Kulturelle Aneignung

Übrigens bezweifel ich das die Figuren solch große Idole für Generationen gewesen sein sollen, in jungen Jahren haben diese Bücher und Filmchen bei meinen Altersgenossen und mir keine Rolle gespielt.
Ich nehme an, dass es sich dabei sowieso um die älteren, vorherigen Generationen handelt, welche noch nicht mit einer gewissen Popkultur aufgewachsen sind, so wie du und deinesgleichen. Bei denen waren und sind die May-Bücher schon Kult und auch die Verfilmungen, die diese ja meist sogar im Kino gesehen haben.
 
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, die von Karl May angeblich vermittelte weiße, deutsche Überlegenheit. Es ist mir aber wirklich sowas von egal, da ich Winnetou schon immer kacke gefunden habe. Übrigens bezweifel ich das die Figuren solch große Idole für Generationen gewesen sein sollen, in jungen Jahren haben diese Bücher und Filmchen bei meinen Altersgenossen und mir keine Rolle gespielt.
Kommt wohl immer drauf an welche Generation man fragt. Mein Vater (Jahrgang 1958) hat die Bücher damals geliebt und sich von seinem Taschengeld bereits als Jugendlicher Karl Mays gesamtes Lebenswerk geholt.
Dennoch habe ich meinen Vater als sehr links-liberalen und toleranten Menschen in Erinnerung. :zuck:
 
Da hängt für viele einfach unglaublich viel Nostalgie dran. Der erste große Abenteuerroman und Rollenspiele in den Sommerferien. Verstehe ich schon, dass das einige nicht aufgeben wollen. Müssen sie zum Glück auch nicht. Ist halt nicht meine Geschichte, auch wenn ich als Kind oft versucht habe, mir diese Fiktion zu eigen zu machen (Hörspiele, Romane, Elastolin-Figuren, Filme)... der Funke hat halt immer nur kurz geflackert und sich nie zu einem Brand entzündet. Drüber diskutieren können sollte man hingegen immer können...
 
Da hängt für viele einfach unglaublich viel Nostalgie dran. Der erste große Abenteuerroman und Rollenspiele in den Sommerferien. Verstehe ich schon, dass das einige nicht aufgeben wollen. Müssen sie zum Glück auch nicht. Ist halt nicht meine Geschichte, auch wenn ich als Kind oft versucht habe, mir diese Fiktion zu eigen zu machen (Hörspiele, Romane, Elastolin-Figuren, Filme)... der Funke hat halt immer nur kurz geflackert und sich nie zu einem Brand entzündet. Drüber diskutieren können sollte man hingegen immer können...
Ich denke halt dass viele für Star Wars und co noch zu früh dran waren. Vielleicht ein paar Jahre zu alt, um sich 1977 vom Hype anstecken zu lassen. Klar gab‘s damals schon Dune und LotR, aber gerade im Deutschsprachigen Raum war für viele Jugendliche Karl May halt „griffiger“ und weniger sperrig.
 
Das hatte auch was mit den Lese- und Sehgewohnheiten der Kiddies aus den 50ern und 60ern zu tun. Das war Nachkriegszeit, da waren überall die kleinen Tarzan und Cowboy Heftchen an den Kiosken angesagt. Überall Plastikindianer und Cowboyspielen, schon alleine, weil die US Besatzung das mit reinbringt (in den ehemaligen DDR Gebieten dann eben aus anderen Gründen). Da tut sich ein neu erschienenes Dune mit seiner Dunkelheit schwer, genauso wie ein Fantasyepos. Aber die Freundschaft zwischen zwei ungleichen Abenteurern im Westen Amerikas? Gefundenes Fressen, welches a) schon die Eltern berührt hat und b) genau auf diesem Zug der US Kultur mitschwingt, der gerade eh überall reinschwappt.
 
Dementsprechend haben sich vermutlich die 68er bzw. deren Kinder von Karl May distanziert, weil das zu sehr den Idealen der Eltern/Großeltern entspricht? Würde für mich Sinn ergeben.
 
Dementsprechend haben sich vermutlich die 68er bzw. deren Kinder von Karl May distanziert, weil das zu sehr den Idealen der Eltern/Großeltern entspricht? Würde für mich Sinn ergeben.

Ach, das wußte ich gar nicht. Die 68er Eltern die ich kenne, haben unter anderem so gar nichts gegen Winnetou gehabt. Aber ich kenne natürlich aich nicht alle 68er Eltern. Nach meinen Lebenserfahrungen und Lebensbekanntschaften , mit allen möglichen Leuten und Altern, gab es niemals irgendjemanden, der irgendetwas über Winnetou sagte.
 
Dementsprechend haben sich vermutlich die 68er bzw. deren Kinder von Karl May distanziert, weil das zu sehr den Idealen der Eltern/Großeltern entspricht? Würde für mich Sinn ergeben.
Also meine Eltern haben beide Karl May gelesen und die Filme geschaut. Mein Opa hat mir sogar als ich Kind war die ganze Reihe geschenkt, die liegt immer noch ungelesen bei mir im Schrank, und die hat damals anscheinend richtig viel Geld gekostet. An die Filme erinnere ich mich auch nicht mehr wirklich. Aber was soll ich sagen, ich bin als Kind eben eher Star Wars, Disney und Anime Fan gewesen und konnte mit dem ganzen Cowboy und Indianer Spiel schon nichts anfangen. (Man könnte auch sagen ich bin wie Andy aus Toy Story, nur das ich ein Westerndorf gegen einen Batman getauscht habe.)
Aber ich weiß das es von mir VHS aufnahmen gibt von einer Kindergarten Veranstaltung, da mussten sich alle als Indianer verkleiden, mit ganz viel Federn, und 10 Kleine Negerlein wurde auch schön brav gesungen, und das war Anfang der neunziger. Soviel also zu "Kultureller Aneignung"... Gott, mir ist das schon peinlich wenn ich daran zurückdenke.
 
Karl May-Bücher waren in erster Linie als Kinder- und Jugendliteratur gedacht. Ich habe die Bände als Kind / Jugendlicher gerne gelesen. Für mich war es die nächste Stufe nach den Enid Blyton Büchern. Karl May-Bücher waren das Tor zu mehrheitlich spannenden Abenteuergeschichten, die auf Kontinenten spielten, die man nicht aus eigener Anschauung kannte. Insofern war die Ausgestaltung dieser Welten, trotz detaillierter geografischer Beschreibungen in den Büchern, der eigenen Fantasie überlassen.

Die Freizeitmöglichkeiten und das Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen haben sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt.

Bis Mitte der 1980iger konnte man im Fernsehen nur drei, vier Programme empfangen und diese liefen nicht ganztägig. Der Computer spielte noch gar keine Rolle. Das Internet, Computerspiele, Social Media, die bei vielen Kids heute einen großen Anteil ihrer Freizeit einnehmen, existierten nicht. Andere Freizeitgestaltungen nahmen früher ihren Raum ein. Das Lesen von Büchern war wesentlich verbreiteter als heute.

Die großen Klassiker des amerikanischen Western wurden noch in den 1980ern abends zur besten Sendezeit gezeigt. Im Vorabendprogramm liefen Westernserien. Western waren allgegenwärtig.

Mitte der 1990er Jahre gab es zumindest in den großen Buchhandlungen noch große Karl May-Ecken. Aber bereits in meinem Geburtsjahrgang spielte Karl May nicht mehr die Rolle, die es in den ersten Nachkriegsjahrzehnten unter Kindern-und Jugendlichen gespielt hat. Unter den heute über 60-jährigen Akademikern muss die Mehrheit mit Karl May-Büchern aufgewachsen sein, wenn ich meine Erfahrungen mit Menschen, die in den 50ern, 60ern aufgewachsen sind, auf ganz Deutschland verallgemeinern kann.

Mit jedem Jahrzehnt was vergeht, wird für Heranwachsende Karl Mays Sprache eigentümlicher und damit schwerer zugänglich. Es ist die Sprache des 19. Jahrhunderts. Außerdem spielt das Christentum für die meisten heute Heranwachsenden keine oder nur noch unbedeutende Rolle. Insofern werden die heutigen Kids auch die christlichen Anspielungen in Karl Mays Büchern befremdlich finden, während das Christentum und dessen allgegenwärtige Präsenz für die Nachkriegsgeneration noch Alltag war.

Mit den Karl May-Verfilmungen konnte ich hingegen nie etwas anfangen.
 
Ich nehme an, dass es sich dabei sowieso um die älteren, vorherigen Generationen handelt, welche noch nicht mit einer gewissen Popkultur aufgewachsen sind, so wie du und deinesgleichen. Bei denen waren und sind die May-Bücher schon Kult und auch die Verfilmungen, die diese ja meist sogar im Kino gesehen haben.

Jut,okay. Brechen wir es mal auf meine Generation runter-erscheint mir jetzt nach euren Beiträgen tatsächlich passender zu sein. :)
 
Für meine Eltern waren die Bücher in ihrer Jugend im Nachkriegsdeutschland schon eine feste Größe, und die stehen auch bis heute dort im Regal. Mein Ur-Opa hatte seinerzeit glaub ich auch ein Abo für meine Mutter abgeschlossen, damit sie mehmals im Jahr einen neuen Band erhält. Das sind diese dunkelgrünen Ausgaben mit der goldenen Verzierung, die man heute massenweise auf Flohmärkten findet.
Mich haben die Bücher dann schon nicht mehr begeistern können, die Filme aber hingegen schon. Ausstrahlungen fieberten wir oft wochenlang entgegen, und anschließend spielten wir dann tagelang die Filme auf dem Schulhof nach. Obwohl die Filme aus den 60er Jahren waren, kann ich mich erinnern, dass es in meiner Kindheit, bis ca. Mitte der 80er noch immer Merchandising zu den Filmen gab, z.B. in Form von Schulmaterialien, Brotdosen, Kleidung, Hörspielen usw.
Man kann also schon sagen, dass diese Bücher und dann später die Filme einige Generationen von Kindern und Jugendlichen geprägt haben.

C.
 
Wenn schon so sehr mit der politisch korrekten Moralkeule geschwungen wird, das es nur noch als Satire durchgeht: Dann dürfte man praktisch keinen Western mehr senden, der von der Ära des Stummfilms bis in die 70er gedreht wurde. Und von denen danach auch nur einen Bruchteil.

Neuester Skandal: In dem Winnetou-Kinderfilm fragt der weiße Knirps seinen Ureinwohner-Amerikas-Kumpel, ob Indianer denn schwitzen. Auch hier wieder Trubel ohne Ende. Dabei passt die Szene eigentlich, da der Kleine wahrscheinlich gar nichts über Indianer weiß und sie ihm völlig fremd sind.
Der Europäer dieser Zeit wusste nichts über andere Kulturen und auch nicht, ob deren Angehörige genauso Menschen sind. Und ich will mal erinnern, das dies sogar im letzten Jahrhundert noch so war. Die Amis stuften die Japaner im zweiten Weltkrieg nicht als vollwertige Menschen ein, sondern rückten sie in die Nähe von Gorillas. Von den Nazi-Thesen und der Rassenforschung muß man wohl gar nicht erst reden.
 
Ich denke halt dass viele für Star Wars und co noch zu früh dran waren. Vielleicht ein paar Jahre zu alt, um sich 1977 vom Hype anstecken zu lassen. Klar gab‘s damals schon Dune und LotR, aber gerade im Deutschsprachigen Raum war für viele Jugendliche Karl May halt „griffiger“ und weniger sperrig.

Ich habe all das von meinem Vater „übernommen“ (Jahrgang 38): Perry Rhodan (strotzt auch vor geschlechtsspezifischen Klischees), Karl May, Wüstenplanet, John Sinclair und habe mit 10 begonnen, mich da einzulesen.

Mittlerweile bekommt man ja die Karl May Bücher auch nicht mehr in den Bibliotheken. Ich war vor drei Jahren mal auf dem Nostalgietrip und wollte sie wieder lesen, auch um zu sehen, ob ich noch Freude dran hab-aber für Bibliotheken ist das alles vieeeel zu alt. Genauso wie Sherlock Holmes, Agatha Christie und Co. Die Agatha Christie Romane habe ich neulich mal wieder bei einem Freund ausgeliehen und wir waren uns einig, dass sie heute auch nicht mehr so auf den Markt kommen könnten. Aber es sind spannende Zeitzeugen, auch wenn man froh ist, nicht in dieser Zeit gelebt zu habe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich persönlich finde es schon wichtig die Zeit des europäischen Kolonialismus weiter aufzuarbeiten, allerdings nehmen die Diskussionen darum, wie hier schon erwähnt, etwas absurde Züge an. Ist aber ja bei jedem gesellschaftlichen Thema leider irgendwann der Fall. Und auch über das Thema kultureller Aneignung lässt sich ja vortrefflich streiten, leidet aber auch unter einer gewissen starken Emotionalität und vor allem viel Halbwissen insbesondere im geschichtlichen Kontext.
Privates Beispiel: Der Exfreund meiner Schwester hatte vor an Fasching als Pharao zu gehen. Wurde aber von meiner Schwester mit eben dem Argument der kulturellen Aneigung abgeleht. Leider hat sie hier nicht nur den eigentlichen Punkt in der Kritik selbst nicht verstanden und einfach faktisch falsch argumentiert, sondern eben auch massiv in die Kerbe der "Angegriffenen" geschlagen.
 
Ich persönlich finde es schon wichtig die Zeit des europäischen Kolonialismus weiter aufzuarbeiten, allerdings nehmen die Diskussionen darum, wie hier schon erwähnt, etwas absurde Züge an. Ist aber ja bei jedem gesellschaftlichen Thema leider irgendwann der Fall. Und auch über das Thema kultureller Aneignung lässt sich ja vortrefflich streiten, leidet aber auch unter einer gewissen starken Emotionalität und vor allem viel Halbwissen insbesondere im geschichtlichen Kontext.
Privates Beispiel: Der Exfreund meiner Schwester hatte vor an Fasching als Pharao zu gehen. Wurde aber von meiner Schwester mit eben dem Argument der kulturellen Aneigung abgeleht. Leider hat sie hier nicht nur den eigentlichen Punkt in der Kritik selbst nicht verstanden und einfach faktisch falsch argumentiert, sondern eben auch massiv in die Kerbe der "Angegriffenen" geschlagen.
Bei einem Pharao kann man aber nicht wirklich von Kultureller Aneignung sprechen oder? Die Kultur bzw diese Ethnie gibt es gar nicht mehr. Die Ägypter von heute haben eine komplett andere Kultur und sind eher Araber. Ist schon nicht das gleiche wie zb als **Indianer** mit Federschmuck zu gehen.
 
Deswegen schrieb ich ja auch, dass sie das Thema mit ihrer Kritik verfehlt hat ;)

Edit:
Allerdings wird die Thematik auch größteils verfehlt, wenn über z.B. Kleidungsstücke wie dem Cheonsang und dem Kimono diskutiert wird, sobald eine weiße Frau dieses trägt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei einem Pharao kann man aber nicht wirklich von Kultureller Aneignung sprechen oder? Die Kultur bzw diese Ethnie gibt es gar nicht mehr. Die Ägypter von heute haben eine komplett andere Kultur und sind eher Araber. Ist schon nicht das gleiche wie zb als **Indianer** mit Federschmuck zu gehen.
Zumal der Witz ja wohl eher der ist, das viele Phraohnen eben durch die Eroberungen Alexander des Großen kaukasischer Abstammung waren.
 
Zumal der Witz ja wohl eher der ist, das viele Phraohnen eben durch die Eroberungen Alexander des Großen kaukasischer Abstammung waren.
Ähm, nicht wirklich. Zwar war die ptolemäische Dynastie eben griechisch-makedonischer Abstammung welche ab dem vierten Jahrhundert v. Chr. das antike Ägypten bis zu seinem Ende um die Zeitenwende regierte. Allerdings war das bei einer Geschichte welche bis ins 3. Jahrtauend v. Chr. kein wirklich langer Zeitraum. Alles weitere vielleicht im Geschichts-Thread :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben