Also, wenn tatsächlich ca. 60% als Christen registriert sind und wir bedenken, dass sicherlich nicht alle von denen aktiv ihren Glauben praktizieren, dann steht wohl eher nicht zu vermuten, dass die meisten Kinder christlich erzogen werden. Eher die Hälfte.
Darüber hinaus finde ich, dass Masse hier kein triftiges Argument ist. Wenn an öffentlichen Schule Ansichten gelehrte werden sollen, nur, weil ein Großteil der Bürger diese vertritt, dann müssten wir wahrscheinlich auch Fächer für Fremdenfeindlichkeit oder Ignoranz einführen.
An Schulen sollte in erster Linie praktisches Wissen vermittelt werden, das möglichst in vielen Lebenslagen von Nutzen sein kann. Also Wissen um die Beschaffenheit und Mechanismen der Welt und der Gesellschaft. Religion als solche ist zwar Teil der Gesellschaft und sollte darum auch behandelt werden. Dabei ist es wichtig, wie Religion allgemein funktioniert, wo sie herkommt und was sie bewirken kann. Aber, die Mythen einer bestimmten Religion zu lernen, das ist bei weitem nicht nützlich genug, um ein eigenes Schulfach zu rechtfertigen.
Zudem sollte sich der Staat (und somit auch die Schule) in Glaubensfragen neutral verhalten, da er sonst die freie Meinungsbildung der Kinder beeinträchtigt. Wenn aber z.B. die Wahl zwischen zwei Fächern besteht - das eine ist Ethik (inkl. Religion allgemein), dass andere ist faktisch "Christentum und die anderen" - dann birgt das die Aussage, dass die Schule (und damit der Staat) erstens der Religion höhere Bedeutung beimisst, als der Konfessionslosigkeit und zweitens dem Christentum höhere Bedeutung beimisst, als allen anderen Religionen.
Für dich mag sowas ja kein Problem sein, aber stell dir mal vor, jemand ist z.B. Hindu und soll jetzt entscheiden, welches Fach sein Kind besuchen soll. Da ihm Religiosität wichtig ist, fragt er, was da genau gelehrt wird und erfährst, dass "Religion" bedeutet: "Christentum und auch die anderen". Da fühlt man sich bestimmt nicht, wie ein vollkommen gleichwertiges Mitglied einer Gesellschaft. Man fühlt sich (EDIT: wahrscheinlich), wie einer von denen, deren Weltanschauung nicht so wichtig ist, wie eine andere. Und der Staat sollte keinem einzigen seiner Bürger dieses Gefühl vermitteln.