Danke für die Beteiligung an diesem Thread und am Poll oben. Ich selbst werde dann auch mal einen Beitrag verfassen:
Für mich hat - wie für viele hier - Episode I eine sehr angenehme Geschwindigkeit. Wir haben ruhige Szenen, wir haben wilde Szenen. Der Film ist nicht zu ernst (eher noch das Gegenteil manchmal, haha), eine Gefahr in den Schatten ist aber jederzeit spürbar. Die Szenen mit Sidious und Maul tragen viel dazu bei. Man kann den Film relativ entspannt „runter gucken“ und er ist immer wieder ein kleines (Einstiegs-)Abenteuer. Die Stürmung des Palastes hätte man vielleicht ein wenig wilder/spanennder inszenieren können, wobei da ja eigentlich ein sehr schöner kontrast zum hitzigen Laserschwertkampf im Theed-Hangar war. Die Bodenschlacht von Naboo konnte ihre Wirkung mit der Ankunft der Droiden auch mehr entfalten, nachdem vorher mehrere Minuten ruhige der Schlachtvorbereitung waren. Allgemein ist TPM sehr gut darin, Momentum aufzubauen und im richtigen Moment die Spannung zu entladen. Insgesamt ein Film der Marke "Könnte ich jederzeit gucken". Sieht auch einfach traumhaft aus.
Episode II gucke ich nicht soo gerne (ganz und am Stück), weil er für mich Längen hat. Ich möchte eigentlich nichts rausstreichen wollen und ich wüsste auch nicht genau, wie ich es mit einem Kürzen gewisser Szenen anstellen würde, aber irgendwie ist der Film 5-15 Minuten zu lang. Und jedes Mal empfinde ich vor dem Eintreffen der Klone auf Geonosis (und der folgenden Schlacht) eine gewisse Ausgelaugtheit statt ein „Yeah, jetzt geht's endlich rund!“. Vielleicht war das genauso beabsichtigt, dass sich die Kriegsszenen eben auch stressig anfühlen sollen statt wie Unterhaltung. Von sowas bin ich grundsätzlich nämlich sogar ein Freund. Will ich Stress transportieren, stresse ich den Zuschauer. Will ich Langeweile transportieren, langweile ich den Zuschauer. In meinen Augen eine tolle Methode. Aber irgendwie bezweifle ich, dass Lucas das im Sinn hatte. Der Film hat seine spaßigen Szenen und alle haben ihre Berechtigung, aber vermutlich sind alle jeweils ein paar Minuten zu lang für mich.
Episode III finden ja viele zu schnell; das kann ich nachvollziehen. Vieles passiert innerhalb kurzer Zeit, dahingehend ist der Film ein wenig mit TROS vergleichbar. Für mich ist Episode III ein bisschen wie ein großer Burger: viele Kalorien....liegt ein bisschen schwer im Magen....hatte viele Inhalte, welche man allerdings nicht so richtig genießen konnte, weil alles so eng verpackt war....irgendwie schon cool und fast schon wieder stilvoll, im Grunde aber nicht die ganz hohe Kunst des Kochens....Fazit: Kann man mal machen. Es darf auch mal Fast Food sein, wenn es schmeckt. Es darf auch mal schnell sein. Es darf auch mal krachen. Man kämpft zwar ein bisschen mit diesem 'Burger' namens ROTS, aber am Ende denkt man sich: „Hat Spaß gemacht. Würde ich jetzt nicht jede Woche gucken, weil es lang und heftig war, aber der Übergang und das Vorausdeuten zu ANH lohnt sich doch jedes Mal.“ Ein, zwei Action-Szenen weniger und ein, zwei ruhige Szenen mehr hätten dem Pacing von Episode III bestimmt nicht geschadet, aber ich verzeihe es dem Film irgendwie.
Der Ur-Film Episode IV hat das vielleicht langsamste Erzähltempo. Selbst bei der hochgefährlichen Infiltration des Todessterns ist, wie ich finde, immer so eine ruhige Atmosphäre - fast so, als ob das ein schlafender Riese von Raumstation sei, auf dem man bloß ein wenig vorsichtig sein muss und das geht schon gut. Sehr interessant gemacht auf jeden Fall! Die Droiden in der Wüste zu Beginn hätte man vielleicht ein wenig kürzen können, aber da sind wir wieder beim Punkt "Den Zuschauer mit ins Boot holen": Die Droiden sind unterwegs in der schier endlosen Wüste, also muss man die Weiten der Wüste auch zeigen. Und allgemein darf man Pacing halt nicht mit Effekten verwechseln (auch wenn das manchmal im mehr oder weniger direkten Zusammenhang steht); der Laserschwertkampf haut insbesondere nach den Prequels halt niemanden aus den Socken, aber das braucht er auch nicht. Das ist mehr ein Duell auf emotionaler und psychologischer Ebene. Die beiden müssen (retrospektiv) niemandem (= Zuschauer) mehr was beweisen. Ironischerweise finde ich den Anflug auf den Todesstern an manchen Stellen etwas lang (Schande über mein Haupt), aber solch eine Jahrhundert-Operation will halt auch in ihrer gesamten Opferbereitschaft und mit der gesamten Anspannung gezeigt werden.
Wie ich das sehe, finden Episode V nicht nur die meisten am besten, sondern attestieren ihr auch das beste Pacing. Ich selbst war da tatsächlich nie so eindeutig in meiner Bewertung. Vielleicht traue ich auch Massenmeinungen nicht genug, haha. Ich meine...ja...TESB ist großartig. Bei mir teilt er sich mit ANH auch die ersten beiden Plätze in meinem Saga-Ranking. Da stimmt so viel. Aber Pacing ist ja in seiner Bewertung häufig auch mit subjektiven Vorstellungen/Erwartungen verbunden. Manche Dinge lassen uns unterhalten fühlen, andere nicht so. Manche Dinge bereiten uns Unbehagen, andere weniger. Für mich ist TESB halt kein richtiger Wohlfühl-Film - natüüürlich will er das auch gar nicht sein. Das Imperium schlägt halt zurück. Aber manchmal hat Episode V für mich sowas klaustrophobisches fast schon. Die Wolkenstadt empfinde ich da immer ein wenig erlösend, weil sie (zumindest zu Beginn) etwas angenehme (!) Ruhe und Worldbuilding reinbringt. Insgesamt fährt der Film zur richtigen Zeit aber die Spannung wieder hoch und endet auch zum richtigen Zeitpunkt. SW-Kunst, Benchmark.
Episode VI finde ich kritisch vom Pacing her. Ich finde Jabbas Palast zu lang, ich finde Endor zu lang. Ich mache es kurz: Ich bin kein allzu großer Freund von ROTJ mehr. Ja, das letzte Drittel macht einfach nur Spaß und ist vor allem dank den Thronsaal-Szenen legendär - aber der Weg dahin ist mir zu heutzutage zu blass. Die Befreiungsaktion auf Tatooine ist zwar spannend inszeniert, aber am Ende denke ich mir „Im ursprünglichen Saga-Finale gefühlt eine Stunde nur mit der Befreiung von Han aufbringen, der im Anschluss bloß noch grummelig mitmischt?“ Weil ROTJ für SW-Verhältnisse auch ungewohnt ortsgebunden erzählt, fühlt sich der Film für mich auch beinahe an, als wären es zwei oder drei kleine Filme/Folgen hintereinander.
TFA hat, obwohl man ihm ja nachsagt, quasi das schrecklichste Pacing aller SW-Filme zu haben, vor allem in der ersten Hälfte ein fantastisches solches. Episode VII macht vieles richtig und lässt durch viele Farbkontrastierungen durch die Schauplatzwechsel auch regelmäßiges Durchatmen und Neuentdecken zu. In der zweiten Hälfte entwickelt sich das Ganze leider zu einem „ANH auf Speed“, wenn ich das mal so sagen darf. Andererseits war dies das Jahr 2015, da konnte man einen SW-Film (bzw. so eine Infiltrationsszene) vielleicht nicht mehr so ruhig wie 1977 inszenieren. Dafür hat der Handlungsstrang um die Suche nach Luke während des Filmes kontinuierlich Spannung und Interesse aufgebaut, welche dann klimaktisch in der Mutter aller Cliffhanger aufgelöst wurden. Also insgesamt trotz zweiter Hälfte ein SW-Film, der ein sehr gutes Timing und Händchen für visuelle und narrative Impulse hat (dabei natürlich auch ein gutes Vorbild hatte, *hust*). Auch ein Film der Marke "Könnte ich immer wieder schauen".
Bei Episode VIII finde ich, dass der Auftakt mit der Weltraumäktschn an sich eine gute Idee war, dieser peinliche Dialog zwischen Poe und Hux dem Film allerdings bereits ganz viel raubt. Einige Zuschauer waren verwirrt, verärgert. Dann Ahch-To. Meditativ. Abgeschottet. Wunderbar gefilmt. Hin- und hergeschnitten mit dem Widerstand und der Ersten Ordnung (oder konkret: Kylo Ren) und den Rückblenden funktioniert der Film ziemlich gut in seinem Tempo. Ab Cantonica wird mir der Film aber zu wild. Irgenwas in mir will zu diesem Zeitpunkt von TLJ immer vorankommen in der Story, aber es werden Minuten um Minuten mit dieser Codeknacker-Aktion aufgewendet. Und im Anschluss weiß ich gar nicht, was ich brauche oder will, aber man hat ja keine Wahl: dann kommt der Teil mit der Supremacy und Snoke und danach fühle ich wieder diese Ausgelaugtheit wie auf Geonosis. Klar, es muss weitergehen, aber ich bin ein bisschen müde. (An dieser Stelle: Der Widerstand vielleicht auch? War das eventuell geplant, dass sich Crait etwas müde und hoffnungslos anfühlt?) Mit dem Erscheinen Lukes wird nochmal maximal Spannung aufgebaut, die sich aber nach einem intimen Gespräch mit Kylo wieder schnell auflöst. Am Ende: Erleichterung. Es ist vorbei. Es ist überstanden. Nein, nicht weil der Film so grottig war. (Obwohl der Film auf Rang 9 meines Saga-Rankings steht, weiß ich mittlerweile gewisse Szenen sehr zu schätzen.) Aber weil es anstrengend war. Der Film hat so viel Energie aufgewendet in Szenen, die nichtmal wirklich notwendig waren. Und die bleiben ein wenig hängen. Selbst manche Sprüche und Witze waren anstrengend, weil sie so viel Toleranz erfordert haben. Alles in allem ein eigenwilliges Pacing und leichte Überlänge. Nicht schlecht! Einfach ein bisschen lang.
Episode IX ist arg flott; das sieht wohl jeder so. Dem Einstieg merkt man die Schere an, das hätte man viel ruhiger darstellen können mit Kylo Ren, welcher den Wegfinder erreicht. Da hätte man mehr von Mustafar zeigen können und seiner entschlossenen Suche nach dem Sith-Artefakt. Jedoch war Exegol und die Begegnung zwischen Palpatine und Ren ja der gefühlte oder sogar eigentliche (wirklich inhaltliche) Eintieg. Da kann ich es verstehen, dass man auf Mustafar nicht zu viel Zeit verbringen wollte. Da fand wiederum die Ankunft und das Gespräch klasse inszeniert vom Pacing her. Schaurig, mit Spannungsbogen. Danach ein bisschen "Planeten-Hopping" mit einem Hauptdarsteller-Trio, welches ähnlich wie in ROTJ nicht mehr so richtig auseinander gerissen wird bis zu einem gewissen Punkt. TROS löst das insgesamt aber spannender und atmosphärischer in meinen Augen. Obwohl wir es mit dem zweitlängsten SW-Film zu tun haben (gleichauf mit AOTC), empfinde ich bei TROS keine wirklichen Längen. Dafür erzählt er zu dicht, zu schnell. Ja, ich bin bekennender Fan des Films. Aber ich finde wirklich, dass das insgesamt gut gelungen ist. Wir haben ein paar ruhigere Szenen wie Kylo auf Exegol, auf dem Dach von Kijimi, Rey auf Ahch-To oder im Wrack des Todessterns, welche die ansonsten wild-modernen Sequenzen ein bisschen abkühlen und neue Spannungsspitzen zulassen. Ein cleveres Timing, wie ich finde. Obwohl sehr lang, keine Längen meiner Meinung nach.
Meine Rangliste für das angenehmste Pacing würde vielleicht so aussehen:
1. Episode V
2. Episode I
3. Episode IV
4. Episode VII
5. Episode IX
6. Episode III
7. Episode VI
8. Episode II
9. Episode VIII
(Deckt sich nicht 100%ig mit meinem allgemeinen Saga-Ranking, ich sehe aber gewisse Ähnlichkeiten. Sympathien machen da wohl auch was aus.)