Tagespolitik allgemein

Vorweg, ein sehr schöner unter detaillierter Beitrag. Klingt alles sehr bedacht.
. Das Zahlenverhältnis ist in Afghanistan übrigens ähnlich. Es wäre mir neu, dass bei den Luftangriffen der Anti-IS-Koalition "zahllose" Zivilisten getötet werden, tatsächlich werden große Anstrengungen unternommen, um genau das zu vermeiden (nicht zuletzt aus PR-Gründen). Der überwältigende Anteil der getöteten syrischen Zivilisten wurde durch Assad-Truppen, den IS und verschiedene islamistische Rebellengruppen getötet (Massaker durch moderate Rebellen sind in großen Teilen unbestätigt, ich will dies aber nicht völlig ausschließen).
Ich habe nämlich eine Meldung zur Drohnenkampagne gehört, aus der hervorgeht das fast 90% der getroffenen Personen seien keine Zielpersonen, sondern Zivilisten.
http://www.ibtimes.com/nearly-90-th...tended-targets-during-five-month-span-2142183
https://theintercept.com/drone-papers/the-assassination-complex/
https://www.thebureauinvestigates.c...igh-civilian-death-toll-in-cia-drone-strikes/
https://www.thebureauinvestigates.c...igh-civilian-death-toll-in-cia-drone-strikes/

Selbst Ex-Militärs haben in einem gemeinsammen Brief geben den Dronenkrieg einzustellen und haben einen gemeinsamen Brief verfasst.
http://www.newsweek.com/former-military-members-ask-drone-operators-protest-leave-jobs-344745
newsweek.com schrieb:
Three men with rifles were walking along a road somewhere in Afghanistan; the two in front looked as if they were having an argument, while the third wandered a little behind them. Bryant says he had no idea who the men were, only that they were targets. Command ordered his team to aim a missile at the two men in front instead of the one in the back, as 'two is better than one.'

When the smoke cleared, a crater appeared on Bryant’s screen, littered with the body parts of the two men. The third man lay on the ground, missing part of his right leg. 'I watched him bleed out,' Bryant recalls. The third man’s blood, which on Bryant’s screen appeared white in infrared, drained from his body, pooled on the ground and cooled. 'After a while, he stopped moving, and he became the same color as the ground.'

[/QUOTE=newsweek.com]
“Having our folks make that mental shift every day, driving into the gate and thinking, All right, I’ve got my war face on, and I’m going to the fight, and then driving out of the gate and stopping at Wal-Mart to pick up a carton of milk or going to the soccer game on the way home—and the fact that you can’t talk about most of what you do at home—all those stressors together are what is putting pressure on the family, putting pressure on the airman,” Col. James Cluff told The New York Times.

New Stanford/NYU study documents the civilian terror from Obama's drones - The Guardian

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Auch die junge Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafza sagte schon 2013 in einem Gespräch mit Obama was seine Drohnenkampagne in ihrer Heimat anrichtet.
cnn.com schrieb:
"I also expressed my concerns that drone attacks are fueling terrorism," she said in a statement released today. "Innocent victims are killed in these acts, and they lead to resentment among the Pakistani people. If we refocus efforts on education it will make a big impact."
http://politicalticker.blogs.cnn.com/2013/10/11/obamas-meet-with-malala/

Kurz gesagt, die Drohnenkampagne wird von der dortigen Zivilbevölkerung als der reinste Terror wahrgenommen. Da man die Drohnen weder sieht, noch hört und es jederzeit ohne Vorwarnung einen Einschlag geben kann. Die Drohnen sind also äußerst Kontraproduktiv wenn man damit vertrauen in den Westen wecken will.

http://www.alternet.org/story/48620/the_war_on_terror_is_the_leading_cause_of_terrorism
 
Da es für keine Seite danach aussieht, als ob sie in der nächsten Zeit einen umfassenden Sieg erringen könnte, gibt es vielleicht wirklich die Möglichkeit, dass zumindest streckenweise Waffenstillstände zustande kommen. Der Westen kann sich nicht durchringen, kriegsentscheidene Schritte einzuleiten, und auch Russland dürfte irgendwann genug vom größten Bombodrom seiner Luftwaffe haben. Im Iran verkaufen sich die viele Särge der Angehörigen des Pasdaran sicherlich auch immer schlechter, und selbst die Araber haben vielleicht irgendwann ein Einsehen, dass die Instabilität der Region auch für sie Nachteile mit sich bringt.

Ein politisches stabiles Syrien dürfte aber nach wie vor eine Vision sein, bis zu deren Umsetzung nach viele, viele Jahre vergehen werden.
 
Polen nutzt den Anschlag bereits für seine Zwecke aus.
Man will in Polen wegen des Anschlags sich nicht mehr an den Vertrag zur Aufname von Flüchtlingen beteiligen.
 
Vorweg, ein sehr schöner unter detaillierter Beitrag. Klingt alles sehr bedacht.

Ich habe nämlich eine Meldung zur Drohnenkampagne gehört, aus der hervorgeht das fast 90% der getroffenen Personen seien keine Zielpersonen, sondern Zivilisten.
http://www.ibtimes.com/nearly-90-th...tended-targets-during-five-month-span-2142183
https://theintercept.com/drone-papers/the-assassination-complex/
https://www.thebureauinvestigates.c...igh-civilian-death-toll-in-cia-drone-strikes/
https://www.thebureauinvestigates.c...igh-civilian-death-toll-in-cia-drone-strikes/

Selbst Ex-Militärs haben in einem gemeinsammen Brief geben den Dronenkrieg einzustellen und haben einen gemeinsamen Brief verfasst.
http://www.newsweek.com/former-military-members-ask-drone-operators-protest-leave-jobs-344745


Zunächst bezog sich meine Bemerkung auf die Kämpfe in Afghanistan selbst, nicht auf die Drohnenangriffe im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Laut der von dir angegebenen und im Wikipedia-Artikel verlinkten Quelle https://www.thebureauinvestigates.com/category/projects/drones/drones-graphs/ sehen die Zahlen für Pakistan (2004 bis September 2015) so aus:

Total strikes: 421
Obama strikes: 370
Total killed: 2,489-3,989
Civilians killed: 423-965
Children killed: 172-207
Injured: 1,158-1,738

Ausgehend von den höchsten Angaben (ca. 4.000 Tote, davon ca. 1.000 Zivilisten) ergibt sich eine Rate von 25%.


Ebenfalls mit dem Thema beschäftigte sich die New America Foundation:

An ongoing study by the New America Foundation finds non-militant casualty rates started high but have declined steeply over time, from about 60% (3 out of 5) in 2004-2007 to less than 2% (1 out of 50) in 2012. The study puts the overall non-militant casualty rate since 2004 at 15-16%, or a 1:5 ratio, out of a total of between 1,908 and 3,225 people killed in Pakistan by drone strikes since 2004.

Die also teilweise kolportiere Zahl von 90% ziviler Opfer kann sich also eher auf eine einzelne Operation beziehen und nicht auf die Drohnenoperationen als ganzes. Zudem hat seit 2007 ein Umdenken stattgefunden und es wird deutlich stärker als in der "Frühzeit" auf Zivilisten geachtet.

http://articles.latimes.com/2011/feb/22/world/la-fg-drone-strikes-20110222

A February 2012 Associated Press investigation found that militants were the main victims of drone strikes in North Waziristan contrary to the "widespread perception in Pakistan that civilians (...) are the principal victims." The AP studied 10 drone strikes. Their reporters spoke to about 80 villagers in North Waziristan, and were told that at least 194 people died in the ten attacks. According to the villagers 56 of those were either civilians or tribal police and 138 were militants. Thirty-eight of the civilians died in a single attack on 17 March 2011. Villagers stated that one way to tell if civilians were killed was to observe how many funerals took place after a strike; the bodies of militants were usually taken elsewhere for burial, while civilians were usually buried immediately and locally.[162]

Zudem ist es keineswegs so, dass die pakistanische Zivilbevölkerung und erst recht die Regierung die Drohnenattacken geschlossen ablehnen - in der Region finden regelmäßig Terroranschläge mit vielen zivilen Opfern durch die pakistanischen Taliban statt, die von Armee und Polizei bekämpft werden (wobei Pakistan übrigens selbst auch Drohnen einsetzt, man darf also durchaus auch anmerken, dass die Proteste der pakistanischen Regierung dadurch doch einen sehr doppelzüngigen Eindruck machen). Viele Pakistaner in der Region sehen die Drohnenangriffe kritisch, aber es stellt sich die Frage, wer die Taliban dort denn aufhalten soll - die pakistanische Armee allein, die selbst mit schweren Problemen zu kämpfen hat?

According to a public opinion survey conducted between November 2008 and January 2009 by the Pakistani Aryana Institute for Regional Research and Advocacy, approximately half of the respondents considered drone strikes in Federally Administered Tribal Areas accurate and approximately the same number of respondents said that the strikes did not lead to anti-American sentiment and were effective in damaging the militants.[146] The researchers concluded that "the popular notion outside the Pakhtun belt that a large majority of the local population supports the Taliban movement lacks substance."[147]

Diese Veränderung lässt sich auch damit erklären, dass die USA in der frühen Phase kaum auf lokale Informanten und ein funktionierendes Netzwerk von Aufklärung und Erfassung zugreifen konnte, was sich in den letzten acht bis zehn Jahren geändert hat.

Wie werden Drohnenangriffe überhaupt vorbereitet:

Es erfolgt Datensammlung (Satelliten, Abhören von Handys, Informationen von lokalen Informanten, Erkenntnisse von verbündeten Geheimdiensten, Aufklärung vor Ort durch Spezialeinheiten), dann folgt der Angriff.

Wie werden Zivilisten von Kombattanten unterschieden:
1. Sind die Personen bewaffnet?
2. Befinden sie sich am einem Ort, der terroristische Tätigkeit nahelegt? (z. B. in einem Trainingscamp oder in direkter Nähe eines Trainingscamps)
3. Handelt es sich nur oder zu einem großen Teil um Männer oder sind Frauen und Kinder dabei?

Die Schwierigkeiten dabei sind: Oft verbergen sich die Taliban in Dörfern und nutzen die Zivilbevölkerung ganz gezielt aus, die Qualität der Aufnahmen ist nicht gut genug, Informationen stimmen nicht, nur teilweise oder widersprechen sich, es herrscht Zeitdruck, usw. Dass die Angriffe den Taliban und Al-Qaida schweren Schaden zufügen, ist nachgewiesen, insbesondere die Verluste bei der Führungsebene, Experten und erfahrenen Mitgliedern haben die Terrororganisationen geschwächt und ihren Spielraum stark eingeschränkt und damit wohl auch Leben gerettet.

Ich will nicht sagen, dass die Drohnenangriffe das perfekte Mittel sind, und "chirurgisch" sind sie trotz aller Bemühungen auch nicht. Dass aber Terroristen, die sowohl vor Ort als auch in der Welt ganz gezielt Zivilisten ermorden und ein zutiefst abstoßendes Weltbild mit Gewalt durchsetzen wollen, bekämpft werden müssen, halte ich für notwendig. Ich komme ungern nochmal auf Herrn Todenhöfer zurück, aber wenn er meint, die Muslime auf der Welt würden durch den Westen bedroht und massakriert und würden sich deshalb in Form des IS und anderer Organisationen "rächen", verdreht er die Tatsachen. Die meisten Muslime werden Opfer von fanatischen Islamisten und begrüßen deren Bekämpfung. Die Soldaten und Polizisten in Afghanistan und Pakistan sind ebenfalls Muslime, und die Koalition gegen den IS besteht auch aus einer ganzen Reihe von arabischen Staaten.
 
Frankreich will den Ausnahmezustand um mindestens 3 Monate verlängern.
Diese brutal erfolgreiche Anschlagserie wird , ob man es will oder nicht , Spuren hinterlassen.
Die Sicherheitsmaßnahmen für Frankreich und Europa werden steigen, ähnlich wie bei den Anschlägen in Amerika. Da gehe ich jedenfalls von aus.
 
Frankreich will den Ausnahmezustand um mindestens 3 Monate verlängern.
Diese brutal erfolgreiche Anschlagserie wird , ob man es will oder nicht , Spuren hinterlassen.
Die Sicherheitsmaßnahmen für Frankreich und Europa werden steigen, ähnlich wie bei den Anschlägen in Amerika. Da gehe ich jedenfalls von aus.

Ob sich Mutti dazu überreden lässt, bleibt fraglich. Eine umfassende Kontrolle an den Grenzen halte ich jedenfalls für richtig. Einer der Attentäter ist ja offenbar am Samstag an der belgischen Grenze durchgeschlüpft, weil eben keine genaue Kontrolle statt fand...

Edit: http://www.n-tv.de/politik/Islamisten-wollen-die-totale-Konfrontation-article16359701.html

Düstere Aussichten. Wenn man das liest, möchte man fast kotzen!!
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ich in der Tat nicht verstehe: in Frankreich und Belgien laufen derzeit Razzien gegen das radikalislamistische Milieu. Abgesehen von Belgien stehen viele dieser Razzien nicht in direkter Verbindung zu den Anschlägen von Freitag. Wie kann es sein, dass man diese Nester dann erst jetzt aushebt, wenn man, so hat es den Anschein, schon länger davon Kenntnis hat. Muss denn wirklich immer erst was passieren, bevor man handeln kann?!

Zum Beispiel hat man Raktenwerfer bei den Razzien gefunden. Das ist doch einfach unglaublich!!!
 
Was ich in der Tat nicht verstehe: in Frankreich und Belgien laufen derzeit Razzien gegen das radikalislamistische Milieu. Abgesehen von Belgien stehen viele dieser Razzien nicht in direkter Verbindung zu den Anschlägen von Freitag. Wie kann es sein, dass man diese Nester dann erst jetzt aushebt, wenn man, so hat es den Anschein, schon länger davon Kenntnis hat. Muss denn wirklich immer erst was passieren, bevor man handeln kann?!

Vielleicht wollen die Behörden zeigen, dass sie nicht untätig sind. Jetzt wird ja darüber berichtet...

edt: WTF! Warum ist das noch nicht lange geschehen? http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-11/islamischer-staat-g-20-terrorfinanzierung-paris
 
Wie kann es sein, dass man diese Nester dann erst jetzt aushebt, wenn man, so hat es den Anschein, schon länger davon Kenntnis hat.

Weil in Frankreich jetzt der Ausnahmezustand herrscht:

Der Staat kann Ausgangssperren verhängen und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit ist möglich. Wohnungsdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss sind ebenso möglich wie Hausarrest für Menschen, deren "Aktivität" als "gefährlich für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung" angesehen wird. Außerdem können die Behörden Versammlungsverbote verhängen und Konzertsäle sowie Kinos schließen lassen.
 
Nein. Hausdurchsuchungen und Verhöre gibt es auch so. Man liest nur selten was davon, es sei denn man findet was.

Gut. Ich finde es nur komisch, dass man jetzt haufenweise Islamistenlöcher aushebt, welche offiziell NICHT mit den Anschlägen in Verbindung stehen. Umgangssprachlich heißt das für mich: wir wussten darum, haben aber nix gemacht (außer vielleicht observiert).
 
Gut. Ich finde es nur komisch, dass man jetzt haufenweise Islamistenlöcher aushebt, welche offiziell NICHT mit den Anschlägen in Verbindung stehen. Umgangssprachlich heißt das für mich: wir wussten darum, haben aber nix gemacht (außer vielleicht observiert).

Oder sie hatten nicht genug Hinweise für einen richterlichen Beschluss. Diese Islamistenlöcher stehen übrigens nicht NICHT mit den Anschlägen in Verbindung, sondern lediglich nicht direkt.
 
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