...
Die Arbeit befasst sich mit dem Thema Star Wars und vor allem mit der Semiotik der Filme. Dabei möchte ich besonderes Augenmerk darauf legen wie sich die Semiotik der Filme verändert hat seitdem Disney die Rechte an dem Stoff besitzt.
...
Übrigens finde ich nicht, dass sich in den bisher gezeigten Filmen semiotisch wegen dem Verkauf an Disney grundlegend etwas geändert hat. George Lucas hat immer starken Einfluss gerade auf die visuelle Gestaltung genommen, was auch von seinem sehr grossen Interesse zum Beispiel an Architektur herrührt. Meiner Meinung nach oft leider ein Nachteil, da die Designer nicht so frei waren, wie es mancher Film verdient hätte. GL war omnipotent, er hat alles bestimmt, ohne viel Widerspruch. In der OT hatte er zuerst "alte Hasen", die viele seiner Ideen umsetzten und ihm auch einmal Kontra gaben und nicht nur zugearbeitet haben. Er hat mehr Hilfe in Anspruch genommen und weniger bestimmt. Alleine das beeinflusst das Endergebnis bei einem Film. Ein guter Regisseur hört sich die Ideen an und konzentriert sich auf sein Kerngeschäft, die Inszenierung und die Schauspielerführung. Irvin Kershner hat das gemacht, was GL viele graue Haare gekostet hat. Wenn man sich die visuelle Sprache in ANH und dann in ESB anschaut, sieht man schon sehr viele Unterschiede. ESB sticht wegen seiner Komplexität stark hervor und ist sicherlich deswegen auch bei vielen Fans der beliebteste Film weil er am meisten zu bieten hat. ANH ist dagegen ein kleiner Film, der trotz grosser Bemühungen qualitativ zurückbleibt.
Es gibt zwar eine Menge verbindender Elemente was den visuellen Stil angeht ( zum Beispiel im Schnitt Übergänge als Wipes zwischen Szenen, die auf die alten Serials der 1930er zurückgehen), die eigentliche filmische Sprache innerhalb der Star Wars-Filme ist trotz allgemeingültiger Kodierungen die einzelnen Filmschaffenden (Autor, Regisseur, Kamera, Production Design/Szenenbild, Kostümbild, Editing, Musik) individuell. Durchgängig ist eigentlich nur die Musik von John Williams, was die Trilogien angeht. Der grundlegende visuelle Stil des "used universe" im Production Design ist durch die PT schon stark aufgebrochen worden, was auch von GL so gewollt war und was sich auch durch den Wechsel der Designer und Architekten ergeben hat. Die ST hat sich wieder mehr der OT angenähert, was aber auch nur durch den Rückgriff auf die Arbeit eines schon in der OT beteiligten Künstlers möglich war. Dieser Künstler selber ist leider nicht mehr aktiv an der ST beteiligt gewesen, er dreht sich vielleicht bei der einen oder anderen Entscheidung ein wenig im Grab herum.
Die PT hat uns bisher zwei Regisseure gezeigt, die beide quasi Kinder der Regisseure sind, die als grosse Einflussnehmer das Blockbuster-Cinema erst erfunden haben. JJA ist ein direkter und unmittelbarer Zögling von GL´s best buddy Steven Spielberg. Rian Johnson ist quasi hinter JJA einzuordnen, da er schon die nächste Generation ist. Sieht man sich die Filme der beiden an, kann man bei JJA unmissverständliche Bezüge und Zitate aus den Werken von Spielberg und Lucas finden. Hommage oder Kopie ist ein grosser Streitpunkt. "Super 8" ist ein direktes Derivat der Filme von Spielberg. Spielberg ist im Gegensatz zu Lucas als "Visionär" eher Autorenfilmer und Regisseur, dem die menschliche Seite der Figuren in der grossen Geschichte wichtig ist, etwas, das George Lucas leider fehlt und der stets die technische Seite als scheinbar wichtiger empfunden hat.
JJA hatte auch einiges an Zeit, mehr oder weniger seine eigene Handschrift zu entwickeln. Rian Johnson ist gerade mal mit dem Studium fertig und hat erst ein eher mageres Werkvolumen vorzuweisen. Meiner Meinung nach sieht man das seinen Filmen stark an. Gerade wenn ein Regisseur sehr jung ist, ist wie bei einem Kind die Sprache (!) nicht besonders ausgeprägt. In meinen Augen wirkt einiges an seinen Filmen sehr "studentisch", sprich der Zuschauer bekommt den Ausdruckswillen des Regisseurs mit dem Holzhammer serviert. Subtilität fehlt. Subtile Zeichensetzung, subtiles Erzählen. Den Trailer zu seinem neuen Film "Knives out" finde ich sehr anstrengend, da ich mich schon in diesen paar Minuten mit soviel an offensichtlicher Information zur Geschichte bombardiert fühle, dass mein Interesse an dem Film für keine Ebene geweckt wird.
Ja, ich bin gerade beim Kritisieren von TLJ, aber in Zusammenhang mit Semiotik macht das meiner Meinung nach grossen Sinn.
Semiotik im Film trägt auch dazu bei, den Zuschauer in die Welt des Filmes eintauchen zu lassen. Der Aspekt des Loslassens, des "Suspension of disbelief" beim Betreten einer fantastischen Welt oder allgemein einer Geschichte ist meiner Meinung nach die wichtigste Aufgabe beim Gebrauch semiotisch motivierter Elemente. Sie sind das Grundgerüst für die Kulisse, vor der die Charaktere interagieren.
Und da gab es für mich in TLJ viele tolle visuelle Elemente, die allerdings durch einen penetrant geschwungenen Holzhammer stark abgewertet wurden. Einige eklatante Beispiele sind zum Beispiel Vizeadmiral Holdo. Wenn ich solch einen Charakter habe, muss ich auch ohne irgendwelche zusätzliche Information erahnen können, welche Position der Charakter in der Geschichte haben kann. Sie war dargestellt wie ein altes Muttchen, eingeladen bei der Queen auf ´nem Ball. Lust
Schaut Euch mal die Bilder an, die es zu ihr gibt. Mir fällt auf, dass sie sehr oft mit einem Blaster in der Hand dargestellt wird. Ja, der Blaster suggeriert uns "Kämpferin". War der Blaster eigentlich irgendwann mal im Film zu sehen. Ich kann mich nicht erinnern. Aber NICHTS (ausser dem Blaster) transportiert irgendwie "Militärische Führungspersönlichkeit". Den Zuschauer darf nicht interessieren, ob sie gerade aus dem Urlaub gekommen ist oder nicht. Man muss es ablesen können. Semiotik hier in Bezug auf Kostüm und Mask: fail.
Lukes Charakterisierung auf Ahch-To ist ebenso ein fail. Ja, er hat sich zurückgezogen und lehnt es ab, ein Lichtschwert in die Hand zu nehmen. Wir hätten das alle verstanden, wenn er das Lichtschwert genommen, sich abgewandt und dann nach einem kurzen Moment des Innehaltens das Lichtschwert für den Zuschauer erkennbar bewusst (!) in die See gefeuert hätte. Aber die in der Art der Inszenierung transportierte Gleichgültigkeit war meiner Meinung etwas, das in Bezug auf Semiotik einfach unpassend war. Mit dem Holzhammer, studentisch, als wenn dem Zuschauer nicht etwas mehr zugemutet oder zugetraut werden könnte. Womit wir wieder bei dem "Suspension of disbelief" wären.
Es gibt natürlich genrespezifische semiotische "Dialekte", die allerdings genreübergreifend genutzt werden können. Komödie benutzt andere Mittel als Drama. Die Stimmungen, die in diesen beiden unterschiedlichen Genres erzeugt werden sollen, sind ganz spezifisch.
Jeder Zuschauer geht mit einer Erwartungshaltung in einen Film hinein. Wenn diese Erwartungshaltung nicht erfüllt wird, dann ist das eher unbefriedigend. Der durchschnittliche Zuschauer spürt das eher als er es benennen kann. Mancher Filme wirkt manchmal, als könne er sich nicht für ein Genre entscheiden. Das wird durch missverständlich platzierte Information erzeugt, von der der Zuschauer eigentlich weiss dass das eher "Aha! Komödie!" oder "Aha! Detektivfilm!" oder "Aha! Liebesfilm!" oder "Aha! Psychodrama!" betrifft.
AOTC hat hierunter auch "gelitten", finde ich, wobei es noch erträglich war.
Wir hatten hier "Thriller" (Attentat auf Amidala), "Actionfilm" (Verfolgungsjagd), Liebesfilm ("Annie und Padme"), Detektivstory ("Obi-Wan und der verschwundene Planet"), Kriegsfilm ("Rettungsaktion und Schlacht auf Geonosis"). Insgesamt haben mich diese Versatzstücke nicht wirklich gestört weil amüsant auch wenn sehr grob zusammengewoben, nur hat GL bei der Schlacht von Geonosis fürdie Kamera einen dokumentarischen Stil gewählt, der so überhaupt nicht zum Rest des/der Films/Filme passen wollte. In sich waren die einzelnen Segmente aber von den Stilmitteln her passend. Thriller war Film Noir inklusive Verfolgungsjagd und düsterer Bar und Schützen aus dem Hinterhalt ("Der dritte Mann" oder "M- eine Stadt sucht einen Mörder" als Beispiele für filmische Klassiker zu dem Thema), Liebesfilm mit Reise, hellen Bildern und ruhiger Inszenierung, Kaminfeuerromantik, lustigem Reiten auf Riesenzecken, Detektivstory ebenso Film Noir als Fortsetzung von "Thriller" und so weiter.
In TLJ aber hat Rian Johnson in ein eigentlich kohärentes Stück immer wieder Elemente injiziert, die so meiner Meinung nach keinen Platz haben und die Gesamtstimmung stören. "Comic Relief" in einem ernsten Film kann passen und hilfreich sein. Die Inszenierung der Szenen und die Darstellung der Charaktere war im Dialog "Poe und Hux" nur vollkommen falsch gewählt, weil so weit übertrieben, dass sie sowohl die Charaktere als auch die Stimmung im Film unglaubwürdig machten. Zumindest für mich, der wie sicher viele Zuschauer eine andere Erwartungshaltung hatte.
Ebenso die Injizierung einer potenziellen sexuellen Spannung zwischen Kylo und Rey beim zweiten "Gedankenkontakt". Warum musste Kylo Ren shirtlos auftreten? Was soll das dem Zuschauer sagen? Aber noch viel wichtiger, was sollte Reys Einwurf, ob er sich nicht was anziehen könne? Ersteres war unmotiviert. Und zweiteres hatte keinerlei Auswirkungen und kam ebenso wie der Lichtschwertwurf aus heiterem Himmel. Beides war vollkommen konsequenzlos und hat nichts zur Geschichte beigetragen beziehungsweise war eher plump.
Wenn man zeigen wollte, dass Rey von Kylo angezogen oder irritiert war, warum nicht ausführlicher und intensiver? So wirkt es eher wie ein Stolperer, wie zufällig. Liebe ist ein grosses Thema in Star Wars. Erotik war es stets eher weniger. Und wenn man denn etwas nicht in Disney-Filmen findet, dann Erotik. Aber hier in TLJ war es weder Fisch noch Fleisch. Es wurde sowohl auf visueller Ebene etwas gesetzt ("verschwitzter Männerkörper"), was dann auch noch im Dialog aufgegriffen wird (Reaktion Rey) aber keine direkte Konsequenz hat. Auch hier semiotisch im Bereich "Kostüm" und Drehbuch: FAIL.
Und das zieht sich meiner Meinung nach weiter durch TLJ durch. Die Spiegelsequenz könnte noch etwas bieten, hier ist viel an Bilddeutung möglich. Auch Lukes Abgang, viel möglich. Nur die Milch, die Milch. Was soll uns das sagen? Alleine das Bild der gemolkenen Seekuh hat mich sehr rausgerissen, weil ich nicht in der Lage war, das irgendwo in Star Wars udn Luke einzuordnen. Aber vielleicht ist das auch mein eingeschränktes Vermögen der in dieser Szene enthaltenen Semiotik
Ich denke, dass eine Untersuchung der verschiedenen Trilogien darauf basieren kann, wie stark der Einfluss der Regisseure auf die Filmherstellung war und wie deren persönliche filmische Sprache ist. Natürlich sollte man dann auch die Herstellungsbedingungen betrachten. Der Verkauf an Disney mag nämlich Einfluss auf die Herstellungsbedingungen haben, siehe die Vielzahl an Reshoots und katastrophalen Beziehungen zu Regisseuren bei Rogue One und Solo. Jedoch denke ich, dass sowohl George Lucas und somit Lucasfilm als auch Disney sehr, sehr konservative Firmen sind. Dementsprechend glaube ich, dass keine grossartigen Unterschiede in Bezug auf die in einem Film zu findende Sprache festzustellen sind.