Va'art

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

Hoffen, träumen... Hoffen und träumen. Eowyns Hoffnungen waren immer wieder zerstört worden, aber sie begann sich zu fragen, ob es die richtigen Hoffnungen gewesen waren. Und hatte sie überhaupt so etwas wie Träume gehabt? Und wenn ja, welcher Art waren sie gewesen? Sie hätte sich vielleicht auf andere Dinge konzentrieren sollen. Manche Hoffnungen hatte sie zu Recht gehabt, andere vermutlich nicht. Und womöglich hätte sie sich mehr um sich selbst kümmern sollen. Eigene Ziele haben... eigene Träume und Hoffnungen, und nicht die der Jedi. Das war es, erkannte sie jetzt, was Ian auf Nar Shaddaa gemeint hatte. Sie war eine Jedi, ja, aber das sollte sie nicht ausmachen. Man konnte es nicht ablegen, ein Jedi zu sein - entweder man war es, oder man war es nicht. Aber man konnte versuchen, gleichzeitig auch eine Person zu sein. Und das hatte sie vernachlässigt. Wäre sie jemand gewesen, außerhalb der Jedi, dann wäre sie jetzt nicht eine leere Hülle, dann wäre es nie so weit gekommen. Es waren nicht nur die kleinen Dinge - das Zeitnehmen für sich, das Beschäftigen mit Dingen, die sie mochte. Es waren auch nicht nur die großen Dinge wie das Erhalten und Gründen von Freundschaften. Es waren vielleicht vor allem auch die inneren Dinge. Eigene Wünsche. Träume, Hoffnungen. Was hoffte sie, sie selbst, persönlich von ihrem Leben? Nicht die Jedi in ihr, sondern sie selbst? Sie wusste es nicht, und vielleicht war auch das der Grund, weshalb sie außerhalb des Ordens nicht weit gekommen war. Sie hatte nie aufgehört, eine Jedi zu sein und nie begonnen, sie selbst zu sein. Kein Wunder, dass es so nicht funktioniert hatte.
Würde es heute anders aussehen? Würde sie heute wieder zurückgehen?

Ihre Gedanken hatten eine völlig andere Richtung genommen, als Ian vermutlich beabsichtigt hatte, uns ei konzentrierte sich wieder zurück auf das Gespräch.
So lange wir hoffen, können wir träumen... wiederholte sie leise. Das ist wahr. Vielleicht ist es egal, was am Ende dabei herauskommt... so lange man nur an sich selbst glaubt. Aber war nicht gerade das das Schwierigste, was es nur gab?
Sie seufzte.
Ihr habt ja so Recht, und ich werde versuchen, es... nein, ich werde es mir hinter die Ohren schreiben, dass ich mehr auf die kleinen Dinge achten sollte. Kleine Schritte, nach und nach, keine Großen.

Sie setzte dazu an, Ian zu antworten - es machte letzten Endes keinen Unterschied. Nicht für den Toten, auf lange Sicht auch nicht für die Trauernden. Es machte einzig und alleine einen Unterschied für den Täter, und dieser war nicht die Person, an die sie bei dieser Sache als erstes dachte.
Doch etwas hielt Eowyn zurück. Ian hatte nicht aufgehört zu reden, um ihr Gelegenheit zu antworten zu geben, auch nicht, um über seine Worte weiter nachzudenken. Nein, er redete nicht mehr, weil er nicht mehr konnte, weil es ihn aufwühlte. Er wirkte aufgeregt... nein, das war nicht das richtige Wort. Eher schmerzvoll, bedrückt, qualvoll.
Natürlich.
Sie hatte gerade wieder einmal nicht daran gedacht, mit
wem sie hier redete. Ein Bantha in einem Glasgeschäft würde sich vorsichtiger verhalten. Aber es war nun einmal manchmal so leicht, zu vergessen...
Sie selbst redete davon, wo die Grenze zwischen Verteidigung und Mord zu ziehen war, machte sich Gedanken über hypothetische Szenarien und darüber, wie sie damit umgehen würde -
er hatte diese Grenze vielleicht schon überschritten. Hatte vielleicht schon Morde begangen. Er war ein Sith gewesen, bei den Planeten noch mal, und das lang genug, dass Allegious ihn auf eine solche Mission geschickt hatte. Sie wusste seinen Rang nicht, aber er konnte nicht allzu niedrig gewesen sein. Man stieg bei den Sith in der Regel nicht auf, ohne Dinge zu tun, die ein Jedi nie tun würde. Und sie wusste das. Hatte es die ganze Zeit gewusst, wusste, dass da Dinge in ihm waren, die sie vielleicht lieber bedeckt ließ. Weshalb redete sie mit ihm dann über solche Dinge? Und das heute, wo schon wirklich genug geschehen war.

Weil er davon angefangen hatte.

Weil er damit begonnen hatte, mit dem Wunsch, dass niemand mehr Waffen würde nutzen müssen. Wenn sie eins und eins zusammenzählte, dann
hatte er diese Vergangenheit. Und... was? Bereute er es? Das war es wohl, was zählte.
Es machte einen Unterschied, aber nur für den Täter. Und Ian war ein Täter. Das war es, weshalb er so vehemment darauf bestand, auch jetzt, als er sich langsam wieder fing und weitersprach. Bloß bestand er darauf aus seinem eigenen Gewissen heraus, nicht, um ihrer Diskussion oder ihres Seelenfriedens willen. Sie sah es an dem Blick, den er bei dem Wort "Mord" abwandte, und vor allem konnte sie es spüren. Sein ganzer innerer Aufruhr, das alles war persönlich.
Und ein Punkt, in dem sie ihm nicht würde helfen können.
Sie wusste nicht viel, aber sie wusste nun, dass Ian nicht "dunkel" war. Sie wusste, dass da etwas anderes in ihm war. Aber das war hier und das war jetzt. Seine Vergangenheit lag wo anders, und da lag der Knackpunkt - sie wusste nichts davon, und vielleicht, vermutlich, wahrscheinlich hatte er Recht. Er hatte Dinge vergessen wollen... Eowyn konnte sich nicht vorstellen, dass es dabei nur um den Virus des Imperators gegangen war. Das hätte er verkraftet. Nein, das war vermutlich eher der letzte Tropfen gewesen.

Wie konnte man mit solchen Dingen weiterleben? Sie wusste es nicht, und sie konnte es sich nicht vorstellen. Was konnte einen davon befreien? Reichte es, dass man bereute, dass man irgendwann begann, seine Taten zu akzeptieren? Das setzte die Reue erst einmal natürlich voraus, aber Eowyn wusste schließlich, dass dieses Gespräch Ian nicht kalt ließ. Hieß das nicht, dass es ihn belastete - und hieß belasten nicht, dass man bereute? Belastend konnten nur Dinge sein, bei denen man sich Vorwürfe machte. Schätzungsweise war das ein guter Schritt - aber wie ging es dann weiter? Bereuen und akzeptieren. Das war es wohl. Es klang so einfach und war doch eventuell nicht schaffbar.
Verteidigung, Mord. Unrecht mit Unrecht vergelten. Einsicht, Erkenntnis. Wie war das mit dem Blaster der Erkenntnis vorhin gewesen?
Und was, bei allen Sonnen, sollte sie nun darauf antworten?


Für jeden anderen, für jeden, der trauert, für jeden der zurückbleibt - da spielt es irgendwann keine Rolle mehr, sobald man über den ersten Schmerz hinweg ist, sagte sie leise. Winter war nicht tot, nicht wirklich. Aber sie lebte nicht mehr. Es spielte keine Rolle mehr, dass dieser Angriff damals wohl definitiv eher einem Mord glich als Verteidigung - dass sie nicht lachte. Es war für sie letztendlich nicht mehr wichtig. Es ist relevant für den Täter, vielleicht... Eowyn blickte ihn an und versuchte zu ergründen, wo in seinen Gedanken er festhing. Nicht machbar. Und es spielte auch keine Rolle. Sie war nicht sein Gewissen, und so lange er nicht offen mit ihr sprach konnte sie auch kaum darauf Rücksicht nehmen. Wobei sie wirklich bezweifelte, dass sie das überhaupt wollte. Denn so lange sie nichts wusste, konnte sie noch so tun, als ob... Unsinn. Sie konnte niemals so tun als ob. Sie wusste es. Und auch, wenn sie es hin und wieder vergaß, nicht daran dachte - sie wusste es. Und genau da liegt das Problem. Wo ist die Grenze zwischen Verteidigung und Mord? Ist aktive Verteidigung Mord? Ist es Mord, wenn ich die Sith umbringe, die es auf meine Padawan abgesehen hat? Oder ist es Verteidigung? Ist es Verteidigung, wenn ich die Sturmtruppler angreife, die gleich - vielleicht! - eine Siedlung stürmen werden? Oder ist es nicht viel eher Mord? Ihr sagt, wir haben die Pflicht, Dinge zu verhindern - aber woher weiß ich, dass diese Dinge auch wirklich geschehen werden, wenn sie doch noch nicht geschehen sind? Ich kann es in den meisten Fällen nicht wissen, und dann geschieht es, dass man sich vielleicht falsch entscheidet. Die Sturmtruppler könnten vielleicht niemals diese Absicht gehabt haben, und dann sind sie tot, und die Sith könnte, wenn ich mich gegen diese "Verteidigung" entscheide, meine Padawan tatsächlich umbringen. Nun, fast. Aber das spielte keine Rolle. Für mich gibt es dann zwei Möglichkeiten. Die Entscheidung akzeptieren und weitermachen - oder daran zerbrechen.
Eine andere Möglichkeit oder eine andere Wahl gibt es so oft. Aber diese beinhalten dann wiederum Folgen, die alles noch viel schwerer machen. Oder noch mehr Leben fordern. Fordern könnten. Oder auch nicht. Sie rieb sich mit den Händen über ihre Schläfen. Es gab keine Antwort auf die Fragen, die sie sich dazu stellte. Es gab nur den schmalen Grat, auf dem sie wandelte, und von dem sie hoffte, dass sie nicht schon längst heruntergefallen war.
Außerdem... Verteidigung und Mord liegen so eng beieinander, sie sind vielleicht unterscheidbar durch die Absicht des Täters, können aber durchaus von verschiedenen Personen unterschiedlich aufgefasst werden. Sie lachte bitter auf. Ich bin mir sicher, das Imperium würde mich als Mörderin suchen. Hätten sie damit Recht?
Sie wandte ihren Blick wieder auf das Feuer und redete leise weiter. Ich weiß nicht einmal, wie viele Personen ich auf dem Gewissen habe. Das Chaos alleine damals im Jedi-Tempel war so groß gewesen... so groß. Und sie noch so unerfahren. Und viel zu jung für die Rolle einer Meisterin. Ich bereue aber sicher dennoch jeden einzelnen, den ich aus dem Leben gerissen habe, und ich wünschte, ich hätte es nicht tun müssen. Aber macht es das letztendlich wirklich besser? Macht es das nicht nur für mich ein wenig einfacher, mich zu verstecken hinter den Ausreden, dass ich keine andere Wahl gehabt habe? Vielleicht hätte ich ja eine Wahl gehabt. Wer weiß das schon?

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

So lange sie träumten, konnten sie hoffen. Ja. Es stimmte und gehörte zu jenen Sätzen, die Ian in die hinterste Kammer seines Herzens verbannt hatte. Jene Dinge, die man nicht glaubte. Nicht mehr glauben konnte, weil sie zu utopisch waren. Und doch jene Dinge, nach denen man sich sehnte. Die man nie zu sehnen aufhören konnte. Gut, wenn Eowyn endlich begriffen hatte. Gut, wenn sie die Wahrheit dahinter erkannte und noch besser, wenn sie begriff, dass sie noch jede Chance hatte. Zu träumen, zu hoffen, zu leben.
Doch so hoffnungsvoll jene Erkenntnis auch immer sein mochte, so zermürbend war die darauf folgende. Frieden. Leben. Tod. Mord. Krasse Gegensätze die nicht zueinander passten und die niemals zueinander passen würden. In dieser Hinsicht gab es keine Träume mehr, denn anders als so vielem, war Mord etwas, das nicht rückgängig gemacht werden konnte, unabhängig davon, wie sehr man sich das herbeisehnte, wünschte, hoffte, erflehte. Ein genommenes Leben war ein genommenes Leben und würde es bleiben und kein Kodex, kein Satz, kein ‚es gibt keinen Tod‘ würde an dieser Tatsache rütteln. Und so richtig Eowyn bis eben noch gelegen haben musste, so falsch lag sie mit dem, was sie nun sagte. Auch für den, der zurückblieb machte es einen Unterschied. Wäre Tahiri durch einen Unfall gestorben, wäre sie in einem Krieg gewesen, er hätte es verzeihen können. Irgendwie. Aber sie hatten sie ermordet! Sie hatten sie zerstört! Tahiri hatte niemanden angegriffen, niemanden bedroht, sie war, bei allem was ihm je gut und heilig gewesen war, der friedvollste Mensch, den er gekannt hatte. Aber sie hatten sie ermordet und es machte einen Unterschied, auch für das Opfer. Auch für den, der zurückblieb. Kein sinnloser Tod, kein einfacher Unfall. Nein, die schlimmste Art der Verletzung, die schlimmste Handlung die zugefügt werden konnte, war zugefügt worden. Es machte einen Unterschied! Da war nichts, gar nichts, was ihren Tod hätte erklären, hätte entschuldigen können. Da war nichts, das er sich damals hätte anhören können. Weil es keine Entschuldigung gab. Unrecht barg keine Entschuldigung.
Relevant für den Täter? Er blickte auf, denn Eowyn begriff nicht. Es ging nicht um das Absprechen von Schuld, aber wenn sie jetzt sagte, dass es relevant für den Täter war, klang es wie ein Schuldzuspruch. Allein das Wort Täter implizierte, die Falschheit einer Handlung. Dabei ging es doch gar nicht um Absolution, nicht darum, eine Entschuldigung für sich zu finden, nicht darum, mit dem elenden Gewissen fertig zu werden.

„Ihr wisst nicht, von was ihr sprecht.“ Leise sprach er es aus. Keine Worte, mit denen er einen Streit auslösen wollte, keine Worte, die auch nur im Ansatz streitsüchtig klangen. Da war etwas anderes, etwas, das mehr beinhaltete als Überzeugung. Schmerz, vielleicht Reue, eine Mischung aus allem zusammen. Vor allem der Wunsch, dass sie sich nicht schuldig sprach, weil genau das falsch gewesen wäre. Dabei war es absurd… Und als Ians Blick nun zu Eowyn wanderte, lag all das darin und vielleicht die völlig abstruse Bitte, dass sie ihm diesmal nicht widersprechen würde und die stille Hoffnung, sie nicht dazu zu verleitet zu haben, nun ungestüm zu werden.

„Aktive Verteidigung ist kein Mord. Wo die Grenze ist? Ihr wollt wissen, wo die Grenze ist?“ Er verzog schmerzvoll das Gesicht, als sein Unterkiefer bebte. „Ich will Euch den Unterschied erklären“, sagte er dann, suchte nach den richtigen Worten, auch wenn es diese vielleicht nicht gab. „Aber tut das nicht“, warf er vorher ein, „Hört auf Euch über etwas den Kopf zu zerbrechen, über das Ihr nicht nachdenken solltet. Mord ist nichts, es ist gar nichts, dass auch nur in Euren Gedanken existieren sollte, ganz einfach, weil ihr keine Mörderin seid.“ Und dabei suchte er erneut ihren Blick und sah sie so intensiv an, wie es nur möglich war. „Ihr seid keine Mörderin, habt ihr das verstanden?“ Eine klare Unterscheidung musste stattfinden. Für sie. Für ihn. Er hatte seine Hände in Blut gewaschen und er würde sich dafür verbürgen, dass Eowyn zu so etwas nicht einmal in der Lage war. Nicht einmal in Gedanken. Vielleicht mochte sie hin und wieder versagt und das falsche getan haben. Vielleicht brauste sie manchmal zu schnell auf, aber bei jedem möglichen Selbstvorwurf, den sie sich machen konnte, gehörte jener, eine Mörderin zu sein, nicht zu denen, die sie sich machen durfte. Ob sie es gerade tat? Oder ob er nur projizierte? Ob es nur darum ging, ihr klar zu machen, dass sie nicht war, wie wer? Es spielte keine Rolle, solange sie begriff, dass nicht sie diejenige war, die schuldig war. Sie konntesich jeden erdenklcihen Rucksack aufziehen, gefüllt mit Last und Schuld, aber nicht diesen. Nicht diesen! Und was auch immer es war, das es Ian so wichtig machte, Eowyn davon überzeugen zu wollen, es war übermächtig. „Wenn der Sith stärker ist als Eure Padawan, wenn er nach ihrem Leben trachtet und wenn Ihr ihm die Chance einräumt von seiner Handlung abzukommen. Wenn er ihn warnt, dann ist es kein Mord. Steht er nur vor Euch und bedroht Euch, ohne aktiv zu werden und Ihr streckt ihn nieder, dann ist es Mord.“ Verstand sie, was er meinte? Begriff sie dass es einen Unterschied machte, ob sie töten wollte oder nicht? „Würdet Ihr einen Sturmtruppler töten, der nicht zuvor das Feuer eröffnet hat? Warnt Ihr den Soldaten, bevor ihr zum Angriff übergeht? Wollt Ihr den Soldaten töten?“ Es war so einfach, so undenkbar einfach und vielleicht begriff Eowyn, wenn er nicht versuchte zu erklären, sondern wenn er Fragen stellte. Keine Antwort vorgab, sondern sie selbst darauf kommen ließ.
„Mord, Eowyn, beginnt hier“, war dennoch der Versuch seiner Erklärung, als er auf seinen Kopf deutete. „Und viel schlimmer ist es, wenn der Gedanke sich auch hier eingenistet hat“, was ihn auf die Stelle deuten ließ, hinter der sein Herz liegen musste. „Die Absicht macht den Unterschied, Eowyn. Die Absicht macht den Unterschied und sie entscheidet nicht zuletzt darüber, ob es Mord oder Verteidigung ist. Und dieser kleine Unterschied ist entscheidend.“ Ian hatte verloren, das wusste er, denn er hatte diese Grenze längst überschritten. Da war das Wollen. Die Frage, ob man töten wollte. Und wenn ja, warum. Vielleicht war der Unterschied gering, vielleicht war der Grat schmal. Aber die Beweggründe waren es nicht, würden es niemals sein. Denn sie entschieden zwischen Gut und Böse. „Es geht nicht um die Auffassung irgendeiner Person, denn bevor eine andere über Euch richtet, seid Ihr selbst es, die über Euch richten muss, weil Ihr Euch in die Augen sehen müsst. Und jedes vernünftige Wesen, das noch alle Sinne beisammen hat und das auch nur einen Funken Moral besitzt weiß, das Töten aus der Lust am Töten Unrecht ist und würde nie auf die Idee kommen, auch nur eine Sekunde zu glauben, dass es eine Entschuldigung oder eine Rechtfertigung dafür gibt.“ Und dann blieb ihm nur noch ein Seufzen. Ausreden… Dabei ging es doch nicht darum, eine Ausrede zu finden. Und einfacher? Nein. Weder ging es darum eine Ausrede zu finden, noch ging es darum, es sich einfacher zu machen.
Ihr sagt es doch selbst Eowyn, Ihr habt es schon längst erkannt: ihr bereut, dass ihr etwas getan habt, was ihr tun musstet.“ Müssen war dabei ihr eigenes Wort gewesen. „Sicher macht es nichts einfacher und sicher ist es keine Ausrede. Aber es macht es besser.“
Das Gespräch hatte eine seltsame Wendung genommen, denn versuchte er hier nicht gerade, sie von ihrer Unschuld zu überzeugen und versank er selbst damit nicht noch tiefer in Sumpf der eigenen Schuld? Letzteres spielte keine Rolle. Es musste nicht einfacher für ihn werden. Da musste keine Erklärung für ihn sein.

„Entweder oder. So lange Ihr dem anderen die Wahl lasst, ist es besser. So lange ihr nicht töten wollt, solange Kopf und Herz dagegen sind, so lange ist es besser. So lange macht es einen Unterschied.“ Hoffentlich erkannte sie, dass es ihm nicht darum ging seine Meinung über die ihre zu stülpen. Rechthaberei war hier fehl am Platz. Nein, es ging um etwas anderes, etwas, das weit tiefer ging, als der egositische Wunsch, sich im Recht zu befinden. Kein falscher Stolz, diesmal war da kein niederes Gefühl. Ian wollte, dass Eowyn verstand und das vielleicht mehr um ihretwillen.

Sie wusste nicht, wie viele Opfer sie gefordert hatte, indem sie verteidigt hatte? Ian hingegen, nun, Ian erinnerte sich an jeden Einzelnen. Und er hatte sie gemordet, alle acht. Keine Wahl hatte er ihnen gelassen, keine Chance eingeräumt. Nein. Da war der Gedanke gewesen. Der Gedanke und der Wunsch. Und am Ende die Handlung. Unrecht blieb Unrecht.




Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

Sie bekam eine Gänsehaut, als Ian Eowyn ansah, und das lag sicher nicht daran, dass ihr kalt wäre. Sein Blick sorgte dafür, dass sie kaum hörte, was er eigentlich sagte, und es erst hinterher realisierte. Sie hatte vermutlich noch nie einen so ehrlichen, tiefen Ausdruck in seinem Gesicht gesehen - allerdings ohne, dass sie genau wusste, was er ihr damit sagen wollte. Oder, ob er ihr überhaupt etwas damit sagen wollte. Er klang jedenfalls sehr sicher, und kurz fragte sie sich, wie er auf den Gedanken kam, dass sie es nicht wusste. Er kannte sie überhaupt nicht. Er wusste nichts von ihr, vielleicht, wenn überhaupt, so viel wie sie von ihm, vermutlich aber eher weniger. Wenn man einmal von dem kleinen emotionalen Chaos absah.
Vielleicht hatte er ja Recht, aber woher wollte er das wissen? Und dennoch, der Blick, den er ihr dabei zuwarf, der so viel sagte, ohne zu wissen was, er ließ sie verstummen.
Das Thema wühlte ihn auf. Es war so deutlich zu sehen, dass Eowyn sich nicht sicher war, ob sie ihn nicht lieber unterbrechen und über etwas anderes oder gar nicht reden sollten. Aber was würde das schon bringen? Es lag nun auf dem Tisch, und ob sie es nun darunter schob oder nicht, es war da, präsent, und würde sich immer wieder in seine Gedanken schieben. Und außerdem, vielleicht war es ja ganz gut. Unter seiner Oberfläche brodelte so einiges, und eventuell kam er voran. Und wenn nicht, es warf ihn wohl auch nicht zurück. Davon abgesehen - noch einmal, er war nicht ihre Aufgabe.


Ians Blick wurde noch intensiver, er blickte so intensiv, dass ihr Oberkörper unwillkürlich ein kleines bisschen zurückwich. Wie kam er auf die Idee, ihr zu sagen, worüber sie sich den Kopf zerbrechen sollte? Ihr Kopf war schließlich ihrer, und sie würde sich den Kopf darüber zerbrechen, auf das sie Lust hatte. Ein wenig zuckte ihr altes Ich hervor und beschwerte sich über seine Anmaßung. Sie beschäftigte sich mit dem Thema, weil es wichtig war, weil es sie betraf, und weil sie sich dabei nicht so sicher war wie er es war. Ihr neues Ich, ihr noch nicht vorhandenes Ich, das, was sie versuchte, zusammenzuhalten, das griff allerdings ein. Er meinte es nicht so. Er meinte es tatsächlich gut, auch wenn seine Wortwahl anfangs sehr drastisch und befehlend klang. Er wollte ihr einzig und allein diese Gedanken ausreden, weil er sie nicht so sah.
Aber noch einmal... woher wollte er das wissen?
Dennoch ließ sie ihm erst einmal seinen Willen. Sie musste lernen, sich mehr zusammenzureißen, sich wieder mehr zu gedulden, nicht von vornherein Dinge auszuschließen. Seine Frage konnte sie ihm allerdings so nicht mit gutem Gewissen mit "ja" beantworten. Sie war sich nicht einmal sicher, ob er eine Antwort erwartete - aber das einzige, was sie konnte, war, den Blick abzuwenden in das Dunkel des Dschungels. Das war wohl das Ehrlichste, was sie zustandebrachte. Vielleicht verstand er mehr von dem Thema. Das bedeutete aber nicht, dass er ihre Sorgen, ihr Gewissen und ihre Ängste einfach so beiseite schieben konnte. Diese Dinge waren da und ließen sich nicht von einem dahergelaufenen Ex-Sith mir nichts, dir nichts aus der Welt schaffen. Nein, dieses Thema, diese Gedanken begleiteten sie schon einige Jahre. So einfach war das nicht.


Als er jedoch weitersprach konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. Es mochte zum Teil stimmen, was er sagte. Aber es stimmte nicht ganz, zumindest nicht für sie selbst. Sie sah ihn wieder an. Ian, ich will Euch Eure Ansichten nicht ausreden. Aber, sie schüttelte den Kopf, die Absicht kann vielfältig sein. Es gibt wie bei allem kein Weiß und kein Schwarz. Was ist dann Töten aus Angst, auch wenn die Gefahr für den Geängstigten nicht wirklich besteht? Nein. Die Absicht, ja, vielleicht ist sie auch wichtig, aber sie zählt nicht als Einziges. Ihr sagt es doch selbst - ich will nicht töten, aber dennoch tue ich es. Ich denke manchmal, dass ich muss - und führt das nicht letztendlich dazu, dass ich dann auch will? Ich könnte schließlich entscheiden, dass es vielleicht nicht sein muss. Dass es andere Möglichkeiten gibt. Könnte ich nicht einfach öfter versuchen... zu reden? Zu verhandeln? Nein, dafür habe ich mich in meinem Leben nicht entschieden. Aber ist es nicht das einzig Richtige? Sie schüttelte noch einmal den Kopf. Mir ist die Grenze längst nicht so klar wie Euch. Ja, in manchen Fällen mag es eindeutig sein. Aber nicht alle Fälle sind eindeutig...
Es waren sogar eher die wenigsten. Eindeutig war, dass sie bei der Flucht aus dem Tempel nicht hätte anders handeln können. Aber was war bei den anderen Situationen gewesen? Nein, es war nicht so einfach. Für ihn vielleicht. Nicht für sie.
Was wäre gewesen, wenn sie diese Apprentice, oder was auch immer sie gewesen war, im Kampf getötet hätte? Sie hatte Gelegenheit dazu gehabt. Aber für Eowyn wäre es Mord gewesen - sie hatte keinen Anlass dazu gesehen, solch eine Tat zu verüben. Sie hätte sich das nie verziehen.
Heute wünschte sie dennoch, sie hätte es getan.
Ach in den Sarlacc mit ihrer Zurückhaltung. Er würde sie sonst nie verstehen.


Ich hätte sie umbringen können, wisst Ihr... In den Sarlacc mit ihrer Zurückhaltung, ja, aber das Feuer war dennoch einfacher anzusehen als er. Aber ich habe es nicht getan. Ich habe mir gedacht - sie ist doch noch so jung. Sie weiß nicht, was sie tut. Sie kann mir nichts anhaben, warum sollte ich sie töten? Es wäre Mord gewesen, denn ich hätte es nicht tun müssen. Sicher keine Verteidigung, bei den Planeten nicht! Sie schnaubte. Nein. Verteidigung wäre das bei Weitem nicht gewesen. Niemals. Nur, heute weiß ich, dass ich lieber diesen Mord hätte begehen sollen. Könnte ich die Zeit zurückdrehen... ja, ich würde es tun. Jetzt blickte sie Ian doch wieder an. Er sollte sehen, dass sie es ernst meinte. Er sollte sehen, dass es nicht so einfach war. Und er sollte sehen, dass seine Worte, sie sei keine Mörderin, nicht so einfach dahingesagt werden sollten, auch wenn sie vielleicht stimmten. Winter war auch jung. Und dank mir wusste sie ebenfalls nicht, was sie tat... aber sie hatte das nicht verdient. Im Nachhinein gesehen... da wäre es wohl Verteidigung gewesen.
Und jetzt sagt mir - woher sollte ich das wissen? Woher sollte ich wissen, was nach meinem Kampf mit dieser Apprentice geschehen würde? Woher kann ich das heute wissen? Die Absicht wäre in dieser Lage immer die gleiche. Aber das Ergebnis ändert sich.

Ihr sagt, ich muss mir selbst in die Augen sehen, und das ist wahr. Abgesehen davon, wie oft schon werden Jedi öffentlich verurteilt? Die Frage ist, ob ich genau das kann, und diese stelle ich mir seit Jahren, nicht erst seit heute. Nein, nicht konkret, ob ich mich eine Mörderin nennen muss, das nicht. Aber ich frage mich doch, was richtig ist und was falsch. Und wie ich das in Einklang mit mir, meinen Fähigkeiten und meinem Leben bringen kann.
Sie seufzte. Das Gespräch nahm eine Richtung, die sie nicht beabsichtigt hatte. Sie wollte keine "Absolution" von Ian, das konnte er ihr genauso wenig geben wie sie ihm. Auch wollte sie ihm nicht einreden, dass sie ein schlechter Mensch sei - sie hatte doch die Vermutung, dass sie ein paar Dinge in ihrem Leben richtig gemacht hatte. Zumindest ein paar.
Aber sie war vorhin nicht ohne Grund durchgedreht. Es gab Dinge, die musste sie klären, bevor sie wieder sie selbst war. Oder ein anderes selbst. Oder irgendwer.
Ich will nicht töten. Das Herz ist dagegen, der Kopf meistens auch. Aber ich tue es dennoch.
Und vielleicht macht es einen Unterschied. Vielleicht aber auch nicht - so lange ich nicht ganz sicher weiß, ob ich bei jedem einzelnen keine andere Wahl gehabt habe.
Es geht mir auch nicht darum, wie andere mich sehen. Mir geht es darum, ob das, was ich mit meinem Leben anstelle, das Richtige ist. Es konnte schließlich so schnell vorbei sein. Viel zu schnell... Was, wenn es das gestern gewesen wäre? Hätte sie ihr Leben richtig genutzt gehabt? Sie fröstelte. Nein. Nein, das hätte sie nicht. Es gab schließlich einen Grund, weshalb sie noch hier war.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian
 
Zuletzt bearbeitet:
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn

Vielleicht projizierte Ian nur und musste Eowyn so unschuldig sehen, weil er genau das Gegenteil war. War er der Mörder und der vermeintlich böse, musste sie das Gegenteil sein, sie musste. Außerdem war da die leise Vorstellung, dass sich die Jedi nicht nur um des Namens willen gänzlich von den Sith unterscheiden mussten. Was auch immer mit einspielte, nicht zuletzt hatte Ian ein Bild von Eowyn, dass sie nun nicht zerstören durfte. Da waren nur die paar Tage, die er mit ihr zusammen verbracht hatte, aber es waren genügend gewesen, um sein Denken umzuändern, um in anderen Bahnen zu denken, um ein anderes Bild der Jedi zu bekommen. Sie hatte dafür gesorgt, dass sich etwas verändert hatte und nun durfte, ja sie durfte nichts sagen, was Ian dieses Bild hätte rauben können. Und sie durfte es nicht nur nicht, weil sie damit vermutlich die Kraft gehabt hätte, etwas zu zerstören, das sie selbst so mühsam aufgebaut hatte. Nein. Sie durfte es aus vielen Gründen nicht. Da waren zu viele zweifel gewesen, die er erkannt hatte. Zweifel, die sie an sich selbst hatte und es war nicht Ians Edelmut, der nicht zulassen wollte, dass Eowyn sich etwas aufbürdete, dass sie seiner Meinung nach nicht tragen dürfte. Sie konnte keinen Vergleich ziehen, weil da ein unterschied existierte. Aber sie verstand nicht, ihre nächsten Worte bewiesen es. Sie wollte nicht töten, sie wiederholte es. Sie wollte nicht, aber sie tat es. Und wenn sie nicht wollte, dann war genau das der entscheidende Punkt. Zwischen Müssen und Wollen erstreckte sich ein himmelweiter Unterschied.

„Wenn Ihr müde seid und Euch die Augen zufallen, wenn Euer Körper Euch in den Schlaf zwingt, obwohl ihr es nicht wollt, was ist damit? Wollen und Müssen sind zwei Dinge, die unterschiedlicher nicht sein können.“ Vor allem kam hier etwas viel Wichtigeres zu tragen, was sie entweder völlig ignorierte oder wirklich nicht verstanden hatte. Herz und Verstand.
„Wenn jemand nach Eurem Leben trachtet, auf Euch schießt, dann ist jedes Wort, ein Wort zu viel, weil ein Wort nichts gegen eine abgefeuerte Waffe ausrichten kann.“ Ein aktiver Angriff konnte nicht mit Worten abgewehrt werden, aber einen aktiven Angriff musste sie nicht gänzlich beenden. Er seufzte, denn es fiel ihm schwer, in dieser Sache scheinbar nicht mit den richtigen Argumenten aufwarten zu können.
„Angst ist kein niederes Gefühl, ich spreche doch von etwas anderemund da schlich sich leise Resignation in seine Stimme. „Mordlust, Rache, Hass, Sadismus.“ Sie wollte sich doch nicht wirklich auf eine Schiene mit diesen Dingen setzen? Nicht alle Fälle waren eindeutig, nein, aber das hatte er nicht behauptet. Ihm ging es lediglich um den Unterschied, aber vielleicht waren die Grenzen wirklich so eng aneinander, dass eine Unterscheidung so unmöglich schien.

Dann trat der Ernst in Eowyns Stimme und in ihre Augen und Ian lauschte ihren Worten, vorerst ohne etwas zu sagen, ohne sie zu unterbrechen. Sie begann von einem Kamp zu sprechen, in dem sie und vielleicht ihre Padawan verwickelt gewesen waren. Ein Kampf gegen eine Sith und ein Kampf, indem sie sich dafür entschieden hatte, nicht zu töten . Ein Kampf der daraufhin verehrend für Winter geendet hatte? Ein Kampf, der sie vielleicht das Leben gekostet hatte? Was auch immer geschehen war, Eowyn gelang es Ian zu schockieren. In jenem Moment, in dem sie zu behaupten wagte, heute anders entscheiden zu würden. Das passte wahrlich nicht in sein Bild und es machte es fast unmöglich, sie weiter sprechen zu lassen. Wir haben nicht das Recht dazu, jemandes Leben einfach so zu beenden. Wie passte dieser Satz, den sie vorhin noch angebracht hatte zu dem, was sie jetzt sagte? Wie? Wäre da nicht schon längst ein innerer Aufruhr gewesen, spätestens jetzt wäre er gekommen. Aber ging es hier um den Wunsch nach Vergeltung oder ging es Eowyn nicht viel eher darum, heute das abwenden zu können, was sie damals nicht verhindert hatte? Nicht hatte verhindern können?

Und so starrte Ian eine ganze Weile lang ins Feuer, als ein halbes Dutzend Gefühle über seinen Gesichtsausdruck huschten. Sir sprach nicht von Rache, dass glaubte Ian zu wissen, denn da war kein Gefühl des Hasses oder des Zornes gewesen, als Eowyn davon gesprochen hatte, heute anders zu handeln. Demnach hatte sie ihr Herz nicht verraten und das beruhigte ihn fast. Fast. Denn er dachte zurück und wieder ließ Ian dabei zu, dass ihn seine Gefühle einholten, nur das er es diesmal bewusst zuließ.
Noch einmal tauchte Tahiri vor seinem inneren Auge auf, doch bevor das Bild, in dem er nach dem Messer gegriffen hatte auftauchte, gebot er dem Szenario Einhalt. Die Sequenz endete an der Stelle, an der sich der Pirat erhoben und an der er hämisch gegrinst hatte. Wie hätte er heute reagiert? Wie jetzt? Er sah Tahiri vor sich, auf dem Boden liegend, mit zerrissener, blutiger Kleidung und er sah diesen … Mensch, dieses Monster und je intensiver Ian versuchte, sich zu Fragen, wie er heute reagieren würde, umso schlimmer wurde das Gefühl, dass sich jetzt in ihm ausbreitete. Erst war es nur ein einfacher Stich, mitten ins Herz, der sich ausbreitete. Als hätte man ihm einen glühenden Dolch ins Herz gerammt und die Hitze die davon ausging, breitete sich im Gazen Körper aus, leitete sich in heißen Wellen an alle Organe, an alles im Körper weiter. Obwohl dieser Dolch das Herz zum Stillstand hätte bringen müssen, obwohl er es vielleicht in jenem Moment zerstört hatte, schlug es weiter, unnatürlich schnell, unnatürlich hart und alles veränderte sich. Auch der Blick, denn alles verschwamm und jeder klare Gedanke machte nur einer einzigen Sache Platz, nur einer einzigen Sache Raum. Wut. Heiße Wut, die umzuschlagen drohte in etwas, das weitaus schlimmer war. In etwas, das er sich nicht mehr bedienen wollte. Hass. Und es wäre so einfach gewesen… Aber da kam die leise Frage, die fast unüberhörbare Frage: Was hätte es geändert? Und die Antwort war so deutlich vor ihm. Nichts. Nichts, nichts, nichts. Nichts hätte sich geändert. Nichts würde sich ändern. Nichts hätte sie lebendig gemacht.
Ian sackte leicht in sich zusammen, als er das Wutgefühl niederkämpfte und einfach war es nicht. Nein. Einfach nicht, aber notwendig. Es war zu Ende.
Noch immer sah er nicht auf, noch immer hatte er den Blick starr ins Feuer gerichtet, als er leise die Stille durchbrach.


„Vielleicht geht es nicht um die Wahl und vielleicht geht es nicht um die Handlung an und für sich. Wir haben nicht immer eine Wahl, das weiß ich und selbst wenn, dann sicher nicht immer die Zeit lange zu verharren, um die richtige zu treffen.“ Sofern es richtig überhaupt gab. „Aber das meinte ich nicht.“ Der Dunkelhaarige sackte weiter in sich zusammen, als das Feuer verschwamm, weil er zu lange und zu intensiv darauf starrte.
„Es geht um die Absicht, um den Beweggrund, um vor allem geht es dabei um das Herz. Es geht um Empfindungen.“ Noch immer sah Ian Eowyn nicht die Augen, aus Angst, was er darin sehen konnte? Er wusste es nicht.
„Nicht töten zu wollen und es zu tun, ist anders, als es tun zu wollen und es zu tun. Es macht einen Unterschied, ob man nur eine seiner Prinzipien verrät, oder ob man sein Herz verrät. Ob man sein Herz zu einem Verräter macht.“ Und es spielte keien Rolle mehr, ob sie jetzt begriff oder nicht, denn er hatte begriffen. Das war keien Entschuldigung, noch immer keien Absolution, aber er musste den Unterschied kennen, sich dieses Unterschieds bewusst sein. Gäbe es diese Unterscheidung nicht waren alle gleich. Alle gleich gut oder alle gleich böse und wenn es diesen Unterschuied nicht gab, dann spielte nichts mehr eine Rolle und dann war weder ein reller, noch ein ideeller Frieden möglich. Der Tag, an dem ein Mord aus Mordlust, Rache oder Hass so viel wog, wie ein Mord aus verteidigung oder Schutz, der Tag an dem wollen und müssen das gleiche waren, war der Tag, an dem es sich zu leben nicht mehr lohnte.
„Vielleicht würdet Ihr heute anders entscheiden und vielleicht hättet Ihr damit etwas verhindert. Und vielleicht seht ihr den Unterscheid nicht so klar wie ich, weil ihr vielleicht nie mit Eurem eigenen Hass in Kontakt gekommen seid. Aber das meinte ich nicht. Er seufzte, sie musste nicht verstehen, nicht seiner Meinung sein. Vielleicht begriff sie auch und sie sprachen nur aneinander vorbei. „Auch ich will Euch Eure Ansicht nicht nehmen. Aber ich kenne den Unterschied zwischen wollen und müssen. Zwischen Rache und Schutz. Zwischen Liebe und Gleichgültigkeit. Das meine ich.“ Und so lange eine Handlung nicht gleichgültig war, war es etwas anderes.Wenn ich heute vielleicht auch so handeln würde wie früher, dann sicher mit anderen Beweggründen.“ Heute hätte er seine Familie nicht getötet. Heute hätte er auf die Stimme, die ihm beständig gesagt hatte, er solle diesen Weg nicht gehen, nicht ignoriert. Und die Piraten? War da eben nicht wieder Wut aufgetaucht? Langsam schüttelte er den Kopf und die nächsten Worte galten nicht ihr, sondern waren einzig und allein seine laut ausgesprochenen Gedanken, ehe er in Schweigen verfiel.Es hätte nichts geändert.“ Er wäre früher gekomen. Bevor sie hätten tun können, was sie getan hatten. Er wäre früher gekommen. Er hätte Tahiri gar nicht erst alleine gelassen.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn
 
Zuletzt bearbeitet:
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

Eowyn seufzte. Ja, vielleicht sah sie das alles viel zu eng. Sie hatte sich vielleicht schon viel zu viele Gedanken über darüber über viel zu viele Jahre gemacht... Eigentlich war es vermutlich eine gute Sache, dass sie mit jemandem darüber sprach. Mit jemandem, dessen Sicht einfach so völlig anders war als die ihre. Ians Blickwinkel war einer, den sie in tausend Gesprächen im Jedi-Orden vermutlich nicht bekommen würde. Eigentlich sollte sie dankbar sein, diese Gelegenheit ausnutzen. Aber ihr Kopf war langsam wirr von all dem und sie wusste bald beinahe nicht mehr, was sie selbst eigentlich meinte. Was auch daran liegen konnte, dass Ians Worte sie erreicht hatten und ihre Gedanken sich nun jagten. Wenn sie ehrlich war - ja, es lag wohl daran.
Schließlich hatte er ja Recht. Wollen und Müssen waren nicht das Gleiche, und sie wollte schließlich nicht. Ihre Überlegung, ab wann jedoch das "Müssen" einsetzte, war allerdings noch nicht geklärt. Aber musste sie das jetzt? War es nicht viel wichtiger, sich darauf zu konzentrieren, immer genau zu prüfen, was sie tat, sich immer zurückzuhalten, und vor allem zu lernen, sich zu beherrschen? Wenn sie ruhig blieb, immer in sich selbst, dann würde sie auch die richtigen Entscheidungen treffen. Müssen. Wie passend.

Ihr Gespräch war ins Stocken geraten. Eowyn fragte sich jetzt unsicher, ob sie Ians Bild von sich mit diesem einen kleinen Geständnis völlig zerstört hatte. Seltsam... noch vorhin hatte sie sich gefragt, wie er darauf kam, sie so anders zu sehen. Nun wünschte sie fast, sie hätte es dabei gelassen, auch, wenn es sich falsch anfühlte. Und dabei... dabei hatte sie doch gerade noch gesagt, dass es ihr nicht darum ging, wie andere sie sahen. Darum war es ihr noch nie gegangen, warum auch - abgesehen vom Rat und ihren Padawanen hatte sie nie viel länger mit jemandem gesprochen, zumindest nicht, seit sie wieder zurückgekehrt war. Ihre alten Freundschaften waren eingeschlafen, davon abgesehen, dass man alss Jedi ohnehin nur selten auf alte Freunde traf. Warum sollte es sie interessieren, wie jemand anderes sie beurteilte? Es spielte für sie auch keine Rolle, welchen Rang sie bekleidete, auch wenn es vielleicht gerade jetzt wirklich nützlich gewesen wäre, eine Rätin gewesen zu sein. Ian hätte sich ihr dann vielleicht früher anvertraut. Doch grundsätzlich... nein. Sicher, sie war jedes Mal geehrt gewesen, wenn man sie in einen neuen Rang erhoben hatte, aber letztendlich... letztendlich war es ihr egal, wie andere sie sahen.
Abgesehen von ihrem Vater. Er war glücklich gewesen, sie kurz vor seinem Tod noch einmal zu sehen, und zu wissen, dass seine einzige Tochter eine Jedi-Meisterin war... es hatte ihn ein wenig über ihre verlorene Zeit hinweggetröstet. Und sie war froh gewesen, ihm dieses Geschenk machen zu können.
Warum interessierte es sie also, was Ian von ihr dachte?
Vermutlich, weil sie so viel Zeit mit ihm verbrachte hatte wie mit kaum jemand anderem in den letzten Jahren - von ihren Padawanen abgesehen. Aber das waren nun einmal andere Gespräche, andere Verhältnisse...
Eine Flutwelle voller Energie, voller Wut riss sie aus ihren Gedanken und sie zuckte zusammen. Sie kam von Ian - hatte es etwas damit zu tun, was sie ihm gesagt hatte? War sie so...
Blödsinn.
Genau diese Interpretationen hatten immer zu ihren Streitereien geführt. Wenn es etwas gewesen war, das sie gesagt hatte, dann würde er ihr das schon sagen. Oder auch nicht, aber dann war es eben
sein Problem. Sie durfte sich diesen Schuh nicht mehr anziehen. Warum sollte es ihre Schuld sein?
Resigniert seufzte sie wieder. Es war nicht leicht, sich so entgegen ihrer Natur zu verhalten, entgegen ihrer festgefahrenen Verhaltensweisen. Sie musste sich zusammenreißen.

Schließlich sprach er wieder. Und sah sie dabei nicht ein einziges Mal an. Hatte es doch etwas mit ihr zu tun gehabt? Unsicher blickte Eowyn in Ians Gesicht. Sie konnte nichts daraus lesen... aber, verdammt! Sie
sollte auch nichts daraus lesen! Wenn er ein Problem mit ihr hatte, dann würde er es ihr schon sagen...
Und... wenn nicht?
Entschlossen schlug sie die Tür zu diesem Gedanken zu. Nein. Das hatte hier keinen Platz mehr.
Sie. würde. nicht. interpretieren!
Die Wahl betreffend sprach er eigentlich nur das aus, was sie sich vorher gedacht hatte. So weit auseinander lagen sie wohl also gar nicht. Und die nächsten Sätze...
Seine Prinzipien verraten oder sein Herz... Ja. Das traf es wohl ins Schwarze. Sie verriet ihre Prinzipien, immer und imer wieder, und das hielt sie einfach nicht aus. Es schmerzte, es zerriss sie innerlich. Aber machte es sie zu einem schlechten Menschen? Das war wohl die Frage. Wieder eine Frage. Eine völlig andere, und sie hatte keine Geduld mehr, sich mir ihr auseinander zu setzen. Ian hingegen setzte sich viel mit allem auseinander. Er klang überzeugt, und Eowyn hatte das Gefühl, dass er zu einem Schluss gekommen war, was auch immer das bedeutete. Ganz im Gegensatz zu ihr.
Aber vielleicht irrte sie auch. Es wäre nicht das erste Mal...

Vielleicht würde sie heute anders entscheiden. Und würde es verhindern. Wenn sie wüsste, was geschehen würde... würde sie diesen Tod auf sich nehmen? Um Winter zu retten? Um mit Winter vielleicht auch ihre Seele zu retten, die damals begonnen hatte, zu zweifeln? Vermutlich nicht. Winter ja, ihre Seele nein. Ihre Seele würde dabei noch viel früher zerbrechen.
Würde sie es dennoch tun?
Mit anderen Beweggründen... Aus dem Beweggrund Winter zu retten... aber war es das Wert? Ein Leben gegen das andere? Ja, das war es - Winter war unschuldig gewesen, sie hatte sich noch nicht einmal verteidigen können. Es war aus heiterem Himmel auf sie gestürzt... Nein. Das war es nicht wert. Wer war sie, zu entscheiden, wessen Leben mehr wert war? Wusste sie, was aus dieser Apprentice geworden war? Nein. Vielleicht hatte auch sie eine wichtige Aufgabe in dieser Galaxis gehabt. Es tat weh, es schmerzte, der Verlust und vor allem ihr Versagen wogen schwerer, als sie glauben wollte.
Aber würde sie es dennoch tun?


Sie sackte zusammen, stützte ihre Stirn in ihre Hände und starrte auf den dunklen Boden. Ihr habt ja eigentlich Recht... murmelte sie. Es ist nur... Sie blickte wieder auf. Ich habe Angst! Den Absprung zu verpassen, den Moment, in dem es langsam vom "Müssen" zum abgestumpften "es ist mir egal" führt... und das dann wiederum... sie verstummte. Es war klar, wohin eine solche Haltung irgendwann führen würde, langsam, aber unausweichlich. Ich verrate meine Prinzipen... und das ist viel, das ist mehr als ich ertragen kann. Aber ich verrate das, wofür ich stehe, wenn ich es nicht tue. Ich muss... Sie brach wieder ab. schon wieder dieses "müssen". Musste sie wirklich?
Und würde sie es dennoch tun?

Und ihr habt noch einmal Recht, flüsterte sie schließlich, während ihre Augen sich nach all den Jahren schließlich noch einmal mit ein paar Tränen füllten. Ich weiß nicht, wovon ich spreche... Ich weiß nicht, ob ich mein Herz verraten könnte... ob ich es selbst heute tun könnte, wenn ich es ändern könnte... Eowyn hatte es sich immer und immer wieder vorgestellt. Was sie hätte tun können, tun müssen, um das alles mit Winter zu verhindern. Sie hatte sich dafür verantwortlich gefühlt, dass sie es nicht getan hatte. Sie hatte es sich so oft vorgestellt, dass sie irgendwann nicht mehr daran gedacht hatte, was es wirklich bedeutet hätte. Für sie. Für ihr Leben. Ja, sie fühlte sich noch immer verantwortlich für Winters Schicksal - sie hätte sie niemals mitnehmen dürfen. Sie hätte sie besser ausbilden müssen. Sie hätte sie besser beschützen müssen. Aber sie fühlte sich nicht mehr verantwortlich dafür, dass sie die Apprentice hatte laufen lassen. Alles andere... alles andere... wäre nicht richtig gewesen. Es war nicht ihr Recht gewesen.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian
 
Zuletzt bearbeitet:
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn


Ian konnte Eowyn nicht ansehen, weil er sich davor fürchtete, was er in ihren Augen hätte lesen können und vielleicht fürchtete er sich auch davor, etwas von sich zu erkennen. Der Tag, an dem sich selbst im Spiegel entgegenblicken konnte, war längst verschwunden und wann immer er doch einen Blick in den Spiegel warf, wusste Ian es tunlichst zu vermeiden, sich dabei in die Augen sehen zu müssen. Es war völlig unmöglich. Und jetzt war da wieder diese Erschöpfung, die so fern von Müdigkeit lag. Er hatte sich nie so intensiv mit den Geschehnissen um die Piraten beschäftigt, sich nie die Frage gestellt, ob seine Handlung richtig gewesen war oder nicht. Da waren andere Gefühle gewesen. Wut, Hass, Trauer, Verlust. Aber ein Schuldgefühl? Die Frage nach der Richtigkeit seines Tuns? Niemals. Sein Gerechtigkeitsempfinden hätte ihm sicher gesagt, dass es in Ordnung war, so wie er sich auch nach dem Racheakt auf Telos versucht hatte einzureden, dass sie alle den Tod verdient hatten. Noch vor seiner Reise hatte er sich das gleiche eingeredet. Aber mehr und mehr schien jedes Kartenhaus, das er sich aufgebaut hatte, in sich zusammenzustürzen. Schlimmer. Jedes Haus, das er aus Stein zu bauen geglaubt hatte, erwies sich nun als Kartenhaus. Ian war längst mehr, als nur ein Prinzipienbrecher. Denn da war mehr als ein eigenes Gebot, das er überschritten hatte. War sein Herz schon ein Verräter? Vielleicht war der letzte Strohhalm, der ihn nicht komplett in sich zusammensacken ließ der, dass kein Mord den er je begangen hatte Erleichterung oder gar Freude gebracht hatte. Kein Rausch, kein Gefühl der Macht, kein Gefühl des Gefallens. Nichts. So wichtig diese Tatsache vielleicht war, so nichtig schien sie gleichermaßen. Das was zählte war, dass es nichts geändert hätte, nicht geändert hatte. Eine seltsame Erkenntnis. Sie würde nicht ausreichen um zu verzeihen, aber etwas veränderte sich dadurch. Vielleicht nichts entscheidendes, vielleicht viel, aber etwas. Etwas war anders.

Anders war auch das, was nun von Eowyn aus zu ihm herüber ging und obwohl Ian mit seinen Gedanken für den Moment –bis eben- komplett bei sich gewesen war, galt es jetzt, seine eigenen Gefühle und sich selbst in den Hintergrund zu drängen. Und als er das Chaos ihrer eigenen Gefühle wahrzunehmen glaubte, zwang er sich nicht nur, zu verdrängen, sondern auch wieder den Blick zu heben. Jetzt war sie diejenige, die in sich zusammengesackt war, mit dem Unterschied, das ihr Blick nicht im Feuer, sondern auf dem Boden verharrte. Und es war das erste Mal, dass sie so offen zugab, dass sie sich fürchtete. Nicht etwa vor seiner Vergangenheit, sondern vor ihrer Zukunft. Er verstand ihre Angst, aber gleichermaßen hielt er sie für absurd. Wenn sie wirklich glaubt abstumpfen zu können, wenn sie wirklich davon ausging, je so gleichgültig zu werden… Nein, dann irrte sie sich. Aber diesmal wollte er versuchen ihr die Angst anders auszureden. Sie gab sich die Schuld und es klang so, als gäbe sie sich die Schuld für den Tod von Winter. Auch wenn sie das nicht klar formuliert hätte, eigentlich war das der einzige Schluss, den Ian ziehen konnte. Fieberhaft versuchte Ian innerhalb von Sekunden –was ihn an die Wahl und die Zeit dazu erinnerte- nach den richtigen Worten zu suchen. Diesmal musste er es anders versuchen. Kein ‚Ihr irrt Euch‘. Vielleicht auch nicht das, was er zu Tahiri gesagt hätte, aber…

Eowyn“, begann er schließlich sanft, „glaubt Ihr nicht, dass diese Angst von der Ihr sprecht, vielleicht genau das ist, was Euch immer wieder zum Nachdenken bringt und Euch damit schützt etwas zu werden, was Ihr nicht werden wollt?“ Wenn sie sich immer wieder hinterfragte und wenn sie noch immer überzeugt davon war, dass sie niemals abstumpfen durfte, dann war sie auf dem besten Weg es zu verhindern, wenn nicht gar, es unmöglich zu machen. Gegen etwas zu sein, zu wissen, das man nie dafür sein durfte half. Die Stimme des guten Gewissens. Sie hätte auch ihm geholfen, hätte er sie nicht beharrlich ignoriert.

Ich weiß, dass diese Worte… so leer erscheinen, wie eine Floskel und ich weiß auch, dass sie wahrscheinlich nicht helfen, aber es geschehen oft Dinge, gegen die wir nichts tun können. Dinge, die wir nicht verhindern können. Wir kommen zu spät, wir reagieren vermeintlich falsch, wir scheitern. Aber,“ und nun versuchte er ernst und sanft zu klingen, nicht wissend, ob er hieran scheitern würde, „das bedeutet nicht, das wir die Schuld an ihnen tragen.“ Auch er war zu spät gekommen… Aber hätte er es verhindern können? Hätte er Tahiris Tod verhindern können? Hätte er nicht zu einem anderen Zeitpunkt wieder zu spät kommen können? In einer anderen Situation?

Ian glaubte außerdem nicht, dass Eowyn dazu in der Lage war, ihr Herz zu verraten, aber das zu sagen, wäre vielleichtanmaßend in ihren Ohren gewesen und so hielt Ian sich diesmal zurück. Schließlich kannte er sie kaum… auch wenn er sie gut genug zu kennen glaubte, um eine solche Behauptung treffen zu können, denn sie hatte genau das schon mehrfach bewiesen und gerade jetzt tat sie es auch. Niemand, der sich so viele Gedanken über richtig und falsch machte, niemand, der darauf bedacht war, sich noch in die Augen sehen zu können, war dazu in der Lage, sein Herz zu verraten. Nein, es war unmöglich.
Dann richtete der Dunkelhaarige seinen Blick kurz auf das Feuer. Vielleicht half es, wenn er es sagte, wenn er mehr sagte und es kostete ihn ein wenig Überwindung auch in dieser Hinsicht offen zu sein, dennoch suchte er wieder Eowyns Blick. Denn wenn es half war es die Offenheit wert. Wenn es auch nur ein bisschen zu trösten vermochte.

„Ich konnte Tahiris Tod nicht verhindern. Ich kam zu spät, um ihr zu helfen.“ Nicht zu spät, um zu Morden – aber diesem Gedanken galt es Einhalt zu gebieten. Vorsichtig sprach er weiter:
Aber etwas nicht verhindern zu können, macht nicht schuldig Eowyn. Auch nicht… wenn es sich so anfühlt.“ Er hasste die vermeintliche Leere dieser Worte, aber vielleicht änderte sich etwas an ihrer Leere mit der Tatsache, dass er wusste, wovon er sprach? Dinge geschahen. Und nicht selten war es wie mit Wasser oder Luft: Es war unmöglich eines von beiden mit den Händen festzuhalten.
„Vielleicht hättet Ihr damals anders handeln können. Aber vielleicht hätte sich damit alles zu noch schlimmeren gewendet.“ Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Doch wenn er versuchte ihr zu sagen, dass sie nicht schuld war, wenn er es direkt sagte, sie würde sicher sofort abblocken. Wenn Eowyn es nicht schon jetzt tun würde.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn
 
Zuletzt bearbeitet:
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

So hatte sie es noch nicht gesehen. Ihre Angst war einzig und allein da, um bekämpft zu werden. Angst zu haben war kein gutes Gefühl, und sie wollte sie loswerden. Angst, die hingegen nützlich war... vielleicht lag Ian da richtig. Ohne diese Angst wäre sie eventuell schon längst an einem anderen Punkt. Es war wie mit dem Fieber im Körper. Nützlich bis zu einem gewissen Grad, nur durfte es nicht überhand nehmen. Verhielt es sich auch so mit Angst? Angst war manchmal gar keine so dumme Idee... Angst davor, Dinge zu tun, die gefährlich waren. Bloß musste man reflektieren. Angst durfte auch nicht von Dingen abhalten, die möglich wären.
Ihre Angst davor, etwas falsch zu machen, auf den falschen Weg zu geraten, das war vielleicht essenzieller als sie dachte. Diese Angst zu besiegen konnte entgegengesetzte Wirkungen zu dem haben, was sie wollte - also hieß es, sie nicht überhand nehmen zu lassen und wieder einmal akzeptieren. Und dabei hatte Eowyn doch so genug von Akzeptanz...
Ians ruhiger Tonfall half ihr ein wenig. Auch unter dem Aspekt, dass sie sich vielleicht tatsächlich wieder getäuscht hatte... Es hatte nichts mit ihr zu tun gehabt. Würde er sonst so ruhig mit ihr reden? Wieder einmal ein Beispiel dafür, dass sie sich zu schnell für eine Interpretation entschied. Und, dass sie zu viel auf sich selbst bezog. Das Universum drehte sich schließlich nicht um sie.

Dinge, die wir nicht verhindern können. Wieder diese Sache. Sie war zu klein, zu unbedeutend. Das Gefühl der Hilflosigkeit drohte wieder, sie zu überfallen, wie schon Stunden zuvor. Was nutzte es dann? Die wenigen Dinge,
die sie verhindern konnte, verändern konnte, im Vergleich zu den vielen Dingen, auf die sie keinen Einfluss hatte? Wenn sie nicht einmal ihre Padawan schützen konnte? Wieder dieses Denken in kleineren Maßstäben. Sie konnte das einfach nicht tolerieren. Sie war wohl unfähig dazu. Ich schaffe das nicht. Ich kann das nicht akzeptieren. Ja, vielleicht war das wieder ihre Anmaßung. Nicht nur vielleicht. Das war es. Aber es zu wissen nutzte nichts. Sie konnte nicht heraus aus sich, sie wollte so viel mehr, als sie konnte... Das konnte sie nicht ignorieren. Aber auch nicht akzeptieren.
Sie durfte auch nicht wieder in dieses Loch fallen. Nicht noch einmal. Nicht jetzt. Ein Mal war schon genug gewesen. Nicht jetzt. Sie musste es wegschieben... Nicht jetzt.
Sie stützte wieder die Stirn in ihre Hände, konzentrierte sich auf seine ruhige, sanfte Stimme, die in ihrem Kopf hin und her hallte. ...bedeutet nicht, die Schuld an ihnen zu tragen... nicht die Schuld... Aber wofür denn dann? Wofür trug sie die Schuld? Das Leben war nicht schuldlos. Jeder tat Dinge, für die man die Verantwortung übernehmen musste. Wenn man nicht die Schuld trug für die Dinge, die in seiner Verantwortung lagen, wofür dann? Und Winter hatte in ihrer Verantwortung gelegen. Ja, sie hätte die Apprentice nicht töten können. Aber es waren viele Faktoren gewesen, die zu diesem Moment geführt hatten. Und die meisten davon waren ihre Verantwortung gewesen.
Manchmal eben vielleicht doch... wenn auch nur indirekt. Aber das macht es nicht besser.
Dinge, die man nicht verhindern konnte - natürlich gab es die. Sie hätte nicht verhindern können, auf diesem Mond abzustürzen - aber sie hätte verhindern können, dass die Information verloren ging. Wieder so ein Punkt. Das war ihre Schuld, klar und eindeutig, und es wunderte sie beinahe, dass Ian ihr das noch nicht direkt vorgeworfen hatte. Es war eben nicht so einfach.

Nur verhängnisvolle Themen. Nur Dinge, die sie wieder so sehr zweifeln ließen, und das wollte sie nicht. Das hatte sie doch schon durch? Sie hatte heute Vormittag alles aus sich herausgelassen, hatte alles zugelassen - hatte das etwa nicht gereicht? Ihr wurde schwindelig, und sie blickte wieder auf, um sich einen Fixpunkt zu suchen, den sie in Ians Blick fand, der jetzt weitersprach. Und sie glücklicherweise so überraschte, dass er sie aus ihren Gedanken riss.
Wie war Tahiri gestorben? Weshalb war er "zu spät" gekommen? Aber - er hatte den Unfall nicht verursacht, oder die Krankheit, oder den Mord, was auch immer es gewesen war. Erstaunt erwiderte sie seinen Blick, antwortete dann schließlich.
Selbstverständlich seid Ihr dafür nicht verantwortlich, Ihr tragt dafür doch keine Schuld. Es gibt einfach keinen Grund, sich dafür schuldig zu fühlen. Ihr kamt doch einfach nur... zu spät... Das ergab keinen Sinn. Er hatte doch nicht ahnen können, was passieren würde. Er hätte es in keinster Weise verhindern können... oder doch? Sie wusste schließlich nicht, was passiert war. Trotzdem. Sie konnte sich keine Situation vorstellen, in der er deshalb Schuld gewesen wäre.

Mit dem nächsten Satz jedoch erinnerte er sie wieder an ihre eigenen Gedanken. Stang, dabei war sie doch gerade so schön abgelenkt gewesen von seinen Problemen.
Was wäre geschehen, hätte sie Winter nicht mitgenommen? Nichts, vermutlich. Sie wäre auch mit der Apprentice
und ihrem Schoßhündchen fertig geworden. Schwer, aber ja. Sie hätte einfach schneller aggressiver gekämpft, hätte die beiden losgeworden und wäre wieder zu Winter geflogen. Es war nicht unnormal, Padawane bei gefährlichen Missionen erst einmal herauszuhalten, besonders, wenn sie so unerfahren waren wie Winter es gewesen war. Sie wusste heute nicht einmal, weshalb sie sie überhaupt mitgenommen hatte. Es war falsch gewesen. So falsch.
Was wäre geschehen, hätte sie die Apprentice getroffen? Sie hätte sie auch einfach verletzen können... vielleicht wäre ihr jemand zur Hilfe gekommen. Dieser Ian vielleicht... Vielleicht hätte es Winter dann so oder so getroffen. Vielleicht aber auch nicht.
Was wäre geschehen, hätte sie die Apprentice
tödlich getroffen? Winter hätte überlebt. Sicher. Aber sie selbst... wäre dann heute nicht hier, vermutlich... wäre es der erste Schritt gewesen, um auf die dunkle Seite abzutrudeln? Würde ihr Lichtschwert heute eine andere Farbe haben?
Nein. Das konnte sie sich nicht vorstellen... Nicht wegen einem kleinen Fehltritt. Ein kleiner Fehltritt, der das Leben eines anderen kostete?
Nein. Vielleicht hätte sie die Jedi einfach früher verlassen. Mit einem Mord auf dem Gewissen...
Sie seufzte. Das führte doch alles zu nichts. Was wäre wenn-Spielchen hatten keinen Sinn. Es war geschehen, Winter im Koma und sie selbst seither auf der Suche. Wie viele Jahre war es eigentlich schon her? Zu viele... viel zu viele. Es machte keinen Sinn. Es machte auch keinen Sinn, dass Winter noch vor sich hin atmete, ohne
da zu sein... alles machte keinen Sinn.
Ich hätte ganz sicher anders handeln können, flüsterte Eowyn matt. Sie hätte. Ganz sicher. Etwas kräftiger sprach sie weiter. Und das Wenigste hätte zu Schlimmerem geführt. Das glaube ich nicht. Ich kann das nicht glauben.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn

Erneut erklärte Eowyn, dass sie es –und ganz sicher war Ian nicht, was sie meinte, weil so vieles in Frage kam- nicht schaffte, so wie sie zuvor schon erklärt hatte, nicht mehr ertragen zu können, ihre Prinzipien zu verraten. Doch sie schätze sich falsch ein, sah sich viel zu schwach. Sie hatte es bis jetzt geschafft. Allein, dass sie dieses Gespräch führte, dass sie noch immer eine Jedi war, das sie noch immer nicht aufgegeben hatte, war der Beweis, auch wenn sie das vielleicht nicht erkannte. Sie musste akzeptieren und ihr würde es gelingen, wenn sie aufhörte, ihre Ziele so hoch zu stecken, wenn sie begann die kleinen Erfolge anzuerkennen. Aber wie konnte Ian Eowyn davon überzeugen?
„Schaut Euch an“, wählte Ian seine Worte daher mit Bedacht,bis jetzt habt Ihr durchgehalten, bis jetzt habt Ihr nicht aufgegeben. Ich kenne Eure früheren Missionen nicht und auch nicht Eure Erfolge. Aber seht Euch an, welchen Rang ihr bekleidet. Sind all das nicht Beweise für Eure Stärke und vor allem Beweise dafür, dass Ihr vielleicht schon mehr vollbracht habt, als Ihr Euch im Moment eingestehen könnt?“ Wahrscheinlich ging es um Winter. Nein, nicht wahrscheinlich, es ging um diese Person, der sich Eowyn so verpflichtet zu fühlen schien. Und es ging darum, dass sich Eowyn das, was sie wohl als Eigenversagen, ja als Eigenverschulden sah, nicht verzeihen konnte. Das in Verbindung mit der Tatsache, an weitern Aufgaben zu scheitern. An großen. An Aufgaben, an denen wohl jeder scheitern würde, aber Eowyn erkannte es nicht… Ian fürchtete, dass er Eowyn nicht zu überzeugen vermochte und er fragte sich, warum keiner ihrer Jedi-Freunde versucht hatte, ihr diese Zweifel zu nehmen. Sprachen Jedi denn nicht über solche Dinge? Mit dem Rat oder mit anderen Vertrauten? Und wenn Eowyn sich bisher nicht geöffnet hatte, spürten die anderen denn nicht, dass es da etwas gab, das auf ihrer Seele lastete?

Ian lächelte verklärt und traurig, als Eowyn seine Botschaft missverstand un nun ihrerseits versuchte, ihn sich nicht schuldig fühlen zu lassen. Es gab viel, für das er sich verantwortlich fühlte, vieles, wofür er tatsächlich verantwortlich war, aber Tahiris Tod zählte zum Glück nicht mehr zu diesen Dingen. Ian stand vorsichtig auf, um direkt vor Eowyn in die Hocke zu gehen. Er wollte, dass sie ihn ansah und gleichzeitig wollte er ihr dabei irgendwie das Gefühl vermitteln, mit dieser Sache –zumindest jetzt- nicht alleine fertig werden zu müssen. Vor ihr zu sitzen, so glaubte er, war die unaufdringlichste Art, aufdringlich zu sein. Und so behutsam, wie möglich versuchte er, auf ihre Worte einzugehen.
„Eowyn, so wenig wie ich die Schuld für den Tod des Menschen trage, den ich am meisten geliebt habe, so wenig tragt Ihr die Schuld für das, was mit Winter geschehen ist.“ Vielleicht wagte er sich damit einen Schritt zu weit nach vorne. „Ich kam einfach nur zu spät, ich habe mich vielleicht einfach nicht genug beeilt, obwohl ich die Gefahr spürte, in der sie sich befand. Vielleicht wart auch Ihr nur zu spät.“ Seine Stimme war dabei leise, eindringlich und vielleicht sprach mehr die Behutsamkeit, als die Überzeugung aus ihr. Vielleicht schwang aber auch beides zu gleichen Teilen mit.

Nicht ihr habt Winter angegriffen, sondern diese Apprentice und niemand, Eowyn, niemand ist dazu in der Lage, jeden immer zu beschützen.“ Da war zu viel ‚hätte‘ und auch Ians Wunsch nach den richtigen Worten, beinhaltete zu viel davon. „Ihr hättet anders handeln können“, wiederholte er schließlich, „aber was wäre dann geschehen? Was wäre danach geschehen? Was wäre, wenn Winter heute in einer Mission ohne Euch auf Schwierigkeiten gestoßen oder getötet worden wäre. Wäre das Eure Schuld?“ Für ihn war die Antwort klar, aber so deutlich sie für ihn sein mochte, so sicher war er sich, dass Eowyn das vielleicht anders sehen würde. Dass sie es anders sah. Und deshalb musste er etwas anderes sagen, dass sie vielleicht eher überzeugte, oder sie völlig aufbrachte.
„Glaubt Ihr wirklich Winter hätte gewollt, dass ihr Euch bis heute mit Vorwürfen quält?“, fragte er, die Stimme ein einziges Flüstern. Es war nicht Eure Schuld und ich bin absolut sicher, Winter hätte genau das Gleiche gesagt.“

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn
 
Zuletzt bearbeitet:
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

Eowyn schnaubte und schüttelte den Kopf. Ihre Missionen, Erfolge und Rang? Waren das Zeichen dafür, was sie getan hatte? Wohl kaum, zumindest nicht für sie. Welche Erfolge meinte er? Ausgebildete Padawane? Gewonnene Schlachten? Erfolgreiche Missionen? Da gab es nicht viel. Und ihr Rang war wohl das Unwichtigste, was es nur gab. Rang zählte nicht - zumindest nicht für sie. Ein Rang war nur ein Titel, ein Name, nichts weiter, was machte es, ob sie nun Ritterin oder Großmeisterin war.
Du wirst nie zufrieden sein, richtig?
Da machte sie sich Vorsätze, redete davon, kleine Schritte zu machen und fiel von der anderen Seite wieder in ihre alten Denkmuster zurück. Sie würde wirklich nie zufrieden sein. Niemals, zumindest, wenn sie so weitermachte.
Ja, das alles, die letzten Jahre, sie waren nicht so verlaufen, wie sie es sich gewünscht hätte, aber das war nun einmal das Leben. Es hieß nicht, dass sie nichts erreicht hatte, auch wenn ihr gerade nichts einfiel. Sahra... Sahra hatte es immerhin zur Ritterin geschafft, wie sie gehört hatte. Sie war durch die erste Ausbildung bei ihr also nicht vollkommen vertrieben worden.
Vielleicht galt das Gleiche wie bei Ians Reaktion vorher. Sie durfte nicht immer alles auf sich selbst projizieren. Es gab zum Beispiel viele hundert Gründe, weshalb Padawane ihre Ausbildungen abbrachen... auch wenn sie sich recht sicher war, dass Shens Abbruch zumindest zum Teil auf ihre Kappe ging. Aber daran konnte sie nun einmal nichts mehr ändern.
Es blieb bei ihrem Schnauben als einzige negative Reaktion, und sie bereute es. Ian versuchte einiges, um sie aufzubauen, und sie blockte ihn so ab. Das hatte er wirklich nicht verdient. Sie hoffte, er nahm ihr diese Reaktion nicht übel.


Was hatte er denn jetzt vor? Er würde doch nicht... nein, das war lächerlich. Eowyn blickte zu ihm auf, als er sich vor ihr niederließ. Es fühlte sich merkwürdig an, all diese Dinge mit ihm zu besprechen, wo sie es doch niemandem bisher erzählt hatte. Aber ihre Barriere war seit heute gebrochen, jetzt war vermutlich einiges anders. Außerdem - er hörte ihr zu. Er nahm sie ernst, auch wenn er sie nicht immer vestand. Das war etwas, das sie nicht erwartet hätte. Seine Nähe wirkte seltsam beruhigend - andererseits aber fühlte sie sich dadurch fast noch dünnhäutiger und verletzlicher. Fast wie ein kleines Kind.
Aber was er sagte war in ihren Ohren, obwohl sanft und einfühlsam gesprochen, einfach nicht verständlich. Das ließ sich doch nicht vergleichen. Tahiri und er hatten kein Meister/Padawan-Verhältnis gehabt. Er war nicht in dem Sinne verantwortlich für sie gewesen. Und sie war doch nicht
zu spät gewesen, nein, sie hatte es gesehen, sie war dort gewesen, und hatte es trotzdem nicht verhindern können. Sie sah es noch heute vor sich, als wäre es gestern gewesen.
Doch sie brachte es nicht über sich, Ian zu sagen, dass er sie nicht überzeugt hatte. Er gab sich so viel Mühe. Er wirkte so mitfühlend, und so bestrebt, ihr zu helfen - sie konnte ihm nicht sagen, dass es nichts nutzte. Er war so voller Überzeugung... Nein. Sie biss die Zähne zusammen. Das konnte sie nicht tun.

Ich hätte sie nicht immer beschützen müssen... Aber dort, dort schon. Sie war doch noch so unerfahren! Ich hätte sie niemals mitnehmen dürfen, brach es bei seinen weiteren Worten dennoch schließlich aus ihr heraus. Das Nächste jedoch gab ihr zu denken. Wie weit ging ihre Verantwortung? Würde sie sich heute ebenfalls noch Gedanken machen? Vermutlich. Schließlich hätte sie sie ausgebildet, sie hätte ihr auf den Weg geben müssen, was sie brauchen würde. Ja... Nein. Vielleicht. Ich weiß es nicht...! Aber Eowyn war gleichzeitig klar, wie albern diese Vorstellung klang. Machte sie etwa Tionne Vorwürfe, sie nicht richtig ausgebildet zu haben? Machte sie selbst Tionne dafür verantwortlich, dass sie nun mit gewissen Dingen nicht klar kam? Nein - zwar wünschte sie manchmal, ihre ehemalige Meisterin wäre hier und könnte sie leiten, doch sie war immerhin selbst erwachsen und verantwortlich für ihre eigenen Fehler.
Winter wäre es auch.
Heute.
Aber damals?
Sah sie das vielleicht genauso falsch - immerhin hätte sie auch über die Gegenwart falsch gelegen.
Sie wusste es nicht, aber es war eine Möglichkeit.
Und hatte Ian das mit dem "zu spät kommen" vielleicht anders gemeint? Eher... symbolisch? Als Vergleich dazu, dass er schließlich einfach nur zu spät gekommen war, dass sie genauso wenig hätte etwas ändern können wie er? Es würde zumindest passen.


Sie war drauf und dran, ihm zu sagen, dass sie darüber nachdenken würde. Dass er doch ein wenig zu ihr durchgedrungen war. Sich zu bedanken, für seine Geduld, seine Aufmerksamkeit. Musste er da noch unbedingt weiterreden? Sie hätte nie gedacht, dass diese geflüsterten Worte sie so aufrwühlen würden. Gerade noch war sie in sich versunken gewesen, Ian als einzigen Ankerpunkt vor sich, in sich gekehrt und voller Gedanken. Im nächsten Moment aber stand sie senkrecht, unter Spannung, ihr Herz hämmerte bis zum Hals und sie hatte das Bedürfnis, Ian anzuschreien. Er wusste nichts. Nichts. Ihr kanntet Winter nicht, brachte sie dennoch mühsam in einem halbwegs normalen Tonfall hervor. Ihre Stimme klang seltsam gezwungen in ihren Ohren - was vielleicht auch daran liegen konnte, dass alles seltsam dumpf klang.
Sie hatte das Gefühl, ein kleiner Teil ihrer selbst stand neben ihr - beobachtend, abschätzend, hatte die Arme verschränkt und betrachtete sie.
Sonst geht es dir gut, ja? Drehst du jetzt völlig durch? Hat das Ganze vielleicht auch noch einen Grund? Aber Eowyn schüttelte den Kopf, versuchte, die Stimme zu ignorieren und die Frage aber gleichzeitig zu beantworten. Was hatte sie so kalt erwischt?
"Ihr kanntet Winter nicht."


Sie auch nicht.

Sie - ihre Meisterin! - auch nicht.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn

Schnaubend schüttelte sie den Kopf, sie glaubte ihm nicht. Natürlich nicht… Etwas, was sie seit Jahren mit sich tragen musste, etwas, was sie seit Jahren belastete- und das es eine Last war, war kaum zu übersehen- verschwand nicht einfach so. Nicht durch ein Gespräch und wahrscheinlich noch weniger mit einem Gespräch, dass ausgerechnet er mit ihr suchte. Logik brachte Ian hier nicht weiter, würde mehr Gefühl helfen? Wäre er doch nicht so ungeschickt in seinen Worten! Aber da war schon in der Vergangenheit einfach zu wenig Zeit gewesen, sich mit solchen auseinander zu setzen. Er war der letzte gewesen, der irgendwie hätte Trost aussprechen müssen. In seiner Familie war er ein Nichts gewesen, ein Niemand, ein ungebetener Gast und da wo andere vielleicht gelernt hätten, wie man richtig reagierte, war Ian auf sich alleine gestellt gewesen. Erst Tahiri hatte ihm die Grundregeln beigebracht, mit unendlicher Geduld. Geduld, die er jetzt benötigte. Mit sich und seiner eigenen Unfähigkeit. Hätte er doch nur Tahiris Talent besessen, wenigstens eines davon. Aber Tahiri würde ihn nun nicht seine Gedanken beherrschen lassen.

Ein paar Schritte auf Eowyn zuzumachen schien sinnvoll und auch wenn da kurz etwas in ihr aufflackerte, geschah nichts negatives, als Ian vor ihr in die Hocke ging. Gut. Und dann, kamen sie einen winzigen Schritt weiter, als Eowyn zugeben konnte, nicht in der Pflicht zu stehen, Winter immer beschützen zu müssen. Ein winziger Schritt nach vorne und unmittelbar danach, zwei Schritte zurück. Winter war jung gewesen und unerfahren. Aber war Eowyn das nicht vielleicht auch gewesen? Jünger, unerfahrener, als zu diesem jetzigen Zeitpunkt? Und war es nicht völlig utopisch zu glauben, immer schützen zu können? Auch wenn Eowyn gerade behauptet hatte, es nicht immer zu müssen, hielt sie im Grunde denn nicht weiter daran fest? Unerfahren. Zu jung. Sie hielt daran fest. Warum sah sie nicht, dass manchmal auch Erfahrung nichts änderte, nicht half? Allein deshalb, weil es immer Unterschiede gab. Ein Ungleichgewicht der Kräfte. Da waren stärkere und schwächere Gegner und da würden immer stärkere und schwächere Gegner sein. Erfahrenere und unerfahrenere. Eowyn durfte sich nicht den völlig absurden Vorwurf machen, Schuld am Vermächtnis Winters zu sein und doch tat sie es und so sehr Ian versuchte, sie vom Gegenteil zu überzeugen, so sehr scheiterte er dabei. Ein weiteres logisches Argument behielt er besser für sich, denn Logik und Gefühl waren auch aus seiner Erfahrung nicht die besten Freunde.


Doch seine nächsten Worte erreichten schon das, was Ian nicht wollte. Eowyn geriet in einen inneren Aufruhr und da auch sie sich mental nicht abgeschirmt hatte, wurde dieses Intermezzo ihrer Gefühle so deutlich spürbar. War da Wut? Etwas sehr ähnliches flackerte auf, als Eowyn innerhalb von Sekunden aufgesprungen war und auch wenn sie sich irgendwie beherrschte, lagen in ihrer Körperhaltung und ihrem Blick genug Antworten. Auch ihre Stimme hatte einen seltsamen Klang angenommen, zwar beherrscht, doch irgendwie fremd. Er kannte Winter nicht. Nein, er kannte sie nicht und doch hatte er eben etwas behauptet, an dem er auch jetzt noch fest hielt. Auch Ians Herzschlag beschleunigte sich ein wenig, als auch er langsam aufstand.
„Ihr habt Recht, ich kannte Winter nicht“, wiederholte Ian, noch immer ruhig.Doch Eowyn, sie hat sich für den Weg der Jedi entschieden, mit dem Tag, an dem sie den Orden betreten hat. Damit hat Winter sich auch dafür entschieden, ihr früheres, vielleicht ungefährliches Leben aufzugeben. Mit jeder Mission, auch wenn es nur eine gewesen sein sollte, hat Winter sich wieder für die Jedi entschieden. Und damit auch wieder dafür, ihr Leben nicht mehr allein in ihren Händen zu wissen. Sondern auch in den Händen von etwas, was sie schwer beeinflussen kann. In den Händen von Gefahr. In den Händen von Unberechenbarkeiten.“ Sie war zu den Jedi gekommen, sicher freiwillig und damit hatte sie sich selbstbestimmt für einen Weg entschieden, der ihr nicht nur die Sonnenseiten des Lebens offenbaren würde.

„Sie mag jung und unerfahren gewesen sein, aber waren wir das nicht alle?“
Er hoffte, das Eowyn verstand, irgendwie, denn Ian wusste, dass ihm die Worte ausgingen. Er war viel besser darin, Gefühle wahrzunehmen, noch besser darin, Gefühle weiterzuleiten. Aber Gefühle verändern? Noch einmal suchte er ihren Blick, vorsichtig, behutsam.

Sollte er mehr sagen? Sollte er überhaupt noch etwas sagen? Konnte er nicht nur weiter das Falsche sagen? Logik, Gefühle...Fehlende Argumente. Er musste noch etwas versuchen.
„Stellt Euch vor sie wäre jetzt hier. Was würde Sie Euch sagen? Was würdet Ihr zu ihr sagen?“ Da lag etwas Bittendes in seiner Stimme und gleichzeitig wollte er Eowyn irgendwie deutlich machen, das sie nichts laut beantworten musste. Aber ob in einem eifnachen Blick so viel zu lesen war? Gerade in der jetzigen Situation? Wahrscheinlich nicht... Vielleicht war es unsinnig gewesen, deise Fragen zu stellen, weil sie auch zu jenen Fragen gehörten, die er siche rnicht beantworten konnte. Nicht sicher. Nicht absolut. Wenn er auch nicht wusste, wer Winter war, wenn er sie auch nicht kannte, da war eine Sache, die Ian aber doch wusste. Eine Sache, von der mehr Ahnung hatte.


„Manchmal müssen wir loslassen Eowyn, weil uns die Last der Vergangenheit sonst daran hindert, vorwärts zu kommen.“
Und war es nicht Eowyn gewesen, die ihm genau das beigebracht hatte?

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn
 
Zuletzt bearbeitet:
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

Sie hatte sie auch nicht wirklich gekannt.
Wie viel Zeit hatte sie mir iht verbracht? Sie hatten erst angefangen, sich kennenzulernen. Irgendwann hatte Winter ihr von ihrer Familie erzählt und ihrem Leben vor den Jedi, aber das war auch alles gewesen, was sie von der jungen Frau gewusst hatte. Außer, dass sie bemüht war zu lernen, eifrig und voller Elan.
Und, dass sie ihr vertraut hatte.
Die dunkle Welt um Eowyn schwankte und drehte sich, während ihr Herz noch immer klopfte wie wild und ihre Ohren rauschten. Sie hatte ihr vertraut, und Eowyn hatte sie kaum gekannt.
Sie erinnerte sich noch so gut an dieses Gespräch im Garten, als sie beschlossen hatte, Winter auszubilden. Sie waren ein gutes Team gewesen, hatten gerade begonnen, miteinander zu harmonieren. Aber es war Krieg gewesen, der Fall von Coruscant noch nicht so lange her. Sie hätte damit rechnen müssen, dass sie bald wieder losziehen und Kämpfen mussten. Winter hatte ihre Ausbildung in Eowyns Hände gelegt. Und heute wusste Eowyn nichts von ihr. Sie wusste nicht einmal, wie sie reagiert hätte.


Und Ian, Ian behauptete, Winter würde sagen, dass es nicht ihre Schuld war. Ian, der Winter nicht kannte, der Eowyn nicht kannte. Wie kam er auf diese absurde Idee? Sie wusste es doch selbst nicht! Wie konnte er? Dummerweise war sein Gesicht das Einzige, das ihr momentan einen Fixpunkt lieferte, während sie versuchte, ihren Körper wieder auf eine normale Reaktion zu bringen. Das funktionierte nicht. Sie konnte nicht gleichzeitig Ian ansehen und versuchen, sich nicht mehr über seine Worte aufzuregen. Er stand nun ebenfalls auf, wieder viel größer als sie - aber es war hilfreich, ihm jetzt nicht mehr ins Gesicht blicken zu müssen. Ihr Herzschlag verlangsamte sich langsam ein bisschen, und sie konnte auch wieder besser hören. Gerade rechtzeitig, um Ians nächsten wundervollen Worten zu lauschen.

Sie blickte doch wieder auf, ins ein Gesicht, das immer noch Ruhe ausstrahlte, obwohl sie so gereizt reagierte. Aber sie konnte nicht anders. Denn...
Richtig. Ihr kanntet Winter nicht. Mit diesen stählernen Worten wandte Eowyn sich ab. Sie war eine Vagabundin. Ihr vorheriges Leben war sicher nicht ungefährlich, und sie... sie war so froh gewesen, wieder einen Ort zu haben, an den sie gehörte. Etwas, das vielleicht einmal ein Zuhause werden könnte. Etwas, wo sie sich zugehörig fühlen konnte. War es ein Wunder, dass sie sich für diesen Weg entschieden hatte, auch wenn es bedeutete, sein Leben aufs Spiel zu setzen? Sie war erst so kurz da gewesen, sie hatte es doch noch gar nicht wirklich begreifen können.
Aber das waren Dinge, die persönlich waren - nicht persönlich von ihr, sondern von Winter. Und das waren Dinge, die sie Ian nicht sagen konnte, denn es verband sie beide noch bis heute. Das war womöglich das Einzige, das sie von Winter gewusst hatte.
Sie wusste ihr Leben in meinen Händen, und das hat ihr genügt, presste sie daher nur hervor und drehte sich dann wieder um, warf Ian einen eisernen Blick zu. Ian, ich habe sie mit in den Krieg genommen. Eine Padawan mit wenigen Wochen Ausbildung und so gut wie keiner Erfahrung mit dem Lichtschwert. Sicher, Sarid hatte sie alle zusammengerufen. Aber sie hatte nur von "Jedi" gesprochen, nicht von den Padawanen. Sie hätte Winter auf Corellia lassen können. Müssen. Ihre Stimme war hart geworden. Und jetzt sagt mir nicht, ich trüge dafür keine Verantwortung. Ich mag damals jung gewesen sein, aber nicht unerfahren. Oh nein. Sie hätte es wissen müssen. Und wenn sie an ihre erste Mission dachte, die genauso überraschend gekommen war, dann wusste sie genau - sie hatte damals im Traum nicht daran gedacht, dass diese erste Mission auch ihre letzte würde sein können. Sie war vermutlich etwas jünger gewesen als Winter, aber nicht viel. In diesem Alter dachte man nicht an so etwas. Man dachte, dass einen ein Schutzschild umgeben würde, dass andere einen beschützen würden. So wie sie selbst darauf vertraut hatte, dass Meister Gil auf sie aufpassen würde. Sie war Winters Gil gewesen.

Ians ruhiger, aufmerksamer Blick hielt sie davon ab, die Beherrschung zu verlieren. Er wurde sogar noch ruhiger, bittender - wie machte er das nur? Sie sollte sich an ihm ein Beispiel nehmen... Sie atmete kurz durch und schloss die Augen, während sie seinen Worten lauschte. Vorstellen, Winter wäre hier... Sie schnaubte wieder, schüttelte den Kopf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Das ist es ja, sagte sie schließlich mit belegter, ruhigerer Stimme und spürte wieder verräterischen Druck in ihren Augen. Ich wüsste es nicht. Ich kannte sie nicht einmal lange genug, um das sagen zu können! Und sie würde sie wohl um Verzeihung bitten. Aber was nutzte das? Sie wusste schließlich nicht, was Winter sagen würde. Ob sie ihr verzeihen würde? Oder würde sie ihr das entgegenbringen, was sie tat - Schuldvorwürfe?

Loslassen. Vergangenheit ruhen lassen. Sie war schon heuchlerisch. Oh, wie heuchlerisch! Und Ian verdammt gerissen. Er wusste genau, von wem er das hatte. Und er wusste genau, dass sie das nicht einfach würde abschmettern können, ohne sich selbst dabei unglaubwürdig und heuchlerisch dastehen zu lassen. Verdammt. Er hatte doch Recht, sie hatte Recht, aber... Nein. Wie konnte sie Winter ruhen lassen? Wie konnte sie loslassen? Winter hatte das nicht verdient. Und sie selbst auch nicht. Aber er hatte Recht. Sie musste vorangehen. Sie musste loslassen. Nur - wie?
Ihr wisst, dass ich weiß, dass Ihr Recht habt, und das macht es nur umso schwerer, zuzugeben, dass es einfach nicht geht. Dass ich einfach nicht kann... Er hatte mehr Recht, als er vielleicht wusste. Sie hatte schon längst erkannt gehabt, dass sie seither keinem Padawan wirklich nahe gekommen war. Selbst mit Aketos, die nun schon so lange bei ihr war und eigentlich bald zum Ende ihrer Ausbildung kommen konnte, verband sie nicht wirklich etwas. Kein Band, das Meister und Padawan eigentlich haben sollten. Kein Wunder, dass sie sie nicht erreichen konnte.
Nur, dass sie es wusste, machte es nicht besser. Das hieß doch eher, dass sie seit Jahren nichts daran ändern konnte. Warum ausgerechnet heute?
Ich weiß schon längst, dass ich sie loslassen muss. Seither ist nichts, wie es sein sollte, Ihr seht doch selbst - ich kann nicht einmal meine Padawan um Hilfe rufen!
Aber Ian... sie hat sich nun einmal in meine verdammten Hände begeben,
wiederholte sie verzweifelt noch einmal, kämpfte gegen die Tränen und hob ihre Hände zur Verdeutlichung. In ihre Hände. Und sie hatte sie einfach fallengelassen.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn

Hatten sie nicht vor ungefähr zwei Stunden ein Gespräch geführt, dass einen ganz ähnlichen Tenor gehabt hatte? In dem es genau um das ging, was auch hier wieder auftauchte? Dem eigenen Bild nicht zu entsprechen. Sich schuldig zu fühlen. An sich selbst gescheitert zu sein?
Vorhin hatte er wütend reagiert, jetzt versuchte Ian es mit dem Gegenteil, aber keine von beiden Reaktionen brachte sie weiter. Es war zermürbend. Zermürbend, weil Ian wusste, wie es sich anfühlte, eine untragbare Last halten zu müssen. Zermürbend auch, weil jede Anstrengung seinerseits so sinnlos und nichtig erschien. Zermürbend, weil er Eowyn einfach nicht zu überzeugen wusste. So seufzte Ian, als die Resignation sich in ihm breit machen wollte. Eowyn bekräftigte noch einmal seine Aussage, ein weiteres Mal ihre Eigene Aussage. Er kannte Winter nicht. Aber musste man einen Menschen oder ein Wesen immer kennen um sich einer Sache sicher zu sein? Einen Zweifel, den er wohl besser für sich behielt, denn Eowyns Stimme war derart schneidend, derart hart, das er ohnehin nicht mehr wusste, was er ihr erwidern sollte. Er war kein Jedi, kein guter Redner. Vielleicht nicht einmal ein guter Zuhörer, und was er sicher nicht war, war einer, der gute Ratschläge geben konnte. Was sich einmal mehr bewies. Doch sollte er einfach schweigend zuhören und Eowyn sich in ihren Vorwürfen verlieren lassen? Sollte er dabei zusehen, wie sie sich immer mehr verrannte, wie sie sich verlief und immer blinder wurde? Sicher, es war nicht seine Aufgabe, ihr zu helfen, nicht seine Aufgabe dafür zu sorgen, dass sich etwas veränderte. Aber Ian
wollte helfen. Er kannte sich aus mit Schuld, mit richtiger Schuld und so klar er seine eigene vor Augen hatte, so sicher er wusste, dass seine Schuld nicht gemildert oder gar gestrichen werden konnte, so klar war auch, dass Eowyns Fall so anders war. Und allein das sorgte dafür, dass er dafür sorgen wollte, dass sie zur Vernunft kam. Das sie endlich klar sah. Sie aber wandte sich ab und hinterließ in Ian das nagende, gnadenlose Gefühl, zu versagen. Ihr was er bisher gelungen ihn zu erreichen. Aber er? Machte es scheinbar nur schlimmer. Ihr zweiter Blick, den sie ihm schließlich zuwarf war eisig, ihre Stimme verhärtete sich weiter und vielleicht war Eowyn sich nicht bewusst, dass sie ihm verbal eigentlich schon längst eine Ohrfeige verpasst hatte. Ihm und sich selbst. Unentwegt spie sie ihm eigentlich mitten ins Gesicht, dass er keine Ahnung hatte, Winter nicht kannte, sie nicht kannte und sich kein Urteil erlauben konnte. Die Tatsache, dass er ein paar Tage mit ihr verbracht hatte schien so wenig zu zählen wie seine Menschenkenntnis.

„In Ordnung“, war schlussendlich Ians Erwiderung die er zwar ruhig, aber nicht ohne Resignation aussprach. Es hatte keinen Sinn und er begriff. "Die Tatsache, dass nicht Ihr sie mit in den Krieg genommen habt, sondern das der Krieg schon längst getobt hat, mag für Euch nicht zählen. Ich kenne Euch nicht und ich kenne Winter nicht, aber ich bin kein Narr.“ Und Eowyn war nicht die einzige, die mit etwas fertig werden musste.Ihr wollt Euch die Schuld für etwas geben, das ihr nicht verhindert habt. Für einen Angriff, der nicht von Euch ausging. Für einen Krieg, denn nicht Ihr begonnen habt und für die Tatsache, dass Winter so früh erfahren musste, was Krieg bedeutet. Vielleicht hättet Ihr sie gertett. An diesem tag. An diesem Ort. Zu dieser Zeit. Aber welcher Platz, welcher Ort war zu dieser Zeit sicher? Welcher?Ian schüttelte den Kopf, als er diese eindringlichen Worte an Eowyn richtete, noch immer gefasst, trotz des eigenen Aufgewühlt seins. Und da Eowyn sich ohnehin schon abgewendet hatte, spielte es keine Rolle mehr und so entfernte sich auch Ian zwei, drei Schritte, nicht dass er noch auf den absurden Gedanken kam sie an den Schultern zu packen und kräftig zu schütteln. Wieder schnaubte sie und abermals bestätigte sie damit Ians Gefühl. Ja, er kannte sie nicht. Bei der Macht, vielleicht hatte er keine Ahnung. Wer war er schon? Ein ehemaliger Sith auf dem Weg der Reue? Nicht ihr Vertrauter, nicht ihr Freund, irgendjemand. Genauso gut hätte jeder andere Tölpel versuchen können, sie zu überzeugen und vielleicht hätte dieser sogar mehr Erfolg dabei gehabt. Jemand der die Kunst des Redens beherrschte. Jemand, der sie kannte. Eowyns Stimme wurde ruhiger, nicht aber Ians eigener innerer Aufruhr. Sie kannte Winter also auch nicht? „Eowyn, sie war eine Vagabundin, Ihr habt es selbst gesagt. Dann war ihr Leben wahrscheinlich nie einfach.“ Wahrscheinlich. Vielleicht. Bessere Worte als ‚sicher‘ oder ‚bestimmt‘?

„Hört auf Euer Herz und erinnert Euch an das, was Euch dazu gebracht hat, sie überhaupt als Schülerin aufzunehmen. Und wenn sie jetzt vor Euch stünde…“ er wählte die falschen Worte, er wusste es, sicher, er wählte die Falschen, aber hatte er das seit Beginn des Gesprächs nicht ohnehin schon getan? Wenn Sie Euch jetzt Vorwürfe machen würde, dann hätte sie etwas Grundlegendes nicht verstanden. Es gibt kein Chaos, es gibt Harmonie.“ Nun schüttelte auch Ian den Kopf, denn da war die eigene Hilflosigkeit, die sich Bahn brach. Und da sprach Eowyn wieder von Recht –als spielte es eine Rolle, wer von ihnen Recht hatte- und wieder davon, was sie konnte. Warum nur war da ständig dieses ‚Ich kann nicht, ich schaffe es nicht, ich bin nicht in der Lage dazu‘?
„Ich kann nicht, ich schaffe es nicht…,“ wiederholte er ihre eigenen Worte, sie nicht bösartig imitierend, sondern mit leichter Verzweiflung und Bedauern in der Stimme.Warum tut ihr Euch das an?Warum tat sie sich das an?Eowynund da kehrte die Eindringlichkeit zurück,wisst Ihr denn, was Ihr könnt?“ oder gab es in ihrer eigenen Welt nur versagen und scheitern, verlieren? Nichts war, es sein sollte. Ihre nächsten resignierenden Worte. Ihr nächster Schlag, der sie nur selbst treffen konnte. Nichts warm wie es sein sollte. Sie war hier, obwohl sie nicht hier sein sollte. Lebte sie denn nur im wäre, im hätte und im sollte? Ihre Art der Selbstkasteiung war so falsch und so schädlich und in mehr als einer Art zermürbend. Da stand sie, in der einen Sekunde kühl und abweisend, in der anderen fast verständig und jetzt wieder verzweifelt und da stand er, wieder nicht wissend, was er tun sollte. Tahiri hätte er einfach in die Arme gezogen. Alisah hätte er einfach in seien Arme gezogen. Aber Eowyn war weder die eine, noch die andere. Er kannte sie nicht, was ihm in jener Sekunde fast einen Stich verpasste. Als würde das etwas aussagen. Als würde das etwas ändern.

„Nein, das hat sie nicht.“ Sie hatte ihr leben nicht in Eowyns Hände gegeben, wenigstens das musste sie doch begrifen! Und jetzt war die Härte in seine Stimme zurückgekehrt, keine Wut, keine Abneigung, aber die Härte der Überzeugung. Wenn überhaupt, hat sie sich in die Obhut des Ordens begegebn, unter Eure führung, aber ihe Leben hatte sie in ihren eigenen Händen, weil sie selbst die Verantwortung für sich trug. Weil wir alle die Verantwortung für uns tragen und sie nicht abgeben. Sie hat sich entscheiden, sich ausbilden zu lassen. Sie hat sich von sich aus entschieden ihr altes Leben zurückzulassen und“, vermutlich war es anmaßend,sie hat gewusst, dass sie auf Gefahren stoßen würde. Es herrschte Krieg! Nicht ihr habt ihr Opfer verschuldet, sondern der Krieg. Der Krieg, Eowyn!“ Und was das andere betraf… auch er stand hier und war nicht in der Lage, um Hilfe zu rufen. Erkannte sie das denn nicht?Das was ich sehe“, und er seufzte dabei, als er sich wieder auf den Boden sinken ließ, „ist eine Frau, die so vehement an ihre Vergangenheit festhält, das sie blind für das Wesentliche geworden ist. Ihr wollt Euch weiter bestrafen? Und weiter daran festhalten, dass ihr etwas nicht könnt?Ja, sie wollte es, auch wenn sie das vielleicht nicht zu erkennen vermochte. Ian schüttelte den Kopf, wurde leiser, nicht vorwurfsvoll, nicht anklagend. Auch nicht hart, aber bestimmt. Ruhig und überzeugt. Sollte sie ihn anmaßend empfinden, so viel sie auch wollte. Sollte sie ihm doch entgegen schreien, dass er sie nicht kannte und keine Ahnung hatte. Sicher war er damit nicht alleine.
„Nein, Eowyn. Ihr könnt es schon. Aber vielleicht ist es einfacher festzuhalten, als endlich nach vorne zu blicken, weil Ihr dann erkennen müsstet, dass Ihr Euch irrt und weil dann etwas Neues und Fremdes vor Euch liegen würde.“ Und dazu schien sie einfach nicht bereit. Sie stand sich selbst im Weg, sie sorgte selbst dafür, dass es so war, wie es nicht sein sollte, denn sie ließ nichts anderes zu.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn
 
Zuletzt bearbeitet:
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

Schön. Ganz toll hatte sie das gemacht. Sie hatte den einzigen Menschen weit und breit auf diesem Mond dazu gebracht, von ihr genervt zu sein, zumindest hatte sie das Gefühl. Und das war er nicht zu Unrecht. Sie verhielt sich einfach... unfair. Und außerdem auch gemein. Das passte doch gar nicht zu ihr. Er hatte ihr nichts getan, außer, ihr helfen zu wollen. Er war lächerlicherweise, verrückterweise das, was einem... Zuhörer? Vertrauten? gerade am nächsten kam. Und sie stieß ihn von sich. Es fühlte sich falsch an... Dabei hatte sie doch immer auf ihn eingeredet, sie hatte ihm helfen wollen. Was war nur los? Was tat sie da? Und warum tat sie das? Eowyn wandte sich kurz wieder ab, rieb ihr Gesicht mit ihren Händen und versuchte, sich zu sammeln. Es war ein Glück, dass es so dunkel war... so blieben zumindest ein paar Dinge unerkannt.
So, wie Ian es formulierte, so anders, so klang es wirklich falsch. Eine andere Sichtweise, ein anderer Blickwinkel. Verschiedene Standpunkte. Von seinem Standpunkt aus... da verhielt sie sich völlig irrational.
Und Eowyn wusste das. Ein kleiner Teil von ihr wusste längst, dass sie sich hineinsteigerte. Sie war einfach... nun ja. Bescheuert würde es eventuell gut treffen. Doch es zu wissen, und dagegen zu handeln... dazwischen lag ein riesiger unüberwindbarer Graben.

Nein, Winters Leben war nicht leicht gewesen. Aber der Start bei den Jedi war ein Neuanfang für sie gewesen. Sie hatte Eowyn trotz der leichten Zweifel nach Mehas dazu gebracht, sie auszubilden. Sie war wissbegierig gewesen, offen für alles. Ein wenig ängstlich und unsicher, wie die meisten Padawane zu Beginn. Vielleicht... vielleicht hatte Winter sie ein wenig an sie selbst erinnert.
Das Bedürfnis, alles aufzuschnappen, immer weiter zu lernen. Die verlorenen Eltern. Sie sah ihr Gesicht, als sie sich freute, dass sie endlich Zugang zur Macht gefunden hatte. Würde Winter ihr ernsthaft Vorwürfe machen? Vielleicht hatte sie tatsächlich besser als viele andere gewusst, was es hieß in der Galaxis unterwegs zu sein. Besser als Eowyn zu ihren Anfangszeiten sicher... Sie wusste es nicht. Aber spielte das überhaupt eine Rolle? Es ging nicht darum, was Winter sagen würde. Es ging darum, was sie selber empfand.
Kein Chaos, nur Harmonie. Ian hatte einen schlechten Humor, ausgerechnet jetzt dieses Zitat zu bringen. Das Chaos in ihrem Inneren zu lüften war so gut wie unmöglich. Von Harmonie war sie mindestens genauso weit entfernt wie von Lianna. Eowyn wusste, dass er dieses Zitat anders gemeint hatte, doch sie konnte nicht anders, als es auch so zu verstehen. Fast hätte sie freudlos aufgelacht, doch sie unterdrückte es entschlossen. Kein Platz mehr für Gefühlsregungen dieser Art. Es kam nichts Gutes dabei heraus, wenn sie begann, sich zu öffnen und ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Vielleicht sollte sie sich tatsächlich doch wieder mehr an den Kodex halten.
Keine Gefühle.
Sie atmete tief durch.
Frieden.
Atmen.
Frieden.

Vermutlich war es gut, dass sie sich gerade ein wenig beruhigt hatte.
Sie wusste nicht, was sie Ian sonst wieder ins Gesicht geschleudert hätte. Vielleicht wieder ein nettes "Ihr kennt mich nicht." Und dabei erkannte Eowyn langsam, dass Ian sie unangenehm gut kannte. Wie machte er das? Wo kam das her? Wieso sah er Dinge, für die sie oft Jahre gebraucht hatte, oder die sie bisher noch nie gesehen hatte? Wieso sah er Dinge, die andere im Orden nie an ihr wahrgenommen hatten?
So stand sie nur da, mit leicht geöffnetem Mund, den Blick auf Ian gerichtet, und wusste nicht, was sie erwidern sollte. Sie war sprachlos, denn er hatte ins Schwarze getroffen. Sie hatte selbst schon genug. Es war ein Teufelskreis - aus dem "nicht schaffen" folgte meistens ein "nicht können" und daraus dann noch mehr tiefer Fall. Es war absurd. Dabei
konnte sie doch auch so einiges! Nur beachtete sie es nicht, weil es meist Dinge waren, die sie selbst nicht wertschätzte. Doch wünschte man sich nicht immer, dass man anders war - eine andere Haarfarbe oder -struktur, andere Augen, eine andere Größe? Galt das nicht auch für Talente? Sie empfand ihre eigenen als unwichtig, teils eher eine Bürde als eine Gabe. Und da war sie wieder am Anfang. Beginne mit den kleinen Dingen... Das hieß, auch dankbar für die kleinen Dinge zu sein. Und eines dieser Dinge war nun gar nicht so klein, denn die Fähigkeit, die Macht nutzen zu können war ein solch wunderbares Geschenk, dass alleine das schon ausreichen musste. Allein das eröffnete so viele Möglichkeiten.
Langsam ging sie zwei Schritte rückwärts. Sie wusste, dass dort einer der Bäume stand, und lehnte sich mit dem Rücken an ihn. Sie brauchte jezt den Halt, den er ihr bot, etwas, das sie gerade stehen und nicht zusammensacken ließ.
Kleine Dinge erreichen wollen.
Sich selbst so akzeptieren, wie sie war.
Dankbar sein.
Ihr Bestes geben und ihre eigenen Grenzen anerkennen.
Die Vergangenheit ruhen lassen.
Die eigenen Fehler einräumen, aufarbeiten und dann aber wiederum akzeptieren.
Und vor allem - nicht mehr so gefühlsschwankend durch diesen verdammten Dschungel laufen und alles von sich stoßen, was sich ihr nähern und helfen wollte!


Ihre Sprache hatte sie noch immer nicht wiedergefunden. Sie setzte ein, zwei Mal dazu an, etwas zu sagen, unterließ es dann aber wieder. Sie wusste nicht, was sie hätte sagen sollen. Andererseits verdiente Ian auch eine Antwort.
Sie räusperte sich, um zu testen, ob ihre Stimme noch funktionierte.
Eigentlich... schon... kam leise etwas rau heraus. Sie wusste es... nur besann sie sich lieber auf ihre Schwächen. Es war eigentlich fast ein Wunder, dass sie noch so lange funktioniert hatte.
Und immer mehr wunderte sie sich, dass Ian es mit ihr aushielt und nicht schon längst fortgejagt hatte. Sie konnte sich selbst ja kaum ausstehen. Andererseits... er brauchte sie wohl auch irgendwie. Momentan blieb ihm wohl nicht viel anderes übrig.

Aber offensichtlich hatte er seine Ruhe jetzt auch endgültig verloren. Die Sanftheit war aus seiner Stimme gewichen, und Eowyn konnte es ihm nicht verübeln. Damit hatte er bei ihr ja nicht sonderlich viel erreicht, und nun, da sie es erkannt hatte, war es nun einmal zu spät.
Kraftlos lehnte sie an ihrem Baum, dankbar für die Stütze, den Kopf angelehnt, während sie seine Worte über sich ertrug. Jedes einzelne dieser Worte drang in sie ein und stach zu. Wahrheit... Realität. Unanfechtbar. Winter war volljährig gewesen. Es war vermutlich sogar sehr anmaßend von ihr, anzunehmen, dass sie Winter wie eine Banthamutter ihr Junges bemuttern musste. Winter war zu ihnen gestoßen, als die Jedi auf der Flucht waren - sie hatte gewusst, was sie erwartete und war das Risiko eingegangen. Vielleicht hätte sie mit ihr mehr darüber reden sollen, aber das war nicht so relevant. Der Krieg. Es war der Krieg gewesen... und nun steckten sie schon wieder mittendrin, ohne, dass die meisten es wussten. Hörte es eigentlich nie auf?


Ian traf und traf immer wieder. Und seine letzten Worte gaben ihr den Rest. Ihre Knie gaben nach, und langsam setzte sich Eowyn auf den Boden, um das Zittern auszugleichen. Es war anmaßend von ihm, solche Dinge ins Blaue hinein zu schießen, nur... dummerweise... lag er damit nicht so falsch, wie sich Eowyn das am liebsten gewünscht hätte. Etwas Neues und Fremdes, und bei allen Planeten, sie hatte Angst davor. Angst davor, verletzt zu werden, Angst davor, wieder einen solchen Fehler zu begehen. Angst davor, nicht auszureichen. Angst davor, ihre Zugehörigkeit bei den Jedi zu verlieren und Angst davor, wieder enttäuscht zu werden. Sie nahm ihre Angst so stark wahr wie noch nie, fühlte sich beinahe gelähmt von ihr. Angst war ein fürchterlich starkes Gefühl - kein Wunder, dass sie keinen Frieden fand, dass sie ihre innere Mitte schon längst verloren hatte. Aber Angst zu bekämpfen war nicht der richtige Weg. Sie musste sie akzeptieren, lernen, mit ihr zu leben, und sie nach und nach zu reduzieren.
Und sie würde es tun. Dieses Mal gab es kein Aber und kein Zurück. Es würde dauern und es würde hart werden. Aber sie würde loslassen und vorausschauen. Nicht zurück. Sie hatte noch so viel vor sich, sie hatte es gestern erst gedacht. Sie würde sich nicht von den Geistern der Vergangenheit einschüchtern lassen. Wie konnte sie zulassen, dass diese lächerliche Apprentice durch ihre Tat so viele Jahre Macht über sie hatte? Das musste ein Ende haben. Hier und jetzt. Heute.

Wie macht Ihr das bloß? fragte Eowyn schließlich heiser aus dem Dunkel heraus und durchbrach die aufgetretene Stille. Wie stellt Ihr das an? Wie macht Ihr das, mir Dinge zu sagen, die so zutreffend sind - Ihr kennt mich doch gar nicht. Sie schüttelte matt den Kopf. Und dabei... habe ich das Gefühl, Ihr kennt mich besser als irgendjemand anderes, oder sogar als ich mich selbst.
Sie seufzte erschöpft. Ich war unfair zu Euch... Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Das heißt, doch, ich weiß es, aber... Hilflos zuckte sie mit den Schultern und strich vorsichtig eine verirrte Träne aus ihrem Gesicht, die sich von vorhin gehalten und nun selbstständig gemacht hatte. Was sollte sie schon sagen? "Ich habe mich geirrt"? Oder "Nun wird alles besser"? Letzteres konnte sie nicht garantieren, und ersteres... nun ja, sie hatte es ja quasi schon zugegeben. Blieb also eigentlich nur noch eines.
Danke, sagte sie voller Überzeugung. Danke, dass Ihr mich ertragt und... da seid.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian
 
Zuletzt bearbeitet:
Sorry -.-

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn


Ian war mit seinem Gand am Ende. Alles, was ihm eingefallen war zu sagen, hatte er erwähnt. Da bestand nur die Chance abermals wiederzukäuen, was er schon gesagt hatte, aber das wäre nicht nur absurd erschienen, sondern es auch gewesen. Vielleicht hätte ein Protokolldroide so gehandelt und alles noch mit anderen Lauten unterlegt, um einen besseren Zugang zu schaffen. Aber in der Realität wurden Worte nicht von theatralischer Musik begleitet. Nein. In der Realität war es anders. Dort gab es einen ehemaligen Sith, der nach den richtigen Worten suchte und eine Jedi, die nicht zu überzeugen war. Und damit hatte diese verfluchte Apprentice, von der Eowyn erzählt hatte gewonnen, damit räumte sie dieser einfachen Frau Macht über nahezu ihr ganzes Leben ein. Dabei hatte Eowyn nicht getötet, sondern nur vermeintlich falsch gehandelt und das, obwohl nie die Sicherheit da gewesen wäre, dass sie Winter auch wirklich hätte schützen können. Zermürbend, es war so zermürbend und Ian wusste nicht weiter, also setzte er sich wieder auf den Boden und blickte erneut starr ins Feuer. Und es war das erste Mal, seit einer gefühlten Ewigkeit, dass er seine mentale Mauer nach oben riss, weil es zu viel wurde. Eigentlich wäre jetzt der Moment gewesen, in dem er Ruhe für sich gebraucht hätte. Zeit, um nachzudenken und vor allem Zeit, um für sich zu sein. Allein. Eowyn hatte ihn aufgewühlt und auch wenn ihm bis eben gelungen war, sich selbst fein säuberlich aus der Sache auszuklammern, klopfte seine eigene Vergangenheit bestätig an die Türe und Ian blieb kaum etwas andere übrig, als sie eintreten zu lassen. Willkommen hieß er sie nicht, aber was blieb ihm anderes übrig, als irh die Einkehr zu erlauben? jetzt, nach diesem Gespräch? Während Eowyn sich für etwas bestrafte, an dem sie keine Schuld trug, war das, was Ian sich aufgebürdet hatte so anders. Eigentlich hätte er die Jedi auslachen und ihre Sorge als Lappalie abtun müssen. Eigentlich.

Drei namenlose Männer waren da, an denen er sich schuldig gemacht hatte. Drei namenlose Männer auf Telos, die er ermordet hatte. Eowyn konnte er sagen, dass sie keine Schuld trug, dass der Krieg ihr Winter genommen hatte. Aber diese drei namenlosen? Kein Krieg hatte ihr Leben genommen. Ian war es gewesen.
Thani. Die Stadt, in der seine Familie gelebt hatte. Die Warnung, Frauen und Kinder fort zu schaffen. Die erste Verletzung, die er Halven zugefügt hatte, in Anwesenheit aller. In Anwesenheit der Frauen und Kinder. Ihr Schmerz, den er gespürt hatte und das Bedauern über seine eigene Handlung. Die Stimme, die immer lauter wurde. Aufhören. Bitte hör auf.
Halven.
Die Stimme die ihn angefleht hatte, aufzuhören. Die Handlung, ihm das Genick zu brechen.
Will, der der gleichen Methode zum Opfer gefallen war. Nein, Schuld wog bei Ian so anders, als bei Eowyn und jedes Wort, das er an sie gerichtet hatte, wäre in Bezug auf ihn, nichts mehr, als eine Lüge gewesen.
Crix, auf den er den Blaster seiner Mutter gelenkt hatte. Der Blaster, mit dem sie ihn –Ian- zu töten gesucht hatte. Ein Schuss, den er seiner Mutter auferwzungen hatte. Ein weiterer Bruder, ein weiterer Mord. Eine weitere Schuldigkeit. Ian sah all das genau vor sich und mit diesen Bildern war da die Erkenntnis, das seine Vergangenheit bleibende Schäden hinterlassen hatte. In der Gegenwart und auch in der Zukunft, denn noch hatte er für seine Schuld nicht bezahlt. Der Preis des schlechten Gewissens, der Preis der reue zählte nicht.
Jerome.
Gracie.
Vielleicht war die innere Leere, die nach dem Mord an Crix aufgetreten war das, was ihn davor bewahrt hatte, dem Hass komplett zu verfallen. Diese Leere in jenem Moment war so übermächtig geworden, dass sie ihn fast mechanisch hatte handeln lassen. Ohne jedes Gefühl für irgendetwas. Als sein Schwert auf seinen Vater, auf seine Mutter, hinab gesaust war, wieder und immer wieder, war da völlige Leere gewesen. Kein Hass, keine Wut, keine Genugtuung, nicht einmal mehr der Gedanke, das richtige zu tun. Einfach nichts mehr. Keine Stimme, die ihn anflehte. Nichts. keien Emotion. Einfach nur noch Leere. Innere, gähnende Leere.
Eowyn bestrafte sich, weil sie sich vor dem fürchtete, was sie erwarten konnte. Doch Ian? War schon längst darüber hinaus. Da war nicht die Angst davor, was ihn in der Zukunft erwarten würde. Da war die Angst, dass da keine Zukunft mehr war. Nicht die Angst, noch etwas verpassen zu können, sondern die Gewissheit, sich alle Chancen verspielt zu haben. Und Eowyn sprach ausgerechnet mit ihm über Schuld? Mit einem
richtigen Mörder? Das Virus war nur der letzte Tropfen gewesen. Eine Handlung, die nicht von ihm ausgegangen war, so anders, wie die Geschehnisse auf Telos. War nicht vielleicht doch Telos der Planet, der am unangenehmsten war? Allein schon aus der Tatsache heraus, dass seine Karriere als Mörder genau dort begonnen hatte?

Kein Wunder, dass er Eowyn nicht hatte überzeugen können. Ihr die Schuld auszureden und selbst zu wissen, dass so etwas unmöglich sein konnte, wie passte das auch zusammen? Aber sprach die Logik hier nicht eigentlich für sich? Und war es nicht viel logischer, dass sie gerade deswegen begriff? Weil sie
wirklich unschuldig war? Aber wann hatte Logik ihn je weiter gebracht. Seine Logik…

Das Gesicht ein wenig maskenartig, versteinert, den Blick auf das Feuer gerichtet, sich abschirmend, nahm Ian ein leises Räuspern wahr und hörte dann, wie Eowyn langsam etwas stotterte. Eigentlich schon. Dann war vielleicht doch etwas zu ihr durchgedrungen?
Was hatte
er bisher richtig gemacht? Eine Frage, die er sich ebenso gut hätte selbst stellen können. Was hatte er richtig gemacht?
Er hatte einmal geliebt. Vielleicht zwei Mal. Und er hatte den Entschluss gefasst, nach Lianna zu reisen. Oh, er hatte wirklich viel richtig gemacht, stellte er bitter fest. Vielleicht zwei oder drei Dinge. Wundervoll, wie wundervoll.

Wieder kehrte Stille über Eowyn und Ian, nur das leise Knistern des Feuers und die Geräusche des Mondes waren zu hören. Wie macht Ihr das bloß? Eine Frage, die Ian fast als Hirngespinst abgetan hätte, wären da nicht weitere gefolgt. Langsam drehte er den Kopf zu ihr, denn nach all ihren vorherigen Reaktionen machte das, was Eowyn gerade sprach, für Ian kaum einen Sinn. Aber eben, als er seinen Gedanken nachgegangen war, hatte er die andere auch gänzlich ausgeblendet. Vielleicht war doch etwas zu ihr durchgedrungen. Als sie seufzte, lächelte Ian matt.

„Von außen ist es immer einfacher, hm?“ Mehr eine Feststellung, als eine Frage. Denn von außen betrachtet war alles einfacher, weil ein Außenstehender meist nicht involviert war und wenn die eigenen Gefühle keine innerliche Hetzjagd veranstalteten, war so einiges um so vieles leichter. Danke. Er lächelte erneut, denn Eowyn war die erste, die nach so vielen Jahren schon das zweite Mal dieses Wort an ihn richtete. „Schon in Ordnung“, schmälerte er ihren Dank ein wenig, denn was hatte er schon groß getan? Früher oder später wäre sie selbst darauf gekommen oder jemand, der weitaus geschickter war als Ian, hätte sie erreicht. Sofern Ian hier überhaupt tatsächlich etwas erreicht hatte. Bei ihrem Zusatz sah er sie jedoch schief an. Na ja“, sein Lächeln wurde ebenfalls schief, Andeutung dafür, das ein Scherz folgen würde, „hier ist es unklug, sich aus dem Weg zu gehen.“ Schlussendlich seufzte Ian aber doch, denn vielleicht war ein Witz nicht angebracht. „Schon in Ordnung“, wiederholte er daher, sah wieder aufs Feuer und diesmal klang er ernst und lächelte nicht. Der zweite Tag auf Va’art würde sich langsam seinem Ende neigen und Ian fragte sich, wie anstrengend der nächste werden würde, denn wieder fühlte er sich erschöpft. Emotional ausgelaugt und der Wunsch für sich sein zu wollen, wuchs beständig.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

Vielleicht ist es einfacher... trotzdem. Eowyn schüttelte den Kopf. Manchmal hatte sie das Gefühl gehabt, sie sei gläsern, er hätte in ihr lesen können wie in einem Buch. Lag es an Ian - konnte er einfach gut mit anderen umgehen, ihre Stimmungen erfassen, ihre Denkweisen analysieren? Oder lag es an ihr - war sie offen wie ein Buch, brauchte man sie nur ansehen und würde schon wissen, was sie dachte und was ihre Sehnsüchte und Ängste waren? Letzterer Gedanke ließ in ihr ein unangenehmes Gefühl aufsteigen. Das war nicht gerade erstrebenswert.
Dennoch, er hatte Vermutungen angebracht, die sie so noch von niemandem gehört hatte, und vielleicht hatte sie genau das gebraucht. Klare Worte, keine Vorwürfe, aber Tatsachen.
Seht es, wie Ihr wollt, aber ich hatte teilweise nicht gerade das Gefühl, Ihr würdet das alles von außen sehen - eher, als wäret Ihr in mir drin, so... treffend war manches. Beinahe schon beängstigend. Beinahe. Und vermutlich mit ein Grund, weshalb sie teilweise so heftig reagiert hatte. Die Wahrheit war nicht gerade angenehm.

Sie lächelte ein wenig, es tat gut, zu wissen, dass er ihr nicht böse war. Aber so ganz stimmte es nicht. Ja, sie beide hatten keine andere Wahl, als miteinander auszukommen. Doch es war ein Unterschied, ob man einfach nur miteinander auskam oder solche Gespräche führte. Gespräche, die sie mit niemandem bisher hatte führen können, aus welchen Grunden auch immer. Es bedeutete eine Menge. Oh, Ihr könntet mir aus dem Weg gehen. Oder mich ignorieren... Nur, weil wir beide gerade keine andere Wahl haben, als gemeinsam zu wandern, heißt das nicht, dass Ihr Euch um meine Probleme und Launen kümmern müsst. Bei weitem nicht. Es könnte auch anders aussehen... Schweigen, Gespräche auf das Nötigste in der Planung beschränkt. Nicht optimal vielleicht, aber immerhin besser, als sich die ganze Zeit das Gejammere einer Frau in einer vorgezogenen Midlife-Crisis anzuhören. Und wenn Euch das lieber ist, dann können wir das zukünftig auch so handhaben. Ob Ihr es glaubt oder nicht, aber... sie lächelte wieder leicht, ich kann auch meinen Mund halten.

Was sie jetzt vermutlich auch wirklich tun sollte und ihn nicht noch weiter nerven. Ihm die Möglichkeit geben, sie zu ignorieren. Den nötigen körperlichen Abstand hatten sie ohnehin schon.
Wie würde es weitergehen? Würden die nächsten Tage so aussehen? Sie wanderten durch den Dschungel, ziellos, einfach darauf hoffend, irgendwann auf etwas oder jemanden zu treffen? Weitere Angst beschlich Eowyn bei diesem Gedanken. Wie lange würden sie das durchhalten? Sie würden jagen müssen, Wasser gab es genug, vermutlich würden sie nicht verhungern oder verdursten. Aber irgendwann würde es nicht mehr gehen. Wenn das alles Wochen anhielt... Wie besiedelt war dieser Mond? Sie konnte nichts wahrnehmen, und das war kein gutes Zeichen. Ein paar Tage würde es gehen. Auch Wochen. Aber viele Wochen... Würden sie beide sich zusammenraufen können, zusammenarbeiten können, oder würden sie früher oder später so sehr aneinandergeraten, dass ihre Wege sich trennen würden?
Das durfte nicht geschehen. Alleine, das wusste Eowyn, würde es um einiges härter werden. Absolute Wachsamkeit, jede Minute, jede Sekunde. Von der Psyche ganz zu schweigen.
Und währenddessen wurde der Virus ausbrechen. Und beginnen, die Bevölkerung vieler Welten langsam aber sicher zu töten.
Aketos. Aketos war ihre letzte Hoffnung. Eowyn fragte sich, wie es ihr ging, wo sie gerade steckte. Sie müsste schon angekommen sein, aber bis sie auf Lianna sein würde würden noch Tage vergehen, mindestens. Eowyn hatte schließlich keine Ahnung, wie lange Aketos brauchen würde, um ihren Kristall zu finden. Das war keine Sache, die man überstürzt anging. Wenn sie Pech hatte... Sie musste sie irgendwie erreichen. Es zumindest noch einmal versuchen. Gestern war sie erschöpft gewesen, heute ging es ihr zumindest etwas besser. Sie hatte kaum Hoffnung darauf, aber so lange die kleinste, winzigste Chance bestand... vielleicht würde Aketos zumindest ein unruhiges Gefühl bekommen, und versuchen, sie zu erreichen. Sie hatte ihr gesagt, dass sie immer erreichbar sein würde.
Wenn sie dann tagelang nicht antwortete...
Das klappte natürlich nur, wenn es Aketos selbst gut ging. Wenn ihr nichts zugestoßen war. Eowyn hatte noch immer ein schlechtes Gewissen, dass sie sie direkt nach dieser Mission alleine gelassen hatte. Sie hätte eigentlich jemanden gebraucht, der die Geschehnisse mit ihr aufarbeitete, aber... es war ihr wichtig erschienen, mit Ian zu reisen. Und ihr Instinkt hatte sie nicht getrogen, in diesem Punkt. Nur in einigen Punkten
hinterher. Also war es die richtige Entscheidung gewesen, und Eowyn würde mit Aketos reden, sobald sie beide auf Lianna sein würden. Wann auch immer das sein würde. Sie verbot sich zu denken, dass es eine Chance gab, dass es nie geschehen würde.

Der Tag neigte sich dem Ende zu... vermutlich. Und vermutlich sollte zumindest einer von ihnen schlafen. So lange sie nicht gingen war das nur sinnvoll, um ihre Energien zu regenerieren. Gestern hatte Ian die erste Wache übernommen, vielleicht sollten sie es heute umgekehrt machen.


Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn

„Macht Euch keine Gedanken“, seufzte er, „ich werde all das für mich behalten.“ Nicht, dass es da viele Personen gegeben hätte, denen er irgendetwas erzählen konnte, aber vielleicht war es einfacher hinzunehmen, dass es da jemanden gab, der etwas persönliches wusste und dieser jemand keinem anderen etwas erzählen würde?
„Manchmal, sehe ich auf sehr erschreckende Art und Weise Dinge in Euch, die mir nicht unbekannt sind und vielleicht,“ erneut seufze er und vielleicht wurde dieses Seufzen ein Stellvertreter für seine Wut, „machen es diese Parallelen noch einmal einfacher.Vielleicht lag es auch schlicht daran, das da keine macht benötigt wurde, um Dinge zu spüren, sie wahrzunehmen. Manche Menschen oder Wesen strahlten schlicht etwas aus und wieder andere besaßen feine Antennen, die diese Schwingungen wahrnehmen konnten. Empathie, Sensibilität. Eine Mischung aus beidem?

Was seinen kleinen Witz betraf, so war Ian nicht sicher, ob Eowyn ihn als solchen erkannt hatte. Zwar lächelte sie schlussendlich auch, aber ihre Worte wirkten eher so, als nähme sie sein Gesagtes für bare Münze.
„Eowyn, das wäre absurd“, erklärte er daher, als er einen der gesammelten Äste ins Feuer legte. Eine angespannte Stimmung, die so zwangsläufig entstehen musste, wäre unerträglich gewesen. Ihre Erklärung, den Mund halten zu können, brachte Ian immerhin dazu, kurz und leise aufzulachen. „Ich glaube Euch.“ Auch wenn sie diejenige gewesen war, die bisher fast jede Stille gebrochen hatte… nun ja. Vielleicht glaubte er Eowyn nicht ganz. Aber sie war kein Plappermaul. Wahrscheinlich hätte er sie um Stille bitten müssen, wenn sie seltsame Dinge von sich gegeben hätte. Sie kamen so zwar zu oft zu anstrengenden Themen, aber vielleicht war diese Tatsache schlicht den Ereignissen zu schulden. „Es ist bloß nicht immer einfach“, gab Ian schließlich zu. „Ich war zu oft alleine mit eigenen Gedanken und Gefühlen und es ist manchmal seltsam, mit dem doppelten davon konfrontiert zu werden.“ Mit seinen und ihren Gedanken und Gefühlen. Und eine richtige Rückzugsmöglichkeit gab es nicht, sie mochten sich aus dem Weg gehen können, aber nicht für lange, denn wer wusste schon, welche Gefahren hier lauerten? Vielleicht bot Va’art demnach die perfekte Gelegenheit, seinem Einzelgängerdasein entgegen zu wirken. Oder seinen Wunsch nach Rückzug auf eine harte Probe zu stellen. Ohnehin, wenn sie Lianna erreichten, war ihm wahrscheinlich bald jegliche Kommunikation verwehrt. Denn wenn sie ihn nicht exekutierten, würden sie ihn einsperren und dann… hatte er genug Zeit, sich wieder der Einsamkeit hinzugeben. An diese Zukunft wollte Ian lieber nicht denken und vielleicht Va’art schlicht die letzte Gelegenheit, sich in Freiheit zu befinden. Ein Gedanke, der dennoch nicht dafür sorgte, sich länger hier aufhalten zu wollen. Er musste nach Lianna, auch wenn das bedeutete, dass er sein Leben aufgab. Nach allem was er getan hatte, war er das schuldig. Sich, der Galaxis, wem auch immer.

Ob es die Schwere des Gespräches war, die Wärme des Feuers oder das eingetretene Schweigen, Ian spürte, wie seine Lider schwerer und schwerer wurden und auch wenn sie keine direkte Absprache getroffen hatten, schien ein Wachwechsel wahrscheinlich. Zumindest war das der letzte Gedanke, den Ian bewusst fasste, bevor der Schlaf über ihn siegte. Nicht, um ihm Ruhe zu gewähren, sondern um genau das zu tun, was er so oft tat: Ihn in die Arme des nächsten Alptraums zu geben.


Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

So weit hatte sie gar nicht gedacht. Warum auch - schließlich war hier niemand, dem er irgendetwas würde erzählen können, und sollten sie es bis Lianna schaffen, dann würden sie beide erst einmal andere Gedanken haben. Aber auch abgesehen davon hatte sie an solche Dinge keinen Gedanken verschwendet. Sie traute Ian kaum zu, selbst wenn es möglich wäre, in die nächste Bar zu gehen und zu tratschen. So habe ich es nicht gemeint, meinte sie leise.
Und ja, sie konnte es sich zum Teil vorstellen, dass er ähnlich fühlen musste. Wofür war man verantwortlich, wofür nicht? Wie ging man damit um? Auch wenn sich Eowyn relativ sicher war, dass Ian vermutlich anders damit umging und außerdem sicher nicht alles übereinstimmte.


Sie musste zugeben, dass es sie ein wenig erleichterte, dass Ian ihren Vorschlag kategorisch abschlug. "Absurd" hätte sie selbst es zwar nicht genannt, aber gut. Eins war ihr jedoch klar - lieber lief sie nur mit ihren Gedanken und in Stille durch diesen Dschungel, als mit jemandem zwanghafte Gespräche zu führen. Das konnte genauso zu Spannungen führen wie gezwungenes Schweigen, und Spannungen war das Letzte, was sie beide jetzt brauchten. Wenigstens brachte sie ihn zum Lachen. Das war doch ein gutes Zeichen dafür, dass solche Spannungen zumindest aus dem Weg schiebbar waren - hoffentlich. Faszinierenderweise musste sie feststellen, dass sie in seiner Gegenwart tatsächlich viel redete. Ungewohnter Weise. Eowyn hatte keine Ahnung, wo das herkam, aber vielleicht lag es auch nicht an ihm, sondern einfach an der Gesamtsituation. Und an ihr.
Ich weiß, was Ihr meint... stimmte Eowyn Ian nachdenklich zu. Es gab Zeiten, da ging es mir ähnlich. Und auch jetzt war sie oft alleine unterwegs. Zumindest, wenn sie keine Padawane hatte. Und selbst dann machte es manchmal Sinn. Es hätte auch Sinn gemacht, Shen letztens auf Lianna zu lassen, aber andererseits war es seltsam, einen Padawan mitzunehmen und den anderen nicht. Zwei Padawane zu betreuen war nicht immer einfach.
Für Ian hingegen musste es noch viel, viel schwerer sein. Sie hatte kaum Ahnung, wie das Leben im Sith-Orden ablief - Geschichten, Gerüchte, ja, aber nichts Konkretes. Genug jedoch um zu vermuten, dass empathische Kommunikation nicht gerade zur Tagesordnung gehörte. Wenn sie selbst schon am Überbrodeln war, für ihn war es noch extremer.

Sie betrachtete Ian, der wohl gerade am Einschlafen oder schon weggenickt war. Was ging wohl in ihm vor? Wie kam er damit klar? Sie erinnerte sich noch gut an seine Verzweiflung gestern, als die "Sandkorn" gerade abgestürzt war. Er hatte sich mittlerweile wieder gut im Griff, ob nun wegen guter Verdrängung oder aus anderen Gründen konnte sie nicht sagen. Ein Grund könnte zum Beispiel auch sie selbst gewesen sein. Schließlich hatte er nicht viel Zeit, zu verzweifeln, wenn er sie von selbigem abhalten musste. Wenn man es unter diesem Aspekt betrachtete hatte sie fast noch eine gute Tat getan, dachte sie spöttisch. Sie hoffte nur, dass es dabei blieb, für sie beide. Denn wenn die Verzweiflung ihn übermannen würde, würde sie vermutlich hilflos sein.
Doch eines nach dem anderen. Vielleicht unterschätzte sie ihn ja. Er hatte schon früher Stärke bewiesen. Gut möglich, dass er damit klarkommen würde. Sie würde es sehen... Und die Kämpfe erst dann ausfechten, wenn sie auftraten, nicht schon vorher. Nur, dass sie jetzt in die Zukunft blicken wollte hieß schließlich nicht, dass sie es
so weit tun würde.
Bis dahin konnte sie sich nützlicheren Dingen zuwenden und würde den stützenden Baum nun wieder gegen einen Platz am Feuer tauschen. Sie stand auf und schüttelte ihre Glieder ein wenig aus, bevor sie sich neben ihrer Robe und der Tasche wieder ans Feuer setzte. Die Robe war viel zu dick, als dass sie von alleine in dieser feuchten Umgebung trocknen konnte, auch wenn das Feuer zumindest ein wenig nachgeholfen hatte. Es war nicht mehr viel Arbeit, sie wieder richtig trocken zu bekommen.


Als Nächstes stand etwas mehr Konzentration auf dem Plan. Sie durfte nicht vernachlässigen, ihre Sinne geschärft zu lassen, also würde es allerhöchstwahrscheinlich ohnehin wieder umsonst sein, aber die Chancen standen sowieso nicht gut.
Eowyn schloss die Augen und lauschte auf die Geräusche um sich herum, achtete auf auffälligeres Rauschen oder Töne, außerdem schärfte sie ihren Gefahrensinn. Ein Teil von ihr würde die ganze Zeit darauf achten müssen. Dann erweiterte sie ihre Sinne, verließ diesen Mond, hielt Ausschau nach ihrer Padawan. Rief ihren Namen in die Weite des Alls, gefolgt von Hilferufen und dem drängenden Gefühl der Hilflosigkeit. Eine Antwort erwartete sie nicht, sie war zu weit weg, ihre Verbindung zu schwach. Eowyn wäre froh, wenn Aketos schon das Gefühl bekommen würde, dass etwas nicht stimmte.
Sie öffnete die Augen und griff nach einem Stück Holz, um das Feuer in Gang zu halten, das gerade ein wenig schwächelte. Sie hatte nun alles getan, was notwendig war, ab jetzt hieß es einfach nur - warten. Warten und aufpassen... Sie seufzte. Sie hasste diesen Teil an Missionen. Es war öde, nur zu sitzen und zu warten. Wäre es hell hätte sie damit kein Problem - sie würde die Natur um sich herum beobachten, ein paar Pflanzen suchen und studieren. Aber jetzt, im Dunkeln? Keine Chance. Die Tiergeräusche, die sie hörte, waren nicht einzuordnen, und ansonsten... gab es nichts. Mit ihren Gedanken hatte sie sich in der letzten Zeit außerdem genug beschäftigt, also blieb nicht viel. Wenigstens konnte sie versuchen, die Ruhe zu genießen. Das konnte sie schließlich nicht oft und sollte es daher genießen.
Und um ihre nervenden Haare konnte sie sich auch wieder kümmern. Ganz fertig war sie heute früh damit nicht geworden, und vielleicht konnte sie sie wieder irgendwie hochstecken oder zumindest flechten. Sie kramte nach ihrer Haarbürste und ging nach und nach ihre Strähnen durch. Wenigstens waren sie doch um einiges leichter zu bürsten als noch heute morgen. Heute morgen... wie lange schien das schon her zu sein. Und das war erst ihr zweiter Tag auf Va'art. Sie seufzte und bürstete zum Abschluss noch einmal zur Sicherheit alles durch, als sie die ersten ungewöhnlichen Geräusche hörte. Sofort schmiss sie die Bürste in ihre Tasche und lauschte. Was war... oh.
Ian... brummte. Aber nicht nur das, er bewegte sich immer mehr, und aus dem harmlosen Brummen wurde ein Keuchen
. Wieder ein Alptraum? Sollte sie ihn wecken? Zögernd stand sie auf und näherte sich ihm, doch er nahm ihr die Entscheidung ab und riss die Augen auf.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian


Es war dir ja egal... :whistling:
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn

Nein, einfach war es nicht. Auf Bastion hatte Ian sich gewünscht, mit jemandem zu sprechen, doch sein Meister, Darth Noctious, war verschwunden gewesen. Die Verbindung, die er einst zu Ian hergestellt hatte, ebenfalls, was fast nur einen einzigen Schluss zugelassen hatte. Das auch Noctious nicht mehr am Leben war. Und die einzige andere Vertraute im Orden war Alisah gewesen, aber wenn Ian es recht bedachte, hatte er wenige Gedanken mit ihr geteilt. Sie war furchtbar jung gewesen, ihre gemeinsame Zeit nur kurz. Ihr Verliebtsein hatte sie in anderen Spähern schweben lassen, aber tiefschürfende Gespräche? Hatten ihn sicher nicht mit Alisah verbunden. Eigentlich hatte der eine kaum etwas über den anderen gewusst und ehe sie überhaupt dazu gekommen waren, sich richtig kennen zu lernen, war ohnehin die Mission gekommen, die sie nicht nur räumlich voneinander getrennt hatte. Und zum Schluss waren da viel mehr tiefschürfende Verletzungen gewesen. Begonnen mit dem Wiedersehen, beendet mit all den Lügen und ihrem Betrug. So schien Eowyn auf erschreckende Art, vielleicht der einzige Mensch, nach Tahiri zu sein, mit dem er Gespräche führte, die tiefgreifender waren und die so viel Persönliches enthielten. Erschreckend auf der einen und beängstigend auf der anderen Seite. So wie der folgende Alptraum.

***
Ein einfacher Raum, völlig überfüllt. Ein tobender Kampf. Nein, viele tobende Kämpfe. Ein Kriegsgebiet mehr, eine Schlacht mehr. Jedi gegen Sith, wie so oft und heute würde er gewinnen.
Oh ja, heute würde Keebo gewinnen und zerstören und heute würde ihn nichts davon abhalten. Allegious hatte er die Treu geschworen und da war nichts, gar nichts, was ihn abhalten würde, seinen Weg zu gehen, um endlich selbst an die Spitze zu gelangen. Unter Allegious Führung würde er bald, der mächtigste unter den Sith werden und wenn den Cyborg langsam die Kräfte verließen, würde mit ihm, Darth Keebo, eine neue Ära beginnen. Eine Ära, in dem es keine verräterischen Jedi mehr gab und ohne diesen Abschaum auch keine Republik. Nein, sein Zeitalter würde beginnen und er würde der Mächtigste sein, sein eigenes Imperium errichten und all jene, die ihm nicht dienten, würde er vernichten, zerschmettern, jeden einzelnen von ihnen und nur die, die ihm treu ergeben waren, die, die ihm dienten, würde er am Leben lassen. Er lachte, ein tiefes, schauriges Lachen, das sich mit dem Zünden seines Lichtschwerts verband.
„Ihr habt hier nichts zu suchen“, erklang seine eisige, unnatürliche Stimme, die vom Hass zerfressen war, wie alles an ihm. Die gelblich glühenden Augen auf die Jedi vor sich gerichtet hatte Darth Keebo ihr Schicksal bereits besiegelt. Ein boshaftes Lächeln umspielte dann seinen Mund. Sie schickten Padawane in den Krieg? So schwach und erbärmlich waren nur die Jedi, denn ihr verzweifelter Widerstand war nichts, nichts, was die Sith aufhalten konnte. Nichts, was ihn aufhalten würde. Wäre da noch eine menschliche Regung in dem Dunkelhaarigen gewesen, hätte er vielleicht so etwas wie Bedauern darüber empfunden, dass er sie alle töten musste, ohne von deren Potential schöpfen zu können. Wenn da noch etwas Menschliches in ihm gewesen wäre.

Sein erstes Opfer fand sich schnell und sie war wehrlos. Als die rote Klinge ihren Körper so einfach durchdrang, als bestünde er aus hauchdünnem Material, genoss Keebo jede einzelne verstreichende Sekunde, in der er seinem Opfer das Leben aushauchte und es schien, dass jeder letzte quälende Atemzug dieser Padawan ihm nicht nur Befriedigung, sondern auch Energie verschaffte. Bloß wurde sein tödlicher Rausch gestört, als neben dem Röcheln seines Opfers, ein anderes Geräusch an seine Ohren drang. Sein Rausch wurde damit gestört und feindselig blickte Keebo sich um, denn niemand durfte es wagen, ihn eines solchen Momentes der Ektase zu berauben. Und da sah er in die braunen Augen einer Frau, mit langen, gewellten, dunkelblonden Haaren. Das grüne Licht ihrer Klinge unterstrich ihr Gesicht, verdeutlichte den Schmerz und Keebo lachte erneut. Sie würde die nächste sein und ihren Tod würde er auskosten. Dann hob er sein Lichtschwert, holte aus zu einem gewaltigen Hieb. Krachend trafen sich die beiden Klingen.


***


Ian riss die Augen auf. Diesmal früh genug, um diesen Traum nicht enden zu sehen, nein, er hatte ohnehin genug gesehen. Sein Herz hämmerte praktisch bis in seinen Hals hinein, zumindest fühlte es sich genau so an. Es war ein Traum gewesen, nur ein Traum. Nur ein weiterer Alptraum und dennoch musste Ian tief und ruhig atmen, um sich wieder zu beruhigen, um die Bilder niederzukämpfen, sie wieder los zu werden.

Du bist auf Va’art,

rief er sich zurück ins Gedächtnis, aber diese Tatsache änderte nichts an dem verstörenden Gefühl, das der Traum hinterlassen hatte.

„Ich hasse es“, murmelte er leise, als er Eowyn wieder wahrnahm, denn er spürte, dass sie ihm näher gekommen war. Ansehen wollte er sie jedoch nicht, dabei musste er seinen Blick nicht zu ihr richten um zu wissen, von wem er da geträumt hatte.
Spätesten das waren die Momente, in denen er sich die Einsamkeit zurückwünschte. Wie hatte es Tahiri je neben ihm ausgehalten? Die Antwort war einfach, denn die schlimmsten Träume hatten erst nach ihrem Tod begonnen
. „Ich hasse es wirklich, wiederholte Ian schlicht. Konnten ihn nicht wenigstens die Alpträume verschonen? Konnten nicht wenigstens sie ihn in Ruhe lassen? Als reichte die Vergangenheit nicht völlig aus.



Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn

Passt schon^^
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian

Als Eowyn Ian vorhin beim Schlafen beobachtet hatte, hatte er so friedlich ausgesehen. Im Schlaf, wenn man keine Kontrolle über sein Gesicht, seinen Körper hatte, da verschwanden oft Dinge, so auch bei Ian - vorhin. Im flackernden Licht des Feuers war die Härte verschwunden und die Sorge, da war einfach nur Ian gewesen.
Jetzt aber sah es anders aus. Sein Blick ins Leere war gehetzt, seine Atmung schnell, und seine Orientierungslosigkeit eindeutig. Eowyn war bei seinem Aufwachen in der Bewegung gestockt und kniete sich nun behutsam bei ihm hin, wartete, bis er sich wieder gesammelt hatte. Ganz klar, ein Alptraum... Der zweite in ebensovielen Nächten. Und als Ian sich langsam wieder beruhigte, sein Blick zumindest etwas von dem Schrecken verlor, da fand er auch seine Sprache wieder. Beinahe schon resigniert klang das, was er sagte. Resiginiert und voller Gewohnheit. Verfolgte ihn seine Vergangenheit bis in den Schlaf? Was sah er, wenn er die Augen schloss? Versuchte er denn, dagegen anzukämpfen, oder gab er sich einfach der Dunkelheit des Schlafes hin, ohne sich vorher zu sammeln?

Oh, das glaube ich... murmelte Eowyn. Alpträume waren furchtbar - etwas, gegen das man nicht ankam, nicht ankämpfen konnte. Das man in den meisten Fällen nicht beeinflussen konnte. Sie zumindest nicht. Doch glücklicherweise war sie von Alpträumen nicht geplagt. Sicher kam hin und wieder einmal einer vor, allerdings war das normal. Ians Reaktion zufolge und der Hundertprozentquote, der sie da gerade beiwohnte, war das, was er erlebte, nicht normal. Es war kein Wunder, wenn sie es recht bedachte. All das, was ihn beschäftigte, all das, wofür er sich verantwortlich fühlte und vielleicht auch verantwortlich war - das musste sich schließlich irgendwie einen Weg bahnen.
War es immer der gleiche Alptraum? Oder veränderten sie sich?
Eowyn zögerte. Wäre er ihr Padawan gewesen oder ein anderer Jedi, sie hätte ohne zu zögern gewusst, was zu tun war. Aber hier lag der Fall anders. Aus eigener Erfahrung wusste sie, dass es half, über Alpträume zu reden - entweder, um sich ihnen noch einmal zu stellen, oder um zu realisieren, dass sie oftmals lächerlich waren und angesichts der Realität ihren Schrecken verloren. Bei Ian aber... einerseits waren Träume persönlich. Etwas, das man nur selbst erlebte, das nur einem selbst gehörte - und von dem man oft auch nicht
wollte, dass jemand anderes es mitbekam. Aber es war nicht nur Ians Privatsphäre und dem Respekt geschuldet, dass sie sich zurückhielt. Sie machte sich auch Sorgen um sich selbst. Sie wusste nicht, welche Erfahrungen er gemacht hatte, was für Dinge er getan hatte. Sie konnte absolut nicht einschätzen, von was er träumte, was ihn belastete - neben der akuten Sache des Virus, natürlich. Vielleicht kam sie damit nicht klar. Und vielleicht war es besser, wenn jeder von ihnen gewisse Dinge für sich behielt.

Ja, das war es wohl. Aber es gab andere Dinge, die sie klären konnte.
Wenn Euch diese Träume so belasten... weshalb nutzt Ihr dann nicht eine Tiefschlaftrance, um Euch dagegen abzuschotten? So kommt Ihr doch niemals zu Schlaf. Sie schüttelte den Kopf und stockte in der Bewegung, als sie zarte, neue Geräusche hörte. Regen. Fantastisch. Es waren vorerst nur leichte Tropfen, und er war nicht stark genug, um sie unter dem Blätterdach zu stören, aber sie hoffte inbrünstig, dass er nicht sehr viel stärker werden würde. Sie hatte keine Ahnung, wie viel ihr improvisiertes Lager aushielt. Andererseits... war es zu erwarten gewesen.

Eowyn wandte ihren Blick wieder Ian zu. Es musste qualvoll sein. Sie hatte keine Ahnung, wie er das aushielt. Tagsüber belastete einen das Gewissen, und sie wusste, dass es so war; nachts kamen Träume. Und niemand, mit dem er es teilen konnte, wahrscheinlich auch teilen wollte. Tahiri war nicht mehr... Eowyn verspürte ein inniges Bedauern und eine Traurigkeit über den Tod einer Frau, die sie nie gekannt hatte. Sie konnte aus seinen Worten spüren, wie sehr er sie geliebt hatte, wie sehr sie ihm nun fehlte. Mit Tahiri wäre er nun nicht so verzweifelt, nicht in dieser Lage. Er wäre anders, er wäre das, was sie auch in seinem Innersten sehen und spüren konnte. Weshalb war das Leben manchmal so grausam?
Weshalb stellte es solche Prüfungen, die man nur schwer bis unmöglich meistern konnte?
Ian hatte ihr vorhin zugehört. Sie hatte ihm noch dafür gedankt, dafür, dass er da war, dass er sie ertrug. Obwohl seine eigenen Gedanken ihm vermutlich zusetzten wie kaum etwas anderes. Wie konnte sie da ihren eigenen Seelenfrieden über den seinen stellen? Höchstwahrscheinlich würde er ohnehin nicht reden wollten. Aber sie war es ihm schuldig, ihm diesen Weg aufzuzeigen.

Ich weiß... begann sie sanft und zögernd, ich weiß, dass Ihr es vermutlich nicht wollt, aber... sie blickte ins Feuer, um ihm zumindest den Anschein einer Privatsphäre zu geben. Manchmal hilft es, über seine Träume zu reden. Damit sie sich zurückziehen, einen nicht mehr so sehr belasten. Ich... ich bin da, schloss sie schlicht.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn

Ian fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und verharrte einen kurzen Moment mit geschlossenen Augen in dieser Position, um noch einmal tief durchzuatmen.
Tiefschlaftrance?“, kam ein wenig verzögert die Nachfrage, denn diese Technik war ihm nicht bekannt, weshalb er sie folgerichtig auch nie genutzt hatte. Meditation ja und auch sie konnte das Ausmaß einer Trance annehmen. Aber eine Tiefschlaftrance? Davon hatte er nicht einmal etwas gehört. „Und zum Schlaf komme ich, bloß nicht zur Ruhe“, brummte Ian dann. Nein, zur Ruhe kam er so sicher nicht, doch Alpträume ließen sich nicht steuern, oder er war einfach nicht dazu in der Lage. Nicht einmal das Erwecken funktionierte, dabei hätte man meinen können, dass ein machtbegabter zumindest in der Lage hierzu war, doch Ians Fähigkeit hierin grenzte gen Null. Und deshalb gehörte Schlaf nicht unbedingt zu den Dingen, die sich der Dunkelhaarige herbei sehnte. Er war eine Notwendigkeit, der Ian nachgeben musste, früher oder später, aber er zögerte diesen Prozess lange und gerne hinaus. Schließlich war diese Art zu Träumen nahezu eine Alltäglichkeit geworden und da war kaum eine Nacht, in der er nicht schweißgebadet erwachte oder in der er vorher Stunden wach lag. Vielleicht war das die Strafe. Die Strafe dafür, das er hatte vergessen wollen und vor allem die Strafe, für das, was er getan hatte. Ja, es musste sich um eine Strafe handeln, was sonst war der Sinn dahinter? Erinnerte ihn der Tag nicht ständig, dann tat es die Nacht, mit dem Unterschied, dass sie weitaus ungnädiger war, weil sie ihm Dinge vorgaukelte, die so nicht geschehen waren. So nicht geschehen würden. Wie jenes, was er eben geträumt hatte…

Eowyn hatte sich ganz in seiner Nähe niedergelassen und diesmal störte Ian sich an dieser Nähe nicht, was absurd war, wo er doch viel lieber alleine gewesen wäre. Vielleicht störte ihn die Tatsache, dass sie das zweite Mal erleben musste, was die Nacht mit sich brachte. Zumindest aber hatte er sie dieses Mal nicht angegriffen. Und als hätten die bisherigen Gespräche und der Alptraum von eben nicht schon ausgereicht, kündigte sich auch schon der nächste Regen an. Leise tropfte es, noch harmlos, aber sicher war es nur eine Frage der Zeit, bis der Himmel seine Schleusen komplett öffnen würde. Makaber stellte Ian gedanklich fest, dass sich so zumindest das Problem mit der fehlenden Nasszelle von alleine lösen würde. Der Regen aber würde sie daran hindern, schnellvoran zu kommen, denn er würde den Boden nur wieder aufweichen. Noch aber hielt das Blätterdach stand.
Als Eowyn zögernd zu sprechen begann, sah Ian doch kurz zu ihr, auch wenn ihr ihr Anblick in Verbindung mit dem, was er eben gesehen hatte, ihm so etwas wie einen kleinen Stich versetzte. Was er gesehen hatte war absurd gewesen. Absurd und absolut unmöglich und dennoch…
Über Träume sprechen? Ausgerechnet über diesen? Nein. Mit absoluter Sicherheit, nein. Um ein wenig Zeit zu schinden, legte Ian Feuerholz nach. Und nachdem ein paar Sekunden verstrichen waren, eigentlich zu viele, als dass eine Antwort noch vermutbar gewesen wäre, seufzte der Mann
. „Eowyn, ich habe mein halbes Leben lang schon Alpträume.“ Eine Tatsache, die er kaum leugnen konnte. „Sie ziehen sich nicht zurück, sie werden schlimmer und absurder.“ Tiefschlaftrance. Warum hatte er davon nicht gehört?
„Wenn diese Trance dabei hilft, dass sie aufhören…“, dann würde er sich näher damit befassen. „Aber glaubt mir, Ihr wollt nicht wissen, was ich träume“, und seltsam verzerrt lächelnd fügte er hinzu: „Ich würde es lieber selbst nicht wissen.“

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, neuer Lagerplatz, mit Eowyn
 
Zurück
Oben