Prefsbelt IV

[Prefsbelt IV | Red One | Varon Kern mehrere NPC´s]


Varon Kern hatte Prefsbelt IV nie wirklich verlassen. Nur seine Würde, sein Palast, sein Einfluss waren verpufft – aufgelöst in der Kälte von Gerichtsbefehlen und einem neuen Gouverneur auf dem Balkon des Palastes von Blue One.

Mehrere Wochen hatte er sich von Versteck zu Versteck geschleppt – alte Lagerhäuser, getarnte Apartments, eine Nacht sogar in einem Frachtraum unter totem Getreide.
Als hätte er geahnt, dass es so kommen würde, hatte er vorgesorgt. Edelmetalle, gestohlene Artefakte, versiegelte Kisten mit Juwelen – verteilt auf fünf versteckte Tresore in längst vergessenen Villen, von denen niemand wusste. Manche davon geplündert, andere unangetastet. Aber insgesamt: genug. Genug, um zu überleben. Genug, um ein neues Netz zu weben.

Einige seiner alten Kontakte aus der wohlgeordneten Zeit, wie er sie nannte, hatten sich als nützlich erwiesen. Andere – Opportunisten, Duckmäuser, armselige Narren – hatten sich schnell abgewandt, sobald der Planet einen neuen Gouverneur erhalten hatte.

Einmal hatte er einen flüchtigen Holobericht gesehen – die Ankunft von Theranos Zesh in Blue One, die jubelnden Massen, die flatternden Banner. Seine Banner. Seine Leute.

„Dieser kleine Narr mit seiner Moral, seiner Ethik und seinem Pflichtgehabe...“, murmelte Kern leise, während er die letzten Meter im Canyon zurücklegte. „Glaubt wirklich, er hätte diesen Posten verdient.“



Die rostfarbenen Canyons von Red One glühten im schrägen Licht der untergehenden Sonne, als das dunkle Speederfahrzeug am Rand des südlichen Bezirks zum Stillstand kam. Die Stoßdämpfer zischten, die hintere Tür schwang auf – und Varon Kern, ehemaliger Gouverneur von Prefsbelt IV, stieg aus.

Ein schwarzer Umhang mit dezenten Goldfasern fiel über seine schmalen Schultern. Sein Gesicht, hager und eingefallen, wirkte trotz der Reise makellos gepflegt. Das silberne Medaillon – einst Symbol seines Amtes – blitzte einen Moment lang im Licht, bevor er es unter den Mantel schob.
„Willkommen in der Kolonie des gescheiterten Trugs“,
murmelte er mit nasaler Stimme, während sein Blick über bröckelnde Fassaden und verstaubte Luftschächte glitt. Hier verrottet Hoffnung schneller als eine Leiche in der Düne.“

Ein bulliger Mann mit Glatze und stumpfer Cyberoptik wartete bereits vor dem heruntergekommenen Gebäude, das eher wie ein altes Hydrauliklager aussah als wie ein Zufluchtsort für hochrangige Flüchtlinge. Er nickte knapp.
„Oh – werter Herr Kern“, sagte er tonlos. „Unser Chef meinte, Sie würden kommen. Ich dachte ehrlich gesagt, Sie wären längst... woanders.“

„Ich bin immer dort, wo ich nicht sein sollte – und nie da, wo man mich erwartet“, entgegnete Kern kühl und schritt an ihm vorbei. Die Tür quietschte, als sie sich blechern hinter ihm schloss.



Der Raum war kaum mehr als zwei zusammengestückelte Module. Rostiger Bodenbelag, stickige Luft, schwer von Schmieröl und Schweiß. Ein Tisch mit drei Stühlen, ein aufgebrochener Schrank, an der Wand ein halb funktionierender Luftfilter.
Auf dem Tisch: eine halbvolle Flasche Tarisianischer Glutrausch – ein bitterer, fast ätzender Branntwein, von dem man sagte, er könne einem Blinden das Augenlicht rauben.

Zwei Männer und eine Frau saßen dort. Bewaffnet. Nervös.

„Meine Freunde“, begann Kern ruhig, während er die Handschuhe auszog und sie neben dem Glas platzierte. „Es rührt mich zutiefst, dass wenigstens einige den Verstand verloren haben, mir Unterschlupf zu gewähren.“

Die Frau ergriff als Erste das Wort – mittleres Alter, wettergegerbtes Gesicht, braunes Haar zu einem Knoten gebunden.
„Natürlich… Gouverneur Kern...“, begann sie vorsichtig.

„Vergiss es, Jay“, fiel ihr der jüngere Mann ins Wort – schlaksig, mit schmutzigblondem Zopf. „Er ist kein Gouverneur mehr. Wenn überhaupt, ist er jetzt maximal ein etwas größerer Ganove als wir.“

Kerns Blick verfinsterte sich. Kühl, präzise – wie ein Raubtier, das seine Beute fixiert.
„Pass auf, was du sagst, Squiver. Ich werde dir schon zeigen: Wenn nicht Gouverneur von Prefsbelt IV... dann werde ich eben Gouverneur der Unterwelt.“
Ein Zucken durchlief sein eingefallenes Gesicht, das sich nun zu einer grinsenden, bösartigen Fratze verzog.

„Gouverneur der Unterwelt? Come on, Kern. Was für ein Schwachsinn.“ sagte Squiver belustigt.

Kern antwortete nicht. Stattdessen lachte er leise, beinahe freundlich.
„Hach ja... hat mich auch gefreut, Squiver.“
Er griff nach seinem Blaster – ein modifiziertes EL-18-Modell, schlank, schwarz, präzise. In einer flüssigen Bewegung richtete er ihn auf den Mann – und drückte ab.

Ein einziger Schuss.
Der Kopf des Blondschopfs sackte auf den Tisch. Die Flasche wackelte – aber fiel nicht.
Stille.

Kern blinzelte, schmunzelte leicht, und steckte die Waffe zurück in den Mantel.
„Ach, Squiver... er war unhöflich. Geistlos. Und langweilig.“

Die Frau schluckte hart. Der andere Mann hob beschwichtigend die Hände.
„Natürlich..äh… können Sie solange bleiben, wie Sie wollen. Wie besprochen wurde bereits alles geregelt.“

Kern nickte.
„Eure... Initiative wird notiert. Und richtet Garov meinen Dank aus.“
Sie zögerten nicht. Keine Fragen. Keine Blicke zurück. Sie verließen den Raum.



Kaum war die Tür zu, ließ Kern sich langsam auf das durchgesessene Bettmodul sinken. Staub stieg auf. Er griff nach dem Glas, schenkte sich einen Fingerbreit Glutrausch ein. Der Alkohol roch nach rostigem Metall und kaltem Feuer.

Er hielt inne, blickte durch die dünne Vorhangplane zum flackernden Licht der Straßenecke.
„Prefsbelt wollte einen neuen Gouverneur...“, murmelte er.
„Jetzt bekommt ihr einen. Nur eben ohne Palast.“

Ein Lächeln zuckte über sein Gesicht.
Er hob das Glas, prostete seinem dunklen Spiegelbild in der Scheibe zu und flüsterte.
„Morgen geht's In die Cantina. Der Abschaum weiß, wo es brennt –
…und ich werde der Zündstoff sein.“


Er trank in einem Zug, schloss die Augen – und legte sich mit verschränkten Händen hinter dem Kopf auf die harte Matratze.


[Prefsbelt IV | Red One | Varon Kern mehrere NPC´s]
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben