Hyperraum ? an Bord der Dirun Ranad
Ashara saß im Pilotenstuhl und beobachtete abwesend die Sternenlinien, die dort zu sehen waren und ihr auch optisch versicherten, dass sie sich im Hyperraum befand. Ab und zu schweifte ihr Blick zu den Kontrollen, doch alles schien normal zu sein. Zumindest soweit sie es beurteilen konnte. Sie hatte noch nicht viele Schiffe geflogen, genau genommen noch kein einziges selbst... bis jetzt hatte sie höchstens zugesehen oder war daran beteiligt gewesen Schiffe dieser oder anderer Art zusammenzubauen.
Das einzige was an diesem, doch normal anmutendem, Anblick störte, war der Lappen mit dem sich Ashara ihre blutigen Finger abwischte. Als ihre Hände soweit sauber waren, wie dies im Moment möglich war, nahm sie ihren Dolch, der seltsam rot schimmerte, um ihn ebenfalls mit dem Lappen zu säubern. Danach steckte sie ihn nicht gleich weg, sondern drehte ihn ein wenig in den Fingern.
So richtig wollte und konnte sie es noch nicht glauben... Sie war frei... endlich frei...
Wie im Film spielten sie ihre Erinnerungen noch einmal vor ihrem geistigen Auge ab...
Ihr letzter Besitzer, Phtal, war ein recht schwermütiges Alien gewesen, das noch immer seiner verstorbenen Frau nachtrauerte. Ashara hatte sie nie kennen gelernt, da sie erst nach deren Tod zu Phtal gekommen war, um seine Frau zu ersetzen. Anfangs nur im Haushalt... doch mit der Zeit wurde Phtal immer anzüglicher, man merkte deutlich, dass er die Nähe einer Frau vermisste... und genau dieses Verlangen war es, das Ashara letztendlich die lang ersehnte Flucht ermöglichte...
Einige Wochen hatte sie es immer wieder geschafft Phtal zu vertrösten, seinen Annäherungsversuchen auszuweichen... und ihm dafür gleichzeitig wie einem Hund kleine Bröckchen hinzuwerfen, die sein Verlangen nach ihr steigerte...
Als sie ihn endlich soweit hatte, konnte sie ihn überzeugen einen kleinen Ausflug mit seinem Raumschiff zu unternehmen. Allerdings konnte sie es nicht verhindern, dass er zwei seiner Wachen mitnahm, die er eingestellt hatte, weil er ein recht ängstliches Wesen war, das hinter alles und jedem eine Verschwörung sah. Warum er Ashara aber dennoch so leicht auf den Leim ging, das schreibt sie der, aus ihrer Sicht, Tatsache zu, dass bei Männern der Verstand aussetzt, wenn sie jemanden sexuell begehren.
Während des Fluges tranken Phtal und sie recht viel, oder vielmehr er trank, sie tat nur so, um ein wenig in Stimmung zu kommen. Als er schon soweit angeheitert war, dass seine Reaktion und sein Sprachvermögen deutlich nachließen, nutzte Ashara die Gunst des Augenblicks. In einer schnellen, fließenden Bewegung zog sie ihren Dolch aus dem Stiefel und schnitt Phtal die Kehle durch, bevor dieser einen Laut von sich geben konnte.
Dann trat sie neben die Quartiertür, um mit einem gekünstelten Hilfeschrei die Wachen hereinzulocken. Den ersten erledigte sie mit einem gezielten Stich in sein Herz. Er diente ihr noch als kurzfristiger Schutzschild, als der zweite auf sie schoss. Sie schnappte sich den Blaster des ersten und erschoss damit den Wachmann, der daraufhin leblos zusammenbrach.
Nun war nur noch der Pilot übrig... der ärmste merkte nicht einmal, wie sie mit erhobenem Blaster ins Cockpit kam...
Sie schaffte seine Leiche zu den anderen in Phtals Quartier und ging dann zurück, um einen neuen Kurs zu programmieren. Was sich als gar nicht so leicht herausstellte, aber es war hilfreich, dass es ihr eigentlich egal war, wohin sie als nächstes flog. Hauptsache weit weg von den Welten, die sie kannte.
Schließlich sprang das Raumschiff endlich in den Hyperraum...
Frei... endlich frei...
Was sollte sie nun tun?
Wo sollte sie hingehen?
Nun, zuerst wäre es nicht schlecht die Leichen loszuwerden, bevor sie einen Planeten oder eine Raumstation ansteuerte. Es würde wohl kein besonders gutes Licht auf sie werfen...
Irgendwo unterwegs würde sie die vier schon per Luftschleuse loswerden...
Ein amüsiertes Grinsen umspielte ihre Lippen bei der Vorstellung wie Phtal mit seinen Leuten im unendlichen All herumtrieb, bis sie irgendwann in einer Sonne verglühten oder von einem Mülltransporter aufgegabelt wurden... dann mit einem mal durchfuhr es sie. Sie konnte nicht genau sagen was es war... vielleicht wie eine Art ton- und wortlose Stimme, die sie warnen wollte...
Ashara hatte gerade noch Zeit zur Seite zu hechten, als schon ein Schuss an ihr vorbeisauste, dem sogleich ein zweiter folgte. Erschrocken sah sie nach dem Angreifer, der sie so plötzlich aus dem Hinterhalt überrascht hatte... mit Entsetzen sah sie in die Augen von Phtal... wie war das nur möglich?
Gekrümmt, aber aufrecht stand er in der Tür zum Cockpit. Eine Hand hielt zittrig den Blaster, die andere war an seinen Hals gepresst, doch rann das Blut zwischen den Fingern durch und beschmutzte seine Kleidung. Er atmete rasselnd, kein Ton, bis auf ein Keuchen, kam aus seiner Kehle... deutlich sah man ihm an, dass er mit dem Tod kämpfte und sich nur deswegen noch auf den Beinen hielt, weil er seine Attentäterin mit sich ins Verderben ziehen wollte.
Doch dazu hatte er keine Gelegenheit mehr.
Geistesgegenwärtig spürte Ashara noch den Dolch, den sie sicher in ihrer Hand hatte, jedoch sollte dies nicht mehr lange so bleiben. Geübt schleuderte sie ihn Phtal entgegen und traf diesen genau zwischen den Augen.
Das Alien taumelte, blutete, keuchte und sackte schließlich wie ein Mehlsack auf dem Boden zusammen. Allerdings hatte es während seines letzten Todeskampfes noch geschafft, einige Blasterschüsse abzugeben. Zum Glück war Phtal des Zielens nicht mehr fähig gewesen, so dass er Ashara weit verfehlte...
wie sie dachte...
kaum hatte sich die Frau aufgerappelt, als das Raumschiff mit einem markerschütterndem, mechanischem Ächzen förmlich aus dem Hyperraum katapultiert wurde und Ashara sich erneut auf dem Boden wiederfand.
?Was zum Teufel...?? fluchte sie ungehalten, während sie sich den Kopf rieb. Dann zog sie sich am Pilotensesseln wieder auf die Beine und stieß ein paar weitere, wirklich sehr unschöne Wörter aus, bei denen jede Mutter ihren Kindern panisch die Ohren zugehalten hätte, damit sie diese bloß nicht aufschnappten, als sie die Bescherung sah. Die letzten Schüsse von Phtal hatten ein paar rauchende Löcher in das Kontrollpult gebrannt, das nun mehr wie ein Schweizer Käse aussah. Hektisch überprüfte Ashara die wichtigsten Systeme, nur um festzustellen, dass die Navigation, die Steuerkontrolle, die Lebenserhaltung und natürlich der Hyperraumantrieb beschädigt worden waren... wenigstens funktionierte die Kommunikation noch... was mit den Waffensystemen war, konnte sie im Moment gar nicht genau sagen..
Hätte sie das vorher gewusst, so hätte sie Phtal das Messer persönlich in den Kopf gestoßen und es mindestens dreimal kräftig umgedreht.
Ashara sank auf den Pilotensessel und stützte ihren Kopf in beide Hände.
Die Freiheit war schon so nah gewesen... sie hatte sie schon beinahe in Händen gehalten... und nun... war sie gestrandet irgendwo im nirgendwo... und wie dieser komische Planet da draußen vor ihrem Sichtfenster hieß, wusste sie auch nicht...
Wütend schlug sie mit ihren geballten Fäusten auf das Kontrollpult, dann fuhr ihr Kopf plötzlich ruckartig herum und mit einem dumpfen Grollen erhob sie sich. Ashara ging zu Phtal hinüber und kickte diesem den Blaster aus der Hand, nur um ihn dann wieder aufzuheben. Sie richtete die Waffe auf das Alien und schoss zweimal. Dieses mal wollte sie sicher gehen, dass dieser verdammte Bastard wirklich und endlich tot war. Auf eine weitere Überraschung dieser Art konnte sie nun wirklich verzichten.
Mit einem Mal stieg ihr ein seltsamer Geruch in die Nase. Sie musste niesen und gleich darauf husten, bevor ihre Augen anfingen zu tränen.
Rauch.
Ashara verlor keine Zeit, sondern hastete, innerlich fluchend, eilig zum Maschinenraum. Je näher sie diesem kam, umso schlimmer wurde der Rauch, der dank des ausgefallenen Lebenserhaltungssystems nicht abgesaugt wurde. Die Türkontrolle war ebenfalls defekt, so dass sie sich nicht so ohne weiteres Zugang zum Maschinenraum verschaffen konnte. Sie ging ein paar Schritte den Gang zurück, bis zu der Stelle, an der die Seitenverkleidungen, durch den plötzlichen Sprung aus dem Hyperraum, herausgebrochen waren. Die Innereien des Schiffes lagen offen vor ihr, ein paar der durchtrennten Kabel sprühten ab und zu noch ein paar Funken. Doch darauf hatte sie es auch nicht abgesehen. Eher auf das lange Durastahlrohr, das in den Gang hineinragte und an dem sie sich vorhin hatte vorbeizwängen müssen. Mit sehr groben Überredungskünsten hatte sie das Metall herauswerkeln können und ging nun wieder zum Eingang des Maschinenraums zurück. Sie legte das Rohr auf den Boden und versuchte dann mit ihren Fingern in den Türspalt zu gelangen, um einen Anhaltspunkt zu bekommen. Dann zog sie mit aller Kraft daran und als sie die Tür weit genug geöffnet hatte, schob sie schnell mit ihrem Fuß das Rohr in den entstandenen Spalt. Schließlich schaffte sie es dank der Hebelwirkung die Tür ganz zu öffnen.
Eine unerträgliche Hitze schlug ihr entgegen, sowie ein dicker Schwall dunkelgrauen Rauches, der sie erneut husten ließ. Sie konnte kaum die Hand vor Augen sehen, als sie in gebückter Haltung in den Maschinenraum hineinging. Ihre Sicht wurde nur wenig besser durch das orang-rote Licht, das das Feuer auf den Wänden reflektierte. Ihr war klar, dass sie so schnell wie möglich versuchen musste, den Brandherd zu löschen. Glücklicherweise war das nicht ihr erster Flug mit diesem Raumschiff, so dass sie sich noch an die Position des Feuerlöscher erinnern konnte. Mehr tastend als sehend ging sie in die Richtung, in der sie ihn vermutete und stolperte dabei beinahe über ihn. Schnell ergriff sie ihn und begann damit das Feuer zu bekämpfen. Es dauerte einige Minuten bis auch der letzte Funken erloschen war.
Hustend, schwitzend und schwarz von Ruß ließ sie den mittlerweile leeren Feuerlöschen einfach fallen, drehte sich auf dem Absatz um und hastete so schnell sie ihre Beine noch trugen aus dem Maschinenraum. Kaum war sie im Cockpit angelangt, verschloss sie die Türe, um so den letzten Qualm, der noch in der Luft lag, auszuschließen.
Ihr Kopf schwirrte und ihr Hals war so trocken und staubig, dass ihr das Schlucken schwer fiel und der Hustenreiz war nur unmerklich schwächer geworden.
Schwer ließ sie sich nun in den Pilotensessel fallen und betrachtete sich ihre Spiegelung im Sichtfenster. Ihr Gesicht glänzte und war ganz verschmiert von Ruß.
Welche Optionen standen ihr denn jetzt noch offen?
Nicht viele, so viel stand fest.
Aus eigener Kraft würde sie kaum das Raumschiff reparieren können...
sie war hier gestrandet...
die einzige Möglichkeit, die sie noch hatte, war Hilfe anzufordern...
auch wenn dies riskant war, wer wusste schon, wer sie hier aufgabeln würde?
noch dazu lagen hier ein paar Leichen, die wahrlich kein gutes Bild auf sie werfen würden...
Dabei fiel ihr etwas ein. Phtal. Sie drehte sich um. Da lag er noch, vermutlich wäre es besser, wenn sie ihn zu den anderen brachte. So entdeckte man sie vielleicht nicht gleich...
Es war eine Überwindung wieder aufzustehen, doch Ashara kämpfte sich verbissen zurück auf die Füße und schleppte dann Phtals massigen Körper zurück in dessen Quartier, wo die anderen noch lagen, wie sie sie zurückgelassen hatte.
Als sie nach einer Weile wieder ins Cockpit trat, ging sie gleich zu den Kontrollen und betätigte einige Knöpfe, um einen Notruf abzusetzen.
Dann ließ sie sich seufzend auf den Pilotensessel nieder und stützte ihren Kopf in ihre Hände.
So hatte sie sich ihre Freiheit wahrlich nicht vorgestellt...
Orbit um Kamino ? an Bord der Dirun Ranad