kirsch-spange in den haaren, vans slip-ons an den füßen, schwarzer pony über einem auge und tränen im gesicht. das ist emo. oder etwa nicht?
früher war alles besser. früher - das ist jetzt mittlerweile knapp ein vierteljahrhundert her. die subkulturen wuchsen und wuchsen, doch mit ihnen wuchsen auch die szene-streitereien. so machten sich homophobie und chauvinismus in der hardcore-szene breit. wer ein mann war, dem war es eben in gewissen kreisen untersagt, zu weinen, homo- bzw. bisexuell zu sein oder eben emotional zu werden. doch mit diesen gegebenheiten kamen ebenfalls leute zusammen, die sich das nicht gefallen lassen wollten... und so entwickelte sich das, was wir heute als "emo" bezeichnen.
"emo", das war früher nur eine abkürzung für "emotional hardcore". doch es steckte mehr dahinter als lediglich ein musik-genre. es entwickelte sich eine szene, die sich emanzipation als minimalkonsens gesetzt hatte. die lieder dieser subkultur handelten fast ausschließlich von - wie war es anders zu erwarten - emotionen. oftmals hörte man am höhepunkt eines liedes eine weinende person. doch sind emotionen bekanntlicherweise nicht nur negativ. und so musste man selbstverständlicherweise nicht dauerhaft depressiv sein, um in dieser subkultur zu verkehren...
innerhalb der emo-szene entwickelte sich nach und nach ein kult unter den weiblichen szene-mitgliedern, welche sich in anlehnung an das US-amerikanische aktmodell betty page als "betties" bezeichneten. sie fingen an, sich die haare schwarz zu färben, übernahmen rockabilly-symbole, wie beispielsweise spielwürfel oder kirschen und kleideten sowie schminkten sich im allgemeinen düster.
doch wirft man einen blick in die gegenwart, ist das bild ein anderes. eine wirkliche szene existiert nicht mehr, bands bezeichnen sich selbst praktisch gar nicht mehr selbst als emo und das wort "emo-kid" ist heute eine gängige beleidigung. genau wie fast jede andere subkultur wurde auch emo kommerzialisiert, ausgenommen und ist so zu einer weiteren mode verkommen... kommt uns irgendwo bekannt vor, nich? *gg*
emo ist heute nicht mehr toleranz, verständnis, emanzipation oder gar eine revolution in den köpfen. emo ist heute nichts weiter als mode, dauer-depressivität, my chemical romance und haarschnitt. eben genau das, was dabei herauskommt, wenn die industrie eine szene missbraucht und zu dem macht, was kleine, pubertäre mädchen brauchen. hört man sich heute neuere musik von bands wie AFI, moneen oder funeral for a friend an, so sind diese kaum noch zu vergleichen mit "klassischen" bands, wie beispielsweise rites of spring, welche von vielen als die erste "richtige" emo-band angesehen werden. die parallelen zu heute scheinen versteckt und man kann sie nur erahnen.
die musik wurde runder, stilvoller, sauberer - eben ganz einfach massenkompatibler. und so sieht man heute in fast jeder stadt modeorientierte kleine mädchen und jungs, die ihre vans slip-ons, ihre kirsch-haarspangen, ihren "emo-cut" und ihre ringelpullis stolz wie oscar tragen und dabei möglichst miesgelaunt und depressiv wirken. das ist emo. das ist halt mode. mehr bedeutung hat dieses wort für sie nicht. die gegenseite geht drauf ein. menschen, die von diesem "trend" genervt sind, reduzieren emo auf ein klischee, was den umgang mit diesem thema schließlich erheblich leichter macht. es ist noch gar nicht so lange her, dass man einen bekannten fragte, ob er wüsste, was emo denn überhaupt ist. er antwortete kalt: "na diese ganzen psychisch gestörten kinder, die dauernd 'rumheulen und sich die arme aufritzen."

schade, dass eine so tolle idee mit einer obendrein so tollen musik einfach den bach heruntergeht.