Urin-Anschlag auf SPD-Infostand
Aschaffenburg. Nach einem Urin-Anschlag auf einen SPD-Infostand brach ein Wahlhelfer, der den Täter verfolgen wollte, zusammen und verstarb. Das Motiv für die Aktion dürfte in der Arbeitslosigkeit des Täters liegen.
Mit 15 Litern eigenem Urin machte ein 45jähriger Arbeitsloser seinem Unmut am Samstag, 10. September Luft: Unter dem Ausruf ?*******? schüttete er zwei Eimer mit der übel riechenden Flüssigkeit über einen Infostand der SPD in der Aschaffenburger Innenstadt. Die SPD-Bundestagskandidatin Karin Pranghofer und Oberbürgermeister Klaus Herzog (SPD) wurden ebenso besudelt wie Wahlhelfer der SPD und Passanten sowie das zahlreich ausliegende Werbematerial der Partei. Auch der daneben aufgebaute CSU-Stand bekam eine Ladung ab.
Der Urinattentäter hatte noch mehr geplant: In der Nähe des Geschehens warteten weitere gefüllte Eimer auf ihren Einsatz. Dazu kam er allerdings nicht mehr. Denn jetzt wurde es höchst tragisch: Ein 65jähriges Parteimitglied war unter den Verfolgern, die den Täter ergreifen wollten. Dabei brach der SPD-Mann wohl vor Erregung über das Geschehene zusammen. Helfer eilten herbei, doch es war zu spät: ?Alle Wiederbelebungsversuche können Jürgen Becker nicht retten. Der 65-Jährige stirbt eine Stunde nach dem Anschlag gegen 13 Uhr im Aschaffenburger Klinikum an Herzversagen.? (Main-Echo, Aschaffenburg, 12.09.05)
Der Urintäter wurde inzwischen überwältigt und verhaftet, am gleichen Abend aber freigelassen. Ihn erwarten Anzeigen wegen Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung, nicht aber wegen des Todes von Jürgen Becker. Dieser könne ihm ?nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht zur Last gelegt? werden (Main-Echo, ebd.).
?Der Anschlag führt politische Gegner zusammen. CSU-Bundestagskandidat Norbert Geis ist sich mit SPD-Konkurrentin Pranghofer einig, dass dies kein Tag mehr für Wahlkampf ist. Vom Grünen-Stützpunkt am Marktplatz eilt Mitbewerberin Christine Scheel herbei, fassungslos.
Über der Fußgängerzone liegt immer noch beißender Uringeruch. Passanten halten sich Taschentücher vors Gesicht. Feuerwehrmänner spritzen den Platz ab. Wolfgang Feil von den Stadtwerken alarmiert seine Kollegen: Ein Container rollt an. Wahlkampfhelfer von SPD und CSU streifen Gummihandschuhe über. Durchweichte Parteifähnchen, Prospekte und Plakate taugen nur noch für den Müll.? (Main-Echo, ebd.)
Am Montag meldete der Lokalsender Radio Primavera, dass der Urinattentäter mit dem Verstorbenen verwandt gewesen sei. Und am Rand einer Veranstaltung in Aschaffenburg - Thema war die Bewegung gegen Sozialabbau - wurde ebenfalls am Montag berichtet, der Täter, ein Arbeitslosengeld-II-Empfänger, hätte bereits zuvor seine Schreibmaschine aus Protest in die Eingangstüre der Agentur für Arbeit in Aschaffenburg geworfen. Auch die Urin-Aktion mit ihrem tragischen Ausgang wird als verzweifelte Antwort auf erlittene Demütigung gewertet.
wiederlich und tragisch. mehr fällt mir dazu nicht ein. ok vielleicht könnte ich drüber lachen, wenn dabei nicht jemand gestorben wäre.