Mal wieder ein Monster-Beitrag voraus. Es haben sich die letzten Tage viele Gedanken angesammelt, die ich jetzt endlich mal zu Tastatur gebracht habe...
Ich kann diese Masken-Heulsusen auch überhaupt nicht verstehen. Natürlich ist es nicht gerade toll, aber es ist doch wohl auszuhalten! Ich denke, bei diesen Leuten (die vielleicht / hoffentlich eher besonders lautstark als besonders viele sind!) geht es vor allem darum, dass sie die Masken als unnütz und unnötig ablehnen und deswegen tausend Ausreden finden. Dabei ist es so eine kleine Einschränkung, die aber offenbar wirklich sehr viel bewirkt und viele andere Freiheiten überhaupt erst möglich macht.
Ich bin auch Brillenträgerin und während sie mir am Anfang öfter mal beschlagen ist, kriege ich das inzwischen gut hin. Wichtig ist, dass die Maske oben gut anliegt, dann kommt da nämlich auch keine Luft raus. Wenn es doch mal passiert, versuche ich, ein bisschen anders zu atmen, das hilft meistens.
Letztens bin ich auch mal fast 2 Stunden lang mit Maske unterwegs gewesen, in einer Stadt (an einem schön leeren Wochentag-Vormittag) immer Geschäft rein / Geschäft raus, da war es mir zu blöd, das Ding ständig abzunehmen und wieder aufzusetzen (zumal sich noch das Problem stellt, wohin damit, ständig in der Hand ist ungünstig, und anfassen soll man sie ja generell nicht so viel). Da bin ich durchaus zügig herummarschiert, bin auch mal eine Treppe hoch, habe wachsendes Einkaufsgepäck herumgeschleppt und auch Klamotten anprobiert.
Natürlich war es eine Erleichterung, die Maske dann endlich wieder absetzen zu können, zumal es auch noch feucht-warmes Wetter war, aber von Atemnot, Beklemmungen oder ähnlichem habe ich nix bemerkt. Wer wirklich solche Probleme hat, ist wohl in körperlich eher schlechter Verfassung und / oder sollte sich Herz-Kreislauf-mäßig mal durchchecken lassen. (Was beides übrigens die Vorsicht vor Sars-CoV-2 eher erhöhen sollte...)
Die aktuellen Vorstöße zur Abschaffung der Maskenpflicht in Geschäften finde ich auch fatal. Viele Länder, die sie abgeschafft hatten oder keine hatten, führen sie jetzt (wieder) ein angesichts steigender Neuinfektionen...
Ich traue auch dem "Frieden" nicht, dass man sich jetzt erstmal dagegen entschieden hat und einzelne Bundesländer gleich gesagt haben, dass sie dabei bleiben. Es hat schon bei den anderen Lockerungen mit einem einzelnem Vorpreschen angefangen.
Die Pandora-Büchse ist geöffnet und jetzt wird so lange "gesägt" werden, bis sie fällt. Die FDP hat sich ja heute schon wieder aus dem Fenster gelehnt. Und für die Akzeptanz bei der Bevölkerung ist die Diskussion natürlich jetzt schon ausgesprochen kontraproduktiv.
Und das hätte dann ja in Nullkommanichts auch Auswirkungen auf die Maskenpflicht bei Freizeitaktivitäten. Nach dem Motto, wenn der das darf, will ich das auch.
Das wird auch noch "lustig", wenn die Schulen ohne Mindestabstand wieder laufen, denn das werden dann auch alle anderen wieder wollen. Das Verständnis, dass Schule so wichtig und unersetzbar ist, dass man das Risiko dafür ggf. in Kauf nehmen muss und gerade deswegen anderswo umso mehr gegensteuern muss, werden wohl die wenigsten haben.
Ich fürchte, dass es relativ bald dann wirklich dazu kommt, dass Risikogruppen und ihre Angehörigen sich nur noch daheim einbunkern und sich mit allem Notwendigen beliefern lassen können.
Wenn alle bereit wären, sich ein bisschen einzuschränken und ganz viel Rücksicht zu nehmen, dann könnten auch diese Menschen ein wenig Freiheit haben. Aber die Situation ist halt mehr und mehr die, wenn man sich irgendwo in den öffentlichen Raum bewegt, dass praktisch alle sorglos sind und, was noch schlimmer ist, davon ausgehen, dass alle anderen, die dort sind, ebenfalls sorglos sind und sich entsprechend unbedacht verhalten.
Ich hatte mal die Hoffnung, dass es vielleicht Möglichkeiten / Veranstaltungen geben würde, sie sich speziell an Risikogruppen richten und besonders hohe Schutzmaßnahmen haben, aber leider werden die "normalen" Möglichkeiten von viel zu vielen - durchaus auch den Risikogruppen angehörigen Menschen - genutzt werden, als dass das "nötig" oder auch nur ansatzweise lukrativ wäre.
Ich weiß nicht, ob irgendwer der "Wer-Angst-hat-soll-halt-daheim-bleiben"-Argumentierer glaubt, dass es den Vorsichtigen Spaß macht und leicht fällt, auf all die schönen Dinge zu verzichten? Dass sie nicht wahnsinnig darunter leiden und das zunehmend verzweifelte Bedürfnis haben, wieder Freunde und erweiterte Familie zu treffen, Hobbys nachzugehen, sich schlicht und einfach unbesorgt unter Menschen zu bewegen?
Gerade wenn von "berufener Seite" mal wieder leichtfertig gefordert wird, dass die besonders Gefährdeten eben daheim bleiben sollen, damit die anderen unbeschwert leben können (wie letztens in diesem Interview mit einer Virologin "ein paar Monate mindestens noch":
https://www.tagesspiegel.de/gesells...le-haben-wir-selbst-in-der-hand/25951024.html), würde ich am liebsten einfach draufschlagen. Haben die eine Ahnung, was sie da fordern?
Dabei kann ich es ja absolut verstehen, dass die Leute Normalität wollen und sich darauf stürzen, sobald es geht. Es ist ja so verlockend und so leicht!
Da man mittlerweile Informationen über den Verlauf der Pandemie, lokal, deutschlandweit und auch die teilweise katastrophalen Entwicklungen weltweit immer mehr aktiv suchen muss, ist es natürlich super-einfach, sich einzulullen, dass doch alles gut ist. Und wenn man sich dann noch in einer Gruppe bewegt, die sich genauso verhält, ist das Virus schnell graue Vergangenheit.
Eine Freundin von mir, die abgesehen von Konzerten, Theater etc. mehr oder weniger wieder ihr normales Leben aufgenommen hat, hat letztens eine Bemerkung gemacht, die ich interessant fand (selbstverständlich am Telefon; sie wohnt weiter weg und wir sehen uns schon "normalerweise" nur ein paar Mal im Jahr): Es wäre ein komisches, unsicheres Gefühl, dass sie Leute treffen wird, die sie bisher noch nicht wieder getroffen hat. Dabei ist das ja Humbug. Jemand, den man schon 10 mal getroffen hat, kann beim 11. Mal dann eben doch infiziert sein, und die Person, die man zum ersten Mal trifft, kann "sicher" sein.
Aber wahrscheinlich funktioniert so instinktiv das menschliche Gehirn: Personen, Tiere, Situationen, die es mehrfach als ungefährlich erlebt hat, werden auf Dauer als ungefährlich eingestuft. Leider ein fataler Trugschluss bei einem Virus, das so "raffiniert" ist, auch symptomlos anzustecken, so dass man noch nicht mal das Warnzeichen eines hustenden oder irgendwie krank wirkenden Gegenübers hat.
Das wirkt natürlich auch bei diversen Aktivitäten, so dass man denen immer unbekümmerter nachgeht. Ich sehe es ja bei mir auch, dass ich mir beispielsweise noch im Mai nach jedem Einkauf Sorgen gemacht habe und das jetzt wesentlich entspannter angehe. (Was aber auch den rationalen Grund hat, dass die Infektionszahlen erfreulicherweise weiter so niedrig sind, dass man wirklich schon sehr viel Pech haben müsste, sich beim Einkaufen mit Maske und um Abstand bemüht anzustecken.)
Aber natürlich stimmt es im Fall eines Virus nicht, dass einmal ungefährlich = immer ungefährlich ist. Man kann ein Dutzend mal im Restaurant gewesen sein, bevor dann eben doch mal der Superspreader am Nebentisch sitzt... Das ist alles reine Statistik, bei der nur eins sicher ist: Je mehr und öfter man sich den Situationen aussetzt, desto mehr kumuliert sich das Risiko, dass irgendwann etwas passiert.
Aber wie soll man mit so einer abstrakten Vorstellung ankommen gegen einen Urinstinkt und das menschliche Bedürfnis nach Freiheit, Gesellschaft und Zerstreuung?
Micah