steigt er ins Auto und fährt weiter.

8 INN./AUSS. AUTO - NACHT
Paul biegt ab in einen Seitenweg, um zu wenden. Vor sich im Scheinwerferlicht ein parkender PKW. Vom Fahrzeugführer keine Spur. Paul legt den Rückwärtsgang
ein und fährt zurück auf die Straße, als plötzlich im Wald ein LICHT aufleuchtet. Paul tritt auf die Bremse. Erneut leuchtet das Licht im Wald auf. Neugierig
geworden, steigt Paul aus.

9 AUSS. AUSSENBEZIRK/WEG - NACHT
Paul betrachtet den geparkten PKW misstrauisch. Er geht weiter, schleicht durch dichtes Gestrüpp auf die Lichtquelle im Wald zu.

MIKE und DENNIS, zwei zwielichtige Gestalten, stehen auf einer kleinen Waldlichtung. Mike gräbt mit einem Spaten ein Loch. Dennis leuchtet mit einer Taschenlampe. Dennis ist nicht ganz bei der Sache und scheint bisweilen gelangweilt in der Gegend rum.

MIKE
Hey, ich kann gar nichts
sehen. Leuchte hier her.
Da hin! Verstanden?

DENNIS
Is’ ja schon gut.

MIKE
Wie bitte schön soll
ich hier ‘n Loch graben,
wenn du immer wo anders
hinscheinst?

Dennis richtet den Lichtstrahl der Taschenlampe auf die gewünschte Stelle.

MIKE
Na endlich, geht
doch! Warum nicht
gleich so?

Paul geht in geduckter Haltung hinter einem Baum in Deckung. Neugierig beobachtet er Mike und Dennis, bis er auf einen Ast tritt, der mit einem lauten Knackgeräusch unter seiner Schuhsohle zerbricht. Dennis scheint Paul mit der Taschenlampe ins Gesicht. Paul kneift schmerzhaft seine Augen zusammen und hält sich schützend eine Hand davor.

MIKE
Da is’ jemand!

DENNIS
Hey, was machst du da?
Was soll das werden?

PAUL
Ich, ich hab’ nur das
Licht Ihrer Taschenlampe
gesehen. Ist hier alles in
Ordnung?!

MIKE
(lacht dreckig)
Ob hier alles in Ordnung ist.

Dennis geht langsam auf Paul zu.

DENNIS
Wie lange stehst du
da eigentlich schon?

PAUL
Wie, wie meinen Sie das?
Ich verstehe ...

DENNIS
Weißt du nicht, dass sich das nicht
gehört, fremde Leute zu belauschen. Wo
sind deine Manieren? Komm mal her,
Freundchen!
(mit ernstem Ton)
Komm her, hab’ ich gesagt.

Paul macht große Augen und nimmt die Beine in die Hand.

DENNIS
(schreit)
Scheiße, der haut ab.
Los, hinterher,
schnapp ihn dir! Lass
ihn nicht entwischen.

10 AUSS. AUSSENBEZIRK/WALDLICHTUNG - NACHT
Mike und Dennis laufen hinter Paul her. Zurück bleibt der Spaten, dessen Blatt in der Erde eines kleinen Sandhaufens steckt.

11 AUSS. AUSSENBEZIRK/WALD - NACHT
Paul hastet durch dichtes Unterholz zurück zum Weg, gefolgt von Dennis und Mike.

12 AUSS. AUSSENBEZIRK/STRASSE - NACHT
Paul reißt die Tür seines Autos auf und springt hinein. Dann braust er davon.

13 AUSS. AUSSENBEZIRK/STRASSE - NACHT
Mike läuft auf die Straßenmitte und bleibt stehen. Er sieht Paul hinterher, während Dennis mit dem Auto rasant angefahren kommt. Dennis öffnet die Beifahrertür, so dass Mike einsteigen kann.

DENNIS
(schreit)
Los, einsteigen! Los,
los, los, los!

MIKE
Der Typ fährt ‘nen blauen
Opel Astra.

DENNIS
Verdammt, er hat unsere Gesichter
gesehen.

Mike nimmt Platz und zieht die Tür zu.

14 INN. AUTO VON PAUL - NACHT
Paul gibt Gas. Er blickt immerzu in den Rückspiegel, als plötzlich hinter ihm in der Ferne die Scheinwerferlichter von Dennis’ und Mikes Auto aufleuchten.

Paul wirft einen ängstlichen Blick über seine rechte Schulter. Durch die Heckscheibe hindurch kann man sehen, wie sich das Auto von Dennis und Mike schnell nähert. Es kommt in hohem Tempo die Straße hochgefahren.

15 INN./AUSS. AUTO VON DENNIS UND MIKE - NACHT
Dennis und Mike kommen bedrohlich nahe und rücken Paul auf die Stoßstange. Dennis betätigt die Lichthupe.

DENNIS
Hiergeblieben, Freundchen!

16 INN. AUTO VON PAUL - NACHT
Hell erleuchteter Innenraum. Paul schaut panisch in den Rückspiegel – Dauerlichthupe.

Paul tritt aufs Gaspedal, genauso wie Dennis.

17 INN./AUSS. AUTO VON DENNIS UND MIKE - NACHT
Das Auto von Dennis und Mike kommt in einer Kurve auf den Grünstreifen, gerät ins schlingern und bleibt quer zur Straße stehen.

MIKE
Pass auf!

DENNIS
Scheiße! Fuck!

Dennis versucht den Motor zu starten. Pauls Auto entschwindet langsam ihrem Sichtfeld.

MIKE
Was ist los? Is’ die
Karre abgesoffen?

DENNIS
(schreit)
Keine Ahnung, seh’ ich aus wie ein
verschissener Automechaniker?

18 INN. AUTO VON PAUL - NACHT
Paul sieht im Rückspiegel, wie das Auto von Dennis und Mike immer kleiner wird. Ein schadenfrohes Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus.

PAUL
Ja, ja, ja, ja!
Adieu, Ihr beiden!

19 INN. AUTO VON DENNIS UND MIKE - NACHT
Dennis versucht sein Auto zu starten.

DENNIS
(haut aufs Lenkrad)
Los, spring an, du Scheiß-Kiste!
Spring endlich an, verdammt noch mal!

Endlich springt der Motor an und Dennis drückt das Gaspedal bis zum Anschlag durch.

20 INN. AUTO VON PAUL - NACHT
Entsetzt blickt Paul in den Rückspiegel. Er sieht zwei Lichtpunkte größer werden. Panikartig greift er zum Lichtschalter und schaltet die Beleuchtung aus.

21 INN/AUSS. AUTO VON PAUL - NACHT
Paul hat sein Auto in einem Seitenweg geparkt. Er schaut ängstlich über das Lenkrad, sieht das Auto von Dennis und Mike näher kommen.

22 INN. AUTO VON DENNIS UND MIKE - NACHT
Suchend halten Dennis und Mike Ausschau nach Paul, können ihn aber nirgends entdecken.

DENNIS
Scheiße! Wo zum Teufel
ist dieser Typ?

23 INN. AUTO VON PAUL - NACHT
Mit zunehmender Beunruhigung beobachtet Paul das sich nähernde Auto von Dennis und Mike. Als es an ihm vorbeifährt und sich seinem Blickfeld entzieht, atmet Paul erleichtert auf. Seine Hände zittern, als er sich eine Zigarette anzündet.

24 INN. AUTO VON PAUL - NACHT
Die Luft ist rein und Paul dreht den Zündschlüssel um.

25 INN./AUSS. AUTO VON DENNIS UND MIKE - NACHT
Dennis und Mike fahren eine einsame Straße entlang.

MIKE
Der Kerl hat die Kurve
gekratzt.

DENNIS
Verdammter Mist.

26 AUSS. WOHNSIEDLUNG/EINFAHRT - NACHT
Das Gragentor fällt krachend zu. Paul geht ins Haus. Ihm steht die Erleichterung ins Gesicht geschrieben.

27 INN./AUSS. AUTO VON DENNIS UND MIKE - NACHT
Dennis und Mike fahren die einsame Straße entlang. Sie sehen vor sich am Straßenrand den MÜLL von Paul stehen.

MIKE
Sieh mal da!

DENNIS
Was is’ ‘n das für ‘n Scheiß?!

MIKE
Das sind Müllsäcke. Ja.

DENNIS
Komisch, die standen doch vorhin noch
nicht da.

Dennis stoppt neben den Unrat von Paul. Dennis und Mike schauen verdutzt zu den Müllsäcken.

MIKE
Stimmt, da war nichts.

Dennis überlegt, dann grinst er hämisch.

DENNIS
Das hat der Typ hier gemacht: Er hat
seinen Müll abgeladen. Genau.

28 EINE REIHE VON EINSTELLUNGEN
Paul steht vorm Waschbecken und wäscht sich.

Paul putzt sich die Zähne und blickt in den Spiegel.

Paul kommt in sein Schlafzimmer und geht zu Bett.

29 AUSS. AUSSENBEZIRK/WALD - NACHT
Mike steht in einem knietiefen Loch, das die Form eines Grabes hat, und gräbt. Dennis leuchtet mit einer Taschenlampe. Mike stößt das Blatt des Spatens in den Boden. Bei einer Hebelbewegung während des Grabens gibt plötzlich der Spatenstiel nach und bricht durch. Ungehalten wirft Mike die zwei Spatenteile beiseite.

MIKE
Verdammte Kacke! Auch das noch!

DENNIS
Egal, das Loch ist tief genug.
Komm, raus da!

Dennis und Mike stiefeln zu ihrem Auto. Sie hieven eine verschnürrte LEICHE aus dem Kofferraum und schaffen sie zur Grube.

30 AUSS. AUSSENBEZIRK/STRASSE - NACHT
Pauls Müll am Straßenrand. Dennis und Mike kommen mit dem Auto angefahren und stoppen daneben. Sie verstauen die Müllsäcke in ihren Kofferraum und brausen davon.

31 AUSS. STADT/HINTERHOF - NACHT
Der Wagen von Dennis und Mike bremst abrupt und kommt zum Stehen.

32 INN. HAUS/RAUM - NACHT
Dennis und Mike platzen zur Tür herein - die Müllsäcke unter die Arme geklemmt. Mike stellt einen der Müllsäcke auf einen Tisch, schlitzt ihn mit einem Springmesser auf.

MIKE
Mal sehen, was wir
hier Schönes haben.

Dennis und Mike fangen an die Müllsäcke zu zerpflücken.

33 INN. HAUS/RAUM - NACHT
Müll auf dem Tisch, Müll verstreut auf dem Fußboden. Dennis schaut sich einen Aufkleber auf einer zerknüllten Zeitschrift näher an.

DENNIS
(lächelt)
Na, was haben wir denn
hier! Wer is’ ‘n
der Schmutzfink?

34 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - NACHT
Paul liegt in seinem Bett und ratzt.

35 AUSS. WOHNSIEDLUNG/STRASSE - NACHT
Am Ende der Straße blitzen Scheinwerferlichter auf. Dennis und Mike kommen mit ihrem Auto angefahren. Vor dem Haus von Paul parken sie.

36 AUSS. GARAGE/EINFAHRT - NACHT
Die Garage steht offen. Dennis leuchtet mit seiner Taschenlampe hinein.

MIKE
Das ist die Karre.

37 INN. HAUS/SCHLAFZIMMER - NACHT
Paul wird durch ein Geräusch wach, und blickt in die grimmigen Gesichter von Dennis und Mike.

MIKE
Du hast was vergessen!

DENNIS
Deinen Müll!

Bevor Paul reagieren kann, wird ihm ein Kopfkissen ins Gesicht gedrückt - und darauf der Lauf einer Pistole. Ein dumpfer Schuss. Das Kopfkissen zerplatzt und
Daunenfedern fliegen umher.

38 AUSS. WOHNSIEDLUNG/STRASSE - NACHT
Behutsam drückt Mike die Klappe des Kofferraumes zu, in dem Paul, eingerollt in einen Teppich, liegt. Dann steigen er und Dennis ins Auto, fahren davon.

39 AUSS. STADT/STRASSE - NACHT
Das Auto von Dennis und Mike brettert an einem am Straßenrand stehenden Müllcontainer vorbei. Doch plötzlich stoppt es, fährt rückwärts an den Müllcontainer heran. Mit Schwung werfen Dennis und Mike die Teppichleiche in den Container.

40 AUSS. STADT/STRASSE - TAG
Ein LKW / Abrollkipper kommt vorgefahren und hievt den Müllcontainer auf seine Ladefläche.

41 AUSS. STADTRAND/MÜLLANNAHMESTELLE - TAG
Der LKW mit dem Müllcontainer fährt aufs Firmengelände. Am Eingang ein Schild:

Müllannahme - Sperrmüll, Bauschutt, Grünabfall

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 6 Uhr - 18 Uhr
samstags: 6 Uhr - 12 Uhr


FADE OUT.

ENDE
 
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