Die Aussage des französischen Staatspräsidenten Macron, er wolle eine Entsendung von französischen Truppen auf ukrainisches Gebiet in bilateraler Absprache mit der Regierung in Kiew als Option nicht ausschließen, ist Teil der in Frankreich seit Jahrzehnten praktizierten "strategischen Ambivalenz", bei der man Verbündete und potentielle Gegner im Unklaren lässt, um möglichst viel Spielraum zu haben.
Es ist wichtig, dieses Statement so zu verstehen, wie es gemeint ist: Wenn ein Politiker sagt, dass er eine Option nicht ausschließen wolle, heißt das lediglich, dass man sich die
Möglichkeit offen hält, so zu handeln, selbst wenn es extrem unwahrscheinlich ist, dass der Fall jemals eintritt. Ich will die Option, dass ich eines Tages mit einem Lottogewinn in der Tasche und einem Porsche 959 unter mir alles stehen und liegen lasse und dem Sonnuntergang entgegen zur Côte d’Azur brettere, auch nicht ausschließen. Wie
wahrscheinlich dieser Fall ist und ob ich dann
tatsächlich so handeln werde, steht auf einem anderen Blatt
Problematisch sind solche Sätze eher, weil sie unberechtigte Ängste und Panik schüren und verdecken, dass die Ukraine momentan ganz andere Dinge braucht als französische Soldaten auf ihrem Gebiet (auch wenn das für Ausbildung und Logistik sicher hilfreich wäre). Waffensysteme, Munition, Ausbildung, humanitäre Hilfe, finanzielle Unterstützung,
daran mangelt es, und da hat auch und gerade Frankreich noch gut Luft nach oben. Generell überschätzt "La Grande Nation" ihre militärische und politische Bedeutung regelmäßig. Man denke an die angesichts der spöttisch "Bonsai-Armee" genannten französischen Truppen utopische Vorstellung einer europäischen Streitmacht unter französischer Führung, die die USA ablösen.
Also: Der Ukraine alles an Material zukommen lassen, das man
irgendwie entbehren kann. Wenn das nicht passiert und die Ukraine den Krieg verliert, haben wir a) das Korea-Szenario mitten in Europa oder b) eine besetzte Ukraine, in der täglicher Horror unter der Okkupation und ein blutiger Guerillakampf herrschen oder c) in ein paar Jahren die Notwendigkeit, mit NATO-Truppen die baltischen Staaten, Finnland, Polen und Rumänien wirklich gegen "höfliche grüne Männchen" aus Moskau zu verteidigen. Im schlimmsten Fall hat man sogar Szenario b) und c) gleichzeitig und durch das im Stich lassen der Ukraine sämtliche soft power und hard power im internationalen Kontext verspielt. Von der Signalwirkung, die davon auf die Pläne der VR China im Bezug auf Taiwan ausgeht, fange ich lieber nicht an.
Und ich kann auch dieses "Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr darf nicht beeinträchtigt werden" Argument nicht mehr hören das aktuell von etlichen Leuten breitgetreten wird.
Insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr seit Jahrzehnten von sehr vielen der Personen, die solche Aussagen tätigen, beeinträchtigt wird. Es waren die Versager Jung, Guttenberg und de Maizière von der Union (die mit SPD-Parteibuch hatten natürlich auch ihren erheblichen Anteil), denen ein Großteil der Misere der deutschen Verteidigungspolitik zur Last gelegt werden muss. Gestalten wie Kujat, Vad und Schönbach in höchsten militärischen Rängen erklären natürlich auch einiges.
Nur als Beispiel: Seit 2013 läuft der Prozess, 1.850 neue Fliegerhelmsysteme zu beschaffen. Der Helm, der jetzt, im Jahr 2024, an die Truppe gehen soll, ist ein marktverfügbares System, der schon seit vielen Jahren von NATO-Mitgliedern genutzt wird. Trotzdem musste natürlich erst einmal ein langjähriges Prüfungsverfahren durchlaufen werden, um zu sehen, ob dieser Helm denn überhaupt in Ordnung ist. 11 Jahre teure Beschäftigungstherapie für Amtsschimmel, Bürohengste, Paragrafenreiter, Bedenkenträger und weitere ausgesuchte Taugenichtse. Ich sag es mal bewusst sehr zugespitzt: Würden im V-Fall das Verteidigungsministerium und das Beschaffungsamt einen Volltreffer erhalten, würde die Leistungsfähigkeit der Bundeswehr wahrscheinlich sogar steigen. Diesen Augiasstall muss man ausmisten, sonst werden sämtliche Zeitwenden (oder eher "Zeitenwendchen") weiter wirkungslos verpuffen.