Ich finde diese Einstufung in Superlativen (Verräter, Held) sehr schwierig. Ein Fall wie Snowden muss polarisieren, wie man an dieser Debatte hier auch ganz gut erkennen kann.
Nur wenn Geheimdienste im Spiel sind, dann würde ich persönlich dazu tendieren, ausnahmsweise, auch mal ein wenig Raum für Verschwörungstheorien zu lassen. Das muss sicher nicht so weit gehen, um hier von Hölzchen auf Stöckchen zu argumentieren.
Aber die Grundannahme, dass man eine systematische und groß angelegte Geheimdiensttätigkeit, die sich gegen das eigene Land und die eigene Bevölkerung frei nach George Orwell richtet, unbehelligt aufdecken kann, ist zu viel verlangt. Wenn Überwacher nicht mehr ausreichend überwacht werden, dann entstehen Strukturen, die dem Prinzip einer Demokratie grundsätzlich widersprechen. Bis zu einem gewissen Grad mag das verhältnismäßig, rechtens und notwendig sein, aber wenn im Zuge dieser Geschichte klar wird, dass systematisch Hintertüren in Betriebssystemen, Routern und Webcams eingebaut wurden, dann geht das eindeutig zu weit.
Die ganze Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen ist nichts Gutes. Wenn ein Mitarbeiter eines Geheimdienstes unter der moralischen Last zerbricht, dann ist dies meiner Ansicht nach ein unabwendbares Resultat eines durch und durch verdorbenen Systems. Vielleicht wäre es nicht vor drei Jahren passiert. Vielleicht hätte dieser Mensch nicht Snowden geheißen. Aber früher oder später wäre dieses Lügengebäude zwangsläufig implodiert. Das passiert immer, wenn genügend Menschen von einem Geheimnis wissen müssen, damit dieses weiter aufrecht erhalten werden kann.
Und wie man an derzeitigen Botnetzen und groß angelegten DDoS-Attacken durch
Zombies erkennen kann, so hat sich das
Internet-of-Things, an dessen Erschaffung die Geheimdienste ihren ganz wesentlichen Beitrag hatten, längst zum schlimmstmöglichen Szenario entwickelt, bei dem die eigenen Waffen gegen einen selbst gerichtet werden können. Das ist ein Versagen epischen Ausmaßes.