Tagespolitik allgemein

Sorry für den Doppelpost, aber ich denke das passt ganz gut noch mal in einen extra Beitrag.

Denn mit http://yolocaust.de/ geistert gerade ein interessantes und gleichzeitig provokantes Projekt des Künstlers Shahak Shapira über das Denkmal in Berlin durch das Netz.

Man kann Kritik am Denkmal selbst, aber vor allem am Umgang damit erkennen.

(Vorsicht: Bildmaterial könnte verstörend wirken)
Die Aktion ist nun wirklich klasse! Ich war schon mehrmals in Berlin und es hat mich jedes Mal gestört und auch ein wenig schockiert, wie da zumeist junge Leute auf einem Denkmal rumklettern, wobei viele sich sicher noch nichtmal um deren Bedeutung bewusst sind. Klasse Aktion.
 
Sorry für den Doppelpost, aber ich denke das passt ganz gut noch mal in einen extra Beitrag.

Denn mit http://yolocaust.de/ geistert gerade ein interessantes und gleichzeitig provokantes Projekt des Künstlers Shahak Shapira über das Denkmal in Berlin durch das Netz.

Man kann Kritik am Denkmal selbst, aber vor allem am Umgang damit erkennen.

(Vorsicht: Bildmaterial könnte verstörend wirken)

Meiner Meinung nach sollte man umgehend checken, ob die Seite nicht irgendwelche Rechte verletzt und sie gegebenenfalls schließen. Ich finde diese ganze Jugenddiskriminierung ja so schon zum Kotzen aber das hat mit Kunst wirklich nichts zutun, sondern ist reine Bloßstellung und Diffamierung. Da ist ein Fußballgroßes Feld voller hässlicher Klötzer, da muss man doch keine drei Sekunden überlegen um zu wissen, dass das zur Interaktion gedacht ist und der Künstler hat dies damals auch bestätigt:

"Eisenman: Wäre das denn so schlecht? Ich war von Anfang an gegen den Graffitischutz. Wenn ein Hakenkreuz darauf gesprüht wird, dann ist es ein Abbild dessen, was die Menschen fühlen. Wenn es dort bleibt, ist es ein Abbild dessen, was die Regierung davon hält, dass Menschen Hakenkreuze auf das Mahnmal schmieren. Das ist etwas, das ich nicht steuern kann. Wenn man dem Auftraggeber das Projekt übergibt, dann macht er damit, was er will - es gehört ihm, er verfügt über die Arbeit. Wenn man morgen die Steine umwerfen möchte, mal ehrlich, dann ist es in Ordnung. Menschen werden im dem Feld picknicken. Kinder werden in dem Feld Fangen spielen. Es wird Mannequins geben, die hier posieren, und es werden hier Filme gedreht werden. Ich kann mir gut vorstellen, wie eine Schießerei zwischen Spionen in dem Feld endet. Es ist kein heiliger Ort."
http://www.spiegel.de/kultur/gesell...senman-es-ist-kein-heiliger-ort-a-355383.html

Dieses Projekt ist einfach nur ein Angriff auf die auf der Seite aufgeführten Personen.
 
An dem Projekt wird lediglich deutlich, dass nur Shahak Shapira das Mahnmal für sich instrumentalisieren darf und niemand sonst.

Er erhebt den moralischen Zeigefinger und verändert gleichzeitig andere Kunstwerke* in seinem Sinne und deutet diese dadurch einfach um. Und ganz am Ende, als winzige Fußnote und kaum zu erkennen, bezeichnet er die Leute auf den Bildern als "douches" indem er folgende Email-Adresse bereitstellt: undouche.me@yolocaust.de. Ist das noch ein Kunstwerk oder schon elaboriertes Geflame?

* Als Kunstwerke muss ich hier selbstverständlich das Mahnmal selbst interpretieren. Laut dem Architekten Peter Eisenmann gehören aber die Besucher ebenfalls zu diesem Kunstwerk und genau das versucht Shapira zu verurteilen.

Es geht um die Stille des Ortes, die dadurch entstehe, daß nichts hier eine sichere Bedeutung habe. Das Stelenfeld ist ein weißer Fleck an einem Ort, der wie ein gebautes Geschichtsbuch aussieht. Er habe eines bei seinem Psychotherapeuten gelernt: "Du betrittst den Raum, und der Therapeut schweigt. Du mußt reden: The silence makes you speak." Dann soll das Stelenfeld sozusagen der Psychotherapeut der Deutschen sein? "Man kann den Effekt jedenfalls therapeutisch nennen. Sogar wenn hier Sprayer kommen, ist das gut", sagt Eisenman. Er möchte seinen Stelenpark als Ort der Sichtbarmachung von Fragen verstanden wissen, mit einer bewußt stummen Architektur Fragen provozieren, was leider in der deutschen Architektur kaum mehr gemacht werde.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/holocaust-mahnmal-peter-eisenman-im-stelengang-1118767.html

* Aber auch die einzelnen Photos, die Shapira verwendet und in einen neuen Kontext zwingt, sind für sich bereits eigenständige Kunstwerke. Es ist ganz klar zu sehen, dass dort absichtlich gezielte Aktionen der abgelichteten Menschen als Impression festgehalten wurden. Shapira stellt nicht die Frage, was der Urheber mit einem solchen Bild bezwecken wollte, sondern er nutzt die reine Existenz eines solchen Bildes aus, um die Persönlichkeitsrechte der motivbildenden Menschen zu verletzen.

Wenn die Leute auf den Bildern moralisch abgeurteilt werden müssen, dann muss dies gleichermaßen für das Mahnmal selbst, wie auch für alle Reaktionen, die dieses Mahnmal auslöst, gelten. Geht man nach Eisenmann, dann ist selbst dieses Posting hier ein Teil des Mahnmals, weil es eine Reaktion darstellt. Die Bedeutung kommt hier durch den Betrachter zustande.
 
Ich bin da geteilter Meinung. Zum einen kann ich @Seth Caomhin und @icebär vollkommen zustimmen. Auf der anderen Seite soll das ganze imho aber auch provokant und vielleicht auch geschmacklos wirken. Und hat auch nichts mit Jugendiskriminierung zu tun, schließlich sind das ja nicht alles Jugendliche..

Eisenmans Ansicht zu dem ganzen Werk finde ich wiederum noch interessanter. Irgendwo haben diese unansehnlichen und schmucklosen Klötze sowohl mit der Reaktion von Shapira, als auch mit den dämlichen Bemerkungen von Höcke das erreicht, was sie imo sollten: Man redet gezwungenermaßen über ein schreckliches Thema, dass - so kommt es mir vor - doch langsam immer mal wieder in Vergessenheit gerät.
Und von daher kann ein Höcke davon halten was er will, sobald er dem Ganzen Aufmerksamkeit schenkt, hat das Denkmal schon gewonnen.
 
Darf ich dich fragen, wie zu dieser Ansicht kommst?
Ich hab nämlich eher das Gefühl, man redet nicht mehr so offen drüber, aber es hängt schon noch irgendwo im Hinterkopf, zumindest bei mir.

Ich kann natürlich nur von meinem persönlichen Eindruck sprechen. In der Jugendarbeit kommt man dann doch auch mal mit dem Thema in Berührung und versucht dahingehend zu sensibilisieren.
Mein persönlicher Eindruck ist jetzt des öfteren gewesen, dass abseits des jugendlichen Desinteresses, eine gewisse "Ungreifbarkeit" entsteht.
Das ist natürlich vollkommen normal, da die Zeitzeugen oder Kinder der Zeitzeugen irgendwann sterben und so irgendwo ein direkter emotionaler Bezug fehlt, der bei dem Thema absolut wichtig ist.
Jeder der schon mal mit einem Zeitzeugen, egal aus welcher Epoche und über welche Situation geredet hat, weiß, dass man dadurch "besser" lernt und vieles einfach noch mal anders verarbeitet, als wenn man es aus dem Geschichtsbuch herauslist.

Ich habe noch das Glück, mit meinem Opa das Kind eines Zeitzeugen zu kennen, jemand der unmittelbar die Folgen des Naziregimes zu spüren bekommen hat. Allerdings kenne ich auch Personen in meinem Alter, die eben keine Großeltern mehr oder diese nicht kennengelernt haben. Die denken dann auch noch mal anders über das Thema. Klar, es ist noch in den Köpfen, aber wie du sagtest irgendwo im Hinterkopf und die Zeit spielt einfach gegen solche Ereignisse.
 
Ich bin da geteilter Meinung. Zum einen kann ich @Seth Caomhin und @icebär vollkommen zustimmen. Auf der anderen Seite soll das ganze imho aber auch provokant und vielleicht auch geschmacklos wirken. Und hat auch nichts mit Jugendiskriminierung zu tun, schließlich sind das ja nicht alles Jugendliche..

Das nicht aber mit allen Begrifflichkeiten, allen voran das Yolo, wird denke ich doch ein ziemlich deutlicher Bezug zur Jugend dargestellt und viele der Menschen in den Bildern sind auch jung (wenn auch nicht mehr jugendlich). Wenn ich mir die allgemeinen Reaktionen anschaue, scheint mir die Provokation und Geschmacklosigkeit eher nicht in seiner.. "Kunst" zu liegen, sondern in den Personen und dass ihrer Nutzung des Ortes. Also eher ein anstacheln und aufwiegeln gegen eine Personengruppe als einfach nur provokante Kunst.
 
Das nicht aber mit allen Begrifflichkeiten, allen voran das Yolo, wird denke ich doch ein ziemlich deutlicher Bezug zur Jugend dargestellt und viele der Menschen in den Bildern sind auch jung (wenn auch nicht mehr jugendlich). Wenn ich mir die allgemeinen Reaktionen anschaue, scheint mir die Provokation und Geschmacklosigkeit eher nicht in seiner.. "Kunst" zu liegen, sondern in den Personen und dass ihrer Nutzung des Ortes. Also eher ein anstacheln und aufwiegeln gegen eine Personengruppe als einfach nur provokante Kunst.

Beim anstacheln und verletzten von Persönlichkeitsrechten einzelner Personen (obwohl die jeder selbst verletzt, der bei Instagram ein Bild mit "Jumping on dead Jews" öffentlich hochlädt :rolleyes:) bin ich bei dir. Er hätte die Gesichter auch unkenntlichen machen können und hätte den gleichen Effekt mit dem Projekt erzielt. Ich sehe allerdings nicht wo es auf eine bestimmte Personengruppe abzielt. Selfies, Instagram und posieren auf Fotos machen auch "ältere" Menschen. Das Yolocaust bezieht sich sicherlich auch auf die Bilder, die Personen und dem damit einhergehenden Foto-Lifestyle, aber außerdem auch auf den, selbst noch jüngeren, Shapira und eben in satirischer Weise auf den Holocaust.
 
Jumping on dead Jews ist allerdings auch das einzig wirklich fragwürdige Bild und daher wohl auch nicht ganz zufällig an der aller ersten Stelle der Fotostrecke. Der Rest allerdings hat sein Bild nicht mit einem Beschreibung versehen, die gegen Juden abzielen würde. Die Personengruppe um die es geht ist erst mal unabhängig Jugend, das stimmt, die Personengruppe sind einfach Menschen die sich an diesem Platz fotografieren und mit dem Ort interagieren. Da aber mit Yolo in Yolocaust ein Jugendwort genutzt wird (und ganz allgemein die Jugendsprache verwendet wird) und auch die Betroffenen maßgeblich junge Menschen sind, sehe ich doch deutlich dass man hier vor allem diese Bevölkerungsgruppe angreift. Dass Shapira selbst jung ist, spielt doch da keine Rolle, es gibt ja auch Frauen die Trump wählen. Die eigene Altersgruppe zu kritisieren ist ja auch sowieso nicht neu, nur dass es in diesem Fall keine Kritik mehr ist.
 
Ein Vorschlag eines Künstlers damals war es an diesem Ort die Verladerampe von Auschwitz nachzubauen. Das wurde vom Senat abgelehnt.
Das hätte m.E. einen direkten Bezug zum Ereignis. Dort würde auch wahrscheinlich niemand Selfies schießen oder mit Bällen jonglieren.
 
Das ist die generation Selfie. Die würden sogar von sich n Foto machen wenn im Hintergrund ihr eigenes Haus abfackelt. Dann wird noch n traurig guckender Smilie eingefügt und auf Instagramm gepostet, damit man ganz viele "likes" bekommt... :wallb
 
Ich bin wirklich kein Psychologe, aber ich persönlich denke, dass dieses Verhalten eine etwas unglücklich geratene Art der Stressbewältigung ist. Ich selbst bin zwei Mal in Buchenwald gewesen und beide Male habe ich das als sehr bedrückend empfunden. Angesichts der ungeheuerlich groß wirkenden Opferzahlen, die einem präsentiert werden und der reinen Vorstellung ob der Zustände, die in den Lagern geherrscht haben müssen, kann ich so ein emotionales Fluchtverhalten durchaus nachvollziehen. Den Leuten jetzt zu unterstellen, sie würden durch das Hineingrinsen in die Kamera nun Freude an einem solchen Ort empfinden, halte ich für gefährlich.
 
Das ist die generation Selfie. Die würden sogar von sich n Foto machen wenn im Hintergrund ihr eigenes Haus abfackelt. Dann wird noch n traurig guckender Smilie eingefügt und auf Instagramm gepostet, damit man ganz viele "likes" bekommt... :wallb


So und nicht anderst ist es.
Da gibt es keine Schamgrenze mehr.
Ich denke an solch einem Ort sollte man sich mit Anstand und Würde benehmen oder ihm fernbleiben.
Ich persönlich bin wie alle wissen jedem Schuldkomplex abholt was die deutsche Vergangenheit angeht.
Ich habe zu meiner Schande auch noch nie ein KL oder VL besucht.
Aber ich habe den Piskarjowskoje-Friedhof in Sankt Petersburg besucht. Den Tag werde ich nie vergessen und wie ich mich dort gefühlt habe.
Es war ein eiskalter,trüber Tag. Die ewige Flamme brannte,Schostakowitsch Sinfonie erklang aus den Lautsprechern und der Wind wehte eiskalt über die zugeschneiten Gräber. Und vor mir stand eine russische Schulklasse. Ich habe keinen Ton von mir gegeben das die bloß nicht merken das ich ein Deutscher bin.Ich weiß nicht was ich getan hätte wenn mich da jemand angesprochen hätte.
Ich habe dort natürlich Bilder gemacht,aber ich hätte da nie eine Pose oder sonstwas gemacht. Ein Selfie schon gar nicht.
 
Ich fürchte für viele jüngere Besucher solcher Gedenkstätten ist das in erster Linie einfach ein weiterer Punkt auf einer Klassenfahrt. Wenn ich an meine eigene Abschlussfahrt nach Berlin denke, dann war das schon eine bisweilen seltsame Planung, wenn zwischen Freizeit auf dem Ku'damm und Kabarettbesuch am Abend schnell noch die Gedenkstätte Plötzensee eingeschoben wird. Nun war ich auch mit 16 schon sehr an Geschichte interessiert, abr viele andere waren es nunmal nicht, und die haben dann an solchen Orten eher öffentlich ihre Langeweile zur Schau gestellt oder eben rumgealbert usw. Damals gab es noch keine Smartphones, aber ich wage zu behaupten, dass auch zu dieser Zeit nicht wenige dort Selfies gemacht hätten, hätte die Möglichkeit existiert, aber dafür gab es genug anderen Blödsinn, den man an diesen Plätzen anstellen konnte.

C.
 
Zurück
Oben