[Kashyyyk | Wawaatt-Archipel | Kachirho-Raumhafen | YT-2000 "Denon Endeavour" auf einem Landepad] Agentin Chi-Maia Chonda ("Glyph"), Agent Nikoob ("Haywire" - NPC) & Agent Rayan Torthal ("Caliper" - NPC)
Mit einem breiten Lächeln und großen Schritten trat Chi-Maia Chonda die Laderampe des YT-2000 Transporters herunter, ihren Gehstock fest in der rechten Hand, während sie in der linken eine edle Reisetasche aus Nexuleder trug. Am Ende der Rampe angekommen, hielt sie abrupt inne und schwang ihren Gehstock, ähnlich einem Tambourmajor, mit einer eleganten Handbewegung zur Seite und hielt ihn dort. Ihre Begleiter, Caliper und Haywire, die sich hinter ihr hielten, folgten dem Hinweis und blieben ebenso stehen. Sie stellte ihre Tasche ab und hob langsam den Kopf in die Luft und ließ sich die warme, salzige Luft ins Gesicht wehen. Der Geruch von Seetang war intensiv, sodass sie ihn förmlich auf ihrer Zunge schmecken konnte, aber er war nicht unangenehm: nicht abgestanden, sondern frisch und würzig. Maias weit aufgerissene Augen wanderten von einer Seite zur nächsten, als wären sie bereits in einer gewaltigen historischen Ruine, die ihr ganz alleine gehörte. Der Frachter stand auf einem Landepad, das unweit der großen Bäume der Siedlung, auf dem Dach eines großen metallenen Raumhafengebäudes angebaut war. Soweit sie es von ihrer Position aus sehen konnte, war das Pad für kleinere Frachter gedacht, während größere Schiffe in bodennahen, runden, sehr breiten Landebuchten landen mussten, die kreisförmig um den zentralen Tower angeordnet waren. Die kleinen Pads, wie ihres, waren Seerosen ähnlich, auf filigranen, silbrigen Streben auf dem Dach und an der Basis des Towers angebracht. Ihr Blick fiel auf eine hell schimmernde, unebene Fläche in der Entfernung: Türkisblau und weiß wechselten sich in den Wellen ab und sie meinte einzelne hölzerne Boote auf dem Meer schwanken zu sehen.
Schließlich fiel ihr Blick auf eine Dreiergruppe imperialer Beamter, angeführt von einem dürren, blonden Menschen in Zolluniform. Sein Gesicht war leicht verbrannt von der intensiven tropischen Sonne und übersäht von dunkel durch die Haut scheinenden Bartstoppeln. Maia schätzte sein Alter auf etwa Mitte Dreißig. Viel wichtiger als das jedoch war seine Haltung: unbequem steif, aufrecht, etwas verkniffen – sein Blick: irgendwo zwischen wichtigtuerisch und gelangweilt. Damit konnte sie arbeiten. Sie spürte eine warme Entschlossenheit in der Magengrube. Sie genoss es Rollen zu spielen, insbesondere wenn mit dem Erfolg und der Überzeugungskraft ihres Schauspiels hohe Einsätze verbunden waren. Die Pantoranerin schaute sich noch einmal eilig um, um nicht den Eindruck zu erwecken, die Zolldelegation übermäßig anzustarren. Starren wirkte unsicher und dem Gegenüber den richtigen Eindruck beim ersten Kontakt zu erwecken, war zentral für jede Täuschung. Im Hintergrund des Pads war ein gläserner Lift und ein weiterer Beamter stand bei einer Gruppe apathisch starrender Wookiees, die auf dem blanken Metallboden saßen. Ihr Fell war dreckig, teilweise blutverkrustet, und um ihre Hälse waren Schockkragen angebracht. Noch einmal zog sie lautstark Luft ein und nickte dann theatralisch, als fände alles, was sie sah, ihre uneingeschränkte Zustimmung. Energisch packte sie sich ihre Tasche und schritt wieder voran, auf die Zolldelegation zu. Den Gehstock schwang sie elegant herum und ließ ihn dann geschickt in ihrer Hand kreisen.
Sie schaute sich erst gar nicht zu Haywire und Caliper um, denn es sollte nicht wirken, als erwarte sie von ihren Begleitern irgendetwas anderes als demütig hinter ihr herzulaufen. Alle paar Schritte ließ sie ihren teuren Gehstock einmal klackend auf dem Metallboden aufsetzen, bevor sie ihn wieder kreisen ließ. Der dürre Zollinspektor hob die Hand zum Gruß: „Willkommen auf Kashyyyk. Die Ausweis- und Frachtpa …“ Die Agentin hatte den Moment perfekt abgepasst: als sie nah genug an den Mann herangekommen war, ließ sie den Gehstock noch einmal um die eigene Achse kreisen und bewegte ihn dann so, als wollte sie ihn abermals auf dem Boden aufkommen lassen, löste dann aber im entscheidenden Moment ihren Griff um das Holz, sodass der Gehstock unkontrolliert zwischen ihre Füße fiel. Mit einem hohen, erschrockenen Kreischen taumelte sie nach vorne und fiel auf den Zollbeamten. Dieser schaffte es gerade noch so einen Ausfallschritt nach hinten zu machen und einen Sturz zu vermeiden, aber trotzdem landete ihr Oberkörper auf seinem, bevor er sie mit den Armen abfing, und ihr half sich wieder aufzurichten.
Der enge Körperkontakt mit dem Fremden wäre ihr unter anderen Umständen unangenehm gewesen, aber erfüllte hier doch seinen Zweck, denn sie sah, dass die Wangen des Mannes sich noch mehr röteten und er für einen Moment nach Worten suchte, ohne zornig auszusehen. „Bei der Imperatorin …,“ säuselte sie, ein verlegenes Lächeln auf den Lippen. „Vater hatte Recht, als er sagte, ich solle weniger träumen und mehr auf meine eigenen zwei Füße achten.“ Chi-Maia schaute schüchtern zum immer noch sprachlosen Inspektor hoch und legte ihm zart die rechte Hand auf die Brust. „Vielen Dank für ihre Hilfe, Inspektor. Am Ende hätte ich mich noch direkt auf meiner ersten großen Reise verletzt.“ Ein leichtes Zittern war unter ihrer Hand zu spüren, bevor der Beamte ihre Hand vorsichtig, nicht ohne kurz zu zögern, von seiner Brust entfernte. Er räusperte sich und klopfte sich mit einem unsicheren Lächeln die Uniformbluse ab. „Chief Inspector Eddington vom imperialen Zollbüro, Fräulein,“ nuschelte er. „Stets zu Diensten.“ Nach einem Augenblick der unangenehmen Stille schien er sich wieder etwas gefangen zu haben. „Die Papiere, bitte, Fräulein.“ Sie lächelte ihn für einen Moment verzückt an, so als verstünde sie gar nicht, was er von ihr wollte. „Ah, selbstverständlich, Chief Inspector … .“ Hektisch tastete sie die diversen Taschen ihres Tropenanzugs ab. „Wo habe ich sie noch hingetan?“ Sie ließ ihre Hand kurz an einer der seitlichen Tasche ihrer Bluse ruhen und zog dann ihre elektronische ID heraus und überreichte sie mit zufriedenem Lächeln an den Beamten.
Der Zollangestellte entfernte ein digitales Lesegerät von seinem Gürtel, räusperte sich erneut und schob den Ausweis dann in den Slot des Geräts, das leise surrend den Scan startete. Maia spürte ihre Finger für einen Moment leicht zittern und verschränkte sie daraufhin hinter ihrem Rücken und wippte, verträumt lächelnd, auf ihren Füßen. Sie hoffte inständig, dass die der NRGD seine Hausaufgaben gemacht hatte und ihre Ausweispapiere gut genug gefälscht waren, um den Scan zu täuschen. Dann piepste das Gerät melodisch auf und drei grüne Lichter blinkten auf. Eddington nickte zufrieden und zog den Ausweis aus dem Scanner. Er musterte ihr Konterfei auf der ID und las die einzelnen Einträge. „Dr. Santara Fyal, 25 Jahre alt,“ murmelte er und schaute wieder zu ihr auf, ein interessiertes, wenn auch etwas vorsichtiges Schmunzeln im Gesicht. „Sind Sie eine Chiss, Fräulein?“ Maia legte überrascht den Kopf schief und erwiderte das Lächeln freundlich. „Ich komme von Wroonia, Chief Inspector Eddington.“ Dieser nickte überzeugt, als hätte er diese Antwort erwartet. „Im westlichen Chiss-Raum,“ sagte er selbstsicher. „Sehr schön in der Sommerzeit.“ Die Pantoranerin antwortete nicht und betrachtete den Beamten lediglich mit schmachtenden Augen. Nicht nur untervögelt, sondern auch noch völlig ungebildet, schoss es ihr spöttisch durch den Kopf. Ein kleiner Mann auf einem unbedeutenden Posten mit dem Bedarf seine eigene Wichtigkeit zu demonstrieren. Wenn der Trottel sie für eine Chiss hielt, umso besser. Sie schauten sich für einen Moment schweigend in die Augen, bevor Eddingtons Blick auf ihren Anhang fiel. Sein Gesicht verdunkelte sich für einen Moment und er runzelte die Stirn. „Wer sind ihre Begleiter, Fräulein Fyal?“
Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, als hätte sie vergessen, dass sie nicht alleine unterwegs war, und schaute abschätzig über ihre Schulter. „Die Beiden?“ fragte sie gleichgültig. „Der Grüne ist eine Hilfskraft meiner Universität.“ Haywire vermied den direkten Augenkontakt mit ihr und dem Imperialen und nickte ihm demütig zu. „Chief Inspector, Sir …“ Der Rodianer beugte seinen Kopf und blickte dann eingeschüchtert zu Boden. „Der Twi‘lek ist mein Kammerdiener,“ sagte Maia unzufrieden. Vorsichtig beugte sie sich zu Eddington nach vorne und flüsterte vermeintlich leise. „Vater bestand darauf, dass er mitkommt, damit alles seine Ordnung hat und ich standesgemäß versorgt werde, aber ich mag ihn nicht.“ Sie schaute böse zu Caliper und dann hilfesuchend zum Inspektor. „Er schaut mich immer … so komisch an.“ Der Twi’lek zog eine Braue in die Höhe, räusperte sich verlegen und verbeugte sich dann steif, aber in perfekter Form, vor Eddington: „Zu Ihren Diensten, Chief Inspector.“ Dieser sah aus, als hätte er einen unangenehmen Geruch in der Nase. „Ich kann Sie verstehen, Fräulein. Diesen Aliens ist nicht zu trauen.“ Eddington hob die Hand und bedeutete seinen zwei Begleitern, sich um Maias Begleiter zu kümmern. „Kontrolliert ihre Papiere und durchsucht sie gründlich!“ Dann trat der Inspektor einen Schritt näher zu ihr heran, hob ihren Gehstock auf und legte seine Hand überraschend forsch knapp oberhalb ihrer Hüfte auf ihren Rücken, bevor er sie etwas beiseite führte. Innerlich schauderte es der Agentin, aber es war alles Teil des Spiels und bisher lief es exzellent. Auch wenn sie dieser imperiale Spießbürger tatsächlich anwiderte, war es notwendig ihn glauben zu lassen, dass sie die persönliche Zuwendung nicht störte, sondern sie sie sogar schätzte.
Eddington führte sie einige Schritte näher zum Rand des Landepads, von wo aus sie einen guten Blick auf die eigentliche Stadt hatten. Der wolkenlose Himmel leuchtete blau oberhalb der gewaltigen Wroshyr-Bäume mit ihren eleganten Baumhäusern und des perfekten Sandstrands, der Kachirho vom Meer trennte. „Was bringt eine schöne junge Dame wie Sie nach Kashyyyk?“ fragte der Imperiale. Das breite Grinsen war nun deutlich sicherer als zu Beginn und untermalte den zunehmend gierigen Ausdruck in seinen Augen. Maia spürte seine Hand immer noch auf ihrem Rücken und roch den säuerlichen Schweiß, der sich in der Hitze unter seiner Uniform zu sammeln schien. Mit einem zufriedenen Seufzen machte sie einen Schritt nach vorne und streckte die Arme in den warmen Wind, auch um zumindest für einen Augenblick die Finger des Beamten von ihrem Körper zu bekommen. Dann drehte sie sich lächelnd zu Eddington herum. Sie sah, wie Haywire und Caliper von den anderen beiden Zollbeamten gefilzt wurden, und ihr Frachterpilot währenddessen die erste Hoverpalette mit ihrer Ausrüstung auslud. Sie achtete darauf, den Blick nicht zu lange schweifen zu lassen, um nicht aus der Rolle zu fallen. Der Chief Inspector reichte ihr ihren Gehstock, als sie die Hand ausstreckte. „Mein Vater hat dafür gesorgt, dass ich nach meinem Doktortitel endlich eine eigene historische Expedition für das Institut für Xeno-Geschichte leiten darf,“ plauderte sie heiter. „Wir wollen die Höhlenkunst in den Klippen und die alten Ruinen hier im Archipel kartographieren und historisch auswerten.“ Maia atmete tief durch, wie um ihre Nervosität zu kontrollieren. „Es ist so aufregend! Ich war noch nie so weit von Wroonia weg,“ erzählte sie heiser, ein Verschwörerlächeln auf den Lippen, bevor sie ernst wurde. „Natürlich haben wir auch alle nötigen Papiere, Bestätigungen von meinem Institut und eine imperiale Prospektions- und Grabungserlaubnis, wenn Sie sie sehen wollen, Chief Inspector Eddington.“
Belustigt und mit einer gewissen Faszination musterte der Mann sie wortlos, wobei seine Augen für einen kurzen Moment auf ihren Brüsten hängenblieb. Dann winkte er ab. „Ich denke, dass wird nicht nötig sein, Fräulein. Für eine Erlaubnis die unerschlossenen Inseln im Archipel zu besuchen, müssen Sie ohnehin mit dem Standortkommandanten, Captain Gisbert, sprechen. Ich bin mir sicher, mit Ihnen und Ihrer Fracht hat alles seine Richtigkeit.“ Eddington schenkte ihr ein unangenehmes Lächeln, bevor er für einen Augenblick hinter sich schaute und sich mit seinen Untergebenen austauschte, die die Ausweise von Haywire und Caliper geprüft und ihre Taschen untersucht hatten. Als diese ihm bestätigten, dass mit beiden alles in Ordnung war, wandte der Beamte sich wieder ihr zu. „Gibt es vielleicht etwas, wobei ich Ihnen persönlich helfen kann?“ Eddington betonte ‚persönlich‘ langsam und mit Bedacht und lehnte sich ein wenig zu Chi-Maia nach vorne. Sie lächelte unschuldig. „Nun, mein Vater hat für unsere Ausrüstung einen Lagerraum unterhalb des Vikkilynn-Baums gemietet und Unterkunft im 'Green Excelsior Inn' reserviert,“ sagte sie gedankenverloren. „Wenn Sie den Transport unserer Fracht arrangieren und mir vielleicht den Weg zu meiner Unterkunft erklären könnten?“ Maia schob den Tropenhelm mit spitzen Fingern zurecht, um sich einen Augenblick Bedenkzeit zu schaffen. Sie hatte für den Moment alles erreicht, was sie wollte, aber jetzt war es an der Zeit Eddington loszuwerden, bevor er zu aufdringlich werden konnte und sie nicht mehr in Ruhe ließ. Sie wandte sich zu ihren Begleitern um und legte die freie Hand an den Mund.
„Herr Raji, jetzt heben Sie schon mein Gepäck auf! Nicht dass noch etwas zu Schaden kommt,“ rief sie Caliper zu, der kurz den Kopf neigte und ihre Reisetasche aufhob. Erwartungsvoll wandte sie sich zu Eddington, klemmte ihren Gehstock unter den Arm und streckte ihm in einer adretten Bewegung die rechte Hand zum Kuss hin. „Es war mir eine Freude, Chief Inspector Eddington!“ Überrascht hielt der imperiale Zollbeamte für einen Moment inne, offensichtlich mehr als ein wenig enttäuscht, dass er ihr nicht doch noch ‚persönlich‘ helfen konnte. Ein schneller Blick über seine Schulter verriet ihm jedoch, dass sowohl Maias Geleitschutz ihn beobachtete als auch seine zwei Untergebenen ihn mit halb amüsierten, halb erstaunten Blicken bedachten. Für die Dauer eines Zwinkerns warf der Inspektor ihr ein letztes wölfisches Schmunzeln zu, dass in Maias Magengrube ein ziehendes Gefühl von Übelkeit und Bedrohung auslöste. Dann ergriff Eddington kontrolliert ihre Hand und führte sie schmatzend an seine Lippen.
„Machen Sie sich keine Sorgen um Ihre Ausrüstung, Fräulein Fyal,“ sagte er und ließ ihre Hand wieder sinken, ohne sie dabei loszulassen oder sie selbst aus den Augen zu lassen. Ein gellender Pfiff kam über seine Lippen und für einen grauenvollen Augenblick befürchtete die Agentin, es wäre sie gewesen, die einer Charade aufgesessen wäre und nicht Eddington. Doch alles, was passierte, war dass der imperiale Wärter mit den beiden Wookiee-Zwangsarbeitern herankam. „Sorgen Sie dafür, dass die Fracht dieser Dame zügig zu den Lagerräumen am Vikkilynn-Baum geliefert wird,“ blaffte er unwirsch, wie um seine Wichtigkeit hervorzuheben. Endlich ließ er ihre Hand los und Chi-Maia spürte, wie ihr zeitgleich eine Last von den Schultern zu fallen schien. „Erlauben Sie mir, Ihnen ein Taxi zu rufen, Fräulein Fyal,“ sagte er zuvorkommend. „Sollten Sie während Ihres Aufenthaltes noch etwas benötigen, zögern Sie nicht beim Zollbüro hier am Raumhafen nach Chief Inspector Amilo Eddington zu fragen …“
Etwas später …
Das kleine Airspeeder-Taxi war ein offenes Cabriolet und wurde von einem Droiden geflogen. Der Transit war ebenso kurz wie unauffällig, aber Maia war dankbar für den Moment Ruhe, in der nur der Fahrtwind, die Geräuschkulisse von Kachirho und des Raumhafens zu hören war. Haywire und Caliper saßen ihr gegenüber und schwiegen demütig, so wie es sich für Bedienstete gehörte. Sie hatte ihre Rolle als Dr. Santara Fyal, der wroonischen Magnatentochter, die sich der Xeno-Geschichte mehr als Hobby verschrieben hatte, mit Bedacht und Überlegung zusammengestellt. Maia war zufrieden, dass der erste Auftritt der neuen Frau, die sie die nächsten Wochen verkörpern würde, ein Erfolg gewesen war. Gerade am Ende der Begegnung mit Eddington hatte ihr das Adrenalin wie Feuer in den Adern gepocht und sie war stolz darauf, durch ihr Geschick so anstandslos durch die imperiale Zollkontrolle gekommen zu sein. Das Gelingen und das Adrenalin hatten sich geradezu berauschend angefühlt. Gleichwohl fühlte sie immer noch die lüsternen Finger des Zollbeamten auf ihrem Körper und seine feuchten Lippen auf ihrem Handrücken. Sie hatte ihn dazu eingeladen. Sie hatte ihren Körper benutzt, um ihn zu manipulieren. Es war Teil des Geschäfts, das wusste die Agentin, und sie hatte keine Illusionen, dass es das letzte Mal sein würde, dass sie ihren Körper in dieser Weise würde beschmutzen müssen. Maias Nackenhaare stellten sich bei dem Gedanken auf und sie hielt sich für einen Augenblick ungläubig die Hand über den Mund. Für einen Moment fiel sie gänzlich aus ihrer Rolle und starrte abwesend auf den Gehstock auf ihrem Schoß, während das Taxi sich einem hölzernen Pier neben einem mit Schnitzereien verzierten, mehrstöckigen Baumhaus näherte. Es war auf etwas mehr als halber Höhe des Wroshyr-Baums angebaut und schien nahtlos in Räumlichkeiten im Baum selbst überzugehen. Über dem Landesteg hing ein an mehreren silbrigen Ketten befestigtes Schild, auf dem geschnitzte, vergoldete Buchstaben in High Galactic das Gebäude als ‚Green Excelsior Inn‘ auswiesen. Maia blinzelte und fragte sich, ob es ihr irgendwann leichter fallen würde, ihren Körper als Waffe einzusetzen. Wie weit würde sie gehen müssen und war sie wirklich bereit dafür?
Ehe sie über eine Antwort über diese Frage nachsinnen konnte, stoppte das Taxi auf Höhe des Piers und mit einem leisen Klicken schob sich die Seitentür des Speeders beiseite. „Das ‚Green Excelsior Inn‘. Kachirho Cabs wünscht Ihnen einen angenehmen Tag,“ brummte der Taxidroide blechern. Caliper erhob sich in einer fließenden Bewegung, trat aus dem Taxi heraus und bot ihr elegant die Hand, um ihr aus dem Speeder zu helfen: „Sie gestatten, Dr. Fyal?“ Die Agentin schürzte die Lippen und besann sich auf ihre Aufgabe. Sie nickte dem Twi’lek knapp ihre Dankbarkeit zu und ließ sich auf das Pier helfen. In einer geübten Bewegung schnippste sie mit den Fingern und deutete auf ihre Tasche und warf ihrem vermeintlichen Dienern einen strengen Blick zu. „Exzellente Arbeit auf dem Landepad, Torthal,“ flüsterte sie Caliper leise zu. „Sie und Nikoob haben meinen Auftritt perfekt unterstützt. Das hätte nicht besser laufen können.“ Der Twi’lek hob minimal die Augenbraue und schaute sie prüfend an, wie um festzustellen, ob das Kompliment ernstgemeint war. Haywire drückte sich mit eingezogenem Nacken an ihr vorbei, ihre Reisetasche in seiner Hand, bemüht auszusehen, als wollte der er möglichst im Boden verschwinden. „Das war eine gelungene Vorstellung,“ brummte der wortkarge Rodianer im Vorbeigehen. Mit einem halben Grinsen im Gesicht, begutachtete sie zufrieden ihre Unterkunft und schritt dann, den Gehstock im Anschlag, auf den Eingang zu.
Die Lobby des Hotels war bezaubernd schön und von unaufdringlicher Eleganz. Wenn das die gängigen Posten für republikanische Schläferagenten waren, sollte sie definitiv auch einen beantragen! Es gab keine einzige Ecke oder Kante in diesem fast gänzlich hölzern ausgestalteten, halbmondförmigen Raum: selbst die Empfangstheke war abgerundet und die zahlreichen Sessel mit ihren kleinen Cafétischen waren aus runden Hölzern gezimmert. Das Dekor vertraute auf simple, geschwungene Schnitzereien und Kontraste aus dunklen, farbigen und hellen Hölzern. In zahlreichen Pflanzentöpfen standen breite, fleischige Farne, deren bunte Blüten gemeinsam mit den großen, offenen Fenstern der Lobby einen tropischen, einladenden Look verpassten. Die Empfangstheke bestand aus einem langen, hölzernen Tisch, der wie ein Sichelmond geformt war und vor einem ausladenden, offenen Hinterraum positioniert war, an dessen Wänden aberhunderte Weinflaschen fein säuberlich in edlen Weinregalen verstaut waren. Am Ende des Empfangsraums war eine offene Tür zu sehen, hinter der eine Bar zu erkennen war. Überraschenderweise war die Lobby abseits von den drei Agenten und dem Empfangsdroiden, der an einem von Holz eingefassten Terminal stand, fast gänzlich leer. Einige wenige Gäste saßen bei einem Glas Wein in der Lobby. Sonst hörte Maia lediglich aus der Richtung der Bar hinter dem Empfangsbüro jemand mit Flaschen hantieren. „Willkommen im ‚Green Excelsior Inn‘“, schnurrte der polierte, silberne Droide vor ihr höflich. „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“
Maia wandte sich mit einem staunenden Blick zum blechernen Rezeptionisten, zog ein wenig die Augenbraue hoch, schnalzte mit der Zunge. „Wie überraschend stillos – keine persönliche Bedienung?“ fragte sie mit leiser Empörung und klopfte dann laut mit dem silbernen Kopf ihres Gehstock auf den Tresen. „Hallo? Halloooo?!“ Auf ihr Rufen hin eilte ein stämmiger, muskulöser, dunkelblonder Mann mit langen, geflochtenen Haaren von der gegenüberliegenden Bar heran. Er trug einen makellosen, dunkelblauen Anzug und hatte ein feines Geschirrtuch über der Schulter. Die Agentin schätzte ihn auf Ende 40 und betrachtete für einen Augenblick erstaunt die feinen, silbernen Ringe, die der Mann in seinem dichten Vollbart und am Ende der Zöpfe eingeflochten hatte – und spürte ihr abermals Aufregung in sich aufkommen. Sie meinte den Mann von den Archivbildern, die man ihnen vor der Mission von Agent Sequoia gezeigt hatte, zu erkennen. „Verzeihen Sie, junge Dame, aber ich arbeite zur Zeit mit wenig Personal und auf die Droiden allein ist an der Bar kein Verlass,“ erklärte er mit einem einladenden Lächeln und deutete dem Droiden beiseitezutreten. „Angesichts der politischen Lage habe ich aktuell leider kaum Gäste.“ Sein Ausdruck war ein schmerzliches Lächeln, aber Maia spürte, wie die kühlen Augen des Mannes sie musterten. Dann tippte sich der Mann ungläubisch an die Stirn. „Wo sind nur meine Manieren geblieben? Jehto Bayne ist mein Name. Ich bin der Manager dieses Etablissements. Was kann ich für Sie tun?“ Die Agentin zog die Augenbrauen in die Höhe, um ihren gleichgültigen Protest auszudrücken.
„Politik! Als wäre das ein Grund, einen wichtigen Gast von einem Droiden abfertigen zu lassen,“ murrte sie in empörten Ton, bevor sie einen versöhnlicheren Gesichtsausdruck aufsetzte. „Dr. Santara Fyal. Vom Institut für Xeno-Geschichte von Wroonia,“ erklärte Maia. „Sie müssten eine Reservierung für eine Suite und zwei kleinere Zimmer für meine Begleiter vorliegen haben.“ Baynes Gesicht hellte sich auf, als er ihren Namen hörte, und er begann am Terminal zu tippen. „Ahh, selbstverständlich. Dr. Fyal! Wir haben Sie bereits erwartet. Wie Sie sehen, ist unser Haus bekannt für seine vorzügliche Auswahl an Weinen aus der gesamten Galaxie. Vielleicht könnte ich Ihnen als Entschädigung für den unschicklichen Empfang eine Kostprobe auf Kosten des Hauses anbieten?“ Dankbar legte Maia ihre linke Hand auf die Brust und nickte zustimmend. „Das wäre ausgesprochen zuvorkommend, Herr Baynes. Also hatte mein Vater doch Recht, als er mir Ihr Hotel nahegelegt hat,“ antwortete sie süßlich, wobei sie sich ein wenig auf die Theke lehnte, um einen Blick auf die Weinregale zu werfen. „Mein Vater und ich haben eine besondere Vorliebe für Wein von Naboo.“ Sie fixierte den Mann mit nonchalantem Blick und lächelte dann. „Vielleicht ein Aurora Naboo Reserve 77?“ Falls Bayne den codierten Befehl erkannte, ließ er es sich in keinster Weise anmerken. Stattdessen lachte er erstaunt auf. „Ihre Familie muss aus anerkannten Sommeliers bestehen! Nur Gourmets verlangen nach Weinen aus Naboo.“ Mit einer leichten Verbeugung und einem Winken lud er sie hinter die Theke ein. „Kommen Sie, junge Dame, kommen Sie! Lassen Sie mich die Auswahl zeigen. Wer weiß? Vielleicht entscheiden Sie sich ja noch um, wenn Sie sehen, was ich Ihnen bieten kann.“ Baynes grinste verschmitzt und führte sie zu den Weinen auf der linken Seite.
Vor einem Weinregal aus rötlich glänzendem Holz blieb er schließlich stehen und wies auf die säuberlich sortierten Flaschen. „Wir haben eine breite Auswahl an Weingütern von Naboo: ‚Gungan Master’s‘ beispielsweise, oder ‚Queen’s Own Royal Selection‘. Sollten Sie helle, frische Weine mit einer spritzigen Zitrusnote mögen, dann hätte ich selbstverständlich auch einen guten Jahrgang vom Weingut ‚Eastern Theed-Baronesse‘ …“ Bayne ging ein wenig in die Knie und zog einen Flaschenhals aus Kristallglas aus einem der unteren Regale hervor. Auf der kegelförmigen Flasche saß ein vergoldeter Glaskorken und das Etikett war leicht angestaubt: ‚Aurora Naboo Reserve 77‘. Eine rötlich-grüne, etwas milchige Flüssigkeit war darin zu erkennen. Der Hotelier grinste zu ihr hoch. „An Ihrer Reaktion sehe ich, dass Sie sich schon entschieden haben. Ich hatte gehofft, sie noch einmal umstimmen zu können. Wissen Sie, dieser Wein ist ein selten nachgefragter, aber exzellenter Jahrgang.“ Ein Schuljungengrinsen stand in seinem Gesicht. „Abgefüllt im Geburtsjahr meiner Mutter. Ich hatte gehofft, ihn zu einem guten Anlass selbst trinken zu können.“ Die codierte Antwort ließ ihr Herz vor Aufregung schneller schlagen. In einer fahrigen, nachdenklichen Bewegung strich sie sich mehrmals hinter ihrem rechten Ohr sachte über das Haar, wobei sie unauffällig ihren goldenen Ohrring löste, der mit einem leisen Klirren zu Boden fiel. Erschrocken sog Maia die Luft ein, ließ ihren Gehstock fallen und ging auf die Knie, um nach dem Schmuckstück zu suchen. „Lassen Sie mich helfen, Dr. Fyal …,“ antwortete Bayne mit einem fürsorglichen Lächeln.
Während sie vorsichtig den Boden unter den Weinregalen abtastete, neigte sie sich etwas näher zum Hotelier. „Sequoia?“ fragte sie leise flüsternd. Bayne nickte unmerklich. „Agenten Glyph, Caliper und Haywire. Wir haben Befehle für Sie.“ Sie machte den entkommenen Ohrring aus und nahm ihn eilig an sich. Vorsichtig tastete sie den Rand des Schmuckstücks ab, bis sie eine kleine, fast unmerkliche Delle gefunden hatte. Auf sanften Druck klappte die goldene Hülle auf und ein kaum einen halben Zentimeter großer Mikrochip war in seiner Mitte zu erkennen. Mit der Spitze ihres kleinen Fingers entfernte Maia den Chip und reichte ihn an Sequoia weiter, woraufhin sie den Ohrring wieder schloss und ihn ohne viel Aufhebens anzog. „Vielen Dank, Herr Baynes. Das ist ein Erbstück meiner Mutter,“ sagte sie mit erleichterter Stimme und erhob sich. Ihr Gegenüber richtete sich ebenfalls wieder auf und lachte sie mit offenen Armen an. „Ich bitte Sie, junge Dame. Am Ende müsste ich Ihnen für den verlorenen Ohrring noch mehr kostenlosen Wein ausschenken, hmm?“ Baynes nahm die Flasche Aurora Naboo Reserve aus dem Regal, übergab sie Chi-Maia und hob kurz die Hand. „Warten Sie einen Augenblick. Dieser Wein ist am besten, wenn man ihn auf Eis legt. Nur so kommt das natürliche Aroma der Shuura in Gänze zur Geltung.“ Mit der Weinflasche in der Hand ging sie langsamen Schrittes wieder auf die Vorderseite der Theke zurück und beobachtete, wie Bayne eine knappe Minute später mit einem silbernen Eiskübel voller dampfenden Trockeneis zurückkam. Mit dem freundlichen Lächeln eines gutmütigen Onkels nahm er ihr die Flasche ab, betrachtete sie für einen Moment wehleidig, wobei er sie locker in seinen Händen drehte, und legte die Kristallflasche schließlich in ihr Bett aus Eis. „H4-L0 wird Sie zu Ihren Zimmern begleiten. Bis Sie in Ihrer Suite sind, sollte der Wein gut durchgekühlt sein. Genießen Sie Ihren Aufenthalt, Dr. Fyal, und zögern Sie nicht mich oder einen der Servicedroiden anzusprechen, sollten Sie etwas benötigen.“
Eine gute Viertelstunde später stand Maia auf dem Balkon Ihrer Suite, einen Weinkelch und den Eiskübel auf dem kleinen Beistelltischchen zweier Liegesessel und blickte über das Panorama. Die Sonne versank langsam in einem Bett orangenen Lichts knapp über dem Meer und eine lauwarme Brise umspielte ihre Haare, die sie endlich von dem albernen Tropenhut befreit hatte. Sie nahm die kalte Weinflasche aus ihrem Bad und zog den kleinen Papierfetzen ab, den Sequoia beim Drehen der Flasche unauffällig auf das Glas geklebt hatte. Sie faltete ihn auf.
„Werde Bef. auslesen.
Rolle wahren!
Zeitnahes Situationsbriefing.
Meldung folgt!
S. – Lieut.“
Glyph lächelte. Sie öffnete die gut durchgekühlte Weinflasche und schnüffelte zufrieden am Wein. Die rotgrüne Flüssigkeit roch nach Shuura-Frucht mit einer würzigen, holzigen Note. Ein corellianisches Whisky-Faß? Die Gedanken an Eddington waren wie weggeblasen, jetzt wo sie wusste, dass die ersten Schritte der Mission getan hatten und das Gefühl, gute Arbeit geleistet zu haben, langsam einsetzte. Maia hatte fühlte sich, als könnte sie mit dem ganzen Imperium aufnehmen. Mit einem Seufzen ließ sie sich mit einem gefüllten Weinkelch auf eines der bequem gepolsterten Liegesofas nieder. Jetzt mussten nur noch diese Wookie-Höhlenzeichnungen tatsächlich so faszinierend sein, wie es ihr bei der Recherche vorgekommen war!
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