Atheismus & Religiosität

Ich glaub da instrumentalisiert jemand einen Hashtag und sonst nichts. Die inhaltliche Diskussion kann da gar nicht pietätlos sein, weil der Respekt gegenüber den Opfern doch gewahrt ist.
 
Nun hat die Giordano-Bruno-Stiftung sich zu dem Anschlag geäußert:
http://www.giordano-bruno-stiftung.de/meldung/dont-pray-paris

Ich persönlich empfinde die Stellungname und vor allem das Bild dazu als pietätlos ...

Alles was in dieser Äußerung steht, halte ich für absolut richtig. Mich regt diese Heuchelei einfach nur tierisch auf.
Man sollte doch wenigstens seit den jüngsten Ereignisen damit aufhören, Religiösierung in den sozialen Netzwerken immer weiter voranzutreiben. Wenn mir tatsächlich etwas daran legen sollte, meine Gebete den Betroffenen zu widmen, dann doch wenigstens privat und nicht via Hashtag auf Medien, die von Terrororganisationen auch noch für ihre verdammte Propaganda genutzt werden. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass über 90% der Menschen, die diesen Hashtag verwenden bisher weder gebetet noch sonst irgendetwas für die Betroffenen gemacht haben. Das ist einfach nur ein Trend in einer höchst unpassenden Situation und jeder kann sich mal wieder wichtig machen.

EDIT: Was an der Dämlichkeit und Unangemessenheit eines #don'tprayforparis natürlich auch nichts rüttelt. Keine Frage.
 
Bei mir kocht das Blut, wenn einige, die sich sonst nie damit (IS-Terror etc.) beschäftigen, ihren Senf dazu abgeben. Gerade wurde ich gefragt, warum ich als einer der wenigen Leute nicht darüber etwas verfasst habe, weil das doch momentan so ziemlich jeder tut. Ich anwortete: "Meinst du, es hilft den Opfern, wenn irgendein tausend Kilometer weit entfernter Deutscher etwas über Paris sagt?"
Dann kam die Antwort: "Ich unterstütze die Leute einfach."

Wenn man helfen will, sollte man anstatt kluge Reden zu schwingen, dorthin fahren und vor Ort helfen oder Geld spenden.
Mitleid (auf Facebook!) zu bekunden heilt keine körperlichen Wunden, ersetzt keine materiellen Schäden und "unterstützt" erst recht keine Betroffenen.
Mir tun die Leute natürlich leid, sowie ich ihnen leid täte, wenn mir dies passierte, aber ein Post auf Facebook dient nur dazu, sich vor anderen Leuten als der edle und helfende Bürger zu präsentieren.
Das ist reine Selbstprofilierung, sonst gar nichts!

Ein wahrhaftig hilfsbereiter Mensch leistet Hilfe, ohne diese direkt danach öffentlich kund zu tun.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Also ich kann an dieser Kernaussage jetzt nichts negatives erkennen.


Zudem in wie fern soll den Beten den Leuten, also den Opfern und den Angehörigen, helfen? Und für was genau soll gebetet werden? Diese Gebete können doch höchstens Trost liefern.

Es ist doch nur ein Hashtag, den Leute als Zeichen der Anteilnahme und Betroffenheit verwenden, und es geht doch absolut am Punkt vorbei, eine Diskussion über den Sinn und Unsinn von Gebeten loszutreten. Dem Großteil der Leute dürfte wohl auch klar sein, dass der Gang in die Kirche oder ein stilles Gebet daheim den Angehärigen konkret nichts bringt und auch die Probleme nicht löst, aber das ist mitnichten der Anspruch. Wenn es danach geht, dürfte auch keiner seine Facebook-Profile analog der Trikolore färben oder sonst auch nur irgendeine Emotion dazu äußern. Hilft ja alles nichts.

Das Statement hat einen ziemlichen mimimi-Charakter, auf die paar Zeilen muss man jetzt nicht viel geben.
 
Ich schließe ja nicht auf alle Leute, sondern nur auf diejenigen, bei denen ich beobachtet habe, dass sie einfach nur mit dem Strom schwimmen und nur deshalb diesbezüglich etwas äußern.
 
und es geht doch absolut am Punkt vorbei, eine Diskussion über den Sinn und Unsinn von Gebeten loszutreten.

Die GBS möchte ja vor allem auf die negativen Effekte von Religion hinweisen. Nach einem religiösen Anschlag darauf hinzuweisen, das Gebete nichts bringen und man vielmehr echte politische Maßnahmen ergreifen muss (etwa in der Sozialpolitik) ist nicht so ganz vorbei. Das ist womöglich sogar besser als anzukündigen, dass man jetzt verstärkt gegen das Böse kämpfen müsse, wie es einige Politiker tun. Man sollte sich gar nicht auf das religiöse Spielchen der Terroristen einlassen, sondern darüber stehen.
Dass "PrayforParis" natürlich nicht wirklich religiös ist, sondern nur sprachlich besser als weltliche Vokabeln sollte dabei auch klar sein.
 
Die GBS möchte ja vor allem auf die negativen Effekte von Religion hinweisen.

Und genau das empfinde ich als Instrumentalisierung: Mich erinnert das durchaus daran, dass eine Autorin bei der EMMA nach dem GermanWings-Absturz eine Frauenquote im Cockpit forderte ...

Dass "PrayforParis" natürlich nicht wirklich religiös ist, sondern nur sprachlich besser als weltliche Vokabeln sollte dabei auch klar sein.

Scheint bei GBS aber nicht so klar zu sein ...

Übrigens, auch Christen, die nun meinen, das Ereignis für ihre theologische Sichtweise ausschlachten zu müssen, finde ich extrem daneben!
 
@Aurelian, riepichiep hat es eben in diesem Thread und nicht in den Tagespolitik Thread gestellt, da es in diesem Thread aber nun mal um Religion geht, finde ich es nicht schlimme es auch darauf zu beziehen.
Wenn es aber nur um den Hashtag an sich geht, man hätte wohl eine neutraleres Phrase nehmen können, da Beten generell immer Religiös ist. Hat auch etwas von Beten gegen religiösen Fanatismus. Schließlich ist der Hashtag #prayforparis auch eine Aufforderung. Während #prayingforparis ein Statement von jedem wäre der für Paris betet.
Ein #wearewithparis, oder eine Abwandlung des französischen Wahlspruch #LibertéÉgalitéFraternité, oder #fraterniteforparis, #amityfrance oder ähnliches hätte wohl vom Sinn her ähnliches bewirkt um sein Mitgefühl aus zu drücken.
 
Die GBS möchte ja vor allem auf die negativen Effekte von Religion hinweisen. Nach einem religiösen Anschlag darauf hinzuweisen, das Gebete nichts bringen und man vielmehr echte politische Maßnahmen ergreifen muss (etwa in der Sozialpolitik) ist nicht so ganz vorbei. Das ist womöglich sogar besser als anzukündigen, dass man jetzt verstärkt gegen das Böse kämpfen müsse, wie es einige Politiker tun. Man sollte sich gar nicht auf das religiöse Spielchen der Terroristen einlassen, sondern darüber stehen.
Dass "PrayforParis" natürlich nicht wirklich religiös ist, sondern nur sprachlich besser als weltliche Vokabeln sollte dabei auch klar sein.

Ich kann mich an der Stelle nur wiederholen, dass dieser Ausdruck der Anteilnahme gar nicht den Anspruch hat, eine Problemlösung zu bieten. Da gibt es auch keine Ausschließlichkeit zwischen Gebet und wirksamer Integrationsarbeit und politischen Lösungen.

Wie du schon selbst anmerkst, ist #prayforparis einfach eine griffige Vokabel. Es ist absolut nicht sachdienlich, diese nun zu diskreditieren.
 
Und genau das empfinde ich als Instrumentalisierung: Mich erinnert das durchaus daran, dass eine Autorin bei der EMMA nach dem GermanWings-Absturz eine Frauenquote im Cockpit forderte ...

(Danke, die Geschichte kannte ich auch noch nicht.)

Der Unterschied ist, dass die Emma die Männlichkeit angreift, obwohl die nicht Motivation für den Suizid/Mord war.
Die GBS greift aber Religion an, die beim IS immer Motivation für Suizid/Morde ist.

Es ist absolut nicht sachdienlich, diese nun zu diskreditieren.

Tut ja niemand in dem Sinne. An dem Hashtag wird entweder die Heuchelei kritisiert (warum gab es keinen für Beirut?) oder eben der religiösen Hintergrund, wie bei der GBS.
 
@Aurelian, riepichiep hat es eben in diesem Thread und nicht in den Tagespolitik Thread gestellt, da es in diesem Thread aber nun mal um Religion geht, finde ich es nicht schlimme es auch darauf zu beziehen.
Wenn es aber nur um den Hashtag an sich geht, man hätte wohl eine neutraleres Phrase nehmen können, da Beten generell immer Religiös ist. Hat auch etwas von Beten gegen religiösen Fanatismus. Schließlich ist der Hashtag #prayforparis auch eine Aufforderung. Während #prayingforparis ein Statement von jedem wäre der für Paris betet.
Ein #wearewithparis, oder eine Abwandlung des französischen Wahlspruch #LibertéÉgalitéFraternité, oder #fraterniteforparis, #amityfrance oder ähnliches hätte wohl vom Sinn her ähnliches bewirkt um sein Mitgefühl aus zu drücken.

Es hindert dich niemand daran, den Hashtag deiner Wahl zu nehmen, wenn du diese Form des Ausdrucks nutzen möchtest. Es gibt ja ausreichend Verschiedene, die durchs Netz kursieren. Der eine greift auf religiöse Rituale zurück, der eine lässt es eben, die meisten sehen es wie schon erläutert ohnehin nur als griffige Vokabel.

Mir ist jetzt auch nicht bekannt, dass #prayforparis als aufdringliche Aufforderung gemeint oder verstanden wurde.

Tut ja niemand in dem Sinne. An dem Hashtag wird entweder die Heuchelei kritisiert (warum gab es keinen für Beirut?) oder eben der religiösen Hintergrund, wie bei der GBS.

Dem Duktus der GBS ist schon eine ziemlich klare Ablehnung zu entnehmen.
 
Nun hat die Giordano-Bruno-Stiftung sich zu dem Anschlag geäußert:
http://www.giordano-bruno-stiftung.de/meldung/dont-pray-paris

Ich persönlich empfinde die Stellungname und vor allem das Bild dazu als pietätlos ...

Ich persönlich habe mit solchen Äußerungen ein gänzlich anderes Problem:
Religion ist in meinen Augen (und auch in meiner persönlichen Praxis) zunächst einmal etwas, dass NUR für mich da ist. Die Religion hilft MIR und nur mir alleine und ist ein Ventil zur Lebensbewältigung. Dazu ist sie da und es ist eine gute Sache, wenn man sich selbst als sehr rationaler Mensch ein Hintertürchen offen lässt.

Von dieser Position aus sehe ich JEDE äußere Einmischung in mein Glaubenskonstrukt, in meine Religionsausübung oder mein Weltbild als Affront an. Das geht niemanden etwas an und niemandem steht darüber ein Urteil zu. Von daher ist das Statement der Giordano-Bruno-Stiftung aus meiner Sicht tatsächlich ziemlich daneben. Privates und soziales Engagement hier zu einer vermeintlichen Gesamtagenda zu verquicken geht einfach gar nicht.
 
Ist nicht der öffentlich geteilte Aufruf "Pray for Paris" schon ein Schritt heraus aus der privaten Religionsausübung? (Mal die Absicht der Solidaritätsbekundung außen vor gelassen.)
Oder anders: Niemand kann einem verbieten zu Hause vor dem Essen zu beten, aber wenn man das laut im Restaurant macht, muss man dann nicht mit zumindest merkwürdigen Blicken rechnen?
 
Ist nicht der öffentlich geteilte Aufruf "Pray for Paris" schon ein Schritt heraus aus der privaten Religionsausübung? (Mal die Absicht der Solidaritätsbekundung außen vor gelassen.)
Oder anders: Niemand kann einem verbieten zu Hause vor dem Essen zu beten, aber wenn man das laut im Restaurant macht, muss man dann nicht mit zumindest merkwürdigen Blicken rechnen?

Auf jeden Fall ist das so!
Ich würde sogar so weit gehen, dass man öffentlichen Glaubensbekundungen, die über den Rahmen eines Gottesdienstes hinaus gehen, durchaus schon einen Missionierungscharakter unterstellen kann. Das gilt aber auch für "atheistische Demissionierung".
 
Weil er sagt, dass Beten nicht helfe. Das ist ein Werturteil, das er überhaupt gar nicht treffen kann.

Fallbeispiel: Ein Gebet kann eben auch dazu führen, dass man sich entspannt und eine aktive Form des Nichtstuns praktiziert: Nämlich eben genau KEINE Radikalisierung mit sich selbst zu machen.
 
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