Tagespolitik allgemein

Bei Günther Grass kam seine Selbstinszenierung als "literarisches Gewissen der Nation" eben noch erschwerend hinzu. Wer sich selbst als Chefaufklärer gerade im Bezug auf die NS-Zeit gab, hätte auch mit der eigenen Vergangenheit und Rolle in diesem Regime offen und ehrlich umgehen müssen, und zwar von Anfang an. Stattdessen hat er taktisch geschwiegen und sogar lange Jahre behauptet, immer nur bei der Wehrmacht gewesen zu sein. Bitburg und seine angebliche Ablehnung des Bundesverdientskreuzes, weil dieses auch an ehemalige Nazis verliehen wurde, bekommen da einfach einen heuchlerischen Beigeschmack.

Von der Person Grass ("Wie schreibt man den? Mit SS natürlich!) losgelöst muss man leider festhalten, dass in Deutschland viele sogenannte Mitläufer, aber auch wichtige Träger und "wahre Gläubige" der beiden Diktaturen auf deutschem Boden nach 1945 respektive 1989 ungeschoren davonkamen. Wie das Beispiel Oskar Schindler zeigt, ist eine Parteimitglieschaft nicht automatisch ein Zeichen für besonders tiefe Verstrickung - man denke an Verbrechen wie Massenmord und -vergewaltigungen von Angehörigen der Wehrmacht oder die Existenzen zerstörende Spitzelarbeit der IM der Stasi, die nicht Mitglieder der NSDAP oder SED waren - aber in den allermeisten Fällen kann man davon ausgehen, dass diese Menschen unmenschliche Systeme entweder aus Überzeugung aktiv unterstützt haben oder es ihnen aus opportunistischen Gründen mehr oder weniger gleichgültig war, wer unter der Politik dieser Regime zu leiden hatte, solange sie selbst durch eine Mitgliedschaft Vorteile erhielten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Von der Person Grass ("Wie schreibt man den? Mit SS natürlich!) losgelöst muss man leider festhalten, dass in Deutschland viele sogenannte Mitläufer, aber auch wichtige Träger und "wahre Gläubige" der beiden Diktaturen auf deutschem Boden nach 1945 respektive 1989 ungeschoren davonkamen. Wie das Beispiel Oskar Schindler zeigt, ist eine Parteimitglieschaft nicht automatisch ein Zeichen für besonders tiefe Verstrickung - man denke an Verbrechen wie Massenmord und -vergewaltigungen von Angehörigen der Wehrmacht oder die Existenzen zerstörende Spitzelarbeit der IM der Stasi, die nicht Mitglieder der NSDAP oder SED waren - aber in den allermeisten Fällen kann man davon ausgehen, dass diese Menschen unmenschliche Systeme entweder aus Überzeugung aktiv unterstützt haben oder es ihnen aus opportunistischen Gründen mehr oder weniger gleichgültig war, wer unter der Politik dieser Regime zu leiden hatte, solange sie selbst durch eine Mitgliedschaft Vorteile erhielten.

Seh ich ähnlich, ich will aber diese Verstrickung mal kurz auf eine andere Art beleuchten.
Du hast ja schon abgehandelt das man entweder aus Überzeugung diese Dinge tut, oder weil man eben opportunistsche Gründe hat.
Ich frage mich wie weit ein System wie das der NSDAP, generel eine Diktatur, Menschen dazu verführt ihre niedrigsten Instinkte nach auszutragen.
Sprich neben Überzeugung, Opportunismus, sehe ich noch die menschliche Natur - die sehr viel gutes, wie auch sehr viel böses bringen kann, als ein Faktor.
Ich denke das ein Staat in dem es keine Ethik, keine Moral, kein Recht mehr gibt als eine Art katylastor um unsere niedrigsten Instinkte frei zu setzen.
Wahrscheinlich entscheidet sich erst in solchen Situationen und Staaten wer man wirklich ist. Und wie man wirklich ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wahrscheinlich entscheidet sich erst in solchen Situationen und Staaten wer man wirklich ist. Und wie man wirklich ist.

Willst du jemandes Charakter erkennen, so gib ihm Macht. Nur die allerwenigsten sind dem gewachsen, darum gibt/gab es auch nur so wenige bis gar keine absolutistische Herrschaften und Diktaturen, die gerecht waren.

Bei Mitläufern ist es das gleiche. Man neigt dazu, jedes bisschen Macht über andere dankend anzunehmen und dann auf diejenigen einzutreten. Ist auch eine Form der Macht, mit der Menschen historisch betrachtet nicht im Umgang geglänzt haben.
 
Da gibt es ein sehr passendes Zitat aus "Die Deutschen und ihre Nation, Bd. 5: Verführung und Gewalt: Deutschland 1933-1945" von Hans-Ulrich Thamer, ich paraphrasiere mal rasch:

"...konnte der Hausmeister nun im Parteihemd den Schulleiter kontrollieren oder ihm drohen und zumindest für einen Moment das Gefühl der sozialen Gleichheit auskosten. Die Deutschen, nicht nur ein Volk von Geführten, sondern auch von vielen kleinen Führern, die einen Zipfel der Macht in den Händen hielten."

Für einige sind Diktaturen und andere Extremsituationen, in denen humanitäre soziale Normen nicht mehr gelten, auch eine Möglichkeit, Sadismus auszuleben, aber man sollte nie die Zerstörungskraft von "ganz normalen Menschen" unterschätzen, wenn eine Gesellschaft bestimmte Gruppen für vogelfrei erklärt und ihnen gegenüber scheinbar alles erlaubt ist.
 
Mitläufer sind aber nicht unbedingt Personen die Macht ausüben wollten. Häufig sind das vor allem Leute, die nicht mehr am Rand stehen wollen und die mitlaufen, um nicht völlig allein dazustehen. Wie oft sind diese Personen also in irgendeiner Art hilflos? Ich würde auch hier sagen häufiger.
Jemandes Charakter erkennt man schon daran, wie er mit dem kleinsten und schwächsten Wesen umgeht und überhaupt mit anderen.

@Clyde_ Ich glaube, dass ein Punkt, wie die NSDAP verführt Dissoziation ist. Per se neigt der Mensch dazu furchtbare Dinge abzuspalten, um sie zu ertragen. Das ist ein natürliches Phänomen, das ganz häufig in schlimmen (allem voran traumatischen) Situationen zum Tragen kommt. Vermutlich ist genau das auch einer der Faktoren gewesen, die es Mitgliedern der SS etc ermöglicht haben, so furchbar zu handeln.
 
Ich meine vor allem seine Rolle in der sog. Bitburg-Kontroverse.

Bitburg ist auch ein Paradebeispiel das man einige Dinge nur oft genug wiederholen muß dann glauben es die Leute schon. Geht bis heute so.
Dort lagen nicht nur überzeugte SS Männer sondern auch Wehrpflichtige.
Es ist leider bis heute nicht bei jedem angekommen das die Waffen-SS ab November 1942 auf Wehrpflichtige zurückgreifen mußte.


Das ist wie mit der Hummel die angeblich gar nicht fliegen könne.
Das glauben auch heute noch unzähle Leute.
 
Alle Änderungen an der Verfassung Hessens haben die nötige Mehrheit in der Volksbefragung bekommen.

Allerdings haben 16,8% gegen die Streischung der Todesstrafe gestimmt.:D:clap:
 
Aus dem vorläufigen Wahlergebnis:
Code:
4. Todesstrafe         

Stimmberechtigte insgesamt: 4.373.536
abgegebene Stimmen: 2.936.693

ungültige  Stimmen:  142.052 
gültige  Stimmen:  2.794.641 

Ja:    2.326.007 
Nein: 468.634
Quelle: https://statistik-hessen.de/v_2018/html/Vorl_Erg_Volksab2018.csv


"Nein" / "Stimmberechtigte insgesamt" = relative Häufigkeit
468.634 / 4.373.536 = 0,1071521

Es haben sich also ganze 11 Prozent der hessischen Bevölkerung dazu berufen gefühlt, ein total sinnloses, unnützes und niemals angewandtes Gesetz weiterhin bestehen lassen zu wollen.

Bravo!

giphy.gif
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus dem vorläufigen Wahlergebnis:
Code:
4. Todesstrafe       

Stimmberechtigte insgesamt: 4.373.536
abgegebene Stimmen: 2.936.693

ungültige  Stimmen:  142.052
gültige  Stimmen:  2.794.641

Ja:    2.326.007
Nein: 468.634
Quelle: https://statistik-hessen.de/v_2018/html/Vorl_Erg_Volksab2018.csv


"Nein" / "Stimmberechtigte insgesamt" = relative Häufigkeit
468.634 / 4.373.536 = 0,1071521

Es haben sich also ganze 11 Prozent der hessischen Bevölkerung dazu berufen gefühlt, ein total sinnloses, unnützes und niemals angewandtes Gesetz weiterhin bestehen lassen zu wollen.

Bravo!

giphy.gif

Ich frag mich ja warum man für ein solches Gesetz stimmt?
Will man das Hessen besonders Hart oder einmalig erscheint?
Da würden mir bessere Dinge einfallen die Hessen einmaliger machen als dieses Gesetz...
 
Zuletzt bearbeitet:
Allerdings haben 16,8% gegen die Streischung der Todesstrafe gestimmt.:D:clap:

Es gab wie erwartet eine deutliche Mehrheit für die Streichung. Der Ärger der linksgrünen kann sich in sehr engen Grenzen halten. ;)

Welchen Sinn hat es überhaupt diese Strafe in der Landesverfassung zu haben, wenn sie eh durch den Bund nie angewandt werden konnte?

Die hessische Verfassung ist älter, als das Grundgesetz.
 
Die hessische Verfassung ist älter, als das Grundgesetz.

Schon klar, die Verfassungen der Länden sind in der Regel alle älter als das GG.
Dennoch versteh ich dieses festhalten nicht. Nach dem das GG übernommen wurde - die Bayern ham ja damals dagegen gestimmt - war es eh nicht mehr möglich diese Anzuwenden.
Ich bin mir gerade nicht sicher. Wie war das nochmal mir den NS-nachfolge verfahren? Teile davon wurden ja noch in Nürnberg verhandelt, der Rest je nach Wohn bzw Tatort? Ich glaube mich zu erinnen das z.b. in Hameln noch Kriegsverbrecher in den 50zigern verurteilt und hingerichtet wurden. Diese Verhandlungen fanden aber noch unter der Gerichtsbarkeit der Allierten statt, oder lieg ich gerade flasch?
 
Zurück
Oben