Gemäss der Washington Post sieht es nun doch wieder danach aus als sei die Ukraine für den Nord Stream Fall verantwortlich.
Bin gespannt ob da jemals die ganze Warheit rauskommt.
Das verdient eine kurze Aufarbeitung.
1. Eine Person in der Ukraine liefert Informationen über eine möglicherweise geplante Sabotage von Nordstream.
2. Ein europäischer Nachrichtendienst hält die Quelle für grundsätzlich vertrauenswürdig und erstellt einen Bericht.
3. Die besagte Behörde teilt den Bericht mit der CIA.
4. Die CIA teilt den Bericht mit ihren Verbündeten.
5. Einzelheiten des Berichts werden in Discord bekannt.
6. Es wird bestätigt, dass die durchgesickerten Informationen mit dem ursprünglichen Bericht des Geheimdienstes übereinstimmen.
Und... das war's buchstäblich.
Es existiert ein Bericht, der im vergangenen Juni an die CIA und von der CIA an andere geschickt wurde. In dem Bericht werden Behauptungen aufgestellt. Die Behauptungen bleiben unbestätigt und unbewiesen. Das Vorhandensein des Berichts selbst wurde später bestätigt. Der Rest ist Kontext, Geschmack, oder Spekulationen, oder Behauptungen ohne Quellenangabe.
Das Problem ist, dass die Theorie der Sabotage der Andromeda-Yacht absurd ist. Noch bevor wir uns mit den Einzelheiten befassen, geht die Theorie davon aus, dass eine Gruppe von genau sechs Personen mit allem, was sie in einem unveränderten 15-Meter-Segelboot transportieren konnten, in der Lage war, erfolgreich schwere Sprengladungen an Kraftstoffleitungen in einer Tiefe von 30 Metern anzubringen - etwas, das selbst für eine voll ausgerüstete US-Spezialeinheit nicht einfach zu bewerkstelligen wäre.
Die angebliche Verschwörung vom Juni unterscheidet sich in einigen Punkten von dem Anschlag im September. Der europäische Geheimdienstbericht stellt fest, dass die ukrainischen Agenten einen Anschlag auf die Nord-Stream-1-Pipeline geplant haben sollen, erwähnt aber nicht Nord Stream 2, eine neuere Leitung.
Und der Artikel stellt klar, dass angebliche der ukrainische Plan NICHT vorsah, beide Pipelines anzugreifen. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zwischen dem tatsächlichen Angriff und dem, was die Ukraine möglicherweise in Betracht gezogen hat. Es gibt einen sehr guten Grund dafür, dass ein Angriff auf beide Pipelines nicht geplant war. Dabei wären die Leute, die den zweiten Tauchgang durchführen wollten, getötet oder ins Krankenhaus gebracht worden. Das ist wichtig: Der Angriff, der sich ereignete, bei dem mehrere Rohre in kurzer Zeit explodierten, kann nicht das Werk eines "kleinen Teams von Tauchern" gewesen sein, sonst gäbe es sehr viele tote Taucher oder Taucher, die im Krankenhaus liegen. Man kann einen solchen Tauchgang genau einmal durchführen, bevor man eine beträchtliche Zeit nicht mehr tauchen kann.
Also, nochmal kurz zusammengefasst: Eine Person in der Ukraine behauptet, es hätte einen ukrainischen Plan gegeben, Nordstream zu sabotieren. Das kann eine Lüge sein - wäre nicht der erste Informant, der Unsinn erzählt. Es kann auch sein, dass es
Planspiele gab, eine solche Aktion durchzuführen, diese aber verworfen wurden. Auch das kommt häufig genug vor. Ich kann mir vorstellen, dass die Ukraine einen Plan hatte, um Nordstream in die Luft zu jagen, so wie die US-Streitkräfte Eventualitäten für Kanada und Mexiko haben, die wahrscheinlich nie zum Tragen kommen werden.
Zelensky und Zaluhzny wiesen den SBU wahrscheinlich an, in den ersten Wochen der Invasion einen Entwurf für eine Sabotageaktion in NS2 zu entwerfen, als noch Ungewissheit darüber herrschte, ob Europa bereit war, sich vom russischen Gas zu verabschieden, und legten den Plan dann auf Eis, als klar wurde, dass die Erpressung durch Gazprom gescheitert war.
Ein europäischer Geheimdienst hält die Informationen zumindest für erwähnenswert - über deren
Wahrheitsgehalt sagt das allerdings nichts aus. Und so landen wir dann bei "Sechs Taucher in einer Yacht sabotieren Nordstream und hinterlassen dann auch noch einen Berg an Beweisen inklusive Ausweise, die in die Ukraine führen". Und dann sollen auch noch die USA und die europäischen Partner davon gewusst und nichts unternommen haben? SWR und GRU, ick hör dir trapsen.
Und während dieses unbestätigte Geraune von vermeintlichen Qualitätsmedien in den Äther geblasen wird, fällt unter den Tisch,
dass es Fotos und Satellitenaufnahmen von russischen Spezialschiffen gibt, die im fraglichen Zeitraum mit deaktivierten Transpondern in der Nähe von Nordstream aktiv waren. Das dänische Verteidigungskommando bestätigt, dass es im Besitz von 26 Fotos des U-Boot-Rettungsschiffs SS-750 ist, das am 22. September an der Explosionsstelle von North Stream 1 war. Die Fotos wurden vom Patrouillenschiff "Nymfen" aufgenommen. Was ist glaubwürdiger - ein russisches Spezialschiff mit Mini-Uboot, das trainiertes Personal und Sprengstoff problemlos zum Einsatzort bringen kann, oder ein halbes Dutzend Hanseln auf einer Yacht, die mal flott ins Wasser hüpfen und Bumm machen?