Shov Gernerel
New Republic Captain
[ Realraum, vermutlich irgendwo im Wilden Raum zwischen Molavar und Kowak (S16) | RSD 'Red Nova' | Brücke | Captain Shov Gernerel & Brückencrew ]
Es setzte keinerlei Hektik, keinerlei Panik ein - nur ein kurzer Augenblick der Stille, in dem die Offiziere ihn ansehen. Dann begann die Brückencrew sich zu bewegen wie ein Schwarmorganismus. Der Alarm wurde ausgelöst. Seine Männer und Frauen gaben strikte Befehle an ihre Untergebenen weiter. Zwei Fähnriche rüsteten sich mit Blastern aus und verließen die Brücke - Boten, die aufgrund der eingeschränkten internen Kommunikationsanlagen ausgesendet wurden und damit die letzten waren, die die Brücke verließen, ehe sie hermetisch verriegelt wurde.
“Hüllenbruch?”, fragte Shov, ohne sich umzudrehen.
“Wir hatten einen Druckverlust in Sektion 7-D. Nahe des unteren Maschinenraums.”
Wer auch immer sie hier enterte, wusste entweder ganz genau, was er tat, oder hatte gar keine Ahnung. Was wollten die Eindringlinge im Maschinenraum? Schließlich schwebte die Red Nova bereits bewegungs- und kampfunfähig im All, hatte keine Schilde und keine funktionierenden Sensoren. Sie befanden sich geradezu auf dem Präsentierteller. Unter diesen Umständen war es reiner Wahnsinn, das Kriegsschiff zu entern, das über ein volles Regiment Marineinfanterie sowie eine Kompanie Special Forces - insgesamt über zwei Tausend Soldaten - an Bord verfügte. Das war völlig sinnlos.
“Was macht die Notversorgung?”, fragte der Captain knapp.
Reys trat an den Holotisch, der flackernd wieder ein Lebenszeichen von sich gab - ein blauer Streifen leuchtete auf, als würde das Schiff selbst noch um Bewusstsein ringen.
"Redundanzsystem Vier hat wieder Energie. Jemand hat das Versorgungsmodul auf Deck 3 überbrückt. Noch keine volle Kontrolle, aber die kritischen Systeme laufen an.”
“Sensorik?”
Lieutenant Lotha tippte einen Befehl ein. “Begrenzter Zugriff auf interne Sensorik.”
“Genug, um einen Blick auf unsere Gäste zu werfen?”
Lotha beugte sich über ihre Konsole, kleine Schweißperlen auf der Stirn.
“Ich leite den Feed auf den Holotisch um … Jetzt”
Der Tisch flackerte erneut. Diffuse Silhouetten erschienen auf dem Feed. Verrauscht und ungenau. Jedoch war die Bewegung in Sektion 7-D klar erkennbar. Dann weitere - aus einer anderen Richtung. Das war kein unkontrollierter Frontalangriff. Shov verengte die Augenbrauen und zog die Stirn in Falten. Sie tasteten das Schiff ab, krabbelten durch Versorgungsschächte und Wartungstunnel, wichen jedem Ort aus, an dem potentiell Marines stationiert waren.
“Sie meiden die Verteidigung”, murmelte Reys und sprach damit aus, was Shov dachte. “Die wollen nicht kämpfen - die suchen etwas.”
Shovs Blick verengte sich.
“Der Hyperraumantrieb befindet sich im Maschinenraum in Sektion 7-D, nicht wahr?”
“Bestätigt, Sir”, kam von Lieutenant Sesh, dem Chief-Engineer.
“Zwei Gruppen nähern sich aus verschiedenen Richtungen dem Haupt-Hyperraumantrieb. Ich … moment … wir haben ein kurzes Fragment aus einer Sicherheitskamera - ich spiele es ab”, ergänzte Lotha.
Der Captain wandte sich erneut dem Holo-Tisch zu. Eine körnige Projektion erschien. Ein halbes Dutzend Gestalten mit schweren, aus verschiedenen Teilen zusammengesetzten Raumanzügen, der Lack abgesplittert, die Schweißnähte deutlich sichtbar. Einer trug eine Sensorantenne wie einen Speer in der Hand, ein anderer schleppte ein Werkzeug, das an ein Laser-Schnittgerät erinnerte. Sie zogen einen Repulsor-Schlitten hinter sich her.
“Was bei allen Sonnen …”, murmelte die junge Mirialanerin Tenlo.
“Können Sie die Kamerafeeds an Marines weiterleiten, Tenlo?”
Die Sub-Lieutenant bestätigte und machte sich an die Arbeit.
Die Eindringlinge hatten keine Chance. Obwohl sie mit beachtlicher Zielstrebigkeit vorgingen - wobei sie die zentralen Verteidigungsbereiche mieden und sich auf den Maschinenraum konzentrierten. Shov ließ den Antrieb sichern, Schotts versiegeln, Energiezuflüsse unterbrechen und die Sicherungstrupps vorrücken. Keine feindliche Einheit erreichte ihr Ziel. Nach weniger als einer halben Stunde war die kopflose Aktion vorbei. Acht Angreifer starben im Kampf. Zwei wurden schwer verletzt und, zum Entsetzen aller, sprengten sich selbst mit improvisierten Ladungen in die Luft, als ihre Position verloren ging. Keiner ergab sich.
Die Energieversorgung konnte innerhalb der nachfolgenden zwei Stunden schrittweise stabilisiert werden. Ein weiterer Notverbindungsknoten war auf Deck 3 notdürftig überbrückt worden. Sobald das Schiff wieder auf die grundsätzlichen Systemkontrollen zugreifen konnte, wurde die Verbindung zur ‘Resilience’ und zur ‘Sunshine’ erneut aufgenommen. Es dauerte eine Weile, doch auch sie brachten ihre Systeme wieder ans Laufen. Beide Schiffe meldeten ähnliche Enterversuche.
Auf der ‘Resilience’ hatte man frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten können - Commander Oswens erprobte Veteranen hatten ebenfalls keine Gefangenen gemacht. Die ‘Sunshine’ hatte härter zu kämpfen. Auf dem Warrior-Klasse-Kanonenboot gab es nur zehn Marines. Die Eindringlinge schafften es, einen ihrer Reaktorpylonen zu entfernen, bevor sie neutralisiert wurden. Es gab drei Tote und fünf Verwundete auf der eigenen Seite. Lieutenant commander Kedd meldete den Vorfall mit grimmiger Stimme und einem Blick in seinem Bothanischen Gesicht, der mehr sagte als seine Worte: Das schlimmste wurde verhindert.
Noch während die Engineur-Teams an Bord damit beschäftigt waren, die Schäden zu katalogisieren, meldete Lotha ein neues Signal: Eine Massenkonzentration in einem entfernten Trümmerfeld. Etwa viertausend Kilometer vom aktuellen Standort entfernt. Die Langstreckenpräzisionssensoren identifizierten die Struktur als künstlich.
Es handelte sich um die Station der Angreifer.
Was man anfangs dabei für ein altertümliches Wrack hielt, entpuppte sich bei Näherung als eine Sammlung von Dutzendend alten Schiffsrümpfen. Sie war unregelmäßig geformt, fast wie ein Pilz aus ineinandergeschweißten Rümpfen von Transportern, Frachter, Schleppern, Korvetten und Fregatten. Nur ein Bruchteil der Hüllensegmente standen unter Druck. Der Großteil war dem Vakuum ausgesetzt. Ein zentraler Schacht führte tief ins Zentrum, durchzogen von Kabelsträngen und modifizierten Verbindungstunneln.
Als die Jäger der ‘Sunshine’ und ‘Red Nova’ sich näherten, dockten mehrere zusammengeflickte Uglies von der Station ab. Sie waren offenbar zusammengebaut aus allem, was sich finden ließ. Es waren fliegende Katastrophen - aber sie flogen.
Die Staffeln der Eingreiftruppe versuchten eine Kontaktaufnahme. Sie schlug fehl. Die Uglies reagierten auf keine Frequenz und keine Lichtzeichen. Sobald sie in Reichweite waren, eröffneten sie ansatzlos das Feuer. Ein kurzes, aber intensives Gefecht folgte. Gegen die modernen, neurepublikanischen Jäger hatten sie keinerlei Überlebenschance. Unter den Wrackteilen der Tiefraumpiraten fanden sich eindeutig Teile der beiden verschwundenen T65-Aufklärer der ‘Red Nova’. Aufgeschnitten, neu lackiert, ausgeschlachtet, wild mit anderem Material zusammengeschweißt. Ihre Seriennummern waren halb übermalt, aber noch erkennbar. Das Schicksal von Lieutenant Cas Denholm und seiner Flügelfrau Sub-Lieutenant Ryla Andrez war somit bekannt. Sie waren in diesem unbenannten System gestorben, im Dienst der Neuen Republik. Einen höheren Lebenssinn gab es nicht. Shov würde dafür sorgen, dass sie postum für Orden vorgeschlagen werden.
Shov ließ die Station anschließend blockieren, um jeden Fluchtweg zu unterbinden. Dann begannen die Republikaner ihrerseits mit einem Entereinsatz - gestaffelt, koordiniert von Colonel Wokawoo, unterstützt von Technikspezialisten und Spec Ops. Die Innenstruktur der Station war ein wahres Labyrinth aus altertümlichem Schrott, Schweißnähten und Wahnsinn. Belebte Bereiche wechselten mit Vakuumkammern, an den Wänden hingen Zeichen, die nur als pseudoreligiös interpretierbar waren. Niemand konnte mit den Verteidigern sprechen. Auch hier gab es keine Gefangenen. Jeder bereitete seinem eigenen Leben ein Ende, bevor er auch nur in Gefahr geriet, geschnappt zu werden. Was für ein Wahnsinn. Der traurige Höhepunkt waren die letzten Überlebenden, die flohen, nur um sich selbst in scheinbar rituelle Kammern einzusperren und die Luftschleusen zu öffnen. Unter ihnen befanden sich Frauen und Kinder.
Die Aufzeichnungen, die man in einem der zentralen Kontrollkerne sicherstelle, ließen dann erste Schlüsse zu, die unfassbar waren. Es hatte einst ein System an diesem Ort gegeben - vor Jahrtausenden. Alte Karten wiesen auf ein Doppelsystem hin - zwei Sonnen, drei Planeten mit mehreren Monden. Irgendwann war das Zentrum des Systems aus einem unerfindlichen Grund vollständig verschwunden - zurück blieb eine Gravitationssenke mit den abnormen Eigenschaften in Hyper- und Realraum, die sie selbst zu Spüren bekommen haben. Aus uralten republikanischen - einer jahrtausende alten Republik wohlgemerkt - Archiven, die sich im antiquierten Computer eines der Wracks befanden, ging hervor, dass eine Waffe für diese Katastrophe verantwortlich war, die sie Masseschattengenerator nannten. Es handelte sich wohl um ein - zuminest war das die naheliegendste Vermutung - Waffentest. Das Ergebnis: Hyperrauminstabilitäten, Masseverwefungen, Navigationsverzerrungen. Angemerkt wurde in den Archiven jedoch auch, dass es sich um reine Legenden handeln konnte. Das Schiff, das inzwischen als Wrack als Wohnort der Piraten diente, war ausgesendet worden, um diese Berichte zu verifizieren. Sie kehrten nie nach Hause zurück.
Der Trümmerhaufen, der nun als Piratenstation diente, war über Jahrzehnte - vielleicht Jahrhunderte - aus gestrandeten Schiffen entstanden, die genau wie die ‘Red Nova’ und ihre Schwesterschiffe an diesen Ort gezogen - oder gelockt worden waren.
Wer die ersten waren, ließ sich dabei nicht mehr rekonstruieren. Aber irgendwann hatten sich Überlebende zusammengeschlossen. Gestrandete, Abtrünnige, Piraten. Sie haben die Trümmer zu einer Station umgewandelt, Raumschiffe ausgeschlachtet, andere gestrandete überfallen und nur jene aufgenommen, die nützlich waren. Mit jeder Generation wurden sie wahnsinniger, gründeten eine Parallelzivilisation, eine Religion. Diejenigen, auf die sie getroffen waren, war der traurige Rest, nachdem sie sich Jahre zuvor bereits beinahe gegenseitig ausgelöscht hatten. Ihr Ziel war eh und jeh die Flucht. Alles, was sie brauchten, war ein Hyperraumgenerator, der stark genug war, sie aus der Massesenke herauszubringen.
Und dann kam die ‘Red Nova’. Der RSD verfügte über ein solches. Es war ihr Ende.
Es dauerte eine Standardwoche, bis alle drei Schiffe wieder voll funktionsfähig waren. Notfallsysteme mussten ersetzt, Hüllen notdürftig repariert und alle Navigationskerne neu kalibriert werden. Die beschädigten Teile wurden teilweise aus den Schiffswracks der Station geborgen, bevor man sie zerstörte. Shov wollte dem Ganzen ein Ende setzen.
Sie haben das System verlassen können. Dank ihrer modernen Technik, die auch den Piraten die Flucht ermöglicht hätte. Shov hätte sie sogar aufgenommen und gerettet. Wenn ihre verblendete Ideologie ihnen nicht den freundlichen Kontakt mit ‘Fremden’ verboten hätte.
Jetzt stand er in einem der Bereitschaftsräume, den Blick auf das Holodisplay vor sich gerichtet. Die Übertragung zum Kommando der zweiten Flotte bei Bothawui war stabil. Am anderen Ende sah er das faltige Gesicht eines Mon Calamari-Adjutanten.
“Captain Gernerel, Ihre Berichte sind umfassend und bemerkenswert. Ich sehe … wenig Raum für Interpretationen.”
Shov nickte, sagte jedoch nichts. In Wahrheit wussten sie nur ein Bruchteil dessen, was sich in diesem System ergeignet hatte.
“Die Station wurde vollständig vernichtet?”
“Ja, Sir. Wir haben sämtliche Strukturen ausgelöscht.”
“Und der vermisste Konvoi?”
Shov hob leicht das Kinn. Der ursprüngliche Auftrag, den sie nicht erfüllen konnten.
“Keine Spur, Sir. Keine Wrackteile. Keine Kennungen. Keine Signale. Wir haben nichts.”
Am anderen Ende der Kommunikationsleitung herrschte für einen Moment Stille.
Dann sagte der Adjutant ruhig: “Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit, Captain. Sichern Sie ihre daten und leiten Sie sie an das Flottenarchiv weiter.”
“Aye, Sir.”
“Sobald Sie zurück im Bothawui-System sind, erhalten Sie neue Befehle.”
Damit endete die Verbindung. Shov blieb einen Moment stehen, dann wandte er sich zum Fenster. Draußen zog das Sternenlicht langsam an der ‘Red Nova’ vorbei. Er drückte den Knopf, um das Intercom zu nutzen.
“Bereit zum Sprung.”
[ Realraum bei Molavar | RSD 'Red Nova' | Besprechungsraum | Captain Shov Gernerel ]
Es setzte keinerlei Hektik, keinerlei Panik ein - nur ein kurzer Augenblick der Stille, in dem die Offiziere ihn ansehen. Dann begann die Brückencrew sich zu bewegen wie ein Schwarmorganismus. Der Alarm wurde ausgelöst. Seine Männer und Frauen gaben strikte Befehle an ihre Untergebenen weiter. Zwei Fähnriche rüsteten sich mit Blastern aus und verließen die Brücke - Boten, die aufgrund der eingeschränkten internen Kommunikationsanlagen ausgesendet wurden und damit die letzten waren, die die Brücke verließen, ehe sie hermetisch verriegelt wurde.
“Hüllenbruch?”, fragte Shov, ohne sich umzudrehen.
“Wir hatten einen Druckverlust in Sektion 7-D. Nahe des unteren Maschinenraums.”
Wer auch immer sie hier enterte, wusste entweder ganz genau, was er tat, oder hatte gar keine Ahnung. Was wollten die Eindringlinge im Maschinenraum? Schließlich schwebte die Red Nova bereits bewegungs- und kampfunfähig im All, hatte keine Schilde und keine funktionierenden Sensoren. Sie befanden sich geradezu auf dem Präsentierteller. Unter diesen Umständen war es reiner Wahnsinn, das Kriegsschiff zu entern, das über ein volles Regiment Marineinfanterie sowie eine Kompanie Special Forces - insgesamt über zwei Tausend Soldaten - an Bord verfügte. Das war völlig sinnlos.
“Was macht die Notversorgung?”, fragte der Captain knapp.
Reys trat an den Holotisch, der flackernd wieder ein Lebenszeichen von sich gab - ein blauer Streifen leuchtete auf, als würde das Schiff selbst noch um Bewusstsein ringen.
"Redundanzsystem Vier hat wieder Energie. Jemand hat das Versorgungsmodul auf Deck 3 überbrückt. Noch keine volle Kontrolle, aber die kritischen Systeme laufen an.”
“Sensorik?”
Lieutenant Lotha tippte einen Befehl ein. “Begrenzter Zugriff auf interne Sensorik.”
“Genug, um einen Blick auf unsere Gäste zu werfen?”
Lotha beugte sich über ihre Konsole, kleine Schweißperlen auf der Stirn.
“Ich leite den Feed auf den Holotisch um … Jetzt”
Der Tisch flackerte erneut. Diffuse Silhouetten erschienen auf dem Feed. Verrauscht und ungenau. Jedoch war die Bewegung in Sektion 7-D klar erkennbar. Dann weitere - aus einer anderen Richtung. Das war kein unkontrollierter Frontalangriff. Shov verengte die Augenbrauen und zog die Stirn in Falten. Sie tasteten das Schiff ab, krabbelten durch Versorgungsschächte und Wartungstunnel, wichen jedem Ort aus, an dem potentiell Marines stationiert waren.
“Sie meiden die Verteidigung”, murmelte Reys und sprach damit aus, was Shov dachte. “Die wollen nicht kämpfen - die suchen etwas.”
Shovs Blick verengte sich.
“Der Hyperraumantrieb befindet sich im Maschinenraum in Sektion 7-D, nicht wahr?”
“Bestätigt, Sir”, kam von Lieutenant Sesh, dem Chief-Engineer.
“Zwei Gruppen nähern sich aus verschiedenen Richtungen dem Haupt-Hyperraumantrieb. Ich … moment … wir haben ein kurzes Fragment aus einer Sicherheitskamera - ich spiele es ab”, ergänzte Lotha.
Der Captain wandte sich erneut dem Holo-Tisch zu. Eine körnige Projektion erschien. Ein halbes Dutzend Gestalten mit schweren, aus verschiedenen Teilen zusammengesetzten Raumanzügen, der Lack abgesplittert, die Schweißnähte deutlich sichtbar. Einer trug eine Sensorantenne wie einen Speer in der Hand, ein anderer schleppte ein Werkzeug, das an ein Laser-Schnittgerät erinnerte. Sie zogen einen Repulsor-Schlitten hinter sich her.
“Was bei allen Sonnen …”, murmelte die junge Mirialanerin Tenlo.
“Können Sie die Kamerafeeds an Marines weiterleiten, Tenlo?”
Die Sub-Lieutenant bestätigte und machte sich an die Arbeit.
Die Eindringlinge hatten keine Chance. Obwohl sie mit beachtlicher Zielstrebigkeit vorgingen - wobei sie die zentralen Verteidigungsbereiche mieden und sich auf den Maschinenraum konzentrierten. Shov ließ den Antrieb sichern, Schotts versiegeln, Energiezuflüsse unterbrechen und die Sicherungstrupps vorrücken. Keine feindliche Einheit erreichte ihr Ziel. Nach weniger als einer halben Stunde war die kopflose Aktion vorbei. Acht Angreifer starben im Kampf. Zwei wurden schwer verletzt und, zum Entsetzen aller, sprengten sich selbst mit improvisierten Ladungen in die Luft, als ihre Position verloren ging. Keiner ergab sich.
Die Energieversorgung konnte innerhalb der nachfolgenden zwei Stunden schrittweise stabilisiert werden. Ein weiterer Notverbindungsknoten war auf Deck 3 notdürftig überbrückt worden. Sobald das Schiff wieder auf die grundsätzlichen Systemkontrollen zugreifen konnte, wurde die Verbindung zur ‘Resilience’ und zur ‘Sunshine’ erneut aufgenommen. Es dauerte eine Weile, doch auch sie brachten ihre Systeme wieder ans Laufen. Beide Schiffe meldeten ähnliche Enterversuche.
Auf der ‘Resilience’ hatte man frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten können - Commander Oswens erprobte Veteranen hatten ebenfalls keine Gefangenen gemacht. Die ‘Sunshine’ hatte härter zu kämpfen. Auf dem Warrior-Klasse-Kanonenboot gab es nur zehn Marines. Die Eindringlinge schafften es, einen ihrer Reaktorpylonen zu entfernen, bevor sie neutralisiert wurden. Es gab drei Tote und fünf Verwundete auf der eigenen Seite. Lieutenant commander Kedd meldete den Vorfall mit grimmiger Stimme und einem Blick in seinem Bothanischen Gesicht, der mehr sagte als seine Worte: Das schlimmste wurde verhindert.
Noch während die Engineur-Teams an Bord damit beschäftigt waren, die Schäden zu katalogisieren, meldete Lotha ein neues Signal: Eine Massenkonzentration in einem entfernten Trümmerfeld. Etwa viertausend Kilometer vom aktuellen Standort entfernt. Die Langstreckenpräzisionssensoren identifizierten die Struktur als künstlich.
Es handelte sich um die Station der Angreifer.
Was man anfangs dabei für ein altertümliches Wrack hielt, entpuppte sich bei Näherung als eine Sammlung von Dutzendend alten Schiffsrümpfen. Sie war unregelmäßig geformt, fast wie ein Pilz aus ineinandergeschweißten Rümpfen von Transportern, Frachter, Schleppern, Korvetten und Fregatten. Nur ein Bruchteil der Hüllensegmente standen unter Druck. Der Großteil war dem Vakuum ausgesetzt. Ein zentraler Schacht führte tief ins Zentrum, durchzogen von Kabelsträngen und modifizierten Verbindungstunneln.
Als die Jäger der ‘Sunshine’ und ‘Red Nova’ sich näherten, dockten mehrere zusammengeflickte Uglies von der Station ab. Sie waren offenbar zusammengebaut aus allem, was sich finden ließ. Es waren fliegende Katastrophen - aber sie flogen.
Die Staffeln der Eingreiftruppe versuchten eine Kontaktaufnahme. Sie schlug fehl. Die Uglies reagierten auf keine Frequenz und keine Lichtzeichen. Sobald sie in Reichweite waren, eröffneten sie ansatzlos das Feuer. Ein kurzes, aber intensives Gefecht folgte. Gegen die modernen, neurepublikanischen Jäger hatten sie keinerlei Überlebenschance. Unter den Wrackteilen der Tiefraumpiraten fanden sich eindeutig Teile der beiden verschwundenen T65-Aufklärer der ‘Red Nova’. Aufgeschnitten, neu lackiert, ausgeschlachtet, wild mit anderem Material zusammengeschweißt. Ihre Seriennummern waren halb übermalt, aber noch erkennbar. Das Schicksal von Lieutenant Cas Denholm und seiner Flügelfrau Sub-Lieutenant Ryla Andrez war somit bekannt. Sie waren in diesem unbenannten System gestorben, im Dienst der Neuen Republik. Einen höheren Lebenssinn gab es nicht. Shov würde dafür sorgen, dass sie postum für Orden vorgeschlagen werden.
Shov ließ die Station anschließend blockieren, um jeden Fluchtweg zu unterbinden. Dann begannen die Republikaner ihrerseits mit einem Entereinsatz - gestaffelt, koordiniert von Colonel Wokawoo, unterstützt von Technikspezialisten und Spec Ops. Die Innenstruktur der Station war ein wahres Labyrinth aus altertümlichem Schrott, Schweißnähten und Wahnsinn. Belebte Bereiche wechselten mit Vakuumkammern, an den Wänden hingen Zeichen, die nur als pseudoreligiös interpretierbar waren. Niemand konnte mit den Verteidigern sprechen. Auch hier gab es keine Gefangenen. Jeder bereitete seinem eigenen Leben ein Ende, bevor er auch nur in Gefahr geriet, geschnappt zu werden. Was für ein Wahnsinn. Der traurige Höhepunkt waren die letzten Überlebenden, die flohen, nur um sich selbst in scheinbar rituelle Kammern einzusperren und die Luftschleusen zu öffnen. Unter ihnen befanden sich Frauen und Kinder.
Die Aufzeichnungen, die man in einem der zentralen Kontrollkerne sicherstelle, ließen dann erste Schlüsse zu, die unfassbar waren. Es hatte einst ein System an diesem Ort gegeben - vor Jahrtausenden. Alte Karten wiesen auf ein Doppelsystem hin - zwei Sonnen, drei Planeten mit mehreren Monden. Irgendwann war das Zentrum des Systems aus einem unerfindlichen Grund vollständig verschwunden - zurück blieb eine Gravitationssenke mit den abnormen Eigenschaften in Hyper- und Realraum, die sie selbst zu Spüren bekommen haben. Aus uralten republikanischen - einer jahrtausende alten Republik wohlgemerkt - Archiven, die sich im antiquierten Computer eines der Wracks befanden, ging hervor, dass eine Waffe für diese Katastrophe verantwortlich war, die sie Masseschattengenerator nannten. Es handelte sich wohl um ein - zuminest war das die naheliegendste Vermutung - Waffentest. Das Ergebnis: Hyperrauminstabilitäten, Masseverwefungen, Navigationsverzerrungen. Angemerkt wurde in den Archiven jedoch auch, dass es sich um reine Legenden handeln konnte. Das Schiff, das inzwischen als Wrack als Wohnort der Piraten diente, war ausgesendet worden, um diese Berichte zu verifizieren. Sie kehrten nie nach Hause zurück.
Der Trümmerhaufen, der nun als Piratenstation diente, war über Jahrzehnte - vielleicht Jahrhunderte - aus gestrandeten Schiffen entstanden, die genau wie die ‘Red Nova’ und ihre Schwesterschiffe an diesen Ort gezogen - oder gelockt worden waren.
Wer die ersten waren, ließ sich dabei nicht mehr rekonstruieren. Aber irgendwann hatten sich Überlebende zusammengeschlossen. Gestrandete, Abtrünnige, Piraten. Sie haben die Trümmer zu einer Station umgewandelt, Raumschiffe ausgeschlachtet, andere gestrandete überfallen und nur jene aufgenommen, die nützlich waren. Mit jeder Generation wurden sie wahnsinniger, gründeten eine Parallelzivilisation, eine Religion. Diejenigen, auf die sie getroffen waren, war der traurige Rest, nachdem sie sich Jahre zuvor bereits beinahe gegenseitig ausgelöscht hatten. Ihr Ziel war eh und jeh die Flucht. Alles, was sie brauchten, war ein Hyperraumgenerator, der stark genug war, sie aus der Massesenke herauszubringen.
Und dann kam die ‘Red Nova’. Der RSD verfügte über ein solches. Es war ihr Ende.
Es dauerte eine Standardwoche, bis alle drei Schiffe wieder voll funktionsfähig waren. Notfallsysteme mussten ersetzt, Hüllen notdürftig repariert und alle Navigationskerne neu kalibriert werden. Die beschädigten Teile wurden teilweise aus den Schiffswracks der Station geborgen, bevor man sie zerstörte. Shov wollte dem Ganzen ein Ende setzen.
Sie haben das System verlassen können. Dank ihrer modernen Technik, die auch den Piraten die Flucht ermöglicht hätte. Shov hätte sie sogar aufgenommen und gerettet. Wenn ihre verblendete Ideologie ihnen nicht den freundlichen Kontakt mit ‘Fremden’ verboten hätte.
Jetzt stand er in einem der Bereitschaftsräume, den Blick auf das Holodisplay vor sich gerichtet. Die Übertragung zum Kommando der zweiten Flotte bei Bothawui war stabil. Am anderen Ende sah er das faltige Gesicht eines Mon Calamari-Adjutanten.
“Captain Gernerel, Ihre Berichte sind umfassend und bemerkenswert. Ich sehe … wenig Raum für Interpretationen.”
Shov nickte, sagte jedoch nichts. In Wahrheit wussten sie nur ein Bruchteil dessen, was sich in diesem System ergeignet hatte.
“Die Station wurde vollständig vernichtet?”
“Ja, Sir. Wir haben sämtliche Strukturen ausgelöscht.”
“Und der vermisste Konvoi?”
Shov hob leicht das Kinn. Der ursprüngliche Auftrag, den sie nicht erfüllen konnten.
“Keine Spur, Sir. Keine Wrackteile. Keine Kennungen. Keine Signale. Wir haben nichts.”
Am anderen Ende der Kommunikationsleitung herrschte für einen Moment Stille.
Dann sagte der Adjutant ruhig: “Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit, Captain. Sichern Sie ihre daten und leiten Sie sie an das Flottenarchiv weiter.”
“Aye, Sir.”
“Sobald Sie zurück im Bothawui-System sind, erhalten Sie neue Befehle.”
Damit endete die Verbindung. Shov blieb einen Moment stehen, dann wandte er sich zum Fenster. Draußen zog das Sternenlicht langsam an der ‘Red Nova’ vorbei. Er drückte den Knopf, um das Intercom zu nutzen.
“Bereit zum Sprung.”
[ Realraum bei Molavar | RSD 'Red Nova' | Besprechungsraum | Captain Shov Gernerel ]