Horatio d'Val schrieb:
@Darth Ki Gon
Auch wenn wir leicht vom Thema abschweifen...was denkst Du den über die folgende Situation:
Ein Mann und eine Frau haben einen heftigen Streit, da die Frau die Scheidung haben will. Im Laufe dieses Streites packt der Mann das nicht ganz 2 Jahre alte Kind, stürmt auf den Balkon und wirft das Baby mit den Worten "Krieg' ich das Kind nicht, kriegst Du es auch nicht!" aus dem 3. (oder 4. Stock).
Es handelt sich übrigens um eine wahre Begebenheit, die sich vor einigen Wochen hier in Deutschland zugetragen hat - wobei das Kind glücklicherweise relativ leicht verletzt überlebt hat. Meiner Meinung nach ist dies ein glatter, wenn auch versuchter, Mord und durch keine Ausrede zu rechtfertigen. Er hat versucht, das Kind aus niederen Beweggründen und grausam umzubringen. Wer jemandem aus dem Fenster wirft (in der Höhe) wird genau wissen, daß der Tod höchstwahrscheinlich die Folge sein wird. Eine Arbeitskollegin meinte jedoch, daß es höchstens versuchter Totschlag im Affekt war. Diese Argumentation könnte ich in keinster Weise nachvollziehen.....
Ich stimme deiner Argumentation zu. Entnimmt man den Worten des M seine wahren inneren Beweggründe (in der Verhandlung wird M sicherlich versuchen seine Aussage herunterzuspielen), müsste man sie mit einiger Sicherheit als niedrig im Sinne des § 211 StGB bezeichnen. Das klassische Schulbeispiel hierzu ist, dass der Mann seine Frau, die sich von ihm trennen will, tötet, damit sie kein anderer bekommt. Davon ausgehend ist das hier noch um einiges verwerflicher: Es trifft das "unbeteiligte" K und der Mutter soll das Kind vorenthalten werden (also nicht irgendjemanden). Wie gesagt, muß man die Gesamtumstände der Tat berücksichtigen. Für den Täter spricht der Erregungszustand und alle Gefühle die bei einen derartigen Streit wohl aufkommen, wenn er nun die F angehen würde, könnte es mit niedrigen Beweggründen eng werden. Aber, dass er sich am Kind vergreift ist wohl kaum irgendwie begreiflich. Insofern ist ein niedriger Beweggrund hier zu bejaen.
Den braucht man allerdings, denn man hat nichts anderes. Grausam ist die Tat nicht.
Auf das objektive Wissen, dass der Tod höchstwahrscheinlich die Folge sein wird, wenn das Kind hinabgeworfen wird, kommt es nicht an. Denn er will das Kind töten (damit es F nicht bekommt). Nach seiner Vorstellung ist seine Tat hierfür geeignet (ein Mordversuch wäre selbst dann nicht auszuschließen, wenn das Mittel zur Tötung objektiv betrachtet völlig ungeeignet wäre.) M handelt mit voller Absicht.
Wäre interessant zu erfahren, wieso deine Kollegin von einem Totschlag im Affekt ausgeht. Die Erwähnung des Affekts legt die Vermutung nahe, dass deine Kollegin der Fehlvorstellung unterliegt Mord setze stets eine gewisse Überlegung vorraus.
Käpt´n Ralph schrieb:
Im Grunde basiert die Existenz der "Heimtücke" auf der mittelalterlichen und völlig überkommenen Vorstellung, dass der heimtückisch von hinten Tötende (=Meuchelmörder)schwerer bestraft werden müsse als derjenige, der seinem Opfer offen "von Mann zu Mann" entgegentritt.
Man bestraft den Heimtückemord härter, weil hier dem Opfer jede Möglichkeit genommen wird um seinen Tod abzuwenden.
Wie total unsinnig und wenig zeitgemäß diese Auffassung ist zeigt z.B. die allgemeine Bestürzung über die "Scharfschützen"- Morde vor einiger Zeit in der USA.
Wenn es wirklich konservativ ist solche Leute härter zu bestrafen als z.B. den Familienvater im Beispiel von alpha7, dann bin ich froh in einem konservativen Land zu leben.
Käpt´n Ralph schrieb:
Aber die Juristen sind nunmal seeeehr konservativ
Ein völlig falsches Vorurteil.
Käpt´n Ralph schrieb:
Wie mein alter Physik-Lehrer sagte: 'Das kann man halten wie Vater Assmann'; will heißen: man kann problemlos den einen oder anderen Standpunkt vertreten
.
Da hätte dein Physik-Lehrer unrecht.
Die niedrigen Beweggründe sind für einen Anfänger nicht gerade leicht, aber für einen erfahrenen Juristen in den Griff zu bekommen (Es heißt übrigens sittlich tiefster Stufe

). Das Mordmerkmal "Grausam" ist nicht wirklich ein Problem.