The Goo Goo Dolls
[AMAZON="B00000AG8K"]Dizzy Up The Girl[/AMAZON]
Bewertung:
10 von 10
Band:
John Rzeznik: vocas & guitar
Robby Takac: vocals & bass
Mike Malinin: drums
Release:
1999
Tracklist:
01. Dizzy
02. Slide
03. Broadway
04. January Friend
05. Black Balloon
06. Bullet Proof
07. Amigone
08. All Eyes On Me
09. Full Forever
10. Acoustic #3
11. Iris
12. Extra Pale
13. Hate This Place
14. Name (Bonus Track)
Anspieltipps:
Slide, Black Balloon, All Eyes On Me
Für Liebhaber von:
Lifehouse, The Calling, Bon Jovi, U2
Kritik:
Als die Goos 1999 ihr fünftes Studioalbum veröffentlichten, war das für die überwiegend amerikanische Fan-Basis wie ein Erdbeben. Was sich auf dem Vorgänger A Boy Named Goo angekündigt hatte - weniger Punk, mehr ruhige Momente - wurde hier konsequent fortgeführt, in meinen Augen sogar perfektioniert. Vergleicht man Dizzy Up The Girl mit früheren Alben der Band aus Buffalo erkennt man zwar vielleicht schon eine Struktur, eine Ähnlichkeit, wie (vor allem John Rzeznik) die Lyrics aufgebaut sind, aber da ist eine Entwicklung und die kommt so dermaßen gereift herüber, dass man einfach nur noch den Hut ziehen kann.
Hier in Deutschland eher unbekannt, genießen die Goo Goo Dolls in den Staaten einen ganz anderen Bekanntheitsgrad. Dass manch einer die Band aber auch hier kennt, liegt vor allem an dem Stück Iris, das im Film Stadt der Engel sozusagen den Titelsong darstellt. Auch auf Dizzy Up The Girl stellt dieser Song ganz unterschwellig den "Megahit" dar. Allerdings wäre es eine Verschwendung, deswegen den Rest des Albums unter fernerliefen zu führen. Denn was sich hier auf den dreizehn Tracks findet, ist schlichtweg ein Meisterstück.
Begonnen wird mit Dizzy, einem eher rockigen Stück, das aber vom Text her sofort die Marschrichtung für die anderen Songs angibt; Melancholie und doch irgendwo ein gutes Gefühl. Bei mir war Dizzy damals der Grund, warum ich mir das Album gekauft habe, als ich es im Saturn durch Zufall gerade lief. Ich war einfach mitgerissen und ahnte nicht, dass der Song im Vergleich zu anderen schlichtweg Mittelmaß war.
Denn das darauf folgende Slide ist einfach überragend. Wenn John Rzeznik hier "do you wanna get married or run away" singt, kann man sich ein trauriges Lächeln einfach nicht verkneifen. Und auch die Musik geht sofort rein, hat Ohrwurmcharakter. Es rockt, bringt einen trotzdem zum Nachdenken.
Weiter geht es mit Broadway, das auch ein Stück schneller ist und in dem John aufzeichnet, wie schnell das Leben doch gelaufen sein kann, während man noch immer seinen Träumen nachhetzt, obwohl die doch schon längst hinter einem liegen. "See the young man sitting in the old-men's bar, waiting on his turn to die."
January Friend stellt sozusagen zum ersten Mal die zweite Seite der Goos dar. Hier singt nicht mehr John Rzeznik, sondern der Bassist Robby Takac, der vor allem auf den alten Scheiben der Band sehr viel öfter am Mikro war. Man kann geteilter Meinung sein, was seine Qualitäten als Sänger angeht. Aber eines steht fest: Wenn Robby singt, geht der Song meistens etwas heftiger ab. January Friend macht da keine Ausnahme.
Wer jetzt vom vierten Stück abgeschreckt wurde, sollte trotzdem auf Black Balloon warten. Es ist schwer zu beschreiben, was ich mit diesem Song verbinde, empfinde, wenn ich ihn höre ... Würde man ihn in ein NASA-Programm einbauen, bei dem Musik von der Erde ins All gesendet wird, um potentiellen Aliens einen kleinen Vorgeschmack von uns Menschen zu geben, man würde Black Balloon immer noch nicht richtig zu würdigen wissen. Man muss das Stück einfach hören und drin abtauchen. Jeder, der schon einmal eine Beziehung aufs Ende zumarschieren sah, wird hier etwas finden, das ihn bewegt. Es ist ein Meisterwerk, etwas Ewiges für mich.
Mit vielen Emotionen geht es weiter zu Bullet Proof. Von seiner Intensität nicht schlechter als die anderen, geht dieser Song doch deutlich heftiger zur Sache, wenn John davon singt, dass seine Partnerin sozusagen kugelsicher vor allen Kritiken und Empfindungen ist. Ein toller Mix aus Abgehen und Emotionen.
Mit Amigone steht mal wieder ein Robby-Song an. Die schnellere Nummer erinnert ein bisschen an Greendays Basket Case und macht dementsprechend auch Spaß. Wenn ich aber ehrlich sein will, dann verblasst Amigone gegenüber den beiden Vorgängerstücken.
Auf All Eyes On Me gewährt John Rzeznik einen ungewohnt offenen Einblick in sein eigenes Leben und Denken als Musiker und Mensch, wenn auch in ein Gewand des typischen Beziehungsproblemes verpackt. Hier offenbart sich, dass der Sänger der Goos höchstwahrscheinlich nicht einer der 08/15 Standardmusiker ist, der sich daran aufgeilt bekannt und geliebt zu sein, sondern sehr viel mehr jemand, der sich durch seine Musik definiert. Dass die Lyrics dabei gewohnt bittersüß sind, muss man in der Mitte des Albums angekommen, spätestens da merken.
Full Forever geht hingegen wieder mitten in die Fresse. Robby singt, wer sonst? Es wäre allerdings unfair, Robbys Songs immer nur als Quotenabgeher zu bezeichnen. Full Forever zeigt beeindruckend, dass er, was das Songwriting angeht, so manchen professionellen, kommerziellen Popschreiberling in den Schatten stellt.
Wer auf akustische Musik steht, wird wohl mit Acoustic #3 einen persönlichen Hit finden. Nur John und eine Akustikgitarre und ein Text von falschen Sicherheiten und Lügen. "And your mother loves your father, cause she's got nowhere to go." Einfach wundervoll.
Acoustic #3 leitet perekt zu Iris, dem Aushängeschild der Band, herüber. Was soll ich über dieses Stück sagen? Es ist genial, ja, aber leider wird die Band zu oft nur mit Iris verbunden. Das ist toll, wenn man dabei auf Lyrics, Arrangement und Emotionen abzielt, aber unfair, wenn man deswegen fordert, dass alle Stücke ein abgekupfertes Iris sein sollen. Betrachtet man den Song aber als Teil des Albums, dann kommt man nicht daran vorbei, einfach nur die Augen zu schließen und zu träumen. Übrigens ist der Text von Iris der einzig wirklich rundum positive, den man überhaupt auf Dizzy Up The Girl finden kann; endlich ist eine Liebe mal erfüllt und voller Hoffnung und nicht festgefahren und traurig. Ist einmal was anderes.
Die letzten beiden (offiziellen) Titel, Extra Pale und Hate This Place bilden einen guten Abschluss des Albums. Zuerst darf Takac nochmal rocken, dann bringt Rzeznik einen melancholischen, energischen Abschluss.
Dass aber Name - eigentlich erschienen auf dem Vorgänger A Boy Named Goo - das letzte Stück auf der Platte ist, muss einen Kenner der Band zum Grinsen bringen. Als dieser Song damals erschien, beklagten sich viele Fans, die Goos seien zu "nett", zu ruhig geworden. Und genau das sind sie auf Dizzy Up The Girl auch geblieben. Dass man dann Name noch als Abschluss mit auf dieses Album genommen hat, ist ein klares Statement der Band: So geht es jetzt weiter und wir bereuen das nicht! Und wenn man so ein schönes Beispiel wie Name hat, dann kann man sich nur auf jedes weitere Album in diesem Stil freuen.