Nach dem Prolog wird die Kommissionschefin relativ schnell konkret - mit einer Wende in der Israel-Politik, die ihre Parteifreunde aus den Reihen von CDU und CSU so schnell nicht mitvollziehen wollen. Manche sind regelrecht entsetzt, als sie "ihre" Kommissionspräsidentin hören. Die EU werde ihre bilateralen Zahlungen an Israel stoppen, kündigt Ursula von der Leyen an.
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Nicht selten ist Ursula von der Leyen aus einigen Hauptstädten vorgeworfen worden, sie handle gegenüber Israel zu sehr mit deutscher Vorsicht, spreche aber nicht für Europa. An diesem Mittwoch in Straßburg scheint sie dagegen einen Kontrapunkt setzen zu wollen.
In den vergangenen Monaten habe sich grundsätzlich etwas verändert in der Region, berichtet sie und zählt auf: Die palästinensische Behörde werde finanziell ausgetrocknet, Pläne für neue Siedlungen würden das besetzte Westjordanland faktisch von Ostjerusalem abschneiden, besonders extremistische Minister der israelischen Regierung würden mit Worten und Taten die Gewalt anstacheln.
"Schmerzhaft" nennt sie die Uneinigkeit der EU-Mitgliedsländer in der Frage von Sanktionen gegen Israel - das darf man in Berlin als Kritik an der Haltung der Bundesregierung werten, denn die für solche Sanktionen nötige qualifizierte Mehrheit scheiterte bisher am Nein aus Deutschland.
Einseitigkeit muss die Kommissionspräsidentin sich allerdings nicht vorwerfen lassen. Genauso offen wie Israel wird die andere Seite kritisiert - die Hamas seien Terroristen, die nicht nur Israel vernichten wollen, sondern auch das eigene Volk in Gaza mit Terror überziehen.
Auch die Forderung nach Freilassung der Geiseln fehlt nicht in der Rede - aber das kann die parteiinternen Kritiker schon nicht mehr besänftigen, der Vorwurf der falschen Akzente steht im Raum, zu heftig ist aus ihrer Sicht der gerade im Straßburger Plenum vollzogene Kurswechsel gegenüber Israel.