Wenn überall wieder Spendenaufrufe mit großäugigen Kindern gesendet werden, wenn wieder an allen Ecken und Enden Zimtwaffelstände stehen und wenn es in den Geschäften wieder Schokonikoläuse gibt, dann ist es wieder soweit: Spätsommer, offenbar schon lange Zeit, sich auf Weihnachten ainzustimmen. Mit der Vorbereitung auf das Fest der Liebe kann man ja nicht früh genug anfangen, von Nächstenliebe kann man ja nie genug vekommen. Und wie sehr man in der Zeit von September, wenn es die ersten Christstollen gibt, bis nach Weihnachten, wenn jeder seine Geschenke gegen Dinge umgetauscht hat,die man wirklich will und auch der letzte Weihnachtsbaum im Straßengraben liegt, den Geist von Weihnachten spürt. Wie wird mir das Herz so warm, wenn ich beim obligatorischen Geschenkekauf von irgendwelchen Omas beim Versuch totgetreten werde, beim Pieper einen Gutschein zu kaufen (was besseres fällt mir sowieso nie ein). Oder auf den Weihnachtsmärkten, wenn ich damit beschäftigt bin, wie beim SAT1-Superball den ganzen nikolausmützigen Viez- und Glühweinleichen auszuweichen. Und ich bin mir sicher, dass es ganz im Sinne von Weihnachten ist, wenn die Straße, in der ich wohne aussieht wie Las Vegas an einem Tag, an dem der Strom nichts kostet.
Und diese Harmonie setzt sich auch am Weihnachtsabend fort. Noch während die Mutter damit beschäftigt ist unter Fluchen die Weihnachtsgans noch irgendwie hinzubekommen streitet sie sich mit dem Vater, welche Krawatte am besten zum dunkelblauen Anzug passt und wer die Oma für heute Abend aus dem Altersheim abholt (und sie direkt nach dem Essen wieder hinfährt).In die Traumwelt des Fernsehens kann man sich auch nicht flüchten, weil der kleine Bruder sich das x-te Weihnachtsspecial der Teletubbies oder Powerpuff Girls anschaut. Das Highlight ist natürlich die Bescherung. Es ist einfach immer wieder schön, die schauspielerischen Leistungen der Familienmitglieder zu bewerten, wenn sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass ihnen die Geschenke gefallen. In meiner persönlichen 5-Jahreswertung führt meine Schwester knapp vor meiner Mutter.
Nachdem man dann an den beiden Weihnachtsfeiertagen auch noch den Rest der Verwandtschaft durchgefüttert hat (oder von ihnen durchgefüttert wurde) ist es dann für 9 - 10 Monate wieder vorbei. Und trotz allem erwische ich mich dann manchmal dabei, wenn ich auf unseren Weihnachtsbaum schaue oder aus dem Fenster, wenn es schneit, dass ich mich manchmal frage, ob Weihnachten wirklich so schlimm ist. Vielleicht steckt halt doch in jedem ein kleiner Weihnachtsromantiker...