Thyferra (Polith-System)

[: Polith-System | Orbit von Thyferra :||: Lambda-Shuttle | Cockpit:||: Horatio Kraym und die beiden Piloten :]

Imposant wirkte die „Helios“, die in Thyferras Orbit seelenruhig wartete, als sich ihr langsam, fast schon zaghaft das klitzekleine Lambda-Shuttle näherte. Vollkommen ungläubig starrte Horatio auf das keilförmigen Kriegsschiff, nachdem er erst beim Betrachten einer holografischen Projektion im Passagierraum irgendeinen technischen Fehler – oder gar einen üblen Scherz – vermutet hatte. 'Ein Sternzerstörer?', fragte sich der Governor in Gedanken und musterte weiterhin das hellgraue Ding durch das Cockpitfenster. Um sicher von Bastion nach Thyferra, seinem jetzigen Wirkungsbereich, zu reisen, hatte man ihm damals nur eine modifizierte Korvette aus den corellianischen Werften, die „Prodromus“, zur Verfügung gestellt – und nun griff man tatsächlich auf einen echten Sternzerstörer der Imperial-II-Klasse zurück? Seinetwegen? Obwohl der imperiale Adlige über ein sehr gefestigtes Selbstbewusstsein verfügte, erlag er in diesem Fall einer Selbsttäuschung nicht. Kurzzeitig hatte der planetare Verwalter sogar das ungute Gefühl, dass er dem übergeordneten Anlass – den kommenden Friedensverhandlungen mit den Rebellen – vielleicht gar nicht gewachsen sei.

Routiniert tauschten sich die Piloten in ihrem kryptischen Fachjargon aus, während sie die Landung allmählich einleiteten. Nach einer sanften Kurve tauchte das schneeweiße Shuttle gekonnt unter den fahlen Schiffsrumpf. Selbst an dieser vermeintlich empfindlichen Stelle wirkte dieser Sternzerstörer massiv, äußerst massiv. Unwillkürlich erinnerte diese Situation den adligen Governor an den Anflug auf das baugleiche Schwesterschiff „Obedience“ als er zusammen mit seinem früheren Vorgesetzten, Moff Veran, nach Anaxes reisen musste. Damals hatte Horatio noch angenommen, dass diese Art zu reisen für einen Mann von seiner hochrangigen Position vollkommen normal sei. Erst Olan Semur, sein derzeitiger Gegenspieler, hatte ihn aus dieser Illusion herausgeholt, die Coruscant anscheinend sukzessiv aufgebaut hatte. Obwohl er selbst bloß durch einige Verfehlung seines Vorgängers an den Posten des Coruscanter Governors gekommen war, hatte er sich zu früh – und zu schnell – von dem Zugewinn an Macht berauschen lassen.


„Wir landen gleich...“, teilte Horatio kurz seinem Mitreisenden, Lieutenant Governor Lopez, mit als er in den Passagierraum zurückkehrte. „Halten Sie sich bereit.“

Unmerklich knarzte der synthetische Lederbezug als sich der Vjuner Verwalter setzte. Grübelnd saß er nun da, ließ seinen Blick für einen Moment auf seinen Stellvertreter verweilen. Für Lopez musste es eine Premiere sein. Gerade im Outer Rim war Luxus eine Rarität, weil die meisten Welten relativ arm und nur spärlich besiedelt sind. Die mannigfaltigen Reichtümer der interstellaren Zivilisation konzentrierten sich mehr auf die inneren Regionen, insbesondere die Core Worlds. Unbewusst kam bei Horatio die Frage auf wie der „Emporkömmling“ diesen Moment wohl erleben musste. Hatte er genauso seine Bedenken? Das Dröhnen der Triebwerke war urplötzlich stärker zu hören, was ohne Zweifel ein Indiz dafür war, dass man das aktive Dämmfeld passiert hatte. Nun befand man sich im Inneren der „Helios“. Just in diesem Moment brach der Projektor auch seine Darstellung ab, indem noch einmal kurz ein höflicher Text aufleuchtete und dann das Gerät schwieg. Ihr Shuttleflug hatte somit ein Ende gefunden. Beide Männer erhoben sich als der richtige Zeitpunkt gekommen war.

Interstellare Reisen waren für den Großteil der galaktischen Bevölkerung seit einigen Jahrtausenden eine Selbstverständlichkeit. Raumschiffe – vor allem Frachter und Shuttles – konnte man fast schon überall und zu jeder Tageszeit sehen. Sie gehörten zum Alltag. Dennoch hatte sich Governor Kraym nie so wirklich an die künstliche Schwerkraft gewöhnen können. Ihm fehlte einfach irgendwie die natürliche Komponente. Somit schätzte er sich unter anderem auch deshalb glücklich, dass er keine Karriere beim Militär oder als Händler begonnen hatte. Für ihn als planetaren Verwalter reduzierte sich das Reisen auf ein Minimum. Nachdem die ersten Schritte etwas unsicher waren, fand Horatio aber schnell seinen üblichen, selbstsicheren Gang. Unterstützt von seinem Gehstock spazierte er im angemessenen Tempo die ausgefahrene Rampe herab. Sprichwörtlich auf den Fuß folgend kam sein Stellvertreter hinterher, während der Co-Pilot – samt Gepäck – die Nachhut bildete. Kaum fünf oder sechs Meter vom Shuttle entfernt wartete derweil Rhenya Aldine auf sie.

Die dünne Tapani, die etwas älter als Horatio sein musste und ihr brünettes Haar zu einem strengen Dutt nach hinten frisiert hatte, musterte die neuen Gäste sichtlich mit kühler Miene. Zur Begrüßung sagte sie im abgeklärten Ton:
„Governor Kraym, Lieutenant Governor Lopez; Willkommen auf der 'Helios'. Ihr Gepäck wird man unverzüglich in die vorbereiteten Quartiere bringen.“

Elegant verneigten sich der Adlige und sein Begleiter, dessen Herkunft Nar Shaddaa war, und dann tauschte man kurz ein paar Höflichkeiten mit der Sector Adjutant aus. Etwa zur gleichen Zeit kamen zwei einfache Mannschaftsmitglieder des Sternzerstörers hinzu, übernahmen die Gepäckstücke und gingen anschließend in Richtung der Turbolifts. Horatio sah ihnen flüchtig nach. Obwohl sein Flug mit der „Obedience“ nicht mehr als zwei Standardmonate her war, brauchte der Governor ein paar Minuten um sich an all den Lärm und die scheußlichen Gerüche zu gewöhnen. Nein, Kriegsschiffe zählten beileibe nicht zu seinen Lieblingsorten. Doch in unmittelbarer Gegenwart der ranghöheren Systemverwalterin konnte er diese Abneigung nicht so offen zeigen. Deshalb versteckte er sich ganz geschickt hinter einer einstudierten Maske, derweil Miss Aldine sie über die aktuelle Tagesplanung informierte, die man ohne deren Mitwissen beschlossen hatte. Erneut spürte der planetare Verwalter Zweifel. Ein kleines, klitzekleines Licht war er in dem ganzen Spiel – das wollte man ihm offenbar immer wieder begreiflich machen. Er war kein Spieler, sondern bloß die Spielfigur.

Unter der Führung der tapanischen Verwalterin bewegten sich Horatio und der Lieutenant Governor durch die Korridore der „Helios“. Dabei schien ein Gang dem anderen zu gleichen. Hin und wieder passierten sie außerdem noch massive Schotts oder Turboliftzugänge. Ein bisschen erinnerte ihn das Ganze an den kolossalen Verwaltungs- und Regierungskomplex auf Coruscant. Bei dem Gedanken daran fühlte der Adlige einen geringen Rückfluss an gewohnter Selbstsicherheit. Er durfte sich nicht so leicht von irgendwelchen neuen Rivalen „einschüchtern“ lassen.
'Mehr taktieren', mahnte er sich insgeheim, während man auf einmal in einen gerufenen Turbolift stieg. Begleitet von einem äußerst leisen Surren schnellte die Kabine nach oben. Über eine Informationstafel konnte man sehen welche Stationen und Decks man auf diesem Weg binnen Sekunden passierte. Dabei bemerkte der planetare Verwalter, dass sie offensichtlich zur Brücke wollten. Wollte etwa der Kommandeur der „Helios“ die Bekanntschaft mit Lopez und ihm machen? Wirklich vorstellen konnte sich das Horatio nicht. Aber seit wann agierten Militärs schon rational?

Seine Vorahnung, als das Lambda-Shuttle sich dem fahlen Imperial-II-Sternzerstörer genähert hatte, bewahrheitete sich just in dem Augenblick als er die Brücke betrat. Denn statt irgendeinem Offizier, der vor den großen, dreieckigen Panoramafenstern stand, wartete dort Nicadamus Stadd auf sie. Der greise Grand Moff, der dem zwanzigsten Supersektor vorstand, hatte sie sichtlich erwartet. Horatio brauchte dafür nicht zu raten, da ihm das flüchtige Lächeln zufällig aufgefallen war. Auf Anaxes, als Imperator Allegious höchstpersönlich Jarnik Saul Tarvitz zum fünften Supersektorverwalter ernannt hatte, war der Governor dem Vorsitzenden des „Council of Moffs“ begegnet. Zwar hatte er mit dem Grand Moff kein einziges Wort gewechselt, aber Stadd besaß eine eigentümliche Präsenz. Jegliches Selbstbewusstsein schien in dessen Gegenwart schlagartig mickrig zu sein. Nachdem der Greis mit seiner Begutachtung fertig war, löste er sich auf einmal von den Panoramafenstern und ging in aller Ruhe auf die drei anderen Verwalter zu. Um nicht schwach zu wirken, versuchte der Adlige derweil dessen Blick Stand zu halten. Dabei blitzte erneut das Lächeln des Grand Moff auf.


„Mr Kraym, Sie kommen zum rechten Zeitpunkt“, sagte Stadd zu dem Governor, wobei die Stimme alt, gebrechlich klang. Dennoch verspürte Horatio eine Gänsehaut als der Greis fortfuhr: „Begleiten Sie mich bitte. Wir haben etwas zu bereden...“

Hatte er überhaupt eine Wahl? Nicadamus Stadd herrschte quasi über den zwanzigsten Supersektor – inklusive Thyferra. Zu so einem frühen Zeitpunkt konnte sich der adlige Governor somit dem ranghöchsten Vorgesetzten also nicht verweigern, wollte er seine Pläne nicht gefährden. Deshalb erhob Horatio in diesem Moment keine Einwände, sondern folgte stattdessen humpelnd dem alten Verwalter. Gerade als er erneut eine Turboliftkabine betrat, erbebte das Schiff ganz leicht. Sie hatten das Polith-System allem Anschein nach per Hyperraumsprung verlassen – und sollte die momentane Berichterstattung stimmen, dann waren sie nun auf dem Weg nach Commenor. Zischend schlossen sich die Türen der Kabine. Ein Knopf wurde gedrückt und kaum eine Hundertstel später setzte sich der Turbolift auch schon in Bewegung. Doch in diesem Moment spürte der Vjuner Adlige nur ein flaues Gefühl in der Magengegend. Nein, diesem übergeordneten Anlass war er wohl nicht gewachsen. Das gestand sich der Governor nun zwangsläufig ein.

[: Hyperraum | nach Commenor :||: Zehnte Gefechtsflotte, Dritte Flottille, Siebte Kampfgruppe | ISD II „Helios“ | Brückenturm | Turbolift :||: Horatio Kraym und Grand Moff Stadd :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Raumhaufen | Landebucht | vor der CR90a „Prodromus“ :||: Horatio Kraym, Lieutenant Commander Bel, Jade Lee sowie ein kleines Empfangskomitee :]

Obwohl der penetrante Geruch von Maschinenöl in der Luft allgegenwärtig war, atmete Horatio tief ein, nachdem er schnell das kleine Kriegsschiff corellianischer Bauart verlassen hatte. Umbara – mit all seinen Intrigen und Fallstricken – lag nun zweifelsfrei hinter ihm. Hier, auf Thyferra, konnte er leichter Freund von Feind unterscheiden, da für ihn inzwischen das politische Gefüge auf diesem Planeten kein komplettes Neuland mehr war. Dieser Moment stellte für den adligen Verwalter somit eher eine willkommene „Heimkehr“ dar und kurzzeitig konnte man ihm sogar ansehen, dass er ganz zufrieden damit war thyferrianischen Boden unter seinen Füßen zu spüren. Nicht einmal das äußerst kärgliche Empfangskomitee, bestehend aus Prefect Hart, Second Lieutenant Blaise sowie mehreren Soldaten seiner Leibgarde, konnte in diesem Augenblick seine Laune ein wenig trüben.

Beinah generös sah er über dieses Detail hinweg, wandte sich stattdessen lieber lächelnd Lieutenant Commander Bel zu und verabschiedete sich per Handschlag – begleitet von höflichen Worten – von dem ergrauten Flottenoffizier. Weil der adlige Governor dem Militärangehörigen in Aussicht gestellt hat, dass er sich für dessen Karriereaufstieg einsetzen wolle, hatte er nun einen Unterstützer aus der einflussreichen Bel-Familie – jedenfalls teilweise – für sich gewinnen können. Schließlich war sich Horatio bewusst, dass insbesondere Beziehungen die eigene Macht festigten – und er brauchte mehr Kontakte, wollte er irgendwann seinen Gegenspieler übertrumpfen. Nachdem die beiden Herren alle Höflichkeiten sowie gegenseitige Einladungen zum Dinner ausgetauscht hatten, rückten die beiden Untergebenen in seinen Fokus. Vor allem Arod Hart schien darauf vorbereitet zu sein.

Eine knappe Verneigung deutete der Greis an.
„Sir, willkommen zurück. Ich habe hier einen Teil der Berichte, die Legate Terrik in Ihrem Büro für Sie bereithält.“

„Sehr gut, Prefect“, entgegnete Horatio und auf einmal kehrte die gewohnte Kühle in seine Stimme zurück. Flüchtig blickte er zu seiner brünetten Begleiterin. „Darf ich Ihnen und Mr Blaise kurz Ms Jade Lee vorstellen. Ms Lee, das sind Prefect Hart und Lieutenant Blaise. Um auch in nächster Zeit die medizinische Weiterversorgung meiner Wenigkeit zu gewährleisten, überstellte Doktor Adasca sie in meine Dienste.“

Blaise, ein thyferrianische Veteran mit grauem Haaransatz, schmunzelte amüsiert.
„Ihre persönliche Krankenschwester also, Sir.“ Er bedachte sie mit einem musternden Blick. „Sie haben Geschmack.“

Natürlich ignorierte der Governor diese hämische Bemerkung. Längst hatte er zu seiner gewohnten Professionalität zurückgefunden und der Graben, den er zwischen sich und seine Untergebenen zog, hatte sich wieder auf eine unüberwindbare Breite vergrößert. Deshalb fütterte in diesem Augenblick den Kommandanten seiner Leibgarde lieber mit spärlichen Informationen zu Lees Person. Zwar war sein Wissen an dieser Stelle recht lückenhaft, aber dafür verstand der Second Lieutenant zum Glück sofort die wahre Absicht dahinter. Knapp nickte er dem Vorgesetzten noch, bevor er sich sogleich zurückfallen ließ, um ein Gespräch mit der ehemaligen Combat Medic anzufangen. Während sie die sechseckige Landebucht verließen, nutzte Horatio den Moment, um sich von derweil von dem alten Prefect ins Bild setzen zu lassen. Was war alles passiert während er auf Umbara weilte? Insgeheim interessierte ihn dabei vor allem der momentane Zustand seiner Pläne.

Einen Blick auf die Dokumente, die Hart ihm mitgebracht hatte, warf er erst als man gemeinsam im Speeder saß und auf direktem Weg zum Regierungssitz war. Höchstens zehn Minuten dauerte diese Fahrt. Doch in all den Jahren seit seinem Eintritt in die Verwaltung hatte er sich das selektive Lesen nicht nur angeeignet, sondern auch perfektioniert. Sein wachsamer Blick schnellte förmlich über die unzähligen Zeilen, griff geübt diverse Worte und Gruppen heraus und kombinierte anschließend im Kopf den eigentlichen Sinn dieser Wortfetzen. Wirklich dramatisch war die Lage auf Thyferra noch nicht, aber so langsam zeigten die Konsequenzen seiner bisherigen Entscheidung ihre Wirkung. So schien die Bacta-Produktion aufgrund der Schwächung beider Unternehmen inzwischen ein kleines Bisschen schleppend zu verlaufen. Des Weiteren nahmen die Ermittler mehr und mehr Eldo Xel Bel ins Visier. Sämtliche (fingierten) Spuren verliefen direkt zu ihm.

Unter seiner distanzierten Miene breitete sich deshalb langsam eine gewisse Zufriedenheit aus. Man lauerte auf den Startschuss zum großen Finale. Ja, hier auf Thyferra wuchs er allmählich zum Herrn der Lage heran. Hier konnte er seine Feinde ausstechen und seine Verbündeten belohnen. Sein Blick glitt aus dem Fenster. Häuser, Seitenstraßen und andere Dinge zogen in rascher Geschwindigkeit an ihnen vorbei. Doch daran störte sich der Adlige nicht. Schleichend, aber in einem recht beständigen Prozess kehrte sein altes Selbstbewusstsein zurück. Stadd, Semur und Aldine mochten in ihm nicht mehr als einen Spielball sehen, doch nun hatte er lang genug gewartet. Für einen flüchtigen Moment huschte ein siegesgewisses Schmunzeln über seine Lippen. Um sich ein wenig abzulenken, begann er kurz darauf ein nichtssagendes Gespräch mit seinem Untergebenen Hart. Etwa zur gleichen Zeit erreichte der Speeder endlich das Regierungsviertel.

Der greise Prefect informierte Horatio gerade über Xozhixis Zustand und momentane Probleme als man das kühle Regierungsgebäude betrat. Tuschelnde Angestellte, wachsame Sicherheitskräfte und ein paar einfache Besucher hielten sich in der einladenden Haupthalle auf. Manche blickten kurz zu der eintretenden Gruppe, aber die Mehrheit schien im ersten Moment kein echtes Interesse an ihnen zu haben. Erst als man den planetaren Verwalter bewusst ausmachte, nahm die Zahl der Blicke mit einem Mal zu. Ranghohe Untergebene, die gerade in der Nähe waren, kamen eilend zu ihm, um ihre Aufwartungen zu machen. Während man ihm für den Erfolg, den er auf Umbara mit den Kollegen erzielt hatte, gratulierte, schüttelte man ihm eifrig die Hände. Letztendlich waren es so viele, dass er gut und gerne zwanzig Minuten in der Haupthalle gebunden war. Danach konnte er sich – durch die Mithilfe seiner Begleiter – loseisen und endlich sein Büro aufsuchen.

Es war Lieutenant Commander Bels Erfüllungseifer zu verdanken, dass exakt in diesem Augenblick nicht nur Sally Terrik, die Protegé des adligen Verwalters, in dem geräumigen Büro auf ihn wartete, sondern ebenso der amtierende Präsident der planetaren Sicherheitskräfte. Obwohl der Mann längst mehr Politiker als Exekutivbeamter war, wirkte er recht nervös. Horatio schenkte ihm ein ziemlich freundliches Lächeln, schüttelte ihm zur Begrüßung die Hand und bot ihm anschließend sogar ein Getränk an. Immerhin sollte diese Schachfigur ihren Zug korrekt ausführen, wenn der Governor die Anweisung dazu gab. Nachdem man es sich gemeinsam in der sehr bequemen Sitzecke gemütlich gemacht hatte und beiläufig seinen Caf schlürfte, beruhigte sich der Präsident allmählich. Mehr und mehr ließ die Nervosität von ihm ab. Schlussendlich war es nicht mehr als ein kurzer Blick, welcher dem geschickten Themenwechsel vorausging. Eher im unschuldigen Plauderton sprach die Legate auf einmal die Ermittlungen an. Glücklicherweise ließ sich der Beamte darauf ein. Kein Anzeichen für ein Zurückschrecken konnte man in seiner Mimik und Gestik erkennen.

Der Präsident der thyferrianischen Sicherheitskräfte lächelte ein wenig dümmlich als er sagte:
„Im Großen und Ganzen warten die mit dem Fall betrauten Ermittler nur noch auf meinen Befehl. Mehr als dreihundert Beamte sollen Xucphra und das Anwesen der Bel-Familie auf den Kopf stellen. Eine riesige Zahl, finden Sie nicht, Governor?“

„Da haben Sie natürlich Recht“, entgegnete Horatio ganz professionell, nippte noch einmal kurz an der Tasse lauwarmen Caf und strahlte dabei eine freundliche, verständnisvolle Haltung aus. „Jedoch kann ich – als indirekt Betroffener – nicht so ganz nachvollziehen, weshalb Sie in diesem Moment abwarten. Diese Razzia führt doch zu einem Erfolg … oder habe ich Sie da falsch verstanden?“

[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Gouverneurspalast | Büro :||: Horatio Kraym, Legate Terrik und der Präsident der planetaren Sicherheitskräfte :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Raumhaufen | Landebucht | vor der CR90a „Prodromus“ :||: Jade Lee, Horatio Kraym, Lieutenant Commander Bel sowie ein kleines Empfangskomitee :]


Nach dem kurzen Gespräch mit Horatio, das schon einen Seltenheitswert hatte, hatte sich die ehemalige Combat Medic wieder ihren Aufgaben gewidmet und ging weitest gehend ihrem Patienten aus dem Weg. Sie wollte so wenig wie möglich und auch nur wenn es absolut notwendig war, mit diesem Kerl zu tun haben oder in Kontakt kommen. Jade war noch immer über die Entscheidung des Oberkommandos sauer, das man sie aus ihrer Einheit, die sich wohl nun in alle Winde verstreut hatte, abgezogen hatten, nur um einen Adelssprössling der ein „kleines Wehwechen“ hatte, den Hintern zu pudern. Die kleine Medic konnte Horatio nicht ausstehen und da machte sie auch keinen Hehl daraus. Sie machte diesen Kerl dafür verantwortlich, das sie sich nun auf dem Weg nach Thyferra befand und nicht auf irgend einem anderen Planeten im Dreck lag, mit ihrer alten Einheit zusammen. Die meiste Zeit des restlichen Fluges, wenn sie nicht gerade Horatio seine Medikamente bringen sollte und seine Vitalwerte überprüfte, hielt sie sich am liebsten im Schiffs eigenem Labor der Krankenstation oder in ihrem Quartier auf.

Nun befand sie sich etwas hinter Kraym, als man nach der Landung auf Thyferra die Rampe der „Prodomus“ herunter schritt. Immer wieder, es war schon eher automatisch griff sich die kleine Medic an den Kragen ihrer zivilen Kleidung, die sie auf der Reise hier her tragen musste. Doch alles Fummeln half nichts, der Stoff blieb rau und war unangenehm zu tragen. Schweigen und mit ihrer kleinen Tasche in der Hand beobachtete sie das Schauspiel, das sich dort vor ihren Augen abspielte. Angeekelt von diesen elenden Speichellecker, die das Empfangskomitee bildete, verzog Jade dezent das Gesicht und schaute in eine andere Richtung. Sie mochte keine Politiker, redeten viel und sprachen von großen Taten, die man erreichen würde oder hatte, doch vergaßen sie gerne, das es der kleine, einfache Soldat war, der diese Taten, vollbracht hatten.


„Sehr gut, Prefect“, „Darf ich Ihnen und Mr Blaise kurz Ms Jade Lee vorstellen. Ms Lee, das sind Prefect Hart und Lieutenant Blaise. Um auch in nächster Zeit die medizinische Weiterversorgung meiner Wenigkeit zu gewährleisten, überstellte Doktor Adasca sie in meine Dienste.“

Jade hing weiter ihren Gedanken nach und spendete nicht wirklich dieser Begrüßung ihre volle Aufmerksamkeit, daher brauchte sie einige Sekunden, bis sie merkte, das Horatio sie seinen Untergebenen vorstellte. Sie blinzelte leicht, ehe sie vor dem Lieutenant kurz salutierte und mit einem „Sir!“ begrüßt, ehe sie wieder die Hand sinken ließ, nur um sich einer recht intensiven Musterung des Lieutenants wieder zu finden. Verärgert zog sie ihre Brauen leicht zusammen und wollte schon etwas sagen, da ließ Blaise Worte sie auf der Stelle verstummen. Wütend schaute sie diesen Kerl an und da war es ihr egal ob er im Rang höher war oder nicht. Ihre freie Hand hatte sie zu einer Faust geballt, als sie diesen amüsierten Blick und Tonfall vernahm. Sie war verdammt nochmal nicht Horatios Bettgespielin, was man ihr hier wohl zu unterstellen schien. Die Wut ballte sich immer weiter auf, doch Jade kämpfte darum, das ihre Wut nicht an die Oberfläche kam. Daher warf sie den Herren einen sehr giftigen Blick zu, ehe sie sich daran machen wollte, die Landebucht zu verlassen. Allerdings kam sie nicht wirklich weit, denn Lieutenant Blaise hatte ihr ein wenig den Weg versperrt. Immer noch aufgebracht und etwas entnervt schaute sie zu dem ranghöheren Offizier hinauf.

„Kann ich Ihnen irgendwie weiter helfen, Lieutenant oder sind Sie nur hier um mich weiter zu beleidigen?“

Fragte die kleine Medic mit vielleicht etwas zu spitzer Zunge. Es war wirklich unerhört von ihr zu denken, das sie … das sie … Horatios Spielzeug war.



[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Raumhaufen | Landebucht | vor der CR90a „Prodromus“ :||: Jade Lee, Horatio Kraym, Lieutenant Commander Bel sowie ein kleines Empfangskomitee :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | vor dem Gouverneurspalast :||: Horatio Kraym samt kleines Gefolge (darunter Jade Lee) sowie eine Meute Journalisten:]

Mit ernster Miene begegnete Horatio Kraym I. dem Blitzlichtgewitter der anwesenden Journalisten, nachdem er auf den Stufen von Xozhixis altertümlichen Regierungsgebäude eine knappe Ansprache gehalten hatte. Sein Plan reifte immer mehr. Denn mit der aufsehenerregenden Verhaftung – und der längst beschlossenen Verurteilung – von Eldo Xel Bel, dem führenden Kopf der berühmten Xucphra Corporation, kam der adlige Governor seinem Ziel allmählich näher. Noch mochte sein eigentlicher Widersacher, der imperiale Sector Adjutant Olan Semur, die meisten Zügel in der Hand haben, aber sein Stern war im Begriff zu sinken. Langsam, aber sicher bröckelte dessen politisches Fundament – und bald schon hatte der unscheinbare Adlige, dessen Machthunger man so sehr unterschätzt hatte, die Oberhand. Horatio musste sich vorerst nur weiter in Geduld üben.

In den Tagen nach seiner Rückkehr von Umbara hatte sich der planetare Verwalter überaus intensiv mit den Lektionen beschäftigt, die ihm sein Vater, Heluis Kraym III., in seiner Jugend immer wieder eingebläut hatte. Die Kraym-Dynastie hatte man nach Aufdeckung einer äußerst skandalösen Intrige mit fadenscheinigem Prozess im Anschluss aus den Core Worlds nach Vjun – ins vom sauren Regen zerstörte Exil – verbannt. Rehabilitation hatte die Familie eigentlich nicht zu erwarten gehabt. Doch glücklicherweise hatte selbst in dieser Not der Vater noch ein paar treue Kontakte gehabt, die so den Traum von der Rückkehr zu alten Privilegien aufrecht hielten. Mittlerweile ruhte das Szepter nun in Horatios Händen. Erst Coruscant und nun Thyferra sollten die Grundlage für die längst überfällige Wiederherstellung der Familienehre sein.

Ein paar letzte Worte richtete der menschliche Adlige noch an die Journalisten, dann kehrte er in das kühle Regierungsgebäude zurück, wo neben dem alltäglichen Papierkram in seinem Büro auch die abschließende Planung des nächsten Schrittes auf ihn warteten. Umgeben von mehreren Mitgliedern seiner Leibgarde, ein paar Angestellten sowie seinem persönlichen Wachhund, Jade Lee, schritt der ansehnliche Governor durch die recht prunkvolle Haupthalle zu den Marmortreppen. Vereinzelt gab er seinen Untergebenen Anweisungen, holte deren zusammengefasste Berichte ein oder bat sie ganz höflich um diverse Gefallen banaler Natur. Insbesondere gegenüber Adascas ehemaliger Assistentin wollte der Verwalter einen normalen Eindruck machen. Im Moment stellte die einstige Soldatin für ihn nämlich das größte Risiko in seiner zwielichtigen Unternehmung dar. Trauen konnte er ihr nicht – keinen Millimeter!


„Mr Hart, holen Sie mir bitte in den nächsten fünf Stunden alle Informationen über die anstehenden Wahlkampfveranstaltung ein“, richtete Horatio das Wort an den greisen Prefect, während er in aller Ruhe Treppe für Treppe empor stieg. „Ich möchte wissen wer, wann, zu welchem Thema spricht.“

Die thyferrianischen Parlamentswahlen, die vor der Tür standen, waren sein Hebel für den nächsten großen Schritt. Weil der planetare Verwalter nämlich das vorherrschende Bacta-Kartell aufbrechen und zu seinen Gunsten manipulieren wollte, brauchte er Verbündete in der Lokalpolitik. Hier durfte er nicht mit groben Schlägen, sondern musste feine Schnitte machen, um seinen Kontrahenten nach und nach auszustechen. Macht musste man sich durch geschicktes Handeln verdienen, wollte man sie nicht auf der Stelle wieder verlieren. In diesem Fall hatte Sector Adjutant Semur den derzeitigen Regierungschef, Irn Creel, auf seiner Seite, weshalb der imperiale Adlige – wohl oder übel – auf ein anderes Keffi setzen musste. Dabei kam ihm höchstwahrscheinlich der juristische Schlag gegen die Bel-Familie, eine Unterstützerin der regierenden Partei, zur Hilfe. Nachdem sich Prefect Hart von Horatios Seite gelöst hatte, wandte sich der Governor an seinen Wachhund.

„Ms Lee, wie ich sehe hat Lieutenant Blaise Sie tatsächlich neu eingekleidet und Ihnen sogar einen Blaster organisiert“, bemerkte der Verwalter im süffisanten Plauderton. „Nun fühle ich mich in Ihrer Nähe gleich viel sicherer, keine Frage.“ Er schmunzelte. Immerhin machte Jade Lee keinen großen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber ihm. „Ich weiß, Sie sind nicht meine Sekretärin und schon gar nicht mein 'Laufbursche', dennoch würde ich Sie gern um einen Gefallen bitten. Ein Termin wartet noch in meinem Büro auf mich. Trotzdem würde ich gern zeitnah Premier Creel empfangen wollen. Könnten Sie ihn abholen und hierher bringen? Ich wäre Ihnen wirklich sehr verbunden...“

[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Gouverneurspalast | Treppenhaus :||: Horatio Kraym samt kleineres Gefolge (darunter Jade Lee) :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Gouverneurspalast | Büro :||: Horatio Kraym und Rhan Nire :]

Beinah lautlos schloss sich die Flügeltür aus schlichtem Akonije-Holz hinter ihm. Obwohl das recht geräumige Büro leer zu sein schien, wusste Horatio – durch ein unerklärliches Bauchgefühl –, dass die Person, die er sehen wollte, schon hier war. Deshalb behielt er die ruhige Miene aufgesetzte, die er seit dem kurzen Intermezzo mit den Pressevertretern aufgelegt hatte, ging gemächlich zu seinem breiten Schreibtisch und ließ sich elegant in seinen Sessel fallen. Einen Moment lang wartete er und gerade als er etwas sagen wollte, kam Rhan Nire aus seinem Versteck, verneigte sich mit einem eher süffisanten Lächeln auf den schmalen Lippen und ließ sich dann – ungefragt – auf einem Stuhl auf der anderen Schreibtischseite nieder. Wann hatte der Junior Agent nur die professionelle Distanz zu ihm abgelegt? Sah sich der zwielichtige Echani etwa auf einer Stufe mit dem Governor?

„Sie haben wirklich gute Arbeit geleistet, Nire, sagte der adlige Imperiale und versuchte mit einem nüchternen Tonfall seinem Gegenüber einen Dämpfer zu verpassen. „Ich hoffe, im Verfahren finden die 'richtigen' Beweise ihren Weg in das Gericht.“

Unbeeindruckt zupfte der Geheimdienstler erst einmal an seiner hellgrauen Uniform, bedachte dann den menschlichen Governor mit einem musternden Blick, bevor er flüsternd erwiderte: „Einzig und allein mit 'unseren' Beweisen wurden die Ermittler (ohne es zu wissen) gefüttert. Ihr ganzer Fall baut demzufolge darauf auf.“ Kurz ließ er die gesagten Worte wirken, bevor er weiterhin wispernd fortfuhr: „Nun braucht es nur noch einen ordentlichen Richter...“

„Richtig...“, murmelte Horatio als Entgegnung.

Derweil sich Horatio auf Umbara nämlich nicht nur mit mehreren Vertretern der Rebellion, sondern zudem noch mit dem durchtriebenen Alkarin Scarwai hatte herumschlagen müssen, hatte sich seine Protegé, Legate Terrik, in der Zwischenzeit auf Thyferra insbesondere nach möglichen Verbündeten in der hiesigen Politiklandschaft umgeschaut, aber auch diverse Persönlichkeiten der Justiz hatte sie bei ihren Recherchen immer wieder ins Auge gefasste. Und da der Governor – als neutrale Macht – bei populären Verfahren den Richter bestimmen durfte, lag auf dem breiten Schreibtisch auch schon eine überaus fundierte Liste potenzieller Kandidaten. Ja, allmählich nahm sein geheimer Plan in der Realität Gestalt an. Es waren nicht mehr nur irgendwelche Gedanken und Illusionen, sondern längst geschaffene Tatsachen. Langsam, aber sicher trat er aus dem Schatten heraus, um sich Angesicht zu Angesicht mit seinen Widersachern zu duellieren.


„Laut meinen bisherigen Informationen scheinen Geoff Elatar, Miles Ozuar und Cheriss Allerti als passende Möglichkeiten in Frage zu kommen“, teilte der planetare Verwalter seinem Gegenüber mit, nachdem er die Liste kurz überflogen hatte. „Sie haben – und hatten – keinerlei Verbindungen zum Kartell und dürften demnach 'neutral' genug für eventuelle Kritiker sein.“

Nire lächelte. „Eine gute Wahl, Sir.“ Dann erhob sich der Junior Agent mit einem Mal, ging zu einer schmucken Kommode, wo Horatio generell diverse teure Spirituosen aufbewahrte, und genehmigte sich – ungefragt! – einen Drink. „Ich denke, bei Allerti haben Sie die besten Chancen, sollten meine Dienste benötigt werden.“

Unwillkürlich verkrampften sich die Hände des menschlichen Adligen zu Fäusten. Eigentlich hasste er solch eine Dreistigkeit bei Untergebenen. In seinem Weltbild hatten sie – ganz wie Spielfiguren – seinen Anweisungen zu entsprechen. Jedoch schien der blasse Geheimdienstler inzwischen die Lage mehr und mehr für sich nutzen zu wollen. Er hatte längst die Abhängigkeit erkannt, die Horatio bei der Zusammenarbeit mit ihm eingegangen war. Momentan war die komplette Intrige ausschließlich von Rhan Nires Wohlwollen abhängig. Kündigte der Echani die Kooperation auf, gerieten nicht nur sämtliche Pläne ins Stocken, sondern im schlimmsten Fall konnte der Governor als Kopf der ganzen Sache enttarnt werden – und dann würde er gleich seinem Vater im hoffnungslosen Exil landen. Der Imperiale musterte seinen Gegenüber. Er durfte die Kontrolle nicht verlieren! Die Macht sollte sich am Ende in seinen Händen konzentrieren!

„Ich lasse gerade Creel zu mir holen“, bemerkte Horatio nach einer kurzen Pause. „Wie steht es um seine Loyalität?“

Der genossene Alkohol schien dem blassen Fastmenschen schnell zu Kopf zu steigen, denn obwohl er sich sonst immer unter Kontrolle hatte, lachte er nun überheblich. Irn Creel ist nicht mehr als ein Söldner im Gewand eines Politikers. Er schwört dem seine Treue, der ihm das meiste 'bezahlt'. Olan Semur – sowie die Bel-Familie – scheint das im Moment zu sein.“

„Und wer dürfte in den Parlamentswahlen der stärkste Konkurrent sein?“, hakte der Governor sofort nach.

Natürlich hatte er schon seit dem ersten Tag Creel in das Lager des Sector Adjutanten verortet, aber trotzdem hatte er – tief im Inneren – die winzige Hoffnung gehegt, dass er den tyherrischen Premier dennoch irgendwie für seine Pläne gewinnen konnte. Waren die Strukturen hier vor Ort tatsächlich so stark verkrustet? Unweigerlich musste er daran denken wie viele Probleme sich ihm in den Weg gestellt hatten als er auf Coruscant nach der „Vorherrschaft“ gegriffen hatte. Hatte er eventuell aus diesen Erlebnissen lernen können? Während der Echani selbst ins Grübeln verfallen war, brütete der planetare Verwalter ebenso über diverse Dinge. Konnte er einen starken Widersacher finden, der bis zum jetzigen Zeitpunkt vom Bacta-Kartell eher gegängelt wurde? Konnte er dessen Motivation zur endgültigen Zerschlagung beider Firmen – und zur anschließenden Gründung eines Unternehmens – nutzen? Bacta war sein Treibstoff an die Spitze, das wusste Horatio. Mit einem einzigen Schluck lehrte Nire das Glas teuren Brandy.

Dann sagte er:
„Spontan fällt mir kein geeigneter Kandidat ein. Ich werde meine feinen Fühler aber trotzdem einmal ausstrecken. Denn Feinde hat Creel auf alle Fälle.“

[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Gouverneurspalast | Büro :||: Horatio Kraym und Rhan Nire :]
 
Zuletzt bearbeitet:
[: Polith-System | Thyferra | nahe Xozhixi :||: Villa | Terrasse :||: Horatio Kraym :]

Der Morgen versprach in seinen Details irgendwie einen sonnigen Tag. In den grünen Baumkronen zwitscherten ein paar heimische Vögel, während der Wind zu einer lauen Stärke auffrischte und sich am azurblauen Himmel vereinzelt Wölkchen zu dem strahlenden Stern Polith gesellten. Mal wieder zeigte sich Thyferra – jedenfalls in Xozhixis Region – von seiner schönsten Seite, weshalb sich auf Horatios Gesicht ein zufriedenes Lächeln zeigte als er, gekleidet in einen einfachen Bademantel, die Terrasse betrat. Seit seinem längeren Umbara-Aufenthalt schien er die Natur der Planeten, die sich nicht hinter irgendwelchen kuriosen Nebeln versteckten, noch mehr zu schätzen. Seelenruhig schritt der Imperiale über das Holz zu seinem liebgewonnenen Stammplatz im Schatten eines heimischen Gloan-Baumes, wo er sich dann – begleitet von einem genüsslichen Seufzer – hinsetzte.

Natürlich hatte sein gewissenhafter Butler schon im Vorfeld das Frühstück vorbereitet, weshalb der adlige Governor auf dem ovalen Holztisch nun eine reichhaltige Auswahl vorfand. Jedoch bediente er sich nicht sofort an den warmen Brötchen, der zuckersüßen Konfitüre oder dem frisch gebrühten Caf, sondern nach einer altmodischen Zeitung. Immer mehr forderten die großen Parlamentswahlen ihren Raum im politischen Leben auf Thyferra ein. Lokale Nachrichten abseits vom Wahlkampf gab es faktisch kaum noch. Die berühmtesten Kandidaten der größten Parteien duellierten sich förmlich auf jeder einzelnen Zeitungsseite. Schon allein aus diesem Grund wusste Horatio manchmal nicht, ob ihm nicht schon diese Farce an demokratischen Strukturen zu viel war. Immerhin musste er sich in diesen Tagen mit all diesen konkurrierenden Parteipolitikern herumschlagen – und bislang schien noch kein geeigneter Handlanger in Sicht zu sein!


Bels Verwandte solidarisieren sich öffentlich mit Creel?“, bemerkte der Governor kurz nachdem er eine Seite weiter geblättert hatte. „Interessant.“

Obwohl sich Horatio schon selbst zu der Sorte „Politiker“ zählte, die meistens mit charismatischem Geschick die Gegenseite von der eigenen Sichtweise überzeugen kann, schien er erst kürzlich beim amtierenden Premierminister von Thyferra auf Durastahl gestoßen zu sein. Selbstverständlich hatte Irn Creel nicht sofort – gewissermaßen von Angesicht zu Angesicht – abgelehnt als der Governor in groben Zügen seine Idee von einer monopolistischen Unternehmung in der Bacta-Branche geäußert hatte, aber spätestens diese kurze Meldung ließ kaum noch andere Möglichkeiten der Interpretation zu. Anscheinend brachte sich die Gegenseite langsam, aber sicher in Position. Hatte Sector Adjutant Semur, der politische Kontrahent des planetaren Verwalters, nach dem jüngsten Prozess gegen den diffamierten Vorstandsvorsitzenden der Xucphra Corporation, Eldo Xel Bel, etwa das gesamte Spiel erkannt? Hatte man inzwischen schon irgendwelche Gegenmaßnahmen ergriffen? In einer beiläufig anmutenden Bewegung griff der Governor nach seiner Tasse Caf.

Unterschiedliche Gedanken traten in den Vordergrund, während Horatio derweil einen ordentlichen Schluck Caf zu sich nahm. Binnen weniger Nanosekunden breitete sich in seinem Mund das Aroma frisch gerösteter Caf-Bohnen aus. Durch seinen Mitverschwörer Rhan Nire, einen Junior Agent des Imperialen Geheimdienstes, hatte er mittlerweile die Namen von ein paar potenziellen Kandidaten, die man gegen den Premier ins Feld führen könnte, in der Hand. Etwas problematisch für ihn war bloß, dass er sich noch ein gründliches Bild von diesen Herren machen musste – was unweigerlich zu einer Vielzahl von Terminen führte. Obwohl der Imperiale eigentlich nur aus dem Hintergrund heraus agieren wollte, trat er dadurch notgedrungen doch etwas mehr in das Licht der Öffentlichkeit und offenbarte sich seinem Erzfeind höchstwahrscheinlich als Gegenspieler. Vereinzelt gönnte sich der Adlige einen Bissen von dem mit köstlicher Konfitüre beschmierten Brötchen. Währenddessen rauschte über seinem Kopf der Gloan-Baum.


[: Polith-System | Thyferra | nahe Xozhixi :||: Villa | Terrasse :||: Horatio Kraym :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xucphra City :||: Stadtzentrum | Halle der Kultur :||: Horatio Kraym und jede Menge Gäste :]

Zwei namhafte Metropolen stritten auf Thyferra um die führende Dominanz. Xozhixi, die planetare Hauptstadt, hatte seit mehreren Jahrtausenden die Führung inne, während sich Xucphra City ihr erst seit ein paar Jahrhunderten als „Emporkömmling“ in den Weg stellte. Vor allem durch den Hauptsitz der Xucphra Corporation, dem führenden Unternehmen in der intergalaktischen Bacta-Produktion, sowie dem momentanen Amtssitz der hiesigen Sektorverwaltung konnte die Stadt schnell aufholen, den bisherigen Status quo dementsprechend in Frage stellen und die bestehende Konkurrenz weiter anfeuern. Trotz der imperialen Herrschaft, die – im Gegensatz zu anderen Welten – recht schonend ausfiel, hatte sich aus diesem Grund ein gewisser Lokalpatriotismus entwickelt, der unterschwellig in der Bevölkerung brodelte. Einen klitzekleinen Eindruck von diesen Vorgängen bekam Thyferras Governor, Horatio Kraym I., als er zu einer Vernissage in Xucphra City geladen war.

Zum einen war sein neuer Chauffeur, ein einheimischer Mensch, alles andere als begeistert von dem neuen Ziel. Da Horatio – ausnahmsweise – in Stimmung war mit dem „Personal“ zu reden, erzählte ihm der uniformierte Fahrer von der sportlichen Rivalität in der planetaren Grav-Ball-Liga. Obwohl sich der adlige Verwalter eigentlich kaum etwas aus irgendwelchen Sportarten machte, heuchelte er auf dieser Fahrt tatsächlich ein wenig Interesse. Jedoch ödete ihn die Trivialität in diesem Gespräch schon bald an. Irgendwie sprang der Funke nicht zu ihm über. Deshalb beließ er es letztendlich doch dabei einfach aus dem Seitenfenster zu schauen und schweigend die vorbeirauschende Landschaft zu beobachten. Hier konnte er viel besser seinen eigenen Gedanken nachhängen. Denn sein Besuch auf der Vernissage hatte einen Grund. Er wollte eigentlich nicht mit der „Gesellschaft zur Förderung der schönen Künste und imperialen Kultur“, dem Veranstalter, in Kontakt kommen, sondern nur mit einem Parlamentspolitiker der derzeitigen Opposition sprechen.

Das zweite Indiz zeigte sich dem Governor auf der Veranstaltung selbst. Nach außen hin mochte die recht exklusive Gemeinschaft, die geladen war, zwar auf den ersten Blick wie eine recht homogene Gruppe wirken, aber sah man etwas genauer hin, dann konnten man erkennen wie sich die Reichen, Schönen und Mächtigen der beiden großen Metropolen kaum untereinander mischten. Meist blieben sie lieber unter sich, sprachen miteinander und hörte man genauer hin, konnte man dabei vereinzelt die kleinen Abfälligkeiten, die die Gegenseite betrafen, mitbekommen. In dieser Konstellation kam sich Horatio – wohl oder übel – wie ein Fremdkörper vor. Für ihn war es in diesem Moment auf der Stelle unverkennbar, dass er bislang zu wenig Kontakte aufgebaut hatte. Seit seiner Abordnung nach Thyferra hatte er kaum Leute kennengelernt. Unweigerlich stellte sich eine Frage daraus: Waren die gemachten Pläne in irgendeiner Art und Weise gefährdet oder gar zum Scheitern verurteilt?

Bevor er sich in seinen Gedanken tiefer mit dieser (für ihn sehr wichtigen) Überlegung beschäftigen konnte, sprach ihn auf einmal eine Frau, die etwa in seinem Alter war, an:
„Governor, es ist mir eine echte Freude Sie heute hier als Gast zu haben.“ Ihre schneeweißen Zähne blitzten auf, während sie eine brünette Locke vergeblich aus ihrem Gesicht wischte. „Heute Abend dürfte selbst Bastion, das Juwel unserer Galaxie, bei all der gezeigten Kunst vor Neid erblassen...“

Unaufgefordert hakte sie sich bei Horatio unter und flanierte dann gemeinsam mit ihm an mehreren Bildern, altmodisch auf Leinwand gebracht, vorbei. Quellia El'jai Marnel, Witwe eines sehr reichen Unternehmers, war die gönnerhafte Veranstalterin der hiesigen Vernissage. Laut einem Dossier lebte sie seit dem Tod ihres Ehemannes gewissermaßen in der thyferrianischen Öffentlichkeit, obwohl sie – genau wie der Adlige – gar keine Einheimische war. Sie war eine gebürtige Coruscanti, was man an ihrem leichten Akzent heraushören konnte. Schwatzend führte die gesellige Matrone ihren etwas perplexen Gast weiter und weiter, erzählte ein bisschen von ihrer Heimat sowie ihrem Wirken in der Gesellschaft. Ein echtes Interesse konnte der Governor dafür nicht aufbauen. Mit seinen wachsamen Augen suchte er vielmehr nach dem bestimmten Politiker, den er hier antreffen wollte. Doch um mit diesem Mann ungestört reden zu können, musste er vorher die Veranstalterin los werden.

In der Mitte der Vernissage, die in einer kunstvoll gearbeiteten Halle stattfand, stand eine übergroße Statue. Sie zeigte den Begründer des Galaktischen Imperiums, Darth Arcanious, in einer überhöhten Darstellung. Gottgleich hielt die marmorne Skulptur eine Welt – höchstwahrscheinlich Coruscant – in die Luft als hätte sie den Planeten eben erst selbst geschaffen. Eine Vielzahl der Gäste betrachtete diese Arbeit aus der Nähe. Horatio hätte ihr womöglich nur einen kurzen Blick zugeworfen, hätte er in genau dieser Sekunde nicht ausgerechnet seinen ärgsten Konkurrenten, Olan Semur, ausgemacht wie dieser – in Gemeinschaft weniger Personen – vor der Statue hielt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Adlige nicht einmal gewusst, dass man den Sector Adjutant ebenfalls geladen hatte. Schlagartig schien die Situation – sowie der Grund für seine Anwesenheit – an Brisanz zu gewinnen. Denn den ranghöheren Systemverwalter durfte er nicht unterschätzen. Semur war ein eiskaltes Genie!

Offenbar war der Governor mit seinem Blick nicht allzu diskret gewesen, weil die üppige Dame an seiner Seite auf einmal in ihrem Singsang sagte:
„Ah, Sie haben Mr Semur entdeckt. Ganz spontan hat er sich zum Besuch dieser Vernissage entschieden – so erzählte er es mir jedenfalls. Wollen wir kurz zu ihm herübergehen, Mr Kraym?“

„Nein, ich möchte den Sector Adjutant ungern in seiner Gesellschaft stören...“, entgegnete Horatio.

Doch es war schon zu spät. Bevor sich der Bürokrat gemeinsam mit der Matrone hinter eine größere Leinwand flüchten konnte, hatte ihn der andere Verwalter schon längst erspäht. Ein kühles Lächeln zeichnete sich auf dessen blassem Gesicht ab. Kurz wisperte er ein paar Worte zu seinen Begleitern und dann ging er sogleich in Richtung des adligen Governor. Innerlich sträubte sich Horatio gegen eine so frühe Begegnung. Doch flüchtete er jetzt, bestärkte er unwillkürlich den Konkurrenten. Was sollte er also tun? Laut pochte das Herz in seiner linken Brust, während er – zum Überspielen seiner Nervosität – das gewohnte Lächeln aufsetzte. Nein, er musste sich Semur stellen! Ansonsten würde er Thyferra niemals unter seine Kontrolle bekommen. Nachdem sich der rangniedere Verwalter zur Begrüßung kurz verneigt hatte, tat es ihm der Sector Adjutant nach einer flüchtigen Verzögerung gleich. Jedoch wirkte dessen Geste vielmehr wie eine Karikatur.

Im gewohnt süffisanten Ton sagte er zu der Matrone:
„Mrs Marnel, wie ich sehe haben Sie sogleich Mr Kraym für sich vereinnahmt. Erlauben Sie mir trotzdem, dass ich ihm jemanden vorstelle?“ Das Schmunzeln, das er aufgelegt hatte, wirkte – selbst für Horatio – unheimlich. „Governor, bestimmt hatten Sie bis lang noch nicht die Gelegenheit gehabt Mrs Channa Bel, Ehefrau des armen Eldo Xel Bel, kennenzulernen...“

[: Polith-System | Thyferra | Xucphra City :||: Stadtzentrum | Halle der Kultur :||: Horatio Kraym, Mrs Marnel, Sector Adjurant Semur (in Begleitung von Mrs Bel) und jede Menge andere Gäste :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xucphra City :||: Stadtzentrum | Halle der Kultur :||: Horatio Kraym, Mrs Marnel, Sector Adjurant Semur (in Begleitung von Mrs Bel) und jede Menge andere Gäste :]

Mit der überraschenden Präsentation von Channa Bel hatte ihn der dürre Sector Adjutant tatsächlich eiskalt erwischt. Ein süffisantes Lächeln umspielte dessen blutleere Lippen, während er mit äußerst aufmerksam die Reaktion seines rangniederen Gegenübers studierte – und natürlich war Horatio in diesem Moment peinlich berührt! Immerhin hatte er in seinen Plänen den Vorstandsvorsitzenden der bekannten Xucphra Corporation als Ansatzpunkt gewählt, um Olan Semur zu stürzen. Denn je mehr der Adlige die etablierte Machtbasis seines Konkurrenten zerstörte, umso leichter konnte er sich am Ende an dessen Stelle drängen. Mit der „Herrschaft“ über einen Planeten gab er sich nämlich nicht mehr zufrieden. Ihm verlangte es nach mehr. Schließlich wollte er nicht mehr eine willenlose Figur im Spiel der Großen und Mächtigen sein. Horatio Kraym I. wollte selbst ein Spieler sein.

„Es ist mir eine Ehre Sie kennenzulernen, Madame“, sagte der Governor mit recht ruhiger Stimme, nachdem er den ersten „Schock“ überwunden hatte. Da er das Küssen ihres Handrückens für etwas zu gewagt hielt, fügte er stattdessen noch hinzu: „Ich hoffe, die hiesige Justiz handelt zügig, um den Fehler bezüglich Ihres Mannes aus der Welt zu schaffen... “

Er bemerkte in Semurs Blick das amüsierte Aufblitzen. Zwangsläufig fragte sich der Adlige nun, ob der Sector Adjutant just in diesem Moment seine Gegenmaßnahmen enthüllte und dementsprechend die günstige Gelegenheit zum Reagieren nutzte. Horatio erlebte nun hautnah dessen Züge. Unter der eleganten Abendgarderobe, die ausnahmsweise mal nicht an eine Uniform erinnerte, bildete sich mit einem Mal eine Gänsehaut bei dem planetaren Verwalter. Irgendwo – tief in seinem Inneren – hatte er eigentlich darauf gehofft, dass er seinem Gegenspieler erst etwas später Auge in Auge gegenüber stehen würde. 'Fühlt sich so etwa der Übergang von der Spielfigur zum Spieler an?', fragte er sich – und dabei drohte er unwillkürlich in eine Paralyse zu verfallen. Glücklicherweise regte sich etwas in ihm von ganz allein. Etwas schien flexibel zu sein. Etwas hielt sich an die Maxime, dass man in der intergalaktischen Politik bloß überlebte, wenn man zeitnah auf neue Gegebenheiten reagierte.

Die Arroganz, die man bei Olan Semur gewohnt war, legte er nicht ab als er auf einmal sagte: „Nun, Mr Kraym, obwohl die hiesigen Justiz gemäß der imperialen Verfassung an keinerlei Weisung von unserer Seite gebunden ist, haben Sie doch bestimmt trotzdem einen guten Draht zu Richter Allerti zu haben. Immerhin hat Ihre Behörde den Fall an dessen Gericht weitergeleitet...“ Kurz lächelte der Sector Adjutant unheilvoll. „Ich möchte hier selbstverständlich nicht zur Beeinflussung der Justiz … oder gar zur Bestechung aufrufen, aber...“

„Nein, natürlich nicht, Mr Semur, entgegnete Horatio kühl. Immer wieder wanderte sein Blick von Bels hübscher Ehefrau zu dem schlanken Sector Adjutant, der meist einer wandelnden Leiche glich. „Es ist nur recht und billig, dass Sie sich für Ihre engen Freunde einsetzen. Befände ich mich in der Situation von Mrs Bel, ich hätte mich wohl auch vertrauensvoll an Sie gewendet...“

Langsam baute sich das verbale Duell zwischen den beiden Kontrahenten auf. Taktvoll maßen sich beide ab, machten ein paar recht harmlose Ausfallschritte und Finten und versuchten so ihren Feind allmählich einzuschätzen. Selbstverständlich traute sich in diesem frühen Status der Konfrontation noch niemand komplett aus der Deckung. Beide Seiten hatten noch irgendwelche Trümpfe in ihren Ärmeln. Beide Seiten mussten noch um ihren öffentlichen Ruf fürchten. Bevor die beiden Verwalter aber trotzdem einen ersten ordentlichen Schlagabtausch führen konnten, schaltete sich plötzlich die füllige Veranstalterin ein, die bis dahin nicht von Horatios Seite gewichen war. Ihre unbedarfte Art, die schonungslos all ihre Naivität offen legte, ließ den Adligen noch einmal ganz kurz aufatmen. Ja, sie allein verschaffte ihm (unbeabsichtigt) noch ein kleines Bisschen Zeit zum Sammeln.

Jedoch schien Semur nicht so ganz ablassen zu wollen. Obwohl die Mrs Marnel ein anderes Thema schon angeschnitten hatte, schloss der Verwalter ungerührt an seine zuletzt gesagten Worte an:
„Mrs Bel darf doch trotz allem auf eine klitzekleine Absicherung von Ihrer Seite hoffen. Sie scheinen ja selbst von Mr Bels Unschuld überzeugt zu sein...“

Erneut spielte der Sector Adjutant gekonnt! In der Öffentlichkeit – vor unzähligen Medienvertretern – hatte der Adlige schon angekündigt, dass er das wirtschaftliche Wesen der Bacta-Produktion gern umstrukturieren würde. Er wollte aus dem aktuellen Kartell ein Monopol unter imperialer Führung machen, was selbstverständlich einen enormen Machtverlust für die Bel-Familie und deren Proporz darstellte. Olan Semur und Irn Creel, Thyferras momentaner Premierminister, gehörten offenkundig zu diesem Personenkreis. Deshalb wollten sie nun den Governor in dessen Vorhaben stoppen, indem sie ihn schon frühzeitig diskreditierten. Immer mehr entfaltete sich diese einleuchtende Erkenntnis, gespeist in zahlreichen Gedanken, vor Horatios geistigem Auge. Unwillkürlich funkelten auf einmal dessen Augen. Nein, so leicht ließ er sich nicht ausspielen. Bloß wie konnte er jetzt ganz elegant aus dieser Falle entrinnen? Sein Bewusstsein arbeitete unter Hochdruck. Plötzlich hatte er eine Idee...

„Mr Semur, meine freundschaftliche Beziehung zu Commander Bel von der 'Prodromus' sollte doch ausreichend Beweis für meine wohlgesinnte Einstellung gegenüber der Familie sein“, sagte Horatio und ließ seinen Blick zu Eldo Xel Bels Gattin wandern. „Ich versichere Ihnen, Mrs Bel, solange ich auf diesem Planeten das Amt des planetaren Verwalters inne habe, wird jeder einen fairen Prozess in den ansässigen Gerichten erhalten. Thyferra ist ein hochzivilisierter Ort in unserer Galaxie. Deshalb müssen wir auch die hohen Standards einhalten, die wir stets an andere – weitaus weniger beglückte – Welten richten. Finden Sie nicht?“

Ein weiteres Mal schaltete sich die Dame an seiner Seite ein: „Das ist ein Wort, Mr Kraym! Genau in diesem Licht sieht unsere Vereinigung auch diese Ausstellung...“

[: Polith-System | Thyferra | Xucphra City :||: Stadtzentrum | Halle der Kultur :||: Horatio Kraym, Mrs Marnel, Sector Adjurant Semur (in Begleitung von Mrs Bel) und jede Menge andere Gäste :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xucphra City :||: Stadtzentrum | Halle der Kultur :||: Horatio Kraym, Mrs Marnel, Sector Adjurant Semur (in Begleitung von Mrs Bel) und jede Menge andere Gäste :]

Kokett lächelte Channa Bel. Ihre azurblauen Augen funkelten als sie mit säuselnder Stimme zu dem adligen Verwalter sagte: „Große Worte, Governor. Selbstverständlich werden meine Familie und ich sie daran messen.“

Danach nickte die brünette Dame, die etwa in Horatios Alter war, ihrem hochrangigen Begleiter zu, deutete beiläufig auf ein Gemälde gut zwanzig oder gar dreißig Meter entfernt und ließ sich dann – ohne ein Wort des Abschiedes – dahin führen. Einen Moment sah der planetare Verwalter diesem kuriosen Gespann nach. Obwohl er sich in gewisser Weise vor diesem frühzeitigen Schlagabtausch mit Olan Semur gefürchtet hatte, befriedigte ihn der nun erreichte Gesprächsabschluss trotz allem nicht wirklich. Natürlich hatte er in dem verbalen Duell seine Position gekonnt behauptet und unter Umständen sogar einen möglichen Verdacht gegen seine Person abgeschwächt, aber hätte er auf der anderen Seite nicht vielleicht sogar noch etwas mehr erreichen können? Hätte er den blassen Sector Adjutant womöglich in dessen Handlungsfähigkeit irgendwie hemmen können – jedenfalls für den Moment?

Einen abschließenden, alles beantwortenden Gedanken fand der Governor leider nicht. Trotz all der Begegnungen, die er schon mit dem gertenschlanken Menschen hatte, konnte er Semur noch immer nicht so richtig einschätzen. Beinah willenlos ließ sich er sich von der Matrone zu ein paar anderen Bildern führen. Sie mochte ihm auf dem Weg dahin zwar zahlreiche Dinge erzählen, weil ihn seine eigenen Gedanken ablenkten, bekam er davon nicht viel mit. Obwohl er eigentlich schon immer ein Freund der Künste war, war sein Interesse an dieser Veranstaltung gänzlich anderer Natur. Ihm lag einfach nichts an der „Gesellschaft zur Förderung der schönen Künste und imperialer Kultur“, die anscheinend um seine Mitgliedschaft – oder Gönnerschaft – buhlte. Einfluss, Credits und namhafte Persönlichkeiten – so wollte sich jede Gruppe von der grauen Masse abheben.


Nachdem sie vor einer Landschaftsmalerei stehen blieben, sagte Quellia El'jai Marnel auf einmal zu ihrem persönlichen Gast:
„Ethea Caileta Nynie. Er hat auf Alderaan vor wenigen Jahren tatsächlich das Zeitalter der Klassik wiederbelebt. Bastion feiert ihn dafür...“ Ein theatralisches Seufzen ließ die beleibte Witwe kurz von sich hören. „Einige Bekanntschaften erzählten mir letztens, dass berühmte Männer wie Baron Sturn diesen talentierten Koorivar unterstützen.“

„Seine Pinselführung ist in der Tat ziemlich klassisch, entgegnete Horatio mit analysierender Tonlage, ließ den Blick eine Weile auf dem Gemälde ruhen und als ein Bediensteter an ihm vorbei ging, griff er nach einem vollen Glas thyferrianischen Cognac. „Jedoch erinnert mich sein Stil ein bisschen zu sehr an die Galaktische Republik. Es fehlt – meiner Meinung nach – ein winziger Hauch 'imperialer Realismus'.“

Die Matrone sah den Governor überrascht an. „Meinen Sie, Mr Kraym? Als ich das Bild zum ersten Mal sah, fiel mir sogleich die frische Abwechslung auf. Mag die Gelehrtenwelt den 'Minimalismus' oder den 'Realismus' der imperialen Künstler auch als funkelnde Spitze unserer Hochkultur zählen. Ich bin eine leidenschaftliche Verfechterin der Klassik!“ Sie lächelte. „Der Friedensschluss, an dem Sie höchstpersönlich mitgewirkt haben, ist doch das beste Zeichen dafür, dass sich etwas in unserer Galaxie ändert. Man kann die 'alten Tage' förmlich schon spüren...“

Eine Erwiderung gab Horatio nicht von sich. Stattdessen nippte er an dem Cognac. War der Wunsch nach Frieden tatsächlich so groß in der imperialen Bevölkerung? Hatte die Propaganda, die man all die Jahre betrieben hat, am Ende ihre Wirkung verfehlt? Während der Governor schweigend einen idyllischen Ausschnitt von Alderaans sanfter Landschaft bewunderte, drängten sich allmählich diese Fragen in sein Bewusstsein – und ließen dafür sämtliche Überlegungen bezüglich dem blassen Olan Semur in den Hintergrund treten. Selbstverständlich glaubte Thyferras amtierender Governor nicht daran, dass mit dem Friedensschluss nun eine schleichende Demokratisierung auf dem imperialen Territorium stattfand. Doch inwiefern galten die Rebellen nun als moralische Sieger? Derweil seine Gedanken nun um solche Dinge kreisten, nippte er ein zweites Mal an seinem Getränk. Ungehindert breitete sich in seinem Mund ein vollmundiger Geschmack aus.


Man ging zum nächsten Gemälde – ebenfalls Nynie. Dieses Mal hatte der talentierte Künstler einen rostigen, zum Teil verwitterten AT-TE in einer waldigen, eher sumpfigen Gegend auf die Leinwand gebracht und auf den Namen „Kaschyyyks stählernes Relikt“ getauft. Giftgrüne Lianen umschlagen den korpulenten Metallkoloss, der einst im Namen des Galaktischen Imperiums auf diesem wilden Planeten gedient haben muss. Kaum erkennbar war das imperiale Wappen. Sowohl der gnadenlose Zahn der Zeit als auch die äußeren Umstände hatten dem Hoheitszeichen ordentlich zugesetzt. Just in diesem Moment drangen sich bei Horatio die letzten Fragen noch einmal stärker auf. Geriet man zwangsläufig irgendwann in Vergessenheit? Kurzzeitig lähmte es den Verwalter. Rasch genehmigte er sich noch einen Schluck. Jedoch lenkte ihn der Cognac nicht ab. Das Bild schien ihn förmlich in den Bann zu ziehen.


„Steht dieses Bild zum Verkauf?“, fragte der Governor, löste mit einem Mal seinen Blick von dem fesselnden Gemälde und wandte sich der Veranstalterin zu. „Ich glaube, bei mir zu Hause habe ich den perfekten Platz dafür.“

Routiniert wechselte der adlige Imperiale ein paar Worte mit der untersetzten Coruscanti. Natürlich erhoffte sich die Witwe Marnel aus diesem Geschäft weiterführende Beziehungen zwischen „ihrer“ Gesellschaft und dem Verwalter. So merkte sie mehrmals an, dass man auf Bastion eine Benefizgala zu Ehren imperialer Kriegsopfer plane. Höflich wand sich Horatio aus dieser Einlandung. Zur Zeit fordere ihn sein Amt einfach zu sehr, um irgendwelche Vergnügungsreisen zu machen. Gleichzeitig beklagte er gegenüber der feisten Matrone selbstverständlich, dass er unter anderen Umständen gern an solch einer Veranstaltung teilnehmen würde. Man könne ihn also für künftige Ereignisse gern im Hinterkopf behalten – vor allem innerhalb des Zwanzigsten Supersektors. Danach trennte sich der Governor endlich von ihr und machte sich auf die Pirsch nach seinem eigentlichen Ziel.

Llewas Dimodan?“, sprach er kurz darauf einen Fremden an. „Mein Name ist Horatio Kraym. Im Zusammenhang mit Ihrem Wahlkampf würde ich gerne privat ein paar Worte mit Ihnen wechseln...“

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Eine imposante Lichtgestalt der thyferrianischen Lokalpolitik war Llewas Dimodan aufgrund seiner kleinen Körpergröße, der untersetzten Statur und der Halbglatze beileibe nicht. Man konnte bei ihm seinem Erscheinungsbild sogar davon ausgehen, dass so mancher Mitmensch ihn wahrscheinlich für eine „Witzfigur“ hielt. Jedoch schienen ihn all diese eher ungünstigen Umständen eher zu befeuern; seinen Machthunger anzuheizen. Der Politiker, der zur Zeit die parlamentarische Opposition führte, strebte nach mehr – und konnte so womöglich den Plänen des Governor dienlich sein. Nickend ließ er sich aus diesem Grund von seinen Begleitern weglocken und konnte ein breites Grinsen nur von Zeit zu Zeit unterdrücken. Nahm man noch die leuchtenden Schweinsaugen hinzu, die er besaß und die für einen Menschenkenner demnach Bände sprachen, konnte man in diesem kurzen Augenblick schon eine Menge über den feisten Thyferrianer lernen. Dumm war er nicht. Nein. Horatio schätzte ihn sogar eher als einen recht intelligenten Mitmenschen ein. Jedoch schien auch er – wie eigentlich alle Lebewesen der Galaxie – finstere Laster zu haben, die er nicht komplett verbergen konnte.

„Man hat mir gar nicht erzählt, dass Sie ein Freund der Kunst sind, Mr Dimodan, begann Horatio, ließ den Blick beiläufig über eine Statue in seiner Nähe schweifen, und wandte sich danach wieder seinem Gegenüber zu. „Oder dient Ihnen diese Veranstaltung eher als versteckter Wahlkampf. Man liest ja inzwischen überall von den anstehenden Parlamentswahlen...“

Zuerst lächelte der Politiker bloß, zupfte flüchtig an seiner extravaganten Abendgarderobe und sagte dann: „Kunst kann eine Brücke zum Verbinden verschiedener Menschen sein, Sir. Sobald man eine gemeinsame Basis gefunden hat, kann man erfolgreich Politik treiben.“ Kurzzeitig blitzte in dessen rundlichen Augen etwas verschwörerisches auf. „Ich glaube, ich muss Ihnen nicht erklären wie die Menschheit funktioniert. Wer das schillernde Coruscant regierte, bedarf keiner Ausbildung mehr – meinen Sie nicht?“

Natürlich fühlte sich der adlige Imperiale irgendwo tief in seinem Inneren geschmeichelt von diesen süßlichen Worten. Jedoch hielt die eigene Professionalität seine Gefühlswelt in diesem Moment im Zaum. Mehr als ein schwaches Lächeln erhielt Dimodan demzufolge nicht, weshalb der Politiker in Rekordzeit zu seiner leicht demütigen Körperhaltung zurückkehrte, die er schon die ganze Zeit inne gehabt hatte. Ja, politische Macht erstreckte sich als unsichtbarer Einfluss letztendlich auch auf die Menschen, die einem in seiner gehobenen Position unterstanden. Um möglichen Beobachtern nicht zu sehr in die Hände zu spielen, begann der schlanke, gutaussehende Verwalter von einem Gemälde zum nächsten zu gehen – stets gefolgt von dem thyferrianischen „Zwerg“. Nervös rieb sich der Kerl die Hände, benetzte die fleischigen Lippen und wartete recht unruhig auf das baldige Weiterführen der Unterhaltung. Jedoch ließ sich Horatio Zeit, viel Zeit.

„Die kühle Maid in strahlender Rüstung“ – mit diesem stilisierten Portrait ehrte der Künstler Nynie laut einer Broschüre, die der Governor beim Betreten der Vernissage in die Hand bekommen hatte, die imperiale Flottenoffizierin Alynn Kratas, rothaarige Schwester des letzten Grand Admirals. Ihre Miene wirkte kühl, distanziert. Ihr Blick schien nur Gnadenlosigkeit und Tod zu kennen. Dennoch musste er der porträtierten Dame eine gewisse (optische) Schönheit zugestehen. Entschlossen stand sie in dem Gemälde auf einer Sternzerstörerbrücke, trug die gewöhnliche Dienstuniform – ergänzt um ein paar pathetische Spielereien – und musterte den Betrachter von Kopf bis Fuß. Unweigerlich fragte sich Horatio in dieser Sekunde, ob sie durch ihre attraktiven Reize die Feinde in den eigenen Reihen erfolgreich täuschen und übertrumpfen konnte. Auf einmal stiegen einzelne Erinnerungen an die Begegnung mit ihr in seinem Bewusstsein hoch. Er hatte sie getroffen als er noch Governor von Coruscant war. Sogleich erinnerte er sich auch wieder daran, dass sie bei ihm alles andere als einen guten Eindruck gemacht hatte. Schlagartig waren die positiven Gedanken über sie wieder verflogen.


„Mr Dimodan, Sie streben Veränderungen an, sollten Sie das Amt erhalten“, fuhr der Imperiale auf einmal unvermittelt fort. „Hat man mich in diesem Punkt richtig informiert?“

Der Thyferrianer tat sofort einen Schritt auf den Verwalter zu. „Selbstverständlich! Über die vielen Jahre hat Creel einen riesigen Sumpf aus 'Gefälligkeiten' geschaffen, den es zu beseitigen gilt. Man muss diesen Planeten endlich reformieren, soll er nicht zu einem Schlusslicht der imperialen Welten im Inneren Rand werden.“

„Ehrbare Ziele, ehrbare Ziele...“, entgegnete Horatio und ging in aller Ruhe zum nächsten Gemälde, das er studierte, während er weiter mit dem Lokalpolitiker sprach. „Eine Umwälzung benötigt diese gesegnete Welt tatsächlich. Es schadet beispielsweise nicht nur dem Imperium, sondern vor allem der hiesigen Bevölkerung, wenn sich die großen Bacta-Unternehmungen in ihrem völlig maßlosen Übernahmekampf förmlich bekriegen und als letztes Mittel sogar den Terrorismus für ihre Zwecke legalisieren.“ Jetzt sah der Adlige seinem Gegenüber direkt in die Augen. „Können Sie mir folgen? Thyferra muss sich ändern, will es nicht im Chaos versinken.“

Eifrig nickte Dimodan, schürzte seine fleischigen Lippen und sagte dann: „Natürlich, Sir. Ich habe Ihre Ansprache in den Nachrichten verfolgt. Meine Partei und ich sind in diesem Punkt vollkommen Ihrer Meinung. Wir haben die Kontrolle über Xucphra und Zaltin längst verloren!“

Demokratie – ein Feigenblatt um die Massen zu beruhigen. In diesem Moment bewies der Politiker zweifelsfrei die wahre Funktionsweise dieses politischen Systems. Um die eigene Macht erfolgreich zu vergrößern, ersetzte man ohne zu zögern die eigenen Ideale und schloss sich der Meinung an, die ein einflussreicher Gönner besaß. Ja, Llewas Dimodan war machthungrig und demzufolge natürlich auch manipulierbar. Solange er dem Governor mit seinem Streben also nicht gefährlich wurde, war er für ihn ein nützliches Instrument in dieser gelebten Illusion. Zufällig standen die beiden genau in diesem Augenblick vor einem eindrucksvollen Gemälde, das als Sinnbild für ihren Handel herhalten konnte: „Der Soldat im Eis“. Es zeigte einen ausgebildeten Anti-Force Commando in Hoths eisiger Landschaft. Um die Macht der Sith zu beeinflussen, hatten Lorth Needa, Nereus Kratas und einige andere Verschwörer diese Unterabteilung der Sturmtruppen ins Leben gerufen. Letztendlich hatten die Mächtigen ihr Treiben im Äußeren Rand bemerkt und hart bestraft. Aber musste dem immer so sein?

„Ich gedenke Ihre Partei im Wahlkampf zu unterstützen“, erklärte der Verwalter seinem Gegenüber plötzlich.Sector Adjutant Semur unterstützt gemeinsam mit der Bel-Familie den Status-quo, ich wünsche mir die Veränderung herbei.“ Erneut ruhte sein Blick auf den feisten „Zwerg“. „Reichen Sie mir die Hand? Wollen Sie mein Partner werden und so den Posten des Regierungschefs für sich erobern?“

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Im großen Plenarsaal herrschte eine andächtige Stille als der feiste Lokalpolitiker Llewas Dimodan mit feierlicher Miene vor dem Vorsitzenden des thyferrianischen Parlaments stand, seine eine Hand zum Schwur hob und sich den Text des zu sprechenden Eides ein letztes Mal im Geiste aufsagte. Es musste in diesem Moment – trotz verständlicher Nervosität – einfach alles stimmen. Denn hunderte oder gar tausende Augenpaare waren nun ausschließlich auf ihn gerichtet, weil er nach dem langen, harten und zudem dreckigen Wahlkampf Irn Creel als Premierminister des Planeten ablöste. Ja, der ziemlich unansehnliche Mensch mit der Halbglatze, den Schweinsaugen und den fleischigen Lippen hatte den Sprung auf die große Politbühne geschafft. Künftig würde er im malerischen Herzen von Xozhixi in einem prunkvollen Amtssitz residieren und der kooperative Handlanger des derzeitigen Governors von Thyferra sein.

So interpretierte jedenfalls Horatio Kraym I. dessen Rolle. Mit eisigem Gesichtsausdruck verfolgte der adlige Verwalter die recht altmodische Zeremonie von einer separaten Loge aus. Zwar legte das Galaktische Imperium ebenfalls sehr viel Wert auf Pomp und Traditionen, aber insbesondere in der Regionalen Verwaltung konnten sich höchstens die Moffs solch einen Einstand leisten. Demzufolge konnte er der gesamten Situation nicht besonders viel abgewinnen – und sein miserabler Eindruck im Bezug auf die Demokratie und all ihrer Variationen verfestigte sich bloß noch mehr. 'Überflüssig, einfach nur überflüssig', dachte sich der Imperiale, verschränkte die Arme vor der Brust und hörte dem geleisteten Schwur nur halbherzig zu. Für ihn bestand die Hauptsache darin, dass Dimodan die getroffene Abmachung nicht brach. Der Governor brauchte ein solides Fundament, wollte er seinen Feind mittel- beziehungsweise langfristig erfolgreich von der Bildfläche tilgen.

Beinah unbemerkt betrat eine ihm bekannte Gestalt die Loge, schloss rasch zu ihm auf, beugte sich ein wenig in Richtung seines Ohrs und wisperte dann:
„Ein voller Erfolg, meinen Sie nicht, Sir? Mit dem erzielten Wahlergebnis kann Dimodan eine stabile Regierung bilden.“

„Und die 'Fakten' sprechen tatsächlich für einen Sieg aus eigener Kraft?“, fragte Horatio mit kühler Stimme, wandte sich seinem blassen Gesprächspartner dabei aber nicht zu. „Oder kann man unser 'Mitwirken' – über das offiziell propagierte Maß hinaus – nachweisen?“

Der Wahlkampf war hart gewesen. Über ihre „Kandidaten“ hatten sich Sector Adjutant Olan Semur und Horatio einen echten Stellvertreterkrieg auf politischem Parkett geliefert. Inzwischen gab es auf beiden Seiten keine großen Zweifel mehr, dass man den Feind lieber heute als morgen unschädlich sehen wollte. Gewissermaßen hatte man sich nun aus den finsteren Schatten gewagt, die bislang als Schutz für die eigenen Ränke gedient hatten, und präsentierte der „Welt“ endlich einen bestimmten Teil vom eigenen Repertoire. Ja, im Großen und Ganzen war beiden Seiten mittlerweile der Verlauf der imaginären Front klar – und mit Dimodans überraschenden Wahlsieg hatte Thyferras Governor nun einen entscheidenden Erfolg gegenüber seinem Vorgesetzten eingeholt. Dennoch konnte man in diesem Moment noch nicht davon sprechen, dass mit der einen Schlacht auch der Krieg gewonnen war. Schließlich musste er die errungene Basis nun festigen und ausbauen!

Rhan Nire, der ebenfalls das Treiben im Plenarsaal beobachtete, entgegnete:
„So wie man die Black Sun und die Bel-Familie als Sündenbock für all die Anschläge auf die obersten Personalebenen der Zaltin Corporation verantwortlich macht, so spricht man auch allein Dimodan und dessen ziemlich naiven 'Demokraten' den Wahlerfolg zu – natürlich abzüglich der wenigen Öffentlichkeitsarbeit, die Sie zeitweise geleistet haben.“ Ein schiefes Lächeln stahl sich für einen Augenblick auf das kantige Gesicht des Echani. „Man bräuchte schon tiefes Insiderwissen, um tatsächlich einen wirkungsvollen Gegenschlag ausführen zu können.“

Unwillkürlich hob Horatio bei den letzten Worten eine Augenbraue. Deutete sein Gesprächspartner etwa an, dass er „mehr“ wollte? Selbstverständlich hatte er schon damit gerechnet, dass das Band zu seinen Mitverschwörern alles andere als dick war – insbesondere im Hinblick auf Rhan Nire. Trotz allem hatte der Governor bislang eher mit einer späteren „Nachzahlung“ gerechnet. Denn in seiner jetzigen Position konnte er dem Geheimdienstmitarbeiter bloß wenig bieten, was dieser nicht schon im Vorfeld eingefordert hatte. Olan Semur mochte schwanken; gefallen war er aber bisher trotzdem noch nicht. Beiläufig zupfte der Adlige am Ärmel seiner Dienstuniform, ließ sich diverse Gedanken durch den Kopf gehen und wägte dabei gründlich seine Situation ab. Nein, der Echani war leider in einer besseren Position. Jedenfalls für den Moment. Musste er demnach das „Wagnis“ eingehen und seinem Gegenüber schon jetzt mehr Freiräume einräumen? Horatio erschauderte plötzlich bei dieser aufkeimenden Gewissheit.

„Insiderwissen ist kostbar – keine Frage“, sagte der Adlige und rümpfte dabei die Nase. „Bloß was soll ein scheidender Sector Adjutant schon als Gegenleistung in der Hand haben?“ Hörte man ihn in diesem Moment ab? War es klug so „frei“ zu sprechen? „Sie kennen mich, Mr Nire. Bislang gedieh in meinem Garten jede Pflanze. Was könnte das zarte Blümchen, das man schlicht 'Vertrauen' nennt, denn verlangen?“

Dieses Mal blickten beide Herren jeweils in das Gesicht des anderen. Einen Moment ließ der Junior Agent schweigend verstreichen, bevor er antwortete: „Ein klares Mitspracherecht bei der Besetzung der 'Imperial Bacta', Mr Kraym. Nicht mehr, nicht weniger...“

[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Parlamentsgebäude | Zuschauerloge :||: Horatio Kraym und Junior Agent Nire :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Palais des Governor | Besprechungsraum :||: Horatio Kraym, Legate Terrik, Prefect Hart, Premier Dimodan und weitere Personen:]

Händeschütteln und Gratulieren – bevor das angesetzte Treffen überhaupt seinen regulären Anfang nehmen konnte, scharten sich die wenigen Anwesenden um den frisch in seinem Amt als Thyferras Premierminister bestätigten Llewas Dimodan und überschütteten diesen mit einer gehörigen Portion an Höflichkeiten und Lob. Beinah „kameradschaftlich“ nahm man den untersetzten Lokalpolitiker – sowie dessen Begleiter – in den eigenen Reihen auf. Erst nachdem man sogar noch einen feierlichen Toast auf den glücklichen Wahlausgang ausgesprochen und dem Gewinner so weiteres Mal die Ehre erwiesen hatte, rückte man endlich wieder den eigentlichen Anlass für dieses Treffen in den Fokus: Die Planung über das monopolistische Bacta-Unternehmen „Imperial Bacta“. Der eine oder andere rückte noch einmal kurz mit dem Stuhl. Danach richtete sich aber die geballte Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf den uniformierten Governor, der am Kopf der länglichen Tafel saß.

„Nachdem wir Mr Dimodan nun ausgiebig zu seinem Erfolg gratuliert haben, möchte ich gerne zum eigentlichen Grund für diesen Termin kommen...“, begann Horatio im hochoffiziellen Ton, ließ den eigenen Blick durch die Runde gehen und lehnte sich dabei ein wenig nach vorn. „Durch das rasche und fachmännische Eingreifen unserer hiesigen Sicherheitskräfte mag sich die Lage nach den vielen erfolgreichen Mordanschlägen auf die Führungsebene der Zaltin Corporation zwar beruhigt haben, trotzdem müssen dem selbstzerstörerischen Bacta-Kartell nun die Zügel angelegt werden. Immerhin kann der nächste Vorstand, der mit illegalen Mitteln eine zügige Ausweitung seiner Unternehmung erreichen will, jederzeit existieren.“

Es war die offizielle Version, die der adlige Imperiale an dieser Stelle im vollen Bewusstsein weiter verfestigte. Demnach soll Eldo Xel Bel, ein ziemlich vermögender Thyferrianer und zudem der bislang amtierende Vorstandsvorsitzende der Xucphra Corporation, die Black Sun angeheuert haben, um die Gegenseite, die Zaltin Corporation, auszuschalten. Das Motiv, was ihm fingierte Beweise dabei nun zuschrieben, war deren endgültige Übernahme, um das bestehende Kartell endgültig aufzulösen und stattdessen ein Monopol unter eigener Führung zu errichten. Tatsächlich war der Puppenspieler, der sich im Hintergrund hielt und die Strippen zog, aber Horatio selbst. Indem er den Unternehmer mit diesen Schreckenstaten in Verbindung brachte schwächte er nämlich seinen eigenen Gegenspieler, Sector Adjutan Olan Semur. Des Weiteren konnte der Governor so die eigene Machtbasis Stück für Stück ausbauen. Schließlich hatte er auf dieser Welt – im Gegensatz zu Coruscant – keinen großen Rückhalt.

„Deshalb müssen genau an dieser Stelle die Regionale Verwaltung und die Lokalpolitik schleunigst Hand in Hand arbeiten“, fuhr der Verwalter kurz darauf fort. „Es liegt an uns diesen Markt rasch zu regulieren – vor allem im Hinblick auf die Resultate des 'Friedensvertrages von Umbara'. Die ganze Galaxie verlässt sich auf eine solide Bacta-Produktion und Distribution.“

Nickende Köpfe. Natürlich lief Horatio mit diesem Vorhaben offene Türen ein. Denn jeder erhoffte sich hier irgendwelche Vorteil – hauptsächlich monetärer Natur. Indem man die Bacta-Produktion in staatliche Hände legte, brachte man sich selbst in eine bessere Position. Familien wie die große Bel-Dynastie waren manchen ambitionierten Bürgern schon seit einer Weile ein Dorn im Auge. Darauf spekulierte der Governor jedenfalls. Während sich eine zufriedene Miene bei ihm regte, teilte Arod Hart, Xozhixis Prefect, diverse Dokumente an die Anwesenden aus. Gemeinsam mit Legate Terrik hatte sich der ergraute Verwalter schon „ein paar“ Gedanken zu „Imperial Bacta“ in Sachen Aufbau und Struktur gemacht. Fraglich war somit nun nur noch die Mitarbeit der Lokalpolitik unter Premier Dimodan und dessen anwesenden Kabinett. Hatte man deren mögliche Interessen schon von Anfang an ausreichend gewürdigt? Gespannt warteten die Imperialen auf die Reaktion der anderen. Horatio ließ den feisten Politiker dabei nicht aus den Augen.

Dimodan blätterte durch das Dossier, überflog diverse Zeilen und sagte dann:
„Auf Anhieb wirkt Ihr Vorschlag sehr solide, Governor.“ Eine kurze Pause. „Dennoch sollte noch etwas mehr Fokus darauf gelegt werden, dass Thyferras Bürger – beziehungsweise in deren Vertretung unsere Regierung – im alltäglichen Geschäft mehr Mitsprache haben...“

„Dann lassen Sie uns darüber reden...“, entgegnete Horatio freundlich und lächelte dabei, weil er mit genau dieser Entwicklung schon gerechnet hatte.

[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Palais des Governor | Besprechungsraum :||: Horatio Kraym, Legate Terrik, Prefect Hart, Premier Dimodan und weitere Personen:]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Palais des Governor | kleines Büro :||: Horatio Kraym und Legate Terrik:]

Mit ernster Miene starrte Sally Terrik schweigend vor sich hin. Sie dachte nach. Doch erst nachdem sie ein paar Gedanken gebündelt hatte, sagte sie zu ihrem anwesenden Vorgesetzten: „Zaltin hat den Dimodan-Wahlkampf finanziell unterstützt – und nun revanchiert er sich...“

„Haben Sie ernsthaft das Gegenteil angenommen, Sally?“, entgegnete Horatio fragend, richtete den prüfenden Blick dabei sogleich auf die hübsche Legate an seiner Seite und ließ außerdem noch eine Augenbraue in die Höhe gehen. Ein dezenter Hauch von anklagendem Unglaube schwang in seiner Stimme mit. „Die Bande zwischen Creel und Bel ist allgemein bekannt. Zaltin hatte somit bloß eine Wahl, wollte man Xucphra schwächen.“

Beide Verwalter hatten sich in einen kleinen Nebenraum zurückgezogen, nachdem man erneut eine Pause bei den inhaltlichen Verhandlungen zu „Imperial Bacta“ eingelegt hatte. Sechs Stunden saßen sie nun schon mit ihren Leuten sowie einigen Vertretern der Lokalpolitik – darunter Premier Llewas Dimodan – zusammen. Obwohl der Governor bei dieser Thematik natürlich mit zahlreichen Hürden und Verzögerungen gerechnet hatte, waren sie in der tatsächlichen Situation doch größer und zudem schwerer als in der anfänglichen Theorie angenommen. Ein weiteres Mal glaubte der Imperiale den schwachen Rückhalt, den er auf diesem Planeten genoss, zu spüren zu bekommen. Zwar mochte er das Duell mit seinem Vorgesetzten, Olan Semur, nicht mehr scheuen, aber vor Ort waren noch mehr Parteien zugegen – das musste sich der Adlige erneut eingestehen. Während er überaus lässig gegen den Schreibtisch lehnte und ein Glas Brandy in der Hand hielt, wanderten diverse Gedanken durch seinen Kopf.

„Die Namen, die er nennt, sind einschlägig...“, brummte der Verwalter, nippte an seinem Drink und starrte ebenso in die Leere. „Xucphra zielt schon jetzt indirekt auf ein Blockieren der Produktion ab und könnte durch diverse Ernennungen sein Vorhaben noch mehr verschärfen.“

Die Problematik war delikat. Naiverweise hatte Horatio angenommen, dass mit der Verhaftung von Eldo Xel Bel das stärkere Bacta-Unternehmen „kopflos“ geworden wäre und sich somit seinem Tun schlicht unterwerfen würde. Jedoch hatten verschiedene Andeutungen während der letzten Stunden mehr und mehr auf das Gegenteil hingewiesen. Unweigerlich musste sich der Governor nun fragen, ob er die Lage von Anfang an falsch eingeschätzt hatte. Hätte er dem Einfluss der Unternehmungen mehr Gewichtung beimessen müssen? Erneut nippte er an dem Brandy, ließ ihn einen Augenblick in der Mundhöhle verweilen, um das Aroma sich ein bisschen entwickeln zu lassen, und schluckte ihn dann erst herunter. 'Wenn sich Xucphra quer stellt, ist mein Plan dahin', sinnierte er und verzog das Gesicht dabei unwillkürlich zu einer säuerlichen Miene. 'Vielleicht mag Semur zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zum Zuge kommen, Barnip oder Stadd hingegen schon.'

Es war Terrik, die kurz darauf das Wort ergriff.
„Gedenken Sie womöglich die Bel-Dynastie an den Tisch zu holen?“ Ihr Blick durchdrang den anderen Imperialen. „Laut verschiedenen Informationen scheint Channa Bel alles andere als die Art von Ehefrau zu sein, die sich bloß um Heim und Familie kümmert...“

Bei diesen Worten kam ihm unweigerlich das ungewollte Zusammentreffen mit dieser Dame in den Sinn. Man hatte sich auf einer Vernissage getroffen als Horatio eigentlich ein privates Gespräch mit Llewas Dimodan gesucht hatte. Der Sector Adjutant hatte die Gattin des Vorstandsvorsitzenden der Xucphra Corporation ins Spiel gebracht, um eine weitere Figur in der Hand zu haben – und sie dem aufbegehrenden Konkurrenten zu präsentieren. Sie konnte der Governor nicht einschätzen, weil sie bislang nur im Hintergrund gewesen war. Sie glich damit einem unbeschrieben Blatt, was natürlich einen störenden Charakter auf die Planung des planetaren Verwalters hatte. Über- oder unterschätzte er sie? War sie selbst eine handelnde Person oder bloß eine Marionette? Grimmig leerte er das Glas, stellte es neben sich ab und löste sich anschließend von seiner lässigen Pose. Mit einer routinierten Handbewegung rückte er die Uniform zurecht.

„Die Situation ist heikel, Sally, sagte Horatio im ernsten Ton zu seiner eifrigen Protegé. „Noch vor seiner eigentlichen Gründung könnte 'Imperial Bacta' in die falschen Hände geraten. Dimodan, Nire und Semur wollen diese Sache selbstverständlich für sich selbst nutzen – egal wie sie der Grundidee eigentlich gegenüber stehen.“

Übernahm sich der Governor am Ende doch mit seiner Intrige? Hatte ihm der Moloch Coruscant als Vorbereitung womöglich doch nichts genutzt? Zweifel nagten – mal wieder – an ihm. Natürlich war der Sturz eines Sector Adjutanten weitaus schwieriger als sich Schritt für Schritt an die Spitze eines Planeten zu arbeiten. Sally Terrik, die ihm stets eine treue Begleiterin war, schaute ihn schweigend mit ihren grünen Augen an. Meist hing sie an seinen Lippen. Dennoch hatte der adlige Verwalter bei seiner loyalen Untergebenen einen langsamen Abnabelungsprozess erkannt. Er war für sie genauso nützlich wie umgekehrt. Irgendwann würde sie aus seinem Schatten heraus ins Licht treten wollen – und Horatio demzufolge hinter sich lassen. 'Sollte dieser Balanceakt hier nicht klappen, könnte das sogar schon in den nächsten Tagen und Wochen sein.' Für den Governor stellte sich nun eine Frage: Entglitt ihm gerade die Situation? Oder fraßen ihn bloß seine Zweifel auf? Sein Blick fiel kurz auf das leere Glas.

„Besorgen Sie mir die Unterlagen zu Channa Bel und weiteren Personen, die Xucphra nahe stehen“, wies der Adlige die brünette Coruscanti auf einmal an.

[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Palais des Governor | kleines Büro :||: Horatio Kraym und Legate Terrik:]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Palais des Governor | Besprechungsraum :||: Horatio Kraym, Legate Terrik, Prefect Hart, Premier Dimodan und weitere Personen:]

Eine wichtige Maxime der Politik hatte sich Horatio schon frühzeitig in seiner Karriere als Mitglied der Imperialen Verwaltung angeeignet: Ordentliche Verhandlungen sind überaus zäh und dazu noch langwierig! Nun, da unter seiner geschickten Führung ein für das Galaktische Imperium arbeitender Monopolist im Bacta-Geschäft entstehen sollte, fühlte er sich mehr denn je an genau diesen Spruch erinnert. Immerhin saß er nun schon seit gut einer Standardwoche in einem großen Konferenzraum, debattierte über genaue Struktur, Gestaltung und führendes Personal der Unternehmung und musste dabei mögliche Widersacher und Emporkömmlinge ausschalten, bevor sie sich noch in vorteilhafte Positionen gebracht haben. „Imperial Bacta“ sollte schließlich dem Governor als Fundament seiner Macht dienen; nicht irgendwelchen Personen, die letztendlich gegen ihn agierten. Insbesondere den neuen Premierminister Thyferras, Llewas Dimodan, hatte er in dieser Beziehung wohl ein bisschen unterschätzt. Dessen Machthunger war nämlich doch größer als gedacht.

Derweil der Großteil seiner Gedanken um momentane Probleme – sowohl in diesem Raum als auch außerhalb – kreisten, nippte der Verwalter an seinem Glas Wasser.Vor allem Xucphras Gebaren ließ ihm zur Zeit kaum eine ruhige Minute. Seitdem die Pläne für einen generellen Monopolisten immer konkreter wurden, der das bisherige Bacta-Kartell restlos ersetzen sollte, spielte der große Konzern, der auf dem recht übersichtlichen Markt die Führung inne hatte, mit den Muskeln, indem man Tag für Tag Produktionsausfälle meldete und die Belegschaft streiken ließ. Sowohl die Imperiale Armee als auch das Korps der Sturmtruppen schickte deshalb tagtäglich dutzende Einheiten auf die Straßen, um die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Das Imperium hatte sich beim „Friedensvertrag von Umbara“ auf gewisse Zahlen festgelegt, die nun erfüllt werden mussten.

Beiläufig hörte er einen Berater sagen:
„Eine parlamentarische Vertretung im Aufsichtsrat muss uns gewährt werden, wenn wir genügend Abgeordnete für das Gesetzesvorhaben mobilisieren wollen!“

Sogleich erwiderte Sally Terrik irgendetwas auf diese Aussage. Mit jeder weiteren Stunde, die sie – vollkommen festgefahren – in diesem stickigen Besprechungsraum verbrachten, lernte er die Legate mehr und mehr schätzen. Seit er Coruscants Geschicke geleitet hatte, war sie ständig an seiner Seite gewesen. Inzwischen war sie zu seinem Protegé gereift. Er baute sie kontinuierlich auf, um sich für die Zukunft abzusichern. Denn sollte er irgendwann einmal Sector Adjutant, Moff oder sogar Grand Moff sein, brauchte er einfach mehrere zuverlässige Leute, die ihm die aufstrebenden Personen vom Hals hielten. Die Verwaltung war nämlich ein Becken voller gefräßiger Raubfische. Ganz behutsam stellte Horatio das Glas zurück, während sein sehr aufmerksamer Blick auf der hübschen Coruscanti ruhte. Frauen mochten es im Imperium schwer haben, aber sie biss sich stets mit ihrem Tatendrang, dem niemand das Wasser reichen konnte, durch. Nein, sie war eine gute Investition in die Zukunft!

„Unser Fokus sollte stets auf einer funktionierenden Führung liegen“, mahnte Horatio plötzlich und brach damit sein bisheriges Schweigen. Sofort richteten sich sämtliche Blick auf ihn. „Sowohl dem Unternehmensvorstand als auch dem kontrollierenden Aufsichtsrat sollte nichts daran liegen diesen Monopolisten im Zweifelsfall aus eigener Kraft zu stürzen. Dem Galaktischen Imperium liegt viel, sehr viel an einer 'sicheren Kontinuität'.“ Er griff nach einem geöffneten Dossier Personalakten. Die Blicke lösten sich keine Sekunde von ihm. „Um keinen Unbill zwischen Regierung und Opposition zu schaffen, plädiere ich – als Kompromiss – dafür, dass beide jeweils einen gewählten Vertreter in den Aufsichtsrat entsenden dürfen...“

Just in diesem Augenblick schaltete sich Dimodan ein. Mit einer ordentlichen Portion Skepsis in der Stimme fragte er: „Und wie steht es um die hiesige Verwaltung? Wo wollen Sie Ihren Untergebenen unterbringen?“

„Ein Prefect oder Legate – bestimmt durch den Governor und bestätigt durch den Moff – wird nach bisheriger Planung im Vorstand sitzen“, antwortete der adlige Imperiale kühl. „Es liegt schlicht und ergreifend an dem Umstand, dass das Unternehmen einen staatlichen Charakter besitzt und das Gros an Verträgen allein durch die Außen- und Wirtschaftspolitik Bastions Zustande kommt.“ Gerade als der feiste Premier zu einer Erwiderung ansetzen wollte, hob Horatio bestimmend seine rechte Hand und fügte hinzu: „Jedoch wird der Verwalter natürlich vom Posten des Vorsitzenden ausgeschlossen sein. Hier soll keine Einmischung durch meine Behörde stattfinden.“

Der machthungrige Thyferrianer schien erleichtert. Höchstwahrscheinlich zitterte er um die eigenen Pfründe und Gönner. Jedoch glaubte sich der planetare Verwalter in diesem Spiel im Vorteil zu sein, da er das Feld viel weiter überblicken konnte. Im Gegensatz zu dem dicken Lokalpolitiker wusste er nämlich davon, dass der Imperiale Geheimdienst bei den Personalfragen ebenso mitmischte, um den eigenen Einflussbereich auszubauen. Zudem hatte Horatio – über relativ treue Untergebene – einen Kontakt zu richtungsweisenden Köpfen der Xucphra Corporation aufbauen können, die momentan durch Channa Bel im Unternehmen spürbar an Gewicht verloren haben. Deren Missgunst wollte er nutzen. Hauptsächlich sollten sie als Kontrast zu den Zaltin-Leuten dienen, die Dimodan – mehr als offensichtlich – zu „Imperial Bacta“ holen wollte. Sie sollten dem Premier natürlich als Stützen für den eigenen Aufstieg dienen. Mit der Gewissheit, seinen Gegenüber weitestgehend durchschaut zu haben, nippte der Adlige an seinem Glas Wasser.

Buir, Upari, Maugvi und Dravyn könnte ich mir als Fachleute für den Vorstand vorstellen“, sprach er kurz darauf weiter – und erwähnte dabei ganz bewusst die Kandidaten, die sein Gegenüber wohl ins Auge gefasst haben muss. „Hinzu kommen noch Praxon, Xucphras Finanzvorstand, Roscoe-Yar, Entwicklungsvorstand bei Xucphra, und Stadd – man sollte schließlich nie die Personen vergessen, die in diesem Supersektor einen Namen haben...“

Drei Namen, die man direkt mit Zaltin in Verbindung brachte, zwei Xucphra-Männer, ein Großneffe des amtierenden Grand Moffs und ein „Puffer“ – so wollte Horatio den Vorstand abseits von seinem eigenen Mann aufbauen. Durch den Aufsichtsrat, der im Unternehmen die Kontrollfunktion wahrte, sollte der neue Premier zusätzlich gelockt werden, während man gleichzeitig mögliche Feinde, die im Augenblick noch mit der Bel-Dynastie – und damit in Wahrheit mit Sector Adjutant Olan Semur – fleißig paktierten, ebenfalls auf seine Seite gezogen wurden. Denn bei „Imperial Bacta“ strebte er eine opportunistische Politik loser Allianzen an. Sämtliche festen Fraktionen sollten rasch durch den eigenen Mann zerschlagen werden. Auf diese Weise könnte sich nämlich niemand erfolgreich gegen den Governor, der im Hintergrund die Strippen ziehen wollte, verschwören. Jeder würde stets jeden misstrauen. Gerade als Dimodan eine obligatorische Erwiderung äußern wollte, trat nach einen sehr kurzen Klopfen ein einfacher Clerk ein, ging schnell auf den planetaren Verwalter zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

„Legate Terrik, bitte vertreten Sie mich“, wies er sogleich seine Protegé im ernsten Tonfall an. „Ich muss mich kurz mit meinem militärischen Stab beratschlagen.“

Der Grund war so einfach wie gleichzeitig erschütternd: Nahe Bacrana hatten vor wenigen Stunden Kriminelle einen Bacta-Konvoi überfallen. Während sie nach bisherigen Untersuchungen knapp die Hälfte geraubt hatten, hatten sie die andere Hälfte offenbar sowohl den Flammen als auch Vakuum überlassen. Eine leichte Zornesröte stieg dem Governor ins Gesicht. Denn die Lieferung war für die Hutten bestimmt gewesen. 'Millionen Credits mit einem Schlag verpufft', brummte Horation nun in Gedanken, verließ den Konferenzraum und machte sich auf dem Weg zu seinem Büro. Wollte er die eigene Position halten – oder gar ausbauen – durfte er sich keine großen Rückschläge erlauben. Das Muskelspiel der Xucphra Corporation reichte ihm in diesem Zusammenhang schon. Unwillkürlich kam ihm eine Frage in den Sinn: 'Woher haben diese Mistkerle die genaue Route gekannt?' Hatte er einen Verräter in den eigenen Reihen? War es Zufall gewesen? Oder hatten die Piraten etwa mit der Unterstützung seiner politischen Feinde gehandelt? Unzählige Möglichkeiten breiteten sich vor ihm aus. Eine so plausibel wie die andere.

[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Regierungsviertel | Palais des Governor | auf dem Weg zu seinem Büro :||: Horatio Kraym allein :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xucphra City :||: Verwaltungsbezirk | Residenz des Moff | Warteraum :||: Horatio Kraym allein :]

Xuphra City breitete sich ungestört zu seinen Füßen aus – jedenfalls für den Moment. Im Gegensatz zu Xozhixi, das für Traditionen und Konservatismus stand, verkörperte diese pulsierende Metropole anscheinend eher Schnelllebigkeit und Modernität. Die Bewohner schien hier nicht – oder nur kaum – zur Ruhe zu kommen. Zahlreiche Menschen wandelten über die separaten Bürgersteige, unzählige Gleiter schwirrten durch die feuchte Luft und selbst in der finstersten Nacht schienen sich die vielen Reklametafeln nicht abzuschalten. Nein, die Stadt tickte anders. Hier fühlte man sich auf Anhieb ein kleines Bisschen an urbane Monstren wie Coruscant oder Denon erinnert. Jedoch trieben einem die Grünflächen, die vereinzelt zwischen den schneeweißen Gebäudeansammlungen aufblitzten, diesen ersten Gedanken schnell wieder aus. Thyferra wahrte das Maß.

Mit seriöser Miene betrachtete Horatio das ferne, wuselnde Geschehen zu seinen Füßen. Manchmal glitt der Blick zwar zu seinem eigenen Spiegelbild, aber letztendlich war er bei weitem nicht so eitel, dass ihn dieser bekannte Anblick lang in seinen Bann ziehen konnte. Stattdessen begaben sich seine Augen nach einer Weile wieder auf die Suche nach einem neuen Detail, das er bis dahin noch nicht zur Kenntnis genommen hatte. Wenn man den Governor so vor dem großen Panoramafenster stehen sah, konnte man sich unwillkürlich fragen, ob er denn unter Umständen das pulsierende Leben einer gewaltigen Stadt vermisse. Sehnte er sich nach den Kernwelten zurück? Starr stand er vor dem recht massiven Fensterglas, drückte mit seiner aufrechten Körperhaltung gewissermaßen Erhabenheit aus und trotz allem sah man ihn grübeln. Was beschäftigte ihn?

Eigentlich war die Antwort darauf ziemlich einfach: Die Entwicklung der letzten Tage beschäftigte ihn. Trotz kleinerer Widrigkeiten hatte der planetare Verwalter am Ende seine Pläne für einen Bacta-Monopolisten unter imperialer Kontrolle umsetzen können. Passé war das bis dato bekannte Kartell zwischen der „Xucphra Corporation“ und der „Zaltin Corporation“. Durch einen parlamentarischen Beschluss fusionierten beide Unternehmungen künftig zur „Imperial Bacta“ – und insgeheim war er, Horatio Kraym I., der lachende Gewinner dieses Prozesses. Zwar deutete kaum ein Detail auf sein Mitwirken hin, aber in Gesprächen mit dem amtierenden Premierminister und dessen Berater hatte der adlige Governor nach und nach seine Leute an die richtigen Stellen bringen können. Nach außen hin würde man das Unternehmen aber wohl eher als ein Schritt in Richtung „Selbstständigkeit“ des Planeten Thyferra wahrnehmen – und insbesondere dieser Umstand war ihm recht.

Nun, da eine scheinbare Legitimation durch die hiesige Demokratie vorlag, benötigte der Governor nur noch die Unterschrift einer einzigen, wichtigen Person: Moff Heremus Barnip. Der „Segen“ des zuständigen Sektorverwalters war die eigentliche Erlaubnis zum Weitermachen. Unter seiner kühlen Art, die er auszustrahlen pflegte, war der imperiale Adlige dementsprechend nervös. Sollte ihm nun ein Fehler passieren, war sein Vorgehen mit sofortiger Wirkung gescheitert. Demzufolge stellte sich für Horatio die Frage, ob der Moff womöglich selbst gewissen Beeinflussungen ausgesetzt war und somit auf irgendeiner Seite stand. Besaß beispielsweise die hier ansässige Bel-Familie irgendwelche Kontakte – abseits von Olan Semur – zu dem feisten Verwalter? Oder würde sich der Moff am Ende erneut als sein großzügiger Gönner zeigen wie schon auf Coruscant? Beiläufig straffte er die graue Uniform. Unter dem dünnen Stoff sowie dem eigenen Fleisch pochte das Herz währenddessen wild vor sich hin.

Plötzlich meldete sich die von Horatio bis dahin kaum beachtete Sekretärin. Wohlklingend war ihre Stimme als sie sagte:
„Governor, Moff Barnip empfängt sie nun.“

Eine höfliche Dankesfloskel kam ihm auf der Stelle über die Lippen. Sogar ein Lächeln schenkte er der Dame, bevor durch ein prunkvolles Portal in das Büro des mächtigsten Mannes im ganzen Jaso-Sektor trat. Dieser saß – wie üblich mit einer schmunzelnden Miene – hinter seinem großen, teuren Schreibtisch und schien jeden Schritt des rangniederen Verwalters zu beobachten. Beide hatten sich seit ihrem letzten Aufeinandertreffen auf Coruscant nicht mehr gesehen. Barnip hatte sich um seine eigenen Geschäfte gekümmert, während sich Horatio in der Zwischenzeit mit seinem vorgesetzten Sector Adjutant herumschlagen musste. Im Gehen schob er diesen Gedanken zur Seite. Um seinem Gegenüber gewachsen zu sein, musste er sich genau auf das anstehende Gespräch konzentrieren. Er durfte in diesem heiklen Augenblick einfach keinen Fehler machen! Während der beleibte Verwalter nebenbei mit einer Hand an seinem etwas skurrilen Schnurrbart spielte, bot er mit der anderen dem adligen Governor einen Sitzplatz an.

Tief klang Barnips Stimme als er auf einmal sagte:
Kraym, da haben Sie aber eine grandiose Arbeit geleistet. Sie setzen hier die Arbeit fort, die Sie auf Coruscant begonnen haben – ich bin zufrieden, äußerst zufrieden.“ Schmunzelnd lehnte sich der Moff zurück. „Ich hoffe Sie, als gründlicher Mann, haben aber nicht den Anteil vergessen, der in solchen Fällen der lokalen Verwaltung zusteht, oder?“

„Die üblichen fünf Prozent zuzüglich regulärer Steuereinnahmen“, antwortete Horatio sogleich im nüchternen Tonfall, maß den kräftigen Vorgesetzten mit seinem kritischen Blick ab und schien keine Sekunde locker zu werden. „Hiermit unterbreite ich Ihnen auch meine Vorschläge für die Besetzung den vorgesehenen Posten im Vorstand der Unternehmung.“ Ein einfacher Datenträger wechselte den Besitzer. „Meine erste Wahl wäre Legate Rellius Zane Ores, Sir. Kein Thyferrianer, Erfahrungen im Finanzbereich großer Unternehmungen … loyal.“

Beim letzten Wort suchte der imperiale Adlige förmlich den Blick seines Gegenüber. Jedoch schien sich Barnip davon nicht beeindrucken zu lassen. Seelenruhig betrachtete dieser den Datenträger und ließ ihn danach mit seiner leise brummenden Recheneinheit verbinden. Im Anschluss daran mochte der Mensch mit dem skurrilen Bart zwar immer wieder auf den flachen Bildschirm schauen, aber er schien kaum Interesse daran zu haben. Unwillkürlich spüre Horatio Zweifel aufkeimen. Hatte hinter den Kulissen – unbemerkt von ihm und seinen wenigen Mitwissern – doch etwas stattgefunden? Er ließ es sich vielleicht nicht so sehr anmerken, aber tief in seinem Inneren quälte ihn mehr und mehr die Anspannung. In einem Punkt waren sich die beiden Vorgesetzten des Adligen – Sector Adjutant genauso wie Moff – gleich. Beide spielten gern mit ihren Untergebenen. Ereignislos verstrichen ein paar Minuten, dann wandte sich Barnip wieder dem wartenden Governor zu.

Noch immer umgab ihn etwas Schalkhaftes, das Horatios Misstrauen nährte.
„Die Personalfrage ist eine Entscheidung mit immenser Bedeutung, Kraym, die in in einer ruhigen, wohlbedachten Minute – sprich: ohne jegliche Eile - getroffen werden sollte – da stimme ich mit Ihren Ansichten natürlich vollkommen überein. Trotzdem bewegt mich im Moment eine ganz andere Problematik.“ Der Blick, der von dem Moff ausging, durchbohrte den anderen förmlich. Barnip beugte sich auf einmal sogar leicht, ganz leicht vor. „Piraten. Seit mehreren Tagen gehen uns nicht nur einzelne Frachter verloren, sondern ganze Konvoiteile!“

„Deswegen habe ich schon mit meinem Beraterstab gesprochen“, entgegnete der Governor auf der Stelle als Verteidigung, wobei er dabei fast schon ein bisschen wie ein „kleiner Junge“ wirkte. „Die Streitkräfte, die mir unterstehen oder dem Polith-System zugeordnet sind, können die riesige Masse an Güterverkehr ganz einfach nicht bewältigen!“

Der Moff schnaubte zustimmend, musterte den jüngeren Untergebenen noch einen kurzen Moment und lehnte sich dann wieder selbstgefällig zurück. „Deshalb haben sich mehrere Institutionen direkt an Grand Moff Stadd gewandt als dieses Desaster bei Bacrana und anderen Umschlagsorten publik wurde. Sowohl die Handelsförderation als auch der Intergalaktische Bankenclan haben einen Antrag darauf gestellt, dass man sie zu gewissen Prozenten an 'Imperial Bacta' beteiligt.“ Plötzlich wandte er sich einer bis dato unscheinbaren Tür zu. „Genau aus diesem Grund ist Rhenya Aldine zu Besuch – ich glaube, Kraym, Sie kennen die Dame...“

[: Polith-System | Thyferra | Xucphra City :||: Verwaltungsbezirk | Residenz des Moff | Barnips Büro :||: Horatio Kraym, Moff Barnip und Sector Adjutant Aldine :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xucphra City :||: Verwaltungsbezirk | Residenz des Moff | Barnips Büro :||: Horatio Kraym, Moff Barnip und Sector Adjutant Aldine :]

Ein Lächeln, das ein kleines Bisschen höhnisch wirkte, zierte Rhenya Aldines schmales Gesicht als sie auf einmal über eine verborgene Tür das Büro des Sektorverwalters betreten hatte. Ihre überaus grazile Körperhaltung sowie der selbstsichere Schritt ließen auf der Stelle richtig vermuten, dass sie das gesamte Gespräch zwischen dem feisten Moff und seinem Untergebenen, Thyferras derzeitigen Governor, aus irgendeinem Nebenraum mitverfolgt hatte, wodurch der Handlungsspielraum für den bis dato unwissenden Verwalter auf einen Schlag äußerst beschnitten war. Horatio war der Tapani – mehr oder weniger – ausgeliefert. Zwar nahm sein wacher Verstand sofort die Arbeit auf, tüftelte an irgendwelchen angemessenen Möglichkeiten, aber selbstverständlich war die Gegenseite in diesem Fall eindeutig im Vorteil. Immerhin handelte es sich bei dieser Frau um Nicadamus Stadds eifrigen Protegé. Dementsprechend begegnete ihr der adlige Imperiale kurzzeitig mit einem düsteren Blick.

Jedoch ließ sich die Sector Adjutant davon nicht stören. Ihrem Lächeln haftete etwas Falsches an als sie mit wohlklingender Stimme sagte:
„Governor Kraym, nach so kurzer Zeit sieht man sich wieder – ist das nicht schön? Ihr großer Tatendrang – sowie der daraus resultierende politische Erfolg – hat inzwischen auch Fondor erreicht. Im Namen von Grand Moff Stadd soll ich Ihnen höchstpersönlich ein Lob aussprechen.“ Sie nickte ihm zu. „Schon in den letzten Stunden der Galaktischen Republik stellte das Bacta-Kartell einen Makel, einen Fehler im System dar. Und aus unerfindlichen Gründen überlebte dieser sogar die Proklamation unseres glorreichen Imperiums. Man nahm das Kartell also als eine Art systemrelevante Komponente an.“

Langsam ging die Tapani zu einer altmodischen Barkommode aus Holz, nahm eine gläserne Karaffe mit bernsteinfarbenen Inhalt in die Hand und goss anschließend jeweils einen ordentlichen Schluck in drei Gläser. Heremus Barnip, dem der ausgeschenkte Alkohol offenkundig gehörte, protestierte in dem Moment, als die Gläser an die Anwesenden verteilt wurde, nicht. Für den Governor war damit noch ein Indiz gegeben, dass hier im Vorfeld eine Absprache stattgefunden hat. Sofort nagte an dem rangniederen Imperialen die Frage, ob man ihn nun einweihen oder eher vor ausgemachte Tatsachen setzen würde. Saß er mit den beiden anderen Personen in der Rettungskapsel oder nicht? In diesem überaus heiklen Augenblick sah man ihm höchstwahrscheinlich die innere Anspannung an. Mochte Horatio in seiner gelernten Außendarstellung noch so gut sein, irgendwo stieß auch er noch an seine Grenzen. Perfektion gehörte einfach nicht zum Menschsein dazu.

In einem leicht überzogenen Anschein von gesetzter Feierlichkeit erhob Rhenya Aldine das Glas zu einem Toast.
Horatio Kraym zeigte uns diesen Makel auf und behob ihn selbst. Möge er dafür auf ewig die Gunst Seiner Majestät genießen.“ Begleitet von Barnips Gelächter nippte sie kurz an dem alkoholischen Getränk und fokussierte anschließend mit ihren braunen Augen den Governor. „Nein, genau wie auf Thyferra sieht man auch auf Fondor einen Erfolg in Ihrem Handeln. Bislang war das Bacta-Kartell eine Art 'notwendiges Übel', das aufgrund zahlreicher personeller Verflechtungen nur äußerst schwer zu bändigen war. Mit Ihrem politischen Erfolg erlangt das Imperium ein Stückchen Kontrolle im wirtschaftlichen Sektor zurück – und womöglich lässt sich das Vorgehen sogar auf die eine oder andere Institution, die ebenfalls viel zu mächtig aus Bastions Sicht ist, anwendbar.“

Für einen spürbaren Moment schien Horatios Denken regelrecht gelähmt zu sein. Überforderte man ihn etwa so schnell? Ließ er sich etwa so schnell aus dem eigenen Takt bringen? Bevor die eigenen Vorwürfe in seinem Kopf zu laut wurden, löste sich auf einmal diese imaginäre Sperre und ihm kam sogleich die Erkenntnis. Geleitet von einem unstillbaren Hunger nach grenzenloser Kontrolle, störte sich das Galaktische Imperium – oder besser: dessen höchste Stellen – an Institutionen, die zum Teil oder gar komplett privat waren und einen gewissen Einfluss besaßen. Neben Rüstungsunternehmen kamen ihm auf der Stelle die Handelsförderation und der Intergalaktische Bankenclan in den Sinn, die womöglich in diese Kategorie fielen. Insbesondere die Neimoidianer arbeiteten inzwischen sehr eifrig daran den alten Status quo wiederherstellen zu können. Schließlich hatte ihnen die öffentliche Zusammenarbeit mit Janem Menari herbe Einbußen – politisch, wirtschaftlich wie gesellschaftlich – eingebracht. Strebte der Rat der Moffs etwa danach? Nachdenklich nippte der Governor an seinem Getränk als sich auf einmal Barnip zu Wort meldete.

Überlegt, fast schon ein wenig vorsichtig klang die Stimme des Moffs als dieser sagte:
„Ziehen Sie nun bloß keine falschen Schlüsse, Kraym. Das Bacta-Kartell verdankt seinen Sturz einer Reihe eher unglücklicher Zufälle. Ms Aldine spricht selbstverständlich nur von weiteren Schritten in Richtung der Verstaatlichung, die bisher auf der Strecke geblieben sind.“

Die Tapani nickte und stellte anschließend ihr Glas ab. „Richtig. Jedoch braucht Sie diese Vorgänge nicht zu interessieren, Governor. Ihr Verwaltungsbereich ist einzig und allein der Planet Thyferra – und im Zusammenhang damit bin ich hier.“ Für einen flüchtigen Moment blitzte bei ihr erneut das höhnische Lächeln auf. „Bestimmt erinnern Sie sich noch an Larissa Dysart, Bacranas Verwalterin, die wir auf Umbara als Teil der imperialen Delegation trafen. … Sie haben – aus mir unerfindlichen Gründen – ihre abgeschottete Welt zu einem Hauptdrehkreuz für den Bacta-Transport in Richtung 'Süden' auserkoren. Ich stolperte über diesen Informationshappen als ich von den Piratenaktivitäten im Brak-Sektor las...“

Horatio schluckte. Ja, so langsam zeichnete sich vor seinem geistigen Auge der wirkliche Grund für Rhenya Aldines Anwesenheit ab. Der engagierte Kampf gegen das Bacta-Kartell, den der Governor nur zum Teil entfliehen konnte, sowie der Erfolg mit der Gründung von „Imperial Bacta“ hatten das Interesse der Tapani augenscheinlich geweckt – und sie womöglich an das kurze Gespräch erinnert, das man im Trubel der feierlichen Verabschiedung auf Umbara geführt hatte. Mit einem gewaltigen Satz sprang sein wissender Blick zu dem feisten Moff. Erteilte ihm Barnip in diesem Moment etwa eine Lehre? Fester, immer fester wurde der Griff um das Glas, während die innere Anspannung jäh durch Frustration ersetzt wurde. Eigentlich hatte ein Deal mit Bacrana sein ganz persönlicher Coup werden sollen. Schließlich hatte er auf dem Imperial-II-Sternzerstörer „Glory“ schon die eine oder andere Kleinigkeit mit Dysart abgesprochen. Doch nun funkte ihm Aldine dazwischen! Dank seiner ungeschickten Art waren ihre Chancen, den Erfolg für sich zu verbuchen, signifikant gestiegen. Der Adlige wollte schon etwas sagen, aber die Sector Adjutant unterbrach ihn.

Beiläufig schob sie eine dünne Strähne, die sich gelockert hatte, aus ihrem Gesicht.
„Das Primärziel der Regionalen Verwaltung ist die Stärkung des Galaktischen Imperiums. Aufgrund der Aufteilung in einzelne Supersektoren mag man manchmal den Eindruck von 'Kleinstaaterei' haben, aber jedem, der Ahnung hat, weiß, dass dieser Eindruck täuscht. Mit diesem Gedanken als Grundlage hat Grand Moff Stadd beschlossen die Beziehung zum Sechzehnten Supersektor künftig zu stärken. Bacrana – beziehungsweise der Brak-Sektor – kann die ganze Unternehmung genauso wenig allein stemmen wie Thyferra. Des Weiteren klang ja schon im Gespräch auf Umbara an, dass man die Beziehung zudem auf anderen Feldern ebenfalls vertiefen könnte.“ Horatio wurde es fast schwarz vor Augen. Sie durchkreuzte in der Tat seine Pläne! „Man ordnet Sie erneut zu einer diplomatischen Delegation ab. Dieses Mal sollen Sie die Interessen des Zwanzigsten Supersektors aber nicht nach Außen hin vertreten, sondern wir werden einen inneren Dialog bestreiten.“

„Ich... ich verstehe“, stammelte der Governor, der innerlich um seiner Fassung ringen musste.

Rhenya Aldine lächelte eisig.
„Natürlich verstehen Sie, Mr Kraym. Sie sind ein kluger Kopf. Meine Wenigkeit hat Sie aus diesem Grund auch für diese Aufgabe ausgewählt...“

[: Polith-System | Thyferra | Xucphra City :||: Verwaltungsbezirk | Residenz des Moff | Barnips Büro :||: Horatio Kraym, Moff Barnip und Sector Adjutant Aldine :]
 
[: Polith-System | Thyferra | nahe Xozhixi :||: Residenz des Governor | unscheinbarer Raum :||: Horatio Kraym, Legat Sally Terrik und Junior Agent Rhan Nire :]

Mit grimmiger Miene blickte Horatio in die recht überschaubare Runde. Bloß seine Protegé und der Junior Agent, der ihn bei seiner Intrige half, waren anwesend und beratschlagten zusammen mit ihm die neusten Entwicklungen. Denn niemand in der Runde hatte damit gerechnet, dass die tapanische Sector Adjutant, Rhenya Aldine, urplötzlich auf Thyferra aufschlagen und in die laufenden Prozesse eingreifen würde. Hatte man sie womöglich unterschätzt? Der adlige Governor beschäftigte sich im Moment nur wenig mit dieser Frage. Viel mehr störte er sich daran, dass ihn kein Untergebener über die unerwartete Ankunft der kaum älteren Tapani informiert hatte. Im Gegensatz zu Coruscant, wo man über jeden prominenten Neuankömmling sofort in Kenntnis gesetzt hatte, ließ man ihn hier im Dunkeln tappen. Vertraute er den ihm unterstellen Ebenen demnach zu sehr? Obwohl er inzwischen nicht mehr so zornig wie noch in Barnips Büro war, nagte der Ärger weiterhin an ihm.

„Wo könnte die hemmende Stelle sein?“, fragte der sitzende Verwalter, lehnte sich zurück und ließ seinen Blick auf dem anwesenden Geheimdienstmitarbeiter ruhen. „Irgendwer scheint meine Arbeit ja sabotieren zu wollen.“

Nire, der ein distanziertes Grinsen aufgesetzt hatte, entgegnete trotz der spürbaren Anspannung, die in dem kleinen Besprechungsraum herrschte, gelassen: „Meine Kontakte sind schon angezapft, Sir. Geben Sie mir zwei, drei Stunden und ich kann Ihnen den Schuldigen liefern...“

„Lügen Sie mich nicht an!“, reagierte Horatio gereizt, ließ die Faust laut auf den Tisch knallen und sprang kurz darauf auf. Man konnte dem menschlichen Adligen den aufflammenden Zorn ansehen. „Ich habe Sie eingeweiht, um solchen 'Überraschungen' schon im Vorfeld zu entgehen. Nun könnte ich genauso gut den ISB beauftragen.“

Stille. Der kleine, abhörsichere Besprechungsraum schien mit einem Mal um mehrere Quadratmeter geschrumpft zu sein. Selbst die eingebaute Belüftungsanlage, die leise vor sich hin brummte, schien in diesem Moment lieber kein Geräusch von sich geben zu wollen. Voller giftigem Grimm funkelten Horatios braune Augen in Richtung des unscheinbaren Echanis. Jedoch ließ sich dieser davon kaum beeindrucken. Weiterhin gelassen lehnte er gegen die raue, farblose Zimmerwand, die Arme vor der Brust verschränkt und mit dem kühlen Grinsen auf den schmalen Lippen. Vielleicht amüsierte sich der Junior Agent in diesem Augenblick sogar über den überraschenden Gefühlsausbruch des adligen Governor. Bisher hatte der Mensch nämlich in sämtlichen Lebenslagen die äußerliche Ruhe bewahrt und sich nichts anmerken lassen. War der Profi schon an seine Grenzen gestoßen? War der Plan am Ende zu groß für ihn? Unwillkürlich schien der Verwalter möglichen Zweifeln Platz einzuräumen.

Noch immer blieb der Echani gelassen.
„Governor, Sie sollten sich nicht aufregen. Das steht Ihnen einfach nicht.“ Die schlanke Gestalt löste sich von der Wand und ging auf den Adligen zu. „Der ISB ist nicht mehr als ein zahnloser Ralltiir-Tiger. Ihren Saboteur wird man kaum finden … und zudem nur die andere Seite alarmieren. Bleiben Sie also ruhig.“

„Ich stimme Agent Nire zu, Sir“
, brachte sich auf einmal Legate Terrik ein. Bisher hatte sie ruhig in ihrem Stuhl gesessen und die Situation auf sich wirken lassen, während sie ihren eigenen Gedanken nachhing. Nun schien sie aber ihre Gelegenheit gefunden zu haben. Sobald sie sich Horatios ganzer Aufmerksamkeit sicher war, sagte sie: „Wir dürfen nicht überstürzt handeln, sondern müssen gerade in diesem heiklen Moment unsere Vorsicht beibehalten. Deshalb schlage ich vor, dass wir uns erst einmal den Personenkreis der potenziellen Verräter anschauen. Wer hat in unseren Reihen genügend Einfluss, um unsere Mechanismen auszuschalten?“

Der vorgeschlagene Ansatz war nicht falsch. In ihrer gegenwärtigen Situation womöglich sogar die einzig richtige Lösung für das Dilemma. Horatio atmete also einmal ordentlich ein und wieder aus, ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen und schickte seine Gedanken auf Wanderschaft. Wer war der Saboteur? Name für Name, Personalie für Personalie ging er vor seinem geistigen Auge durch. Sein nachdenklicher Blick war dabei auf den langen Konferenztisch gerichtet. Irgendwie konnte man den Eindruck gewinnen, dass er mit einer ganz besonderen Akribie das verwendete Holz in Augenschein nehmen würde. In seinen Gedankenspielen schloss er sowohl Terrik als auch Nire aus. Beide waren zu tief in die Verschwörung verstrickt, um auf der anderen Seite einen besseren Gewinn zu machen, sollte die Intrige scheitern. Nein, eine andere Person, die ihm wahrscheinlich nah stand, war in diese Sache als Verräter involviert. Nur wer?

„Das ansässige Sektorkommando dürfte wohl als erste 'Behörde' über Aldines Eintreffen informiert worden sein“, mutmaßte der Governor laut vor sich hin. „Demzufolge hat unsere Systemflotte den ersten Kontakt mit ihrem Schiff hergestellt...“ Welches Transportmittel benutzte die Sector Adjutant zum Reisen überhaupt? Diese Frage kam ihm mit einem Mal in den Sinn. Jedoch fuhr er erst einmal seinen angerissenen Gedanken weiter aus. „Fole Elysar, mein zweiter Militärberater, steht der Flotte – und der hiesigen Führung – nahe.“

Nire nickte. „Man sagt ihm sogar eine Nähe zur Bel-Familie und 'Xucphra' nach.“

„Er würde demnach ins Raster fallen“, sagte Horatio daraufhin. Dabei vermittelte wieder einen eher gefestigten Eindruck. Fast konnte man behaupten, dass der vorherige Gefühlsausbruch mittlerweile wieder vollkommen verblasst war. „Eine Art Verbrüderung zwischen Semur und Aldine schließe ich zwar aus, aber unseren Feinden kommen ihre Pläne sehr gelegen. Immerhin soll ich erneut Thyferra verlassen und sollte sie ihr Vorhaben am Ende wirklich in die Tat umsetzen, schwächt es im selben Atemzug selbstverständlich auch unsere Position bei 'Imperial Bacta'.“

Ein Mammutakt stand ihnen demzufolge bevor. Sie mussten an zwei Fronten gleichzeitig ihre Pläne gegen mächtige Gegner verteidigen. Zwangsläufig würde der Adlige somit seiner Protegé erneut die eigene Macht über Thyferra überlassen müssen. Die derzeitigen Turbulenzen begünstigten demnach ihren Aufstieg in der Verwaltung. Lief er bald Gefahr, dass sie ihm am Ende überflügelte? Grübelnd musterte er die menschliche Coruscanti. Bisher hatte sie ihm jederzeit vollkommen loyal zur Seite gestanden, hatte ihm den Rücken frei gehalten und sein Fußfassen auf dieser Welt unterstützt. Ruhig saß Sally Terrik nun in ihrem Stuhl, studierte irgendwelche Daten auf ihrem Datapad und ließ sich dabei nicht anmerken, dass sie höchstwahrscheinlich genauso nach „mehr“ strebte. Obwohl er sich eigentlich um seine momentane Probleme kümmern musste, wanderten seine Gedanken auf einmal zu der Frage nach seiner Nachfolge. Bislang hatte Horatio die Legate in diese Rolle gezwängt und sie dann danach aufgebaut, aber hatte sie überhaupt die Geduld dazu?

'Nein, ich darf mich jetzt nicht in Paranoia verlieren!', mahnte sich der Verwalter. Natürlich besaßen Intrigen ein eher instabiles Gerüst. Irgendwann traute niemand niemanden mehr, wenn er die ganze Zeit von Lug und Trug umgeben war. Jedoch hatte man ihn förmlich zu diesem Handeln gezwungen, nachdem man ihn auf Bastion tatsächlich zu erpressen versucht hat. Voller Trotz hatte sich Horatio damals geschworen, dass er sich nicht zu irgendeinem entbehrlichen Handlanger für Semur, Barnip oder gar Stadd degradieren lassen würde. Er würde sie überlisten – wobei die meiste Loyalität noch dem derzeitigen Verwalter des Jaso-Sektors entgegen brachte. Schließlich hatte ihn dieser noch zur rechten Zeit von Coruscant wegbringen können. Nachdenklich fuhr er sich über das rasierte Kinn, ließ den Blick von Terrik zu Nire wandern und wanderte mit den Gedanken langsam zur aktuellen Problematik zurück.

Es war Legate Terrik, die dieses Mal das Schweigen brach.
„Über das Verwaltungsnetzwerk konnte ich inzwischen Zugang zu den unterdrückten und gelöschten Meldungen bekommen, wo tatsächlich ein Datensatz zu Aldines Ankunft verzeichnet ist. Anscheinend reiste die Sector Adjutant mit einem Victory-II-Sternzerstörer namens 'Batalaria' von Fondor hierher. Leider kann ich Ihnen noch nicht sagen wer für die Löschung verantwortlich ist, aber dafür steht hier ein anderer interessanter Punkt: Der Sternzerstörerkommandant ist niemand geringeres als Julan Aldine, ihr Bruder...“

[: Polith-System | Thyferra | nahe Xozhixi :||: Residenz des Governor | unscheinbarer Raum :||: Horatio Kraym, Legat Sally Terrik und Junior Agent Rhan Nire :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Zentrum | Raumhafen | kleine Landebucht der Regionalen Verwaltung :||: Horatio Kraym, Legat Sally Terrik und ein TIE-Shuttle im Hintergrund :]

„Ich glaube, der Ratschlag, den ich Ihnen gleich erteilen werde, wird Sie nicht wirklich verwundern, aber trotzdem möchte ich ihn in dieser Situation Thyferra nicht schweigend verlassen“, sagte adlige Governor im ernsten Tonfall, während er seine hübsche Untergebene dabei genau musterte. Terrik, unsere Feinde werden meine Abwesenheit bestimmt nutzen, um sich neu zu formieren und dann den Gegenschlag zu verüben. Denken Sie stets daran, dass wir bloß eine Schlacht, nicht aber den Krieg gewonnen haben. Noch ist unser Weg lang, sehr lang.“

Er atmete tief ein und wieder aus. Rhenya Aldine hatte ihm zu wenig Zeit gelassen, um noch schnell letzte sichernde Vorbereitungen für sein Fernbleiben zu treffen. Denn während er als Begleitung der tapanischen Sector Adjutant in nächster Zeit auf Bacrana verweilte, war die hiesige Verwaltung der Theorie nach kopflos, da man erst kürzlich Lieutenant Governor Lopéz aufgrund einer unerwarteten Erkrankung wieder abgezogen hatte. Faktisch gab es auf Thyferra keinen richtigen Stellvertreter für solche Situationen. Und natürlich würden Semur und dessen Getreue diesen Umstand nun zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen! Horatio ließ auf einmal seinen beobachtenden Blick von der Coruscanti zu dem wartenden Shuttle wandern. Um den adligen Imperialen anscheinend noch ein wenig mehr zu schmähen, hatten ihm die Verantwortlichen der „Batalaria“ kein Vehikel der bequemen Lambda-Serie geschickt, sondern den Umbau eines scheußlichen TIE-Bombers. Mit einer recht behutsamen Handbewegung strich sich Sally Terrik eine widerspenstige Strähne aus dem ansehnlichen Gesicht.

Ihr Blick ruhte ebenfalls auf dem klobigen Shuttle. Ihre Stimme klang äußerst abgeklärt als sie ihm entgegnete:
„Ich werde Augen und Ohren die ganze Zeit offenhalten. Sollen sich unsere Feinde bloß an einem Gegenschlag probieren, Nire und ich werden bereit sein, Sir.“

„Trauen Sie diesem Echani nicht zu sehr, Terrik, erwiderte Horatio. „Im Moment scheinen wir ihm nützlich zu sein, aber sein zwielichtiges Metier verlangt von ihm, dass man opportun ist, um Erfolge erzielen zu können. Behalten Sie ihn also ebenso im Auge … und informieren Sie mich rechtzeitig über irgendwelche dubiosen Vorgänge. Bacrana ist nicht Umbara.“

Hätte er nur etwas mehr Zeit zur Verfügung! Hätte er bloß schon im Vorfeld gewisse Vorkehrungen getroffen! Zum Haareraufen war die derzeitige Situation für Horatio. Denn ohne eine loyale Person, die ihn während seiner Abwesenheit auf der Bacta-Welt vertrat, besaß sein Widersacher einfach den größeren Spielraum zum Handeln. Erneut schlich ihm eine Frage durch den Kopf: 'Hätte ich Terrik schon eher in den Rang der Lieutenant Governor erheben sollen?' Bislang hatte er sich vor diesem Schritt insbesondere aus zweierlei Gründen gescheut. Zum einen bot der Emporkömmling Lopéz – dank seiner schweigsamen Zurückhaltung – eine angemessene Maskerade. Schließlich wahrte man nach Außen hin den Anschein, dass Semur erfolgreich einen Handlanger in den Reihen des Adligen installiert hatte. Zum anderen nährte man mit jeder Beförderung eines eifrigen Untergebenen einen künftigen Rivalen. Warum sollte die Coruscanti ihn nicht eines Tages ersetzen wollen und dann auf eine ähnliche Weise absägen? Im Gegensatz zu den Streitkräften, die in ihrem Denken vollkommen konservativ waren, erlebten Frauen bei der Regionalen Verwaltung keine so starke Diskriminierung auf der Karriereleiter. Hoosha Veir, amtierende Verwalterin des Neunzehnten Supersektors, war der beste Beweis dafür.

Ein paar letzte Worte zum Abschied tauschten die Verwalter nach kurzem Schweigen aus, dann ging Horatio endlich auf das wartende Shuttle zu. Dass er gedenke, Sally Terrik zu seiner Stellvertreterin zu machen, verschwieg er ihr aber. Diese „Zuwendung“ wollte er lieber mit der Legate besprechen, sobald er wieder thyferrianischen Boden unter seinen Füßen hatte. In einem gemächlichen Tempo näherte sich der uniformierte Imperiale dem bulligen Vehikel. Zischend öffnete sich die Luke zum Passagierbereich, der bloß Platz für zwei Sitzmöglichkeiten, die man hintereinander angeordnet hat, bot. Obwohl er noch immer eine Beleidigung darin sah, dass man ihm dieses Ding geschickt hatte, um zur „Batalaria“ zu gelangen, verzog er keine Miene. Schweigend stieg er ein, ließ sich sogleich auf den vorderen Sitz fallen und schnallte sich anschließend an. Nachdem kurzzeitig ein Klacken zu vernehmen war, schloss der Pilot die Luke per Knopfdruck wieder, ließ die beiden Triebwerke und Repulsoren erwachen und flog das dicke TIE-Shuttle danach überaus vorsichtig aus der Landebucht heraus. Der ferne Orbit, wo sich der Victory-II-Sternzerstörer befinden sollte, war das nächste Ziel.

***

Im Vergleich zu dem Imperial-II-Sternzerstörer „Helios“, der ihn gemeinsam mit Grand Moff Stadd und Sector Adjutant Aldine nach Commenor gebracht hatte, wirkte dieses veraltete Modell eher wie ein keilförmiger Halbling. Natürlich mochten die Kriegsschiffe der Victory-II-Serie bei Piraten und anderem kriminellen Gesindel einen schrecklichen Anblick bieten, aber trotzdem zog der Governor das Reisen mit den echten, hellgrauen Giganten der Imperialen Flotte vor. Genau aus diesem Grund zuckte kein einziger Muskel in seinem Gesicht als der Pilot über eine Fernsprecheinheit ankündigte, dass man die Erlaubnis zum Landen im Hangar der „Batalaria“ erhalten habe. Völlig unbeeindruckt verfolgte Horatio das standardisierte Manöver, das nun eingeleitet wurde, mit den Händen im Schoß und aufrechter Körperhaltung. Nein, diese Reise würde ihm beileibe nicht gefallen – das wusste er schon jetzt.

Nach einem leichten Senkflug brachte sich das Shuttle Meter für Meter unter den gewaltigen Rumpf des Sternzerstörers. Kleine Luken sowie vereinzelte Geschütze konnte man bei all den Erhebungen ausmachen, wenn man für einen Augenblick genau hinsah. Jedoch mochte der Anblick das Interesse des adligen Verwalters nicht zu entfachen. Er wartete sehnsüchtig auf den einen Moment, wenn das klotzige Ding, in dem er saß, auf dem Hangarboden der „Batalaria“ gelandet war und sich die Luke zum Aussteigen geöffnet hatte. Bis dahin musste er sich aber noch ein wenig in Geduld üben. Seine Gedanken gingen deshalb auf Wanderschaft. Ein weiteres Mal fragte sich Horatio wie er die Sector Adjutant unschädlich machen könnte. Sie durfte seine Pläne einfach nicht durchkreuzen! Zu schnell hätten seine Widersacher dann die Oberhand zurückgewonnen. Nachdenklich tippte er sich mit dem linken Zeigefinger an das perfekt rasierte Kinn, während sein Blick auf einen weit entfernten Punkt im All fixiert war. 'Aldine, so leicht wirst du mich nicht schlagen...'

Ruhig atmete der Governor ein und wieder aus, während das Shuttle durch ein Dämmfeld endlich in den Hangar eindrang, sich dann einen geeigneten Platz zum Landen suchte und kurz darauf wirklich auf dem Boden aufsetzte. Im Inneren spürte man dank hydraulischer Dämpfer und ähnlichem Zeug kaum etwas. Dennoch war Horatio von einer Sekunde auf die nächste hell wach. Rasch schnallte er sich ab und wartete darauf, dass man die Luke für ihn öffnen würde. Der Pilot schien sich aber ganz genau ans Protokoll halten zu wollen. Erst schaltete er die Triebwerke und Repulsoren ab, dann gab er noch eine letzte Nachricht an die Hangarkontrolle durch und erst im Anschluss daran betätigte er den Knopf. Selbstverständlich warf der Governor diesem Militärangehörigen kurz einen verärgerten Blick zu. Was bildete sich dieser Kerl ein? Hatte er durch seine aktuelle Position nicht weitaus mehr Respekt verdient? Unwillkürlich schnaubte der adlige Uniformierte; dann verließ er das Shuttle und blickte sogleich in das Gesicht von Julan Aldine.

Man sah ihm deutlich die Ähnlichkeit zu seiner Schwester, Rhenya Aldine, an als dieser auf einmal ein überhebliches Lächeln zeigte. Eine schlanke Menschengestalt mit dünnen Oberlippenbart sowie obligatorischen Militärschnitt war der Tapani. Auf seiner schmalen Brust lag ein goldener Orden in Kreuzform, der nicht zum gewöhnlichen Repertoire an Auszeichnungen der imperialen Streitkräfte gehörte. Horatio dachte angewidert: 'Wie sie ihren Lokalpatriotismus zur Schau stellen.' Trotz allem ließ er sich äußerlich nichts anmerken. Sogar ein kühles Lächeln bekam der Adlige als nonverbale Begrüßung zustande. Im ersten Augenblick taxierten sich beide Männer sichtlich. Keiner schien den ersten Schritt machen zu wollen. Waren sie bloß die Figuren im Spiel der Sector Adjutant? Weil der Governor nur Passagier auf der „Batalaria“ war, oblag eigentlich dem tapanischen Offizier die Ehre der ersten Worte. Kurz bauten sich beide noch einmal zu voller Körpergröße auf, dann machte Julan Aldine tatsächlich den ersten Schritt. Genau wie bei seiner Schwester merkte man ihm deutlich die solide Erziehung an, die beide Geschwister, obwohl nicht von adeligem Geblüt, genossen hatten.

Im Hinblick auf Auftreten und Uniform war es ein echter Kontrast als der Tapani plötzlich mit einer sanften Stimme sprach. Ein ganz leichtes Näseln war dabei zu hören als er sagte:
„Governor Kraym, es ist mir eine echte Freude Ihre Bekanntschaft zu machen. Seit ihrem gemeinsamen Aufenthalt auf Umbara spricht meine Schwester oft von Ihnen.“ Er reichte dem Verwalter die Hand. Julan Aldine, Line Captain der Imperialen Flotte und zudem Kommandant dieses Sternzerstörer. Ich würde Ihnen gern noch das Schiff zeigen, bevor wir uns mit dem Bacta-Konvoi zusammentun und dann auf der Stelle nach Bacrana springen.“

[: Polith-System | Thyferra von Orbit :||: VSD II „Batalaria“ | Deck Zwölf | Hangar :||: Horatio Kraym und Line Captain Aldine; im Hintergrund Hangarpersonal :]
 
[: Polith-System | im Anflug auf Thyferra :||: VSD II „Batalaria“ | Turbolift :||: Horatio Kraym und ein Mannschaftsmitglied :]

Mit einem gewaltigen Satz sprang die „Batalaria“ – dicht gefolgt von den kleineren Begleitschiffen und der großen Schar an winzigen Frachtern – ins Polith-System. Der Sternzerstörer der Victory-II-Klasse hatte tatsächlich ohne jegliche Zwischenfälle auch die Rückreise von Bacrana nach Thyferra geschafft. Keine Überfälle irgendwelcher tollkühner Piratenbanden; keine unerwarteten Kontrollen durch die patrouillierenden Streitkräfte der Rebellen. Insbesondere an Bord des altgedienten, grauen Schlachtkreuzers manifestierte sich allmählich die Ansicht, dass die momentane Lage eigentlich gar nicht so schlimm war wie „Imperial Bacta“ und die regionale Verwaltung sie beschrieben. Manches Besatzungsmitglied glaubte mittlerweile sogar daran, dass sich der eine oder andere Frachterkapitän solche Dinge einfach ausdachte, um einen Teil der ihm überlassenen Ladung still und heimlich auf dem Schwarzmarkt – selbstverständlich unter höheren Profiten – zu verkaufen. Ja, obwohl die Neue Ordnung für die Rechtschaffenheit und Zivilisiertheit der menschlichen Spezies stand, gab es auch unter ihnen immer wieder kriminelle Parasiten.

In einem gemächlichen Tempo flog der Victory-II-Sternzerstörer mit direktem Kurs auf den grünen Planeten zu, der in der gesamten Galaxie – aufgrund einer künstlichen Monopolstellung – einen so hohen Stellenwert genoss, dass man ihn ohne Probleme als eine Säule des vorherrschenden Friedens nennen konnte. Bacta hielt die komplette Zivilisation am Laufen – und bescherte Thyferra auf diese Weise einen immensen Reichtum. Obwohl noch Myriaden Kilometer zwischen der „Batalaria“ und der bewohnten Hauptwelt lagen, schleuste das keilförmige Kriegsschiff der Imperialen Flotte rasch eine vollzählige Staffel an TIE-Interceptor aus. Die Sternjäger sollten als Eskorte dienen. Immerhin hatte der gräuliche Schlachtkreuzer zwei relativ ranghohe Verwalter an Bord: Governor Kraym und Sector Adjutant Aldine. Binnen weniger Sekunden, nachdem die zwölf Maschinen den Haupthangar verlassen hatten, teilten sie sich in ihre Bestandteile auf und umringten das weitaus größere Schiff.

Im Inneren war zur selben Zeit Thyferras amtierender Planetenverwalter, Horatio Kraym I., auf dem direkten Weg zum Haupthangar des imperialen Kriegsschiffs, wo die Yacht, die ihm seine Kollegin als Zeichen ihrer Wertschätzung kurz vor der Abreise geschenkt hatte, auf ihn wartete. Sein Gepäck ließ er – ganz der „ranghohe“ Imperiale – von einem einfachen Besatzungsmitglied der „Batalaria“ tragen. Gemeinsam mit dem schnaufenden Matrosen betrat er schnell die gerufene Turboliftkabine, nachdem er das ihm zur Verfügung gestellte Quartier verlassen hatte, den Korridor entlang gelaufen war und das Transportmittel via Konsole gerufen hatte. Der adlige Governor wollte das Kriegsschiff endlich verlassen – gewissermaßen aus Rhenya Aldines Machtspähre entfliehen. Sie grollte ihm, da er sie auf einer abschließenden Pressekonferenz, die seine Kollegin und er allein abgehalten hatten, in aller Öffentlichkeit – auf politischer Ebene – angegriffen hatte. Es stand nun zweifellos fest, dass er nicht zu ihrem „Lager“ gehörte.

Horatio ließ seine Gedanken kreisen. Obwohl er schon seit mehreren Tagen nur an diese eine Sache dachte – sie von allen Seiten her immer wieder gründlich analysierte –, hatte er bislang noch keine befriedigende Lösung für das heraufbeschworene Problem gefunden. Er musste nun mit sämtlichen Konsequenzen leben, die eine öffentliche Positionierung zweifellos mit sich brachte. Irgendwelche cleveren Auswege schien es in diesem Fall nicht zu geben. Und so besaß der Zweifel, dass er einen Schritt zu weit gegangen war, weiterhin einen sehr fruchtbaren Nährboden. Deck für Deck passierte die Kabine auf ihrem Weg nach „unten“. Niemand stieg hinzu. Für den Governor zog sich die Fahrt zum Hangardeck zu einer schier endlosen Ewigkeit hin, obwohl im Realen bloß wenige Minuten zu vergehen hatte. Das Zischen der sich öffnenden Tür stellte für ihn dementsprechend eine Erlösung dar. Endlich konnte er die „Batalaria“ verlassen. Bei diesem Gedanken kehrte Entschlossenheit auf seine Gesichtszüge zurück.

Unwillkürlich stieg ihm die Hangarluft, eine Mischung aus Treibstoff, Maschinenölen und Schweiß, in die Nase als er das angestrebte Deck betrat. Zwölf schwarze TIE-Fighter – das wohl bekannteste Sternjägermodell der Imperialen – hingen an der Decke, während Shuttles, Truppentransporter und Barkassen am Boden standen. Hangarpersonal wuselte hin und her. Obwohl die „Batalaria“ bloß ihn absetzen würde, herrschte hier trotz allem viel Betrieb. Kannte ein richtiges Kriegsschiff überhaupt einen Moment der Ruhe? In seinem Kopf wischte Horatio den unnützen Gedanken kurzerhand zur Seite. Weil ihm eine letzte Begegnung mit der Sector Adjutant und ihrem Bruder bevorstand, wollte er seine Aufmerksamkeit lieber darauf konzentrieren. Entschlossenen Schrittes ging der Adlige nun auf die ihm geschenkte Yacht zu, wo ihn das tapanische Geschwisterpaar und noch ein paar weitere Gestalten – darunter die mitgereiste Kuati und der Fondorianer – bereits erwarteten. Doch in diesem Moment fand in seiner Welt bloß eine Person wirklich Beachtung: Rhenya Aldine.

Zweifelsohne sah man ihr den Groll noch immer an. So zeigte ihr eigentlich recht hübsches Gesicht Zornesfalten und der eiskalte Blick, den sie Horatio zuwarf, war ebenfalls kaum zu übersehen. Mit kühler, beinah eisiger Stimme sagte sie:
„Governor Kraym, unsere gemeinsame Reise ist tatsächlich an ihrem Ende angelangt. Es liegt nun an mir, Sie formal aus dem temporären Dienst, den Sie dem Zwanzigsten Supersektor – und im gleichen Atemzug natürlich auch dem Galaktischen Imperium – erweisen sollten, zu entlassen. In diesem Zusammenhang weise ich Sie noch darauf hin, dass Sie bis Ende nächster Standardwoche einen Bericht an die Supersektorverwaltung zu senden haben...“ Kurz hielt die schlanke Dame, die das fünfzigste Standardjahre schon hinter sich gelassen hatte, inne. Sie musterte den Adligen noch immer überaus genau. „Denken Sie jedoch nicht, Governor, dass dieses Kapitel mit Ihrer Berichterstattung beendet ist. Ich werde Sie im Auge behalten … und eines Tages werde ich das tun, was Sie vor wenigen Tagen nur versucht haben. Ja, Fondor hätte Ihr Freund sein können, aber Sie haben sich für die falsche Seite entschieden.“

Zum Schluss rümpfte sie sichtlich die Nase und verließ dann – mit ihrem schweigsamen Anhang im Schlepptau – den Hangar. Einen Wimpernschlag lang sah ihr Horatio nach. Er hatte sie wirklich tief in ihrem Stolz, ihrem Ego getroffen, obwohl er die daraus resultierenden Konsequenzen nicht hatte absehen können. Was würde die Tapani nun gegen ihn unternehmen? Seiner Meinung nach stand ihr eine Vielzahl an plausiblen Möglichkeiten offen – sofern ihre Position innerhalb der Verwaltung des Zwanzigsten Supersektors tatsächlich so hoch war wie angenommen. Würde sich Nicadamus Stadd einmischen? Olan Semur schien er immerhin schon seit längerer Zeit zu unterstützen. Immer mehr drängte sich Thyferras planetaren Verwalter in diesem Moment die Erkenntnis auf, dass er sich mit seinem Handeln unweigerlich auf Barnips Seite geschlagen hatte. Er hatte sich dem Moff praktisch ausgeliefert! Sofern er seinem äußerst gerissenen „Gönner“ weiterhin nützlich war, mochte das kein Problem sein. Aber was war, wenn er sich durch seinen öffentlichen Angriff „verbrannt“ hatte?

Bevor dieser unheilvolle Gedanke in seinem Bewusstsein Wurzeln schlagen und sich im Anschluss rasch ausbreiten konnte, riss ihn auf einmal Julan Aldine, der Bruder der Sector Adjutant, aus seinen Gedanken.
„Ich würde Ihnen ja am liebsten sagen, dass Sie sich keinerlei Sorgen machen müssen, Governor. Aber Sie kennen das politische Spiel … und ich kenne meine Schwester. Seien Sie also auf der Hut.“ Ein Schmunzeln zeigte sich kurzzeitig auf dessen Lippen. Danach wandte er sich mit einem Mal der Yacht zu. „Ihre 'Prestige' ist startklar. Meine Leute werden Sie nach Xozhixi bringen und danach auf die 'Batalaria' zurückkehren. Da uns leider keine Zeit mehr für einen Spaziergang durch 'Ihre' Stadt bleibt, muss ich mich schon jetzt von Ihnen verabschieden. … Bestimmt sieht man sich noch einmal wieder, Governor. Gehaben Sie sich bis dahin wohl...“

[: Polith-System | Thyferra von Orbit :||: VSD II „Batalaria“ | Deck Zwölf | Hangar :||: Horatio Kraym und Line Captain Aldine; im Hintergrund Hangarpersonal :]
 
[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Stadtzentrum | Raumhafen | private Landebucht | „Prestige“ :||: Horatio Kraym und mehrere Mannschaftsmitglieder der „Batalaria“ :]

Einen Moment lang schien es wirklich so als wolle die „Prestige“ nicht landen. Surrend trotzten die aktivierten Repulsoren der hier vorherrschenden Schwerkraft und hielten die kuatische, edlen Yacht regelrecht in der luftigen Schwebe. Erst als die drei Landekufen vollständig ausgefahren waren, gab die Technik allmählich nach bis das Schiff sanft – begleitet von einem leisen hydraulischen Zischen – auf dem grauen Betonboden der großzügigen Landebucht aufsetzte. Mehrere Gestalten, die sich in unmittelbarer Nähe befanden, machten dabei instinktiv ein, zwei Schritte zurück. Die schwüle Luft, die sich in der wabenförmigen Landebucht immer mehr staute, flimmerte. Thyferra begrüßte seinen planetaren Verwalter mit hohen, überaus hohen Temperaturen. Jedoch sollten noch ein paar Minuten ereignislos verstreichen bis die schmale Rampe endlich in aller Gemächlichkeit nach unten fuhr und der amtierende Governor die Yacht – bei strahlendem Sonnenschein – verließ.

Zuerst atmete Horatio unmerklich auf. Endlich hatte er den alten Victory-II-Sternzerstörer verlassen – und war damit den Fängen des Tapani-Geschwisterpaars für den Augenblick entflohen. Langsam schritt er die Rampe herunter. Seine Stiefel klackten auf dem Metall, während die schwüle Hitze auf der Stelle – und ohne großen Widerstand – unter den Stoff seiner grauen Uniform kroch. Obwohl er sich äußerlich nichts anmerken ließ, keimte ihn ihm der Wunsch nach einem Glas eiskaltem Wasser ungehindert auf. Glücklicherweise drang zu diesem Zeitpunkt noch nicht der Schweiß aus jeglichen Poren. Er hatte also noch ein bisschen Zeit, um rasch „unbeschadet“ in klimatisierte Räumlichkeiten zu fliehen. Beseelt von diesem simplen Drang schritt der Governor auf die winzige Schar Gestalten zu, die ihm zum Teil bekannt waren.

Die erste Person, die nicht nur zuerst einen Schritt auf den adligen Imperialen zumachte, sondern im selben Moment auch das Wort an ihn richtete, war der Echani Rhan Nire. Mit dem gewohnt breiten Grinsen auf den Lippen und einem süffisanten Unterton in der Stimme sagte er:
„Governor Kraym, ich heiße Sie in Ihrem Reich mit Freude zurück. Hätte ich gewusst, dass einem die Reise tatsächlich eine Yacht einbringt, dann hätte ich Sie wohl spontan begleitet. … Wirklich ein tolles Schiff!“

Larissa Dysarts Großzügigkeit hat mich selbst völlig überrascht“, entgegnete Horatio nüchtern und machte sich dann auf in Richtung Ausgang zu gehen. Während sie noch im Begriff waren zu gehen, wandte er sich auf einmal unvermittelt seinem Protegé zu. „Miss Terrik, haben Sie einen aktuellen Statusbericht für mich. Ich weiß, Sie haben regelmäßig die 'Batalaria' kontaktiert, aber einige Dinge regele ich – wie Sie wissen – lieber von Angesicht zu Angesicht.“

Näher, immer näher kam die große Tür. Vier Soldaten und Lieutenant Blaise umringten inzwischen in gewohnt militärischer Manier den adligen Verwalter, dessen Protegé sowie den fastmenschlichen Geheimdienstler; schirmten sie fast komplett von äußeren Einflüssen ab. So bemerkte Horatio nicht einmal wie im Hintergrund die Besatzungsmitglieder der „Batalaria“, die den Governor samt Yacht nach Thyferra gebracht hatten, von einem klobigen Truppentransporter abgeholt wurde. Zwar hatte er sich auf der „Prestige“ in höflicher Art und Weise bei den ihm zur Verfügung gestellten Männern bedankt, aber ein Abschiedswort am Ende der Rampe war nicht gefallen. Nein, in diesem Fall hatte der adlige Imperiale mehr als willig die anstehende Arbeit als angenehmen Vorwand vorgeschoben, um das leidige Kapitel endlich zu beenden. Nun stand wieder einzig und allein Sector Adjutan Olan Semur gegenüber.

„Bevor ich es vergesse... Lieutenant Blaise, lassen Sie die Yacht nachher auf Wanzen und ähnliche Dinge untersuchen“, wies der Governor den Kommandanten seiner Leibgarde an. „Ich möchte zwar keinem Kollegen unlautere Motive unterstellen, aber wir leben nun einmal in einer Schlangengrube, die zum Überleben äußerste Vorsicht des Einzelnen voraussetzt.“ Knapp nickte der Thyferrianer als Antwort. Nachdem sich die Tür zur Landebucht zischend hinter ihnen geschlossen hatte, sprach der Adlige erneut die Verwalterin neben sich an: „Legate, Ihr Bericht?“

Sogleich überreichte ihm die eifrige Coruscanti ein Datapad mit sämtlichen Informationen über die aktuelle Lage. Erneut erfuhr Horatio auf diese Weise von Thyferras momentanen Steueraufkommen, „Imperial Bactas“ prognostizierten Entwicklung und Raul Lopez' urplötzlicher Erkrankung, die den Lieutenant Governor die weitere Amtsausübung vorerst vollkommen unmöglich machte. Man hatte ihn deshalb zum allmählichen Genesen nach Mrlsst geschickt. Für den adligen Imperialen traf sich diese unverhoffte Entwicklung ziemlich gut. Denn noch immer hegte er den Gedanken, dass er im nächsten Zug Sally Terrik hochoffiziell zu seiner rechten Hand – sprich: zu seiner Stellvertreterin – ernennen wollte. Schon während seiner Amtszeit auf Coruscant stellte sie eine wichtige Säule seiner „Herrschaft“ über den urbanen Planeten dar. Schweigend las Horatio den Bericht weiter, während er gemeinsam mit seinem Begleitern in Richtung Ausgang ging.

Sein Körper hatte sich gerade an die klimatisierte Luft in Xozhixis Raumhafen gewöhnt, da tauchte auch schon das Ende des Korridors auf. Um den gewöhnlichen Publikumsverkehr in dem Gebäude zu umgehen, konnten ranghohe Persönlichkeiten nicht nur auf private Landebuchten zurückgreifen, sondern ihnen standen auch separate Gänge – ohne all die lästige Passkontrollen – zur Verfügung, um vollkommen ungestört ein- und auszugehen. Inzwischen klackten die schweren Soldatenstiefel lauter als die polierten Schuhe des Verwalters. Mit jedem Schritt, der ihn von der „Prestige“ und den Männern der „Batalaria“ entfernte, fühlte sich Horatio ein Stück wohler. Ja, hier war in der Tat sein Machtbereich. Mochten ihn in den letzten Stunden und Tagen Zweifel geplagt haben, kehrte nun die Selbstsicherheit in ihm zurück. Nochmals atmete er unmerklich ein und wieder aus.


[: Polith-System | Thyferra | Xozhixi :||: Stadtzentrum | Raumhafen | Korridor :||: Horatio Kraym, Legate Terrik, Junior Agent Nire und Second Lieutenant Blaise samt seiner Soldaten :]
 
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