Review:
(Mit Spoilern)
Mit "Eragon" hat auch das Jahr 2006 seinen jährlichen Fantasy-Film erhalten und mit diesem Starttermin tritt er natürlich auch (bewußt) in die großen Fußstapfen des Herrn der Ringe und der Chroniken von Narnia.
Aufgrund der damit geschürten Erwartungshaltung wird "Eragon" sich auch an diesen Werken messen lassen müssen.
Von zentraler Bedeutung für die Wirkung eines Films wie "Eragon" ist natürlich die Glaubwürdigkeit seiner phantastischen Hauptdarstellerin Saphira.
Die Voraussetzungen sind zunächst nicht allzugut, hatte Hollywood bisher doch selten ein glückliches Händchen, wenn es um Drachen ging und noch seltener gelang es einen Drachen auch bei guter Ausgangslage über die gesamte Filmlänge überzeugend darzustellen.
Der erste Eindruck ist jedoch außerordentlich gelungen: Der Baby-Drache ist extrem liebenswert und den Effekt-Künstlern gelang damit ihre beste Arbeit für diesen Film.
Auch die (fast) ausgewachsene Saphira ist durchaus gelungen, jedoch darf man keine Revolution erwarten, - da sich Saphira auf einen Niveau bewegt, welches man spätestens seit "Dragonheart" (also seit gut 10 Jahren) gewöhnt ist.
Das Minenspiel des erwachsenen Drachen ist relativ zurückhaltend und beschränkt, was aber in diesem Fall absolut ausreichend ist und sicherlich zur Glaubwürdigkeit beiträgt.
Ebenso ist es gut, dass Saphira nicht direkt spricht, - sondern Eragon ihre Gedanken hören kann.
Die Flug-Action des Drachen ist leider nur begrenzt überzeugend, im großen Ganzen ist man da bereits besseres gewöhnt.
Speziell ein Kritikpunkt ist, dass Saphira häufig "auf dem Bild" statt "in dem Bild" ist, - also recht schlecht eingefügt wurde.
Hinsichtlich der Interaktion von Eragon und Saphira während des Fluges wird kein großes Risiko eingegangen, - auffallend häufig verläßt man sich auf große Frontalaufnahmen Eragons, die ähnlich bereits Mitte der 80er umgesetzt werden konnten.
Als vorläufig letzter wichtiger Punkt bezüglich Saphira bleibt die gewählte Stimme übrig:
Da ist zunächst festzustellen, dass die Stimme von Nena hier extrem jung wirkt, - im Unwissen, dass es sich um Nena handelt, hatte ich die Sprecherin im Kino so auf 15 geschätzt.
Diese junge Stimme ist insofern passend, da es sich bei Saphira ja um einen jungen Drachen handelt und auch Eragon ja sehr jugendlich ist.
Auf der anderen Seite handelt es sich bei Saphira aber auch um einen 10-15 Meter langen Drachen, was imo für eine weniger mädchenhafte Stimme gesprochen hätte.
Trotzdem ist die Stimme grundsätzlich natürlich sehr angenehm zu hören und wirkt am besten während der normalen ruhigen Dialoge, - das Rufen während des Fluges klingt hingegen irgendwie merkwürdig.
Edward Speleers liefert als Eragon eine zufriedenstellende Leistung ab und schafft es recht gut den Kontrast zwischen dem Bauernjungen Eragon und dem Drachenreiter Eragon deutlich zu machen.
Da es sich um ein Debut handelt, würde ich sagen, dass Speleers eher schon mehr geleistet hat, als man im Vorfeld erwarten durfte, auf jeden Fall sind die teils sehr heftig beleidigenden Aussagen hinsichtlich seiner Person imo unpassend und unfair.
Ebenfalls solide Leistungen zeigen Sienna Guillory, Garret Hedlund (imo besser als in "Troja") und Djimon Hounsou, wobei ich es im letzten Fall sehr schade finde, dass er keine Gelegenheit bekam mehr zu zeigen, da Hounsou imo ein sehr gute Schauspieler ist.
Arya gefiel mir in den ersten Szenen recht gut, baute dann imo im Mittelteil ziemlich stark ab und überzeugte erst in der Festung der Warden wieder.
Die Rolle des Murtagh ist vielleicht die coolste und interessanteste des Films und ich bedaure es, dass man hier nicht gerade viel über ihn erfahren hat.
Einen eher schlechten Schnitt machen die Schauspieler der bösen Charaktere und dabei begann es zumindest für Robert Carlyle doch noch so gut. Ich fand seinen ersten Auftritt ungeheuer atmosphärisch und habe mich gefragt, wieso er nicht auch in "TnD" so ausdrucksstarke, glaubhafte Bösartigkeit darstellen konnte.
Leider konnte dieser erste gute Eindruck im weiteren Verlauf des Films in keinster Weise bestätigt werden, - selbst in den besseren Szenen hat Carlyle noch viel zu häufig einen ziemlich übertriebenen "Ich bin echt fies"-Gesichtsausdruck drauf.
Aufgrund der vielen Lacher ist festzuhalten, dass Durza an sich und Carlyles Darstellung leider auf eine beträchtliche Anzahl der Kinozuschauer unfreiwillig komisch wirken dürfte.
Auch da das Konzept des "Schattens" eigentlich sehr interessant klingt (auch wenn man im Film verdammt wenig darüber erfährt) ist dies sehr schade, - aber immerhin gelingt ihm noch der wohl beste Spruch des Films, als er während der ersten Konfrontation feststellt, dass er sich von Eragon
irgendwie mehr erwartet hatte.
John Malkowich wird mit seiner Einmannschau (auch wenn Durza sich mit im gleichen Raum befindet) und der Phrasendrescherei deutlich unterfordert.
Man merkt ihm zwar nicht wirklich etwas an, aber imo dürfte er sich bei dieser Arbeit fast zu Tode gelangweilt haben.
Für den eigentlich Hauptbösewicht hätte ich mir auf jeden Fall einen anderen Namen gewünscht, - ich mußte ständig an Asterix und Obelix denken und das war für die bedrohliche Wirkung von Galbatorix nicht gerade von Vorteil.
Mhm, Drachen suchen sich ihre Partner ja selber aus und da ist es wohl auch naheliegend, dass die Reiter zur Persönlichkeit des Drachen passen, dann aber dürfte Galbatorix sein Verrat recht schwer gefallen sein: Wer würde schon einer Person mit so einem üblen Drachen (sah richtig cool aus im letzten Bild) trauen?
Bleibt noch Jeremy Irons als ehemaliger Drachenreiter Brom, der überzeugen konnte.
Die beste Szene mit ihm war, wo er und Eragon mit den Stöcken trainieren und Eragon meint, dass er sich nicht mit alten Männern schlagen würde, worauf Brom nur locker erwidert, dass er eine Ausnahme machen solle und ihn dann auch sofort erstmal gepflegt verprügelt.
Irons ist recht weit davon entfernt eine Schauspielleistung zu bringen, die man als herausragend charakterisieren könnte, - aber verbunden mit dem ihm eigenen Charme reicht es immerhin um ihn zum besten Schauspieler des Films zu machen.
Nun einige Grundsätzlichkeiten:
Ich habe ja nichts dagegen, wenn man sich von anderen inspirieren läßt und da alle erzählenswerte Motive sowieso bereits verwendet wurden, muß sowieso jede neue Produktion im Grunde Altbekanntes aufgreifen, aber selten ist dies so auffällig wie hier:
Wenn z.B. zu Beginn des Films von einem jungen Drachenreiter die Rede ist, hat man wohl fast zwangsweise Obi Wans Ausführungen über Darth Vader in ANH im Ohr, - hätte nur noch gefehlt, dass Galbatorix der Schüler des weisen Erzählers war und der Vater von Eragon ist.
Aber was nicht ist, kann ja noch werden, wenn man Broms Verschwiegenheit und Eragons Familienhintergrund betrachtet.
Wenn deutlich wird, dass Eragons Onkel von Durzas Kreaturen (imo ein gutes und angsteinflößendes Design) getötet werden wird, erwartet man bereits den jungen Helden in einer weiten Aufnahme vor seinem brennenden Haus stehen.
Zuerst scheint es anders zu kommen, aber durch die von Brom durchgeführte Feuerbestattung tritt diese Vision dann doch noch ein.
Und wenn man schon bei Parallelen zu Star Wars ist, kann man auch gleich die wirklich gravierendste Schwäche von "Eragon" ansprechen, die in den fast durchgängig miesen Dialogen zu finden ist.
Es ist wirklich unglaublich, wie hohl und sinnfrei Dialoge und Monologe doch sein können!
Von grausigen Dialogen war "Star Wars" vor gut 30 Jahren freilich auch durchsetzt, nur schien das Publikum das irgendwie ignorieren zu können; heute ist es dank rosaroter Fan-Kopfhörer ohnehin praktisch nicht mehr wahrnehmbar.
Es ist aber wohl unwahrscheinlich, dass es "Eragon" ähnlich ergehen wird (ob das generell etwas über das heutige und das damalige Kinopublikum aussagt?).
Von dieser großen Filmschwäche wird besonders Saphira heftig geschüttelt, - die dazu verdammt wurde Offensichtlichkeiten, Allerweltsweisheiten und Dinge die aus sonstigen Gründen ungesagt bleiben könnten, aussprechen zu müssen.
Nach kurzer Zeit weiß man dann auch nach welchen Regeln die Kommunikation zwischen Eragon und Saphira funktioniert, so dass sich recht sicher vorhersagen läßt was der Drache als nächstes sagen wird:
Was soll auf Eragons "Paß auf dich auf" denn schon anderes kommen, als das unvermeidliche "Paß
du auf dich auf!"?
Und natürlich kommt "Morgen" manchmal schneller als man denkt.
Die leeren Phrasen von Galbatorix habe ich ja bereits erwähnt aber auch Broms Ankündigung, dass die Zeit der Drachenreiter zurückkommen würde in Verbindung mit Eragons Wiederholung als er es Saphira erzählt, wird den meisten Zuschauern wohl nur ein gelangweiltes "toll" entlocken können.
Und als letztes Beispiel für die Dialoge des Films ist da noch folgender Satz von Eragon zu erwähnen:
Eragon (zu Arya): "Du siehst so....
kampfbereit aus." --> Wurde ein Komplimentversuch jemals erbärmlicher und lächerlicher abgebrochen?
Der Story kann man wohl durchaus eine gewisse Epik unterstellen nur leider ist davon im Film nichts zu spüren, alles wirkt irgendwie furchtbar klein und gewöhnlich und wird lediglich pflichtbewußt angesprochen und dann abgehakt.
Das spiegelt sich auch in den Filmmitteln wieder, speziell zu Beginn des Films ist der Schnitt sehr einfallslos und reiht einfach Szene an Szene.
Auch Dinge wie Kameraeinstellungen erreichen teilweise nur TV-Niveau.
Bei der eigenen Einfallslosigkeit verwundert es nicht, dass die weiten Landschaftsaufnahmen durch die sich die Helden bewegen aus "HdR" kopiert wurden, - ohne jedoch die gleiche Klasse zu erreichen.
Beim Design und der Glaubwürdigkeit der Fantasy-Welt gibt es Licht und Schatten.
Beispiele für Gelungenes ist die Festung der Warden, der Ort mit der Wahrsagerin, das Killerkomando von Durza sowie auch sein "Schatten"-Drache.
Als negativ sind vor allem die Urkals zu bewerten, die eben nur angemalte (häufig dickbäuchige) Menschen sind. Dass Arya eine Elfe ist, kann man im Film imo nicht ausmachen und dann soll es auch Zwerge gegeben haben?
Generell ist der Look leider auf eher unrealistisch erscheinende "Fantasy" ausgerichtet.
Scheinbar will einen der Film auch wieder in die 80er zurückversetzen, als 50 Mann-Armeen der Standart waren.
Es wird durchaus der Eindruck vermittelt, dass Durzas Angriffsstreitmacht recht groß wäre, aber das spiegelt sich optisch kaum wieder.
Eine einzige Szene wo wirklich eine ganze Menge Soldaten einen Berg herunterkommen ist positiv zu erwähnen, aber schon in der nächsten Einstellung sieht man dann wieder eine 20-Mann Kampfeinheit angreifen, die im Feuerstrahl von Saphira untergeht.
Damit scheint dann die Armee von Durza größtenteils schon besiegt zu sein und auch sonst bekommt man nur sehr wenig von der Schlacht mit, - nach "HdR" ist das viel zu wenig.
Die Musik ist in Ordnung, nichts spektakuläres dabei aber trotzdem hin und wieder recht penetrant, aber im Prinzip nichts was man groß kritisieren müßte.
106 Minuten schienen mir im Vorfeld etwas wenig für diesen Film zu sein, aber im Kino hat es ganz gut gepaßt, - es gab in den letzten beiden Jahren viele Beispiele wo die Länge des Films schlechter bemessen war.
Etwas störend empfinde ich noch, dass man hier deutlich merkt, dass man nur den Auftakt eines größeren Abenteuers vorgesetzt bekommt.
Trotz der Qualität des Films möchte man schon erfahren, was z.B. Galbatorix und sein Drache so drauf haben oder wie es mit den ganzen anderen Charakteren weitergeht.
Fazit:
Ich hatte nur sehr geringe Erwartungen an diesen Film, da es bei der Flut von Fantasyverfilmungen im Grunde nur eine Frage der Zeit war bis es mal ein weniger gelungenes Werk ins Kino schafft.
Der Film bestätigt dann auch das, was der Trailer bereits vermuten ließ: Sowohl stilmäßig als auch von der Qualität her liegt "Eragon" deutlich näher an "Dungeons and Dragons" als an "Der Herr der Ringe"
Die größten Schwäche des Films sind die hohlen Dialoge und Monologe.
Aber trotz allem was man dem Film vorwerfen kann, muß man doch feststellen, dass man während der 106 Minuten zumindest (seicht) unterhalten wird.
Für einen Kinobesuch Zwischendurch ist das im Grunde noch in Ordnung, aber aufgrund des durch "HDR" und "Narnia" gesetzten Standards ist es für einen Film, der sich selbst als eine Art "Nachfolger" versteht dann doch zu wenig.