1. Könnte es einen Dritten Weltkrieg geben: Ja, die Möglichkeit eines Krieges, der simultan einen Großteil des Erdballs umfasst und die wichtigsten politischen Akteure involviert, besteht natürlich - aber die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, ist vergleichsweise gering. Die Vernetzung der Welt durch Handel, Informationstechnologie, finanzielle Verbindungen, Reisen, militärische und politische Bündnisse, etc. ist extrem weit fortgeschritten und lässt Auseinandersetzungen unwahrscheinlicher werden. Zudem hat sich die nukleare Abschreckung bewährt - die großen Machtblöcke, die das Potential hätten, einen derart massiven Konflikt zu führen, wissen, dass dies für ihre Existenz zu gefährlich wäre. Das heißt nicht, dass ein konventioneller Konflikt nicht zu einem nuklearen Schlagabtausch eskalieren könnte, aber die Wahrscheinlichkeit ist niedrig.
2. Der rote Knopf: Das funktioniert zum Glück auch in autokratischen Staaten nicht ganz so leicht. Es gibt eine Befehls- und Kommandokette. Sollte sich beispielsweise Putin für einen Nuklearschlag entscheiden, dann muss dieser Befehl an den Generalstab weitergeleitet werden (der berühmte "rote Knopf" ist im Grunde ein sehr modernes verschlüsseltes Telefon für diesen Zweck) und dieser autorisiert dann für einzelne Abteilungen den Start, die ihn dann selbst durchführen müssen. An jeder Stelle kann diese Kommandokette unterbrochen werden, beispielsweise könnte der Generalstab die Weiterleitung der Befehle verweigern, weil die in der Doktrin vorgeschriebenen Bedingungen nicht erfüllt sind.
3. Ein nuklearer Krieg: Verheerend, ohne Zweifel, aber nicht das Ende der Menschheit als Spezies und auch nicht das Ende der menschlichen Zivilisation in ihrer modernen Form. Primärziele bei einer nuklearen Auseinandersetzung sind 1) andere Nuklearwaffen 2) militärische Einrichtungen 3) politische Zentren und 4) Bevölkerungszentren. Ein nuklearer Krieg hätte direkt ohne Zweifel Millionen von Opfern zur Folge, und mit den Verwerfungen und Folgen würden diese Zahlen dramatisch steigern, zu Hunderten Millionen oder sogar Milliarden - aber ein großer Teil der Weltbevölkerung würde die Auseinandersetzung überleben. Sie hätte mit der völligen Zerrüttung der modernen Handelswege als größtes Problem zu kämpfen (Stichwort Nahrungsmittel, Medizin, etc.), aber Strahlung und der berühmt-berüchtigte "nukleare Winter" wären weniger große Probleme als man früher teilweise annahm. Nicht falsch verstehen: Ein mit genuinem Vernichtungswillen geführter Atomkrieg unter Einsatz aller verfügbaren Waffen wäre das verheerendste Ereignis in der modernen Geschichte (nicht jedoch in der Geschichte an sich), aber die Menschen in den nicht direkt betroffenen Gebieten (primär die Südhalbkugel) hätten gute Chancen, das Ereignis zu überleben und die menschliche Zivilisation zu bewahren. In den direkt betroffenen Gebieten der Nuklearmächte (und ihrer Nachbarn), die sich in diesem Szenario aufeinander konzentrieren würden (USA, Russische Föderation, VR China, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Indien, Pakistan, Israel, Nordkorea) sähen die Folgen aber umso schlimmer aus - da wäre es wahrscheinlich, dass diese Nationen in der uns bekannten Form aufhören würden zu existieren.
4. Es gibt eine Reihe von "heißen Punkten", bei denen sich Nuklearmächte direkt gegenüber stehen. Der wohl gefährlichste ist Indien und Pakistan, aber, und das ist die beruhigende Nachricht: Obwohl diese Staaten mehrere konventionelle Kriege durchaus im größeren Maßstab gegeneinander geführt haben, wurden keine Atomwaffen eingesetzt. Der menschliche Selbsterhaltungstrieb ist groß, und Atomwaffen dienen der Abschreckung durch ihr Vernichtungspotential - es ist, für sich genommen, ein sehr rationales System, das selbst unter extremen ideologischen Bedingungen "funktioniert".
Es sind beunruhigende Zeiten, und dass man sich fürchtet, ist mehr als verständlich. Aber die Gefahr, so real sie auch ist, ist heute in Teilen tatsächlich geringer als während des Kalten Krieges, und das ist eine gute Nachricht.
