@Jedihammer & Lynn: Ich merke schon, ihr hattet kein BWL
Hier mal was vom BfDI
http://www.bfdi.bund.de/cln_030/nn_...hutzAuskunfteien/Artikel/GlaesernerKunde.html
Gläserner Kunde
Das Sammeln und Verknüpfen von Daten liegt im Trend. Dieser Entwicklung muss gegengesteuert werden, um das informationelle Selbstbestimmungsrecht zu bewahren.
Die fortschreitende Digitalisierung und die damit verbundene starke Zunahme der Datenströme führen zu einer Vielzahl personenbezogener Daten. Das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen ist vor allem deshalb gefährdet, weil bei Entscheidungsprozessen nicht mehr, wie früher, auf manuell zusammengetragene Karteien und Akten zurückgegriffen werden muss. Vielmehr können heute Daten über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer Person technisch gesehen unbegrenzt gespeichert und jederzeit ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abgerufen werden. Sie können darüber hinaus ? vor allem bei integrierten Informationssystemen ? mit anderen Datensammlungen zu einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammengefügt werden, ohne dass der Betroffene dessen Richtigkeit beeinflussen und seine Verwendung zureichend kontrollieren kann. Auch für die Werbung, Markt- und Meinungsforschung werden mit immer neuen Ideen immer mehr Kundendaten zusammengetragen und ausgewertet, um zu immer ausgefeilteren Kundenprofilen zu kommen: Kundenkarten, Apotheken-CD, SmartCards etc. helfen dabei.
Es ist schon dann problematisch, wenn vielfältige personenbezogene Daten eines Menschen mit seinem Wissen zusammengestellt werden, weil er im Zweifelsfall die weitreichenden Konsequenzen nicht abschätzen kann. Erfolgt dies aber ohne seine Kenntnis, wird sein informationelles Selbstbestimmungsrecht stark in Mitleidenschaft gezogen.
Die technologische Entwicklung und der rasant wachsende Bestand von personenbezogenen Daten bilden die Grundlage für immer aussagepräzisere Profile. Ein aktuelles Beispiel ist eine CD für nur 15 Euro mit deutschlandweiten Informationen zu Kaufkraft und Zahlungsmoral von Bewohnern einzelner Straßenabschnitte und sogar einzelner Wohnhäuser. Die Daten stammen vor allem aus Inkassodaten und öffentlichen Schuldnerlisten. Da eine direkt personenbezogene Bewertung selbst aus Sicht des Anbieters illegal wäre, hat man bei der Bewertung immer mehrere Haushalte zusammengefasst. Kennt man die Adresse, kann man gleichwohl über das Wohnumfeld des potentiellen Arbeitnehmers oder Kunden sehr aussagekräftige Informationen erhalten. Elektronische Adress- und Telefonverzeichnisse erleichtern dabei die Erkenntnisgewinnung.
Ein weiteres datenschutzrechtliches Problem stellt das wachsende Netz verschiedener Auskunftssysteme dar. Zwar besteht grundsätzlich ein legitimes Interesse der Wirtschaft, sich vor Betrügern, schwarzen Schafen und zahlungsunfähigen oder -unwilligen Kunden zu schützen. Datenschutzrechtliche Gefahren entstehen insbesondere, wenn Systeme zusammengeschaltet werden oder wenn beliebig aus allen Systemen Informationen abgerufen werden können. Es darf nicht dazu kommen, dass z.B. ein junger Mensch, der im Alter von zwanzig Jahren auch nach einer Mahnung seine Handyrechnung nicht bezahlen konnte, anschließend kein Konto mehr eröffnen kann, keine Wohnung findet, keinen Versicherungsvertrag bekommt und ihm selbst der Zahnersatz nur gegen Vorkasse gewährt wird, weil auch Zahnärzte über Auskunfteien die Bonität ihrer Patienten abfragen, bevor sie an ihnen kostenintensive Behandlungen vornehmen.
Besonders problematisch ist es, wenn der Einzelne ohne eigenes Fehlverhalten in ein elektronisches Warnsystem gerät, sei es aufgrund einer Verwechselung oder durch nachlässiges oder nicht vertragskonformes Meldeverhalten der einzelnen Teilnehmer solcher Systeme. Zwar schreibt das BDSG vor, dass bestrittene Forderungen gesperrt werden müssen bzw. erst gar nicht in ein Auskunftssystem gemeldet werden dürfen. Die Einhaltung dieser Vorgabe wird jedoch nur stichprobenartig von den Auskunfteien überprüft. So belegen viele Eingaben Betroffener, dass Gläubiger bei streitigen Forderungen oftmals mit einer Meldung drohen, um den Schuldner zu einer Anerkennung der Forderung zu ?bewegen?.
Aus meiner Sicht reicht es nicht aus, dass die jeweils zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde im Einzelfall eines Gesetzesverstoßes einschreitet. Ich trete vielmehr dafür ein, dieser besorgniserregenden Entwicklung auch datenschutzpolitisch zu begegnen und habe ? meiner gesetzlichen Aufgabe gemäß ? dem Deutschen Bundestag verschiedene Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt:
Durch gesetzliche Klarstellung sollte dafür gesorgt werden, dass umfassende Zentraldateien durch branchenspezifische Auskunftssysteme abgelöst werden. Nach geltendem Recht gilt für Auskunfteien und Warndateien der § 29 BDSG. Danach dürfen Daten, die eine Auskunftei in ihrem System gespeichert hat, an einen Dritten übermittelt werden, wenn dieser ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft machen kann und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an der Nichtübermittlung hat.
Unter Berufung auf diese generelle Regelung haben Auskunfteien Zentraldateien aufgebaut, auf die ungefiltert Zugriff genommen werden kann. Hier könnte eine gesetzliche Begrenzung auf branchenspezifische Auskunftssysteme Abhilfe schaffen, die dem Schutzbedürfnis einzelner Wirtschaftssparten angemessen Rechnung tragen und zugleich dem berechtigten Schutzinteresse des Betroffenen genügen.
Darüber hinaus wäre ein gesetzlicher Folgenbeseitigungsanspruch hilfreich: Eingaben belegen, dass viele Bürger ohne eigenes Fehlverhalten in elektronische Warnsysteme geraten, sei es aufgrund einer Verwechslung oder durch sonstige Systemfehler. Selbst wenn die Auskunftei das fehlerhafte Datum berichtigt, erfährt der Betroffene im Regelfall nicht, an wen das falsche Datum bereits übermittelt wurde und welcher Schaden dadurch entstanden ist. Auskunfteien berufen sich in diesen Fällen häufig darauf, nicht gespeichert zu haben, an wen sie wann welche Daten herausgegeben haben. Was für die Auskunftei nur ein ?nicht korrektes Datum? unter Millionen anderer Daten ist, kann aber für den Betroffenen existenzgefährdend sein.