Komödie The Banshees of Inisherin

S-3PO

zum Superhelden umformatierter Protokolldroide
THE BANSHEES OF INISHERIN
Tragikomödie von Martin McDonagh


Plot:
Irland, 1923: Während auf dem Festland der Bürgerkrieg tobt, verhallen die Kanonenschüsse vor der Küste der 700 Einwohner fassenden Insel Inisherin. Hier ist alles normal, jeder lebt mit stoischem Selbstverständnis seinen Alltag. Auch Pádraic (Colin Farrell), der wie jeden Tag um 14 Uhr seinen besten Freund Colm (Brendan Gleeson) zum Pub abholen will. Doch an diesem Tag ist alles anders, denn Colm kündigt ihm aus dem Nichts die Freundschaft. Während dieser sich der Musik widmet, bricht für Pádraic eine Welt zusammen...

Cast:
Pádraic: Colin Farrell
Colm: Brendan Gleeson
Siobhán: Kerry Condon
Dominic: Barry Keoghan

Kritik:
War gestern im Kino und bin wirklich hin und weg von dieser ruhigen, aber packenden Groteske. Das Thema ist vermeintlich einfach, aber so ursprünglich - genauso authentisch ist die Atmosphäre und die teils sehr kernigen Charaktere. Colin Farrell und Brendan Gleeson erstmals wieder mit McDonagh vereint seit Brügge sehen...und sterben?, und ich bin fast so weit zu sagen, dass das sein bester Film ist. Vor allem Farrell und Gleeson sind wahnsinnig gut in ihren Rollen. Oscars incoming - ein Film, der im Kopf hängen bleibt.
 
Also um das hier nochmal aufzugreifen.

Was ich mir erwartet hätte kann ich nicht wirklich erklären :-(
Mir erschließt sich der gesamte Sinn hinter der Geschichte nicht. Die Charaktere verhalten sich seltsam was den Umständen nicht gerecht wird. Der Schluss ist dann doch irgendwie kein Schluss, der eine sieht zu wie sein Haus verbrannt wird und dann gehts weiter wie vorher?

Nicht falsch verstehen, ich kreide es dem Film nicht an, wie er endet. Ich kann nur irgendwie so gar nichts damit anfangen. Das ärgert mich auch ein bisschen, denn die schauspielerische Leistung, das Setting und alles drumherum fand ich überragend. Ich hätte die beiden gerne noch länger zusammen gesehen.
 
Also um es mal so einfach wie möglich auf den Punkt zu bringen:
Es geht um zwei Freunde, die sich auseinanderleben. Vielleicht hast du so etwas noch nie erlebt, ich kenne das durchaus. Es gibt Freunde, die bleiben und welche, die man irgendwann aus den Augen verliert.

In dem Fall des Films ist es natürlich vieeeel drastischer, plötzlicher und überspitzt. Aber auch das ist Fakt: Die beiden leben auf einer Insel mit ein paar Hundert Einwohnern. Wie beendet man da eine Freundschaft schon richtig? Da wucherte über Jahre etwas in Colms Kopf herum und dann bricht es auf einmal aus.
Hier handelt niemand richtig oder falsch, man kann außenstehend sicher am Anfang des Films Kopfschütteln über Colms Entscheidung und am Ende über Padraics Reaktion. Aber im Grunde sind das Menschen auf einer Insel, deren Freundschaft nicht mehr funktioniert und die das irgendwie handlen müssen.

Es gibt noch zahlreiche andere Sachen, über die man sprechen kann und die hier auch mit thematisiert werden. Den Bürgerkrieg, monotoner Alltag, die schöpferische Sehnsucht etwas Unsterbliches zu hinterlassen.
Also nur mal ein einfacher Kernaspekt herausgestellt an der Stelle.

Für mich ist das Ende sehr rund.
Die beiden sind gewissermaßen quitt. Padraic hat akzeptiert, dass er mit der Situation leben muss - auch wenn es nur geht, wenn er Colm hasst. Colm hingegen ist von Padraics Wandel durchaus beeindruckt. Er möchte zwar nicht mehr sein Freund sein, respektiert ihn aber inzwischen als Mann mit Gefühlen und Charakter anstatt als einfältigen Dummschwätzer.
 
Es geht um zwei Freunde, die sich auseinanderleben. Vielleicht hast du so etwas noch nie erlebt, ich kenne das durchaus. Es gibt Freunde, die bleiben und welche, die man irgendwann aus den Augen verliert.

Ja das kenne ich leider sehr gut und daran musste ich auch während des Films häufiger denken. Vielleicht hätte ich es lieber ein weniger überspitzt gesehen (bei allen fünf Fingern war ich irgendwie raus).
Aber ich verstehe diesen zentralen Kernaspekt und das gefällt mir dann doch.

Für mich hatte es auch etwas von Bürgerkrieg in seiner kleinsten Form, diese Verbindung fand ich auch schön.

Danke für deine Erklärung des Endes. Vielleicht habe ich hier einfach ein Happy End erwartet, auch wenn ich weiss dass es sowas im echten Leben wohl eher nicht gibt.
 
Am Ende ist der Film halt eine Groteske. McDonagh hat ja immer den leichten Hang dann in Form von Drastik etwas auszubrechen. Das muss nicht jedem gefallen, ich fand es großartig.

Für mich hatte es auch etwas von Bürgerkrieg in seiner kleinsten Form, diese Verbindung fand ich auch schön.

Exakt. Fand diese Ebene auch interessant.

Naja gewissermaßen ist es ja eine Art Happy End, wenn man sich damit abfindet, dass diese Freundschaft nach all den Ereignissen keine Zukunft mehr haben wird. Halt kein klassisches Hollywood-Ende, das wird dem Film finde ich aber auch nicht gerecht.
 
Auf jeden Fall einer der interessantesten Filme der letzten Jahre und für mich sehr sehenswert.
Spontan kann ich mich an keinen Film erinnern, der so unterschiedliche und intensive Emotionen bei mir geweckt hat.
Über manche Szenen musste ich lachen, anderes hat mich ziemlich verstört.

Die porträtierten Inselbewohner sind richtige "Charakterköpfe", wenn auch keineswegs immer "sympathisch". Ganz besonders ans Herz gewachsen ist mir Dominic, der arme Kerl.
Und ich habe richtig mitgefiebert, ob Siobhán tatsächlich Inisherin verlassen wird und mich für sie gefreut.

Faszinierend fand ich vor allem Pádraic. Ich schwankte zwischen Mitleid (der Arme wird einfach eiskalt abgewiesen und beleidigt) und Unverständnis (warum lässt er es jetzt nicht endlich gut sein?). Colin Farrell hat hier wirklich brillante Arbeit geleistet.

Mrs. McCormack hat mir ganz schön Angst eingejagt.

Ich finde, der Film hätte mindestens einen Oscar verdient.
 
Ich habe „Brügge sehen … und sterben?“ geliebt und war hingerissen von „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, mit „The Banshees of Inisherin“ bin ich hingegen nicht warm geworden. Zwar feines Schauspiel, aber für mich ein zu konstruierter Plot. Mir ist es nicht gelungen in die Geschichte einzutauchen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gestern gesehen… Dieser eher ruhige Film wird mehr was für die Zuschauer mit Geduld sein. Der Film war gut, auch von der Kinematographie, aber „Brügge…sehen und sterben“ fand ich persönlich besser.
 
Man merkt halt, dass sich McDonagh hier wesentlich mehr Narrenfreiheit rausgenommen hat. "Brügge sehen...und sterben?" ist da noch deutlich gefälliger an der Dramaturgie einer klassischen, unterhaltsamen Groteske angelehnt. Gerade dieses Kantige hat mir aber besonders gut gefallen und gibt dem ganzen so eine unverbrauchte Ehrlichkeit.
 
Man merkt halt, dass sich McDonagh hier wesentlich mehr Narrenfreiheit rausgenommen hat. "Brügge sehen...und sterben?" ist da noch deutlich gefälliger an der Dramaturgie einer klassischen, unterhaltsamen Groteske angelehnt. Gerade dieses Kantige hat mir aber besonders gut gefallen und gibt dem ganzen so eine unverbrauchte Ehrlichkeit.
Ich bin gerade in der heutigen Kinolandschaft immer begeistert, wenn jemand seine eigenen Ideen umsetzen kann und darf.

Selbst wenn mir das Ergebnis nicht immer gefällt, muss ich einfach die künstlerische Kreativität und Freiheit honorieren.

Natürlich schaue ich auch gerne Filme, die nach einem eher konservativen Muster funktionieren und unterhaltsam/konsumierbar sind.

Dieser Film hier hat definitiv Widerhaken und mehr als einmal dachte ich: "WTF ist DAS denn jetzt?" :D

Und trotzdem ist es nicht nur grotesk, sondern es gibt anregende Dialoge, zutiefst traurige Szenen, Situationen, die das Zuschauerhirn am Laufen halten, zum Mit- und Nachdenken herausfordern.

Edit: Auch der Soundtrack ist herausragend und zeigt, dass sich hier jemand Gedanken gemacht hat, die Figuren, deren Gefühle und Handlungen, die Insel und deren Atmosphäre musikalisch darzustellen.
Die Musik ist nicht nur ein Klangteppich zur Untermalung der Szenen, sondern steht als künstlerische Aussage eigentlich sogar für sich selbst.

Hier auch ein interessanter Artikel dazu:

 
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Huh, ich habe gestern die erste Hälfte des Films gesehen. Bis Colm sich den ersten Finger abgeschnitten und bei Patrick an die Tür geworfen hat. Da war für mich Schluss.
Wie eklig. Und wie unrealistisch. Keine Ahnung, ob der Film ein gutes Ende hat oder wie die beiden nachher miteinander umgehen, aber das konnte ich nicht weitergucken...
 
Unrealistisch...immer schwieriges Wort in Bezug auf Filme. McDonagh orientiert sich hier in der Drastik/Symbolik an traditionellen Märchen, dieses Stilelement hat er aber auch schon in vorherigen Werken (gerade in "Brügge sehen...und sterben?") angewendet. Ich finde es halt schockierend und im ersten Moment nicht nachvollziehbar. Vielleicht die bessere Beschreibung. Für mich hat aber gerade das dazu geführt mich mit der Figur näher zu befassen.
 
Huh, ich habe gestern die erste Hälfte des Films gesehen. Bis Colm sich den ersten Finger abgeschnitten und bei Patrick an die Tür geworfen hat. Da war für mich Schluss.
Wie eklig. Und wie unrealistisch. Keine Ahnung, ob der Film ein gutes Ende hat oder wie die beiden nachher miteinander umgehen, aber das konnte ich nicht weitergucken...

Ich glaube, an so einen Film kann man nicht nach realistischen Maßstäben herangehen, auch wenn er in der Realität spielt.

Deine Irritation kann ich dennoch sehr gut nachvollziehen; ich war kurz sprachlos bei dieser Szene.
Und was danach noch so alles kommt....

In dem von mir eingestelltem Artikel über die Filmmusik wird u.a. auch der märchenhafte Charakter herausgestellt. Es ist mir nicht so ins Auge gefallen, aber ja: Pádric hat etwas sehr Kindliches an sich, wie er da mit seinen Tieren im Haus spricht und schläft.

Auch die Inspiration zur Musik durch das Märchen Aschenputtel finde ich hochinteressant.
In der ursprünglichen Version zwängen sich die bösen Stiefschwestern nicht nur in den engen Schuh, sondern hacken sich tatsächlich die Zehen ab.

Das hat eine sehr gewaltsame, surreale, aber durchaus konsequente Note, die wir auch bei den Bewohnern von Inisherin finden.

Aber ja, es ist sicher ein eigenwilliges Werk, auf das man sich auch bewusst einlassen muss. Sonst denkt man einfach nur "Was zur Hölle?" und schaltet ab.
 
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