Weltraum Imperium, auf der Raumstation Pegasus unterwegs: Ribanna mit Sedros auf der Flucht
Kurz darauf fanden sie sich wiederholt in einer dunklen, schwer einsehbaren Ecke wieder. Sedros legte seine Überrobe ab. Gute Idee, dachte sich Ribanna und tat das ebenfalls. Sie sollte hier warten. Ribanna gehorchte ihm wortlos. Er nahm diese und wurde sie irgendwo los. Ribanna konnte es von hier aus nicht sehen. Er brachte ihr ein Kleid mit. Es war blau. Sie streifte es über ihre Sachen. Ideen hatte er wirklich gute, das musste man ihm lassen. Der Schnitt des Kleides ließ sehr zu wünschen übrig, aber es passte irgendwie und sie sahen damit anders aus und das war das Ziel. Sie sollte seine Maske und seine Brille tragen. Verwirrt sah sie ihn an, ehe es bei ihr Klick machte. Sein Gesicht war unbekannt, ihres hingegen nicht. Sie steckte ihr Haar lose zusammen, einige Strähnen quollen wirr hervor und zog sich die Atemmaske über. Es atmete sich damit schwerer, fand sie. Wie sollte sie damit rennen? Nun, vielleicht bräuchten sie das ja nicht mehr, dachte sie sich zuversichtlich. Seine Brille zog sie auch über. Hoffentlich beschlug sie nicht. Sie musste den Riemen hinten enger stellen, denn ihr Kopf war viel kleiner als das des Mitschülers. Er schlug nun vor, nicht auffällig zu rennen. Ja, das machte Sinn. Sie wollten in der Menge untertauchen. Sie nickte wortlos. Sie fragte sich, wie ihre Stimme wohl unter der Maske klingen würde? Sie probierte es lieber nicht aus, im Falle sie damit über Gebühr laut sprechen würde.
Gesagt, getan! Sie wagten sich, Hand in Hand, was mittlerweile zum Selbstläufer wurde, damit man sich hier nicht auch noch verlieren würde, ins Getümmel. Es war schon faszinierend, wie voll die Gänge waren. Ribanna fragte sich, was die Leute hier so umtrieb. Sie waren sicherlich die Einzigen, die einen Kristall suchten. Sie müssten jetzt wirklich schwer erkennbar sein. Ihr Gesicht war schließlich bedeckt, ihr Haar war nicht mehr offen oder unter einer Kapuze und sie trug ein farbiges Kleid. Sedros war ebenso stark verändert. Sein Gesicht war frei und seine Kleidung war völlig anders. Zumindest gab es ihnen zur Zeit das Gefühl, die Kontrolle wiedergewonnen zu haben. Sie streckte die Machtfühler aus. Sie konnte keinen Kristall entdecken. Aber, wie hoch war auch die Wahrscheinlichkeit, dass es gleich 2 Kristalle an einem Ort gab!? Schließlich handelte es sich hierbei nicht um Massenware. Es gab nicht einmal ein zweites Antiquitätengeschäft, konnte sie an einem Plan der Raumstation, an dem sie vorbeigingen, ablesen. Auf dieser Raumstation gab es eher Werkstätten, Imbisse, Waffen und Schiffe. Sicher, man fand hier auch einen Zahnarzt oder Friseur oder Kleidung, aber sie hatten kein zweites Antiquitätengeschäft. Wozu auch? Der Gedanke an Kira aber ließ sie erschauern. Wie würde sie reagieren, wenn sie nur mit einem Kristall wiederkommen würden? Ihr würde es sicherlich egal sein, wie aussichtslos ihre gestellte Aufgabe gewesen war. Sedros hatte Kira schon beim Betrachten ihrer selbstgebauten Lichtschwerter etwas viel Perfideres zugetraut als Ribanna, die gar nicht in der Lage war, so boshaft zu denken. Und alles, um ihre Schüler zu erniedrigen. Sie hatte ihn nur überrascht angeschaut und keine Antwort darauf gewusst. Auf so eine Idee wäre sie gar nicht gekommen, aber ganz abwegig war sowas eben nicht, auch wenn es in dem Fall in dem Moment nicht zugetroffen hatte, doch wenn sie an die Blitzattacke auf Sedros dachte, dessen Narben noch immer nicht verblasst waren! Sie sah wieder auf die Uhr.
“Die Zeit wird knapp!”,
erinnerte sie nur ungern an die unumstößliche Tatsache. Doch leider mussten sie ein neues Hindernis erkennen. Personenkontrollen zu den Landebuchten. Überall waren plötzlich Kontrollposten. Lange Warteschlangen davor! Erstens ein Zeitkiller, zweitens bedeutete das Gefahr! Hatten sie diese vorher nicht wahrgenommen oder war das wirklich nur wegen ihnen?! Sie sparte sich die Frage, denn wichtiger war, was sie tun sollten, denn sie mussten zum Schiff! Oder war das der Weg ihrer Göttin, sie weg von Kira zu bringen? Nein! Sie käme ja auch auf kein anderes Schiff! Und auf dieser Raumstation würde man sie früher oder später festnehmen und sie wollte gar nicht darüber nachdenken, was ihr dann blühen würde!?
Sedros stellte sich mit ihr einfach pragmatisch an. Was hatte er vor? Ribanna könnte es erneut mit einem Gedankentrick bei den Kontrollen vorne versuchen. Die Macht war so vielseitig einsetzbar! Sie hatte die Macht aber heute schon oftmals benutzt. Hoffentlich würde sie das wieder hinbekommen?! Doch Sedros flüsterte ihr plötzlich leise im Geiste zu, dass sie wohl gezwungen werden würde, ihr Gesicht den Wachposten zu zeigen. Und wenn sie auf das Atemgerät dringend angewiesen sein würde? Müsste sie dann vor denen einen Erstickungsanfall in Kauf nehmen? Sie schwitzte unter der Brille und der Maske. Nicht nur wegen der Wachposten und der aufsteigenden Aufregung, sondern schon davor. Sedros sprach kurz von einem Plan, den er nicht genauer ausführte und fügte nur hinzu, dass sie, sollte jener misslingen, mit Gewalt durchbrechen müssten. Sie nickte und war auf seinen Plan gespannt, denn in der Regel waren seine Ideen gut. Verstohlen sah sie erneut nach der Uhr. Es würde höllisch knapp werden. Vor ihnen standen noch so viele Leute in der Reihe, darunter mehr als eine Großfamilie, die ebenso argwöhnisch unter die Lupe genommen wurden, denn auch unter so einer Familie konnte man sich ziemlich gut verstecken. An sowas hatte sie gar nicht gedacht und sowas in Erwägung gezogen, doch wie man sah, waren die da vorne auch nicht dumm und dachten auch an so eine Möglichkeit.
Sedros begann lautstark zu sprechen. Überrascht sah sie zu ihm. Er streute ein interessantes Gerücht. Die Leute um sie herum wurden unruhig. Wenn es ums liebe Geld ging, war das einfach zu erreichen. Das Gerücht wurde in Windeseile weitergetragen, konnte sie spüren. Die Meute war aufgebracht! Überall gab es Verärgerung oder Angst, denn bei einigen könnte das Geld nicht reichen. Sedros verstärkte das sogar. Einiges konnte er doch schon, auch ohne Ausbildung. Interessant! Das wirkte sich auf die Wachposten aus. Ihre Arbeit wurde erschwert. Sie wurden unkonzentrierter. Sie wurden aber auch gereizter. Er hatte es binnen weniger Worte zu den Leuten geschafft, dass Ribanna sich besser und zuversichtlicher fühlte. Wenn sie diese verdammte Maske nicht vorm Gesicht hätte, könnte er jetzt sehen, dass sie ihm ein wundervolles Lächeln gerade schenkte, als sie zu dem großen kräftigen Mann neben sich hochsah. Als sie dann aber kurz davor waren, also sie würden nach dem alten Mann vor ihnen dran sein, der sich gerade ziemlich laut über den Wegezoll echauffierte, wurde ihr doch wieder etwas mulmig zu mute. Er würde sie dennoch zwingen, die Maske abzunehmen! Sie würden trotzdem auffliegen; rasten ihr unangenehme Dinge durch den Kopf!
Der alte Mann konnte passieren. Sie waren dran. Sie hatten keinen Identitätschip und nichts! Ihr Puls schnellte in die Höhe. Sie schwitzte. Doch Sedros hielt dem Wachposten sofort ein paar Credits hin. Und offenbar wurden sie schlecht bezahlt, denn der griff beherzt zu und sie waren durch! Sie atmete gerade richtig durch, als ihr erneut der Atem weg und das Herz fast stehen blieb. Hinter ihnen riefen welche:
“Halt!”,
und konnten doch nur sie meinen?! Verdammt! Verflucht! Die Angst war zurück und war fast übermächtig! Automatisch begannen sie wie die Verrückten zu rennen! So schnell sie konnten! Er umfasste dabei so fest ihre Hand, dass es fast weh tat. Sie flitzten zwischen Kisten und Containern und drifteten immer tiefer ab in den Frachtbereich, doch hier gab es mehr Versteckmöglichkeiten und sie konnten es hören und spüren, dass man ihnen dicht auf den Fersen war und es waren mehr als nur ein oder zwei Leute! Sie mussten sie abhängen! Unbedingt! Sie mussten sie loswerden! Eng zog Sedros sie geschwind um die nächste Ecke. Ihr hochgestecktes Haar öffnete sich beim Laufen. Ihr Atem ging schwer. Es atmete sich mit der Maske grässlich. Sie jagten an die gut zehn Meter weiter und bogen rasch um die nächste Ecke. Da liefen sie plötzlich einem Wachmann in die Arme! Was für ein Schreck! Sedros löste es auf die brutale Art! Sie hetzten weiter, bis Sedros sie in eine enge Nische zog. Hier schlüpften sie nochmal hinter eine Kiste. Zwischen zwei riesigen Transportkisten standen sie nun dicht an dicht schwer atmend bzw. um Luft ringend. Sie standen Brust an Brust. Da sie kleiner war als er, traf es das nicht ganz. Fakt war, sie konnte das Heben und Senken seiner Brust und seinen Atem auf ihrem Gesicht bzw. auf ihrer Stirn spüren. Diese Situation war dermaßen fatal und pikant! Ihr Herz raste durch diesen Umstand nun noch mehr als vorher. Ihre Wangen röteten sich und wurden heiß. Das blieb ihm zum Glück dank der Maske verborgen. Größer als ihr Unwohlsein war nur die Angst gefasst zu werden! Er schien sich dessen auch bewusst zu sein, weil er sie so komisch amüsiert dabei ansah und kaum hörbar telepathisch zu ihr meinte, sie solle später im Schiff erst mit ihm schimpfen. Ein nachsichtiges Lächeln huschte über ihr verborgenes Gesicht. Sie schüttelte den Kopf und hauchte ein viel zu leises gütiges:
”Ach!”,
dass er vermutlich überhörte. Sie wusste ja, dass das hier unvermeidlich war, um nicht gefasst zu werden. Sie horchte angespannt nach den Stimmen der Wachmänner. Sie waren ganz in der Nähe. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie beide Handflächen gegen ihn stemmte, auch wenn sie die Arme nicht zwischen ihnen ausstrecken konnte, da sie praktisch aneinander klebten. Sie zog ihre rechte Hand hervor und winkte zur Bekräftigung noch entschieden ab, dass das schon in Ordnung war. Ein bedrückendes unangenehmes Schweigen hing plötzlich zwischen ihnen, während sie weiter so dastanden, aneinandergepresst! Oh meine Göttin! Aber sie hatten keine Wahl! Sie konnten nicht ein Stück weiter auseinander stehen. Sie zog schon den Bauch ein und atmete so flach es ihre Atemnot vom Rennen zuließ. Sie konnten froh sein, überhaupt zu zweit in einen so schmalen Spalt zu passen. Sie warteten. Die Zeit zog sich beängstigend, Zeit die sie nicht hatten! Die Wachen suchten nach wie vor nach ihnen. Doch endlich wurden ihre Stimmen leiser, entfernter und sie wähnten sich in Sicherheit. Ihr Versteck war super trotz aller Unannehmlichkeiten gewesen.
Sie kamen nacheinander hervor. Sie sah hektisch erneut auf die Uhr! Wie sollten sie das noch schaffen?! Er packte ihre Hand und zog sie ohne Umschweife mit sich mit. Diese Gelegenheit musste man nutzen, um zum Schiff zu kommen. Sie hätte nie so schnell wie er den Weg zur Birthright gefunden. Zum Glück war sein Orientierungssinn großartig. Sie hätte ohne ihn die Macht nutzen und Kira orten müssen. Als sie in die Nähe des Schiffes kamen, hörte sie, dass der Antrieb schon lief. Hektisch spurteten sie hinauf in die Luftschleuse. Sie stolperte dabei über ihre eigenen Füße, doch er hielt sie und sie fing sich. Kaum hatten sie jeweils beide Füße drin, hob das Schiff ab. Man war das knapp gewesen! Sedros begann zu lachen und umarmte sie überschwänglich. Sie erwiderte seine Umarmung und konnte nicht anders und musste mit lachen. Es war so ein befreiendes Lachen! Sie fühlten sich einen Augenblick lang so leicht und unbeschwert. Sie konnte spüren, dass es ihm wie ihr ging.
“Das war etwas! Ein richtiges Abenteuer!”
Ihre Stimme klang verzerrt. Sie riss sich diese verdammte Maske vom Kopf. Endlich wieder ohne atmen! Und auch die Brille! Sie hatte ihrem Gesicht einen Abdruck verpasst. Doch das konnte sie selbst nicht sehen. Vertraut klemmte er ihr lachend eine ihrer vorderen Haarsträhnen hinter ihr Ohr. Er wollte etwas von ihr wissen, dafür ihr etwas beibringen. Sie war wohl so eine schlechte auffällige Diebin. Vergnügt sah sie ihn an, bis ihr Kira einfiel. Sie schob ihn von sich und entzog sich seiner Hand. Ihr fiel mit Erschrecken wieder ein, dass sie nun Kira beichten müssten, dass sie nur einen Kristall mitbrachten.
“Wie haben nur einen Kristall und müssen zu Kira!”,
stammelte sie bestürzt, Sedros daran erinnernd, mit viel Bitterkeit in ihrem Ton und starrte ihn mit beängstigender Eindringlichkeit an. Die Wirklichkeit hatte sie wieder. Die Unbeschwertheit war dahin. Sie versuchte ihn anzulächeln, doch ihr Lächeln war freudlos. In ihren Augen stand die blanke Angst. Sie atmete nochmal tief durch und sie zog rasch das Kleid aus und zog den Kristall hervor und machte sich mit Sedros, fast ungewohnt nicht Hand in Hand, zu Kira auf. Diese stand schon auf sie wartend und zu ihnen schauend an der Tür im Cockpit. Ribanna blieb mit Sedros vor ihr respektvoll grüßend nickend stehen und sagte:
”Meisterin, wir melden uns zurück. Wir konnten leider auf der Raumstation nur einen Kristall, einen synthetischen Roten, ausfindig machen und mitbringen.”
Ihre Stimme wankte bei ihren letzten Worten bedenklich vor Angst, dabei müssten sie sich eigentlich nicht schämen, denn sie hatten alles Machbare gegeben. Aber wie sah das ihre Meisterin? Das war die entscheidende Frage. Sie hätte jetzt nur zu gern ihre Hand in Sedros` viel größere Hand gelegt, um sich besser zu fühlen. Doch das war unmöglich.
Weltraum Imperium, kurz nach dem Start von der Raumstation Pegasus auf der Birthright: Kira, Ribanna, Sedros, Zoey und Ari`a